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3. Kapitel

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Joe Barrynahm sich ein Taxi und fuhr als erstes zum Police Center. Ohne die Unterstützung der Polizei war hier zunächst nichts auszurichten.

Erst als er das Hochhaus an der Madison-Avenue erreichte, fiel ihm auf, daß es drei Uhr morgens war.

Der verschlafene Cop am Eingang riß die Augen auf.

„Privatdetektiv Joe Barry im Land“, wunderte er sich. Er kannte Joe aus früheren Zeiten.

„Ich will Ballister sprechen“, sagte Joe.

„Hören Sie, Walker, es ist nicht gerade Besuchszeit.“

„Wenn Sie erwarten, daß ich um elf Uhr morgen früh mit Blumen in der Hand komme, liegen Sie falsch! Ist der Captain da?“

„Fahren Sie ’rauf. Er ist in seinem Dienstzimmer!“

Ballister lag auf der lederüberzogenen. Couch in seinem Büro. Verschlafen richtete er sich auf, als Joe hereinkam.

„Teufel, Walker“, knurrte er. „Was haben Sie mit der Gesichte zu tun?“

Ballister hatte seit vierundzwanzig Stunden pausenlos mit dem Fall Rodgers zu tun. Deshalb erwischte er sofort den richtigen Anschluß.

„Ist das die Art, einen alten Freund zu begrüßen“, grinste Joe.

„Herzlich willkommen, Happy Birthday – was Sie wollen. Kaffee?“

„Keine schlechte Idee!“

Der Captain klingelte und ließ sich dann in seinen Ledersessel fallen. Verdrossen rieb er sich das Gesicht.

„Wer von den Rodgers hat Sie gerufen, Walker?“

„Robert!“

„Das ist fast eine Empfehlung. Bobby ist der einzige von den Burschen, den ich überhaupt als Mensch anerkenne.“

Ein Beamter trat ein und servierte heißen Kaffee aus dem Automaten. Er frischte die Lebensgeister wieder auf.

„Sie glauben gar nicht, was ich seit vierundzwanzig Stunden alles mitmache“, sagte Ballister. „Seit dem Mord an Henry Rodgers II kämmen wir ganz Los Angeles auf der Suche nach Teddy durch. Was das bei dieser Riesenstadt bedeutet, können Sie sich wohl vorstellen.“

„Und wie steht die Aktion?“

Ballister wies auf einen Gipsabdruck, der auf seinem Schreibtisch stand.

„Das ist alles. Ein Fußabdruck von Teddy, den wir im Park von Henrys Villa fanden. Sonst nichts. Er ist spurlos verschwunden.“

Joe betrachtete den Abdruck.

„Gummisohle mit Einheitsprofil. Davon werden jeden Tag zwei Millionen verkauft.“

„Weiß ich. Der Abdruck hat nur Museumswert. Wie steht’s? Haben Sie vielleicht eine Idee, wie man Teddy kriegen kann?“

Joe dachte an die Unterredung mit Robert. Er hatte nicht die Absicht, mehr als nötig zu sagen.

„Vielleicht, Captain. Meiner Meinung nach wird Teddy sich als nächstes die übrigen Rodgers vornehmen. Spencer, Ethel, Francis – vielleicht auch Robert. Ich würde vorschlagen, die Leute zu überwachen. Irgendwann taucht Teddy dort bestimmt auf, und dann haben Sie ihn.“

„Ich weiß, er haßt seine Sippe. Wir haben bereits eine Sonderkommission mit Experten vom FBI gebildet. Teddy ist aus Oregon gekommen, und deshalb ist auch die Bundespolizei für ihn zuständig. Aber eine Bewachung der Rodgers allein genügt nicht. Teddy ist geistesgestört. Ich will gar nicht daran denken, welches Unheil er anrichten kann.“

„Wie steht’s mit dem Fernsehen?“ fragte Joe.

„Schon geschehen. Heute abend ging sein Bild und seine Beschreibung über alle TV-Stationen von Kalifornien. Nach dem Mord an Henry wurde der Fall, der vorher auf Wunsch der Rodgers totgeschwiegen wurde, sofort an die Öffentlichkeit getragen.“

„Wurden sonstige Maßnahmen getroffen?“

„Nein! Wir haben unser Netz ausgeworfen und hoffen, daß er sich darin fängt. Und ich bin der Idiot, der das Netz überwachen soll.“

Joe kam ein Einfall.

„Sind Sie schon auf den Gedanken gekommen, die Leute zu überprüfen, mit denen Teddy zu tun hatte, bevor er in die Anstalt kam?“

Ballister wehrte müde ab.

„Hoffnungslos! Teddy war damals mit jedem zweiten Strolch von Los Angeles befreundet. Jeder, der bereit war, auf seine Kosten eine Flasche Whisky mit ihm zu leeren, war sein Freund. Und Freunde dieser Sorte gibt’s genug.“

„Einer davon könnte ihn bei sich verborgen haben“, bohrte Joe hartnäckig weiter.

Der Captain sah ihn skeptisch an.

„Wollen Sie etwa nach diesem einen suchen?“

„Warum nicht?“

„Viel Vergnügen! Ich sehe zu, daß ich noch eine Stunde Schlaf finde. Um sechs Uhr kommen drei Experten des FBI aus Washington und wollen mich sprechen.“

„Ich ruf Sie mal wieder an, Captain“, sagte Joe und verabschiedete sich.

