Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - Der Teufel in der Stadt der Engel - Joe Barry - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеDie Maschine der PAA setzte sanft auf der Piste des Airport von Los Angeles auf. Joe Barryschnallte sich los, stemmte seine einsachtzig in die Höhe und verließ das Flugzeug. Obwohl es nach Mitternacht war, herrschte draußen eine fast tropische Hitze. Ganz anders als in New York.
Er trottete mit der Schlange der Passagiere über das Flugfeld und erreichte die gläserne Schalterhalle. Suchend sah er sich um.
Ein hochgewachsener Mann im weißen Tropenanzug drängte sich durch die Menge und steuerte auf ihn zu.
„Mr. Walker?“ sagte er fragend.
„Der bin ich!“
„Ich bin Robert Rodgers!“ Der Mann streckte ihm die Hand hin. „Vielen Dank, daß Sie so schnell gekommen sind!“
Joe sah sich den Mann genauer an. Robert Rodgers war Ende zwanzig, hatte einen athletischen Körper und ein dunkles Gesicht. Seine Bewegungen verrieten Zielstrebigkeit und Energie.
„Ich bin bereits einigermaßen informiert.“ Joe wies auf eine Ausgabe des „Los Angeles Herald“, die er sich vor seinem Abflug gekauft hatte. „Der Mord an Henry Rodgers hat wie eine Bombe eingeschlagen. Es gibt keine Zeitung, die nicht auf der Titelseite darüber berichtet.“
Robert sah sich nervös um.
„Machen wir, daß wir wegkommen. Ich bin auf der Fahrt zum AirPort nur mit Mühe den Reportern ausgewichen. Seit gestern ist eine ganze Meute hinter mir her.“
„Kann ich verstehen“, nickte Joe. Sie verließen das Gebäude und steuerten auf den Parkplatz zu. Plötzlich stieß Rodgers einen Fluch aus.
„Sie haben meinen Wagen entdeckt!“ Er wies auf einen weißen Thunderbird, der von einer Rotte kamerabewehrter Reporter umgeben war. „Kommen Sie!“ rief er.
Im Geschwindschritt überquerten sie die Straße und erreichten ein Taxi, bevor die Reporter sie gesehen hatten.
Dann rollten sie in die schlafende Stadt hinein.
„Ich kann verstehen, daß Sie nervös sind“, sagte Joe. „Trotzdem verstehe ich nicht recht, weshalb Sie mich geholt haben. Es steht doch ziemlich einwandfrei fest, daß Ihr Bruder Teddy Ihren Onkel ermordet hat. Das ganze Problem besteht jetzt darin. Teddy einzufangen, bevor er weiteres Unheil anrichten kann. Das dürfte dem FBI mit seinem Apparat besser gelingen als mir.“
„Sie kennen nur die halbe Wahrheit“, sagte Rodgers. „Warten wir, bis wir in meinem Appartement sind. Dann erkläre ich Ihnen, was los ist.“
Das Taxi hielt vor einem Hochhaus in der Darrick-Avenue, Der Lift brachte sie nach oben.
„Seit gestern wohne ich hier“, erklärte Rodgers, während er aufschloß. „Mein Haus in Hollywood wird von Reportern belagert. Die Adresse hier haben sie dagegen noch nicht ausfindig gemacht.“
Das Appartement war klein und ohne sonderlichen Komfort. Für einen Rodgers wirkte es fast schäbig. Robert bemerkte Walkers fragenden Blick.
„Henry hat uns immer knapp gehalten“, sagte er achselzuckend. „Für meine Begriffe war er der größte Pfennigfuchser von Kalifornien.“
„Sie scheinen nicht sehr viel für ihn übrig zu haben“, meinte Joe.
„Bestimmt nicht!“ versicherte Robert, „Ich glaube, es gab überhaupt niemanden, dem er etwas bedeutete. Warten Sie seine Beerdigung ab. Dann werden Sie ein Meer von Blumen sehen, aber keine einzige Träne. Was trinken Sie? Scotch?“
„Pur!“ brummte Joe.
Als die Eisstückchen in den Gläsern klirrten, sah Robert Joe Barryernst an.