Er hätte sich denken können, daß dieser Besuch ihn nicht weiterbrachte. In New York pflegte er in vielen Fällen mit Lieutenant Antony Starr zusammenzuarbeiten aber hier in Los Angeles gab es das nicht. Ballister war kein schlechter Kerl, im Gegenteil, ein tüchtiger Mann – aber eben kein Antony Starr.

Joe fuhr ins Hotel.

*

Robert hatte ihm ein Zimmer im „Sheraton-Admiral“ besorgt. Das Hotel lag günstig im Zentrum der Stadt und nicht weit von seiner Wohnung entfernt.

Der Nachtportier drückte ihm seinen Schlüssel in die Hand und winkte einen verschlafenen Liftboy heran.

„Kein Gepäck, Sir?“ fragte der Junge.

Joe schwenkte seinen Handkoffer.

„Das andere kommt morgen per Lastwagen!“

Der Lift brachte sie in die achte Etage. Joe drückte dem Boy einen Dollar in die Hand.

Sein Zimmer lag zur Straße hinaus. Vom Fenster hatte man einen weiten Blick über das nächtliche Lichtermeer der Stadt.

Er hatte gerade die Krawatte aufgeknüpft als das Telefon klingelte. Er griff nach dem Hörer.

„Hallo!“

„Einen Augenblick, Mr. Joe Barry – ich verbinde!“

Es knackte in der Leitung, dann meldete sich eine Stimme. Es klang, als spräche jemand durch ein Taschentuch.

„Walker?“

„Was gibt’s?“

„Ich muß Sie dringend sprechen!“

„Wer sind Sie?“

„Uninteressant. Ich nehme an, daß Sie bereit sind, für Informationen über Teddy etwas springen zu lassen.“

„Wenn die Informationen etwas taugen, ist das schon möglich!“

Sein Gesprächspartner lachte leise.

„Okay, wir werden uns schon einigen. Kommen Sie in einer Viertelstunde in die Hotelhalle herunter.“

Es knackte wieder, dann war das Gespräch zu Ende.

Joe band sich die Krawatte wieder um und zog seine Jacke an. Man mußte nehmen, was man bekam. Er vermutete, daß sein Geschäftspartner irgendein Ganove war, der wußte, wo Teddy war, und dafür kassieren wollte. Oder es war ein Bluff, um ein paar Dollar aus ihm herauszuholen.

Er trat auf den Gang hinaus, schloß hinter sich ab und ging zum Lift. Er drückte auf den Rufknopf und wartete.

In diesem Augenblick erlosch das Licht. Ringsum war es plötzlich stockfinster.

Joe tastete nach seinem Feuerzeug, stellte dann fest, daß er es im Zimmer gelassen hatte.

Hinter ihm kam jemand die Treppe herunter und näherte sich dem Gang.

„Hallo“, rief er. „Ist da jemand?“

Offensichtlich war es einer der Hotelboys. Ein Streichholz flackerte auf und beleuchtete die grüne Pagenuniform.

Joe meldete sich.

„Kurzschluß in der Zentrale, Sir!“ sagte der Boy. „Der Schaden wird in ein paar Minuten behoben sein!“

Er kam näher und stand jetzt neben Joe. Das Streichholz erlosch und fiel zu Boden.

„Funktioniert der Lift noch?“ erkundigte Joe sich.

Der Boy probierte an den Schaltern herum, dann zog er die Schiebetür auf.

„Ist schon da, Sir!“

Der kalte Luftzug war es, der Joe warnte. Er wollte zurückspringen, erhielt aber im selben Augenblick einen Stoß in den Rücken, der ihn in den offenen Schacht schleuderte. Hätte er sich nicht auf den Sturz eingestellt, wäre er kopfüber acht Stockwerke hinuntergestürzt.

Seine Finger klammerten sich seitlich an den rauhen Putz, glitten über die Wand. Verzweifelt suchte er nach etwas, woran er sich festhalten konnte.

In diesem Augenblick erhielt er einen zweiten Stoß. Er verlor das Gleichgewicht und fiel nach vorn.

Bliztartig zuckten die Bilder an seinem geistigen Auge vorüber. Der Telefonanruf – der Kurzschluß! Eine Falle. Jäh durchfuhr es ihn. Der angebliche Liftboy war kein anderer als Teddy.

Joes Finger erwischten das fettige Stahlseil, an dem das Gegengewicht des Elevators hing. Jetzt pendelte er im Schacht und rutschte langsam nach unten.

Er hörte, wie oben die Tür zugeschoben wurde. Im Hotel war es totenstill. Nur die Schritte Teddys waren zu hören, der sich auf dem Gang entfernte.

Joe konnte sich denken, was Teddy als nächstes tun würde. Er brauchte nur den Kurzschluß wieder zu beseitigen. Dann ein Druck auf den Knopf; der Lift würde nach unten fahren und Joe Barrywie eine Apfelsine vom Seil pflücken.

Unablässig rutschte Joe nach unten. Das schmierige Seil war einfach nicht richtig zu fassen. Aber dann wurde er plötzlich gebremst. Er hatte das Gegengewicht erreicht.

Tastend orientierte er sich. Der