„Ich lege Wert darauf, daß Sie genau wissen, was los ist“, sagte er. „Teddy war der einzige vernünftige Mensch unter den Rodgers.“
„Er ist Ihr Bruder, nicht wahr?“
„Halbbruder! Wenn Teddy in einer Anstalt landete, dann nur deshalb, weil es für einen Rodgers, der ein normaler Mensch war, gar keinen anderen Ausweg ab. Teddy ist der Beweis dafür.“
„Und wie steht’s mit Ihnen?“
„Well, ich habe mich nur etwas geschickter angestellt als Teddy. Der Junge mußte immer mit dem Kopf durch die Wand. Henry hat ihn ruiniert, aber Teddy hat es ihm heimgezahlt. Und mir tut es heute fast leid, daß nicht ich es war, der Henry umlegte.“
„Offensichtlich sind die Rodgers eine äußerst liebevolle Familie“, brummte Joe. „Trotzdem könnten Sie etwas deutlicher werden. Daß Teddy ein großartiger Mensch ist, hat er ja gestern bewiesen. Mich interessiert, warum Sie mich kommen ließen!“
„Okay“, sagte Rodgers. „Das sollen Sie erfahren!“ Er füllte die Gläser nach, kippte seinen Whisky in einem Zug herunter und griff sofort wieder nach der Flasche.
Dann holte er einen Filmapparat und baute ihn auf. Es war ein einfaches Projiziergerät ohne besondere technische Finessen.
Joe schob sich tiefer in seinen Sessel. Er war gespannt, was für ein Film jetzt abrollen würde.
Rodgers holte eine Filmrolle aus einer. Kassette und legte sie ein. Dann löschte er das Licht.
„Was ich Ihnen jetzt zeige, werden Sie sofort verstehen“, murmelte er und legte den Schalter um.
Auf der Wand tauchte ein heller Bildfleck auf. Dann flimmerten die Bilder auf. Es war ein ungeschickt fotografierter Amateurfilm, zerkratzt, mit häufigen Unterbrechungen und abrupten Schnitten.
Auf der Leinwand erschien ein Käfig mit zwei kleinen Affen, die harmlos miteinander spielten.
„Es sind Meeräffchen“, erklärte Rodgers. „Achten Sie auf den einen mit dem weißen Fleck am Kopf. Fällt Ihnen etwas auf?“
„No, nicht das geringste!“
Nach fünf Minuten war der Film beendet. Rodgers nahm ihn heraus und legte einen zweiten ein.
„Der Film, den Sie jetzt sehen, wurde eine halbe Stunde später aufgenommen“, erklärte er.
Wieder tauchte der Käfig im Bild auf. Aber die Handlung hatte sich total verändert. Der Affe mit dem hellen Fleck wand sich in Krämpfen auf dem Boden. Der andere hatte sich verschüchtert in eine Ecke gedrückt.
Dann stürzte sich der Weißgefleckte auf seinen Gesellen. Es begann ein wilder Kampf, bei dem sich der Affe wie tollwütig gebärdete.
„Das Tier benimmt sich wie ein reißender Tiger“, sagte Joe verblüfft.
Im weiteren Verlauf des Films zerfleischte der Affe den anderen förmlich. Auch als dieser schon tot war, ließ er nicht von dem Leichnam ab.
Rodgers schaltete das Gerät ab und ließ sich in einen Sessel fallen.
„Nun?“ fragte er.
Joe, ahnte, was nun kommen würde.
„Was wurde mit dem Affen gemacht?“ fragte er.
„Er erhielt eine Einspritzung“, erklärte Rodgers. „Ihm wurde eine Droge injiziert, die ihn aus einem harmlosen Tier in ein reißendes Ungeheuer verwandelte. Können Sie sich das vorstellen?“
„Solche Mittel gibt es“, nickte Joe.
Sie schwiegen eine Weile, dann fuhr Rodgers fort.
„Das Präparat trägt den Namen Paranoidin. Ich kenne seine chemische Zusammensetzung nicht. Sie ist das Geheimnis des Mannes, der sie entwikkelt hat. Ich weiß nur, daß man es in verschiedenen Stärken herstellen und die verschiedensten Wirkungen erzielen kann. In allen Fällen bleibt aber eine Wirkung gleich: Das Tier, das dieses Präparat bekommt, wird unheilbar krank. In leichten Fällen wird es apathisch, verweigert die Nahrungsaufnahme und geht ein. Bei stärkerer Dosierung stellt sich eine Wirkung ein, die an Tollwut erinnert. Es gibt auch Fälle, in denen beide Zustände abwechseln. Das sind die gefährlichsten.“
Rodgers zündete sich nervös eine Zigarette an. Nach ein paar hastigen Zügen drückte er sie wieder aus.
„Sie möchten sicher wissen, wer das Mittel entwickelt hat, Walker!“
„Allerdings!“
„Ich kann es Ihnen verraten. Es ist Spencer Rodgers, ein Vetter von Henry Rodgers II und ein Großonkel von mir.“
Joe zog die Brauen zusammen.
„Wie kam er dazu?“
„Er ist Chemiker. Ein Sonderling. Er hat im Massachusetts Institute of Technology studiert, aber nie ein Examen gemacht. Später richtete er sich ein Labor ein. Henry gab ihm das Geld, und er machte private Forschungen.“
„Diese Droge – Paranoidin – ist das Ergebnis dieser Forschungen?“
„Ja! Der Name weist bereits darauf hin, daß Paranoidin geistige Störungen erzeugt. Spencer hat das Mittel in unzähligen Tierversuchen erprobt und verfeinert. Ich bin überzeugt, daß er heute imstande ist, jede Art von Geisteskrankheit mit Injektionen zu erzeugen.“
„Der Film, den Sie mir gezeigt haben, stammt also aus seinem Labor?“
„Ich hab ihn mir besorgt! Er weiß nicht, daß ich diesen Film besitze.“
Joe begann der Fall zu interessieren.
„Und warum haben Sie das getan?“
„Well, ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, und dann sagen Sie mir, was Sie davon halten. – Vor etwa einem Jahr hatte Teddy wieder einmal eine seiner Sauftouren. Er trank damals wie ein Loch, weil Henry ihm seine Liebe zu einem Mädchen zerstört hatte. Das Mädchen paßte Henry nicht in den Kram. Nun gut, Teddy wohnte damals in einer billigen Pension in Los Angeles. Er hatte mit der Familie gebrochen und hielt seinen Aufenthaltsort geheim.“
„Wie alt war Teddy damals?“
„Zweinundzwanzig. Wo war ich stehengeblieben?“
„Pension!“ warf Joe ein.
„Okay, dort lag Teddy im Bett, blau wie ein Märzveilchen. Henry bekam schließlich die Adresse durch ein Heer von Detektiven heraus, das er auf Teddys Spuren gesetzt hatte. In der Nacht wurde Teddy gewaltsam herausgeholt und in Henrys Haus gebracht.“
„Man könnte das als Entführung bezeichnen“, meinte Joe.
„Wahrscheinlich, aber Teddy war so betrunken, daß sich nichts mehr beweisen läßt. Jetzt passen Sie gut auf, was geschah. Noch in derselben Nacht trat in Henrys Haus der Familienrat der Rodgers zusammen. Außer Henry war noch Spencer da, der schrullige Chemiker, Ethel Rodgers, eine alte Vettel, die auf dem Sunset Boulevard einen Kosmetiksalon für die Upper Tens betreibt, und Francis Rodgers-Perkins, der vornehmste aus unserem Clan, ein Gesellschaftslöwe aus Gummi.“
„Und Sie?“ fragte Joe.
Robert schüttelte den Kopf.
„Ich war nicht dabei. Vermutlich weil man glaubte, als Halbbruder Teddys hätte ich zuviel Sympathien für ihn. Was in diesem Familienrat besprochen wurde, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß Teddy am darauffolgenden Morgen von einer Anzahl Ärzte untersucht – wurde; Kapazitäten, die erklärten, daß Teddy durch jahrelange Trunksucht schwere geistige Störungen davongetragen habe. Sie kamen schließlich zu dem Schluß daß Teddy ein gefährlicher Irrer sei, der in eine Anstalt gehöre. Es waren erstklassige Ärzte, die nicht bestechlich sind, das steht fest. Aber es steht ebenso fest, daß Teddy am Abend, als er aus der Pension geholt wurde, geistig noch völlig normal war. Er war stockbetrunken und hatte vielleicht Alkoholvergiftung, aber nicht mehr!“
Joe hatte schweigend zugehört.
„Sie sprechen da einen schwerwiegenden Verdacht aus“, sagte er langsam.
„Alle waren sie damals dafür, daß Teddy in eine Anstalt kam“, fuhr Robert fort. „Henry – er fürchtete für den alten Namen der Familie. Ethel hatte Angst, Ihre feudale Kundschaft zu verlieren, wenn es durch Teddy zum Skandal kam. Francis fürchtete um seine gesellschaftliche Stellung. Nur Spencer war es egal. Aber Spencer war für seine Forschungen auf Henrys Geld angewiesen. Und Spencer, den Henry immer knappgehalten hatte, bekam plötzlich Geld, als Teddy in der Anstalt war. Massenhaft Geld. Er baute sich ein neues Institut mit allen technischen Raffinessen.“
„Mit anderen Worten, Spencer verabreichte Teddy in jener Nacht Paranoidin und machte ihn zu einem Wahnsinnigen“, sagte Joe hart.
Robert nickte.
„So muß es gewesen ein. Die Familie hatte nur Vorteile dadurch.“
„Wann schöpften Sie das erste Mal Verdacht?“
„Vor ein paar Monaten!“
„Bei welcher Gelegenheit?“
„Ich besuchte Spencer in seinem Institut. Dabei verriet er mir, an welchen Mitteln arbeite. Allerdings sprach er davon, an einem Mittel zu arbeiten, mit dem man Geisteskranken heilen oder bessern könne.“
„Da sagten Sie sich, wer ein solches Mittel sucht, kann auch eines herstellen, mit dem er Geisteskrankheiten erzeugt.“
„Genau. Ich suchte wenig später nochmals sein Labor auf, als er fort war, und stöberte die Akten durch. Dabei fand ich die beiden Filme, die ich Ihnen vorhin zeigte.“
„Waren Sie bei der Polizei?“
„Nein!“
„Warum nicht?“
„Ich hatte keine Beweise. Wenn Sie einen Rodgers bei der Polizei anzeigen wollen, wirken Sie ähnlich glaubwürdig, als wenn Sie behaupten, der Präsident der Vereinigten Staaten hätte silberne Löffel gestohlen. Außerdem hätte es Teddy nichts mehr geholfen, Denn soviel ich weiß, sind die Wirkungen von Paranoidin irreparabel. Teddy könnte nie mehr geheilt werden.“
„Läßt sich nichts beweisen?“
Rodgers schüttelte den Kopf.
„Ich habe alles versucht. Erst suchte ich Zeugen, die bestätigen sollten, daß Teddy vor jenem berüchtigten Familienrat noch völlig normal war. Aber Teddy trieb sich damals in derart schlechter Gesellschaft herum, daß diese Zeugen einfach nichts wert sind. Dann überlegte ich mir, ob ein medizinischer Nachweis des Paranoidins möglich wäre. Aber außer Spencer kennt kein Mensch dieses Teufelszeug, und ich bin überzeugt davon, daß er vorgesorgt hat, daß es nicht, nachweisbar ist. Prominente Ärzte haben Teddy für geisteskrank erklärt; er hätte schon immer die Veranlagung dazu gehabt, und der Alkohol hätte das Leiden nur beschleunigt. Diese Leute korrigieren sich nicht gern.“
Joe überlegte einen Augenblick
„Wenn das wahr ist, was Sie vermuten, muß es auch nachzuweisen sein“, erklärte er. „Ich bin überzeugt davon, daß es einen Weg gibt.“
„Welchen?“
„Ich werde noch darauf kommen.“
„Das bezweifle ich“, sagte Rodgers müde. „Es gibt keinen. Aber Sie verstehen hoffentlich, daß ich mit diesen Nachrichten nicht zur Polizei gehen konnte. Sie müssen mir helfen, Walker. Teddy muß gefunden werden. Solange er frei herumläuft, ist er eine Gefahr für die Allgemeinheit. Es ist bitter für mich, das zu sagen.“
„Ich denke, Spencer, Ethel und Francis Rodgers sind im Augenblick am meisten gefährdet“, sagte Joe.
„Ich wahrscheinlich auch“, meinte Robert. „Alle Rodgers schweben jetzt in Gefahr. Aber glauben Sie mir, es wäre kein Unglück, wenn diese ganze Brut vertilgt wird.“
„Trotzdem muß es verhindert werden“, sagte Joe. „Die Leute gehören vor Gericht und Teddy in eine Anstalt. Ich will sehen, was ich erreichen kann.“
„Ja“, sagte Robert und atmete schwer. „Tun Sie das, Walker!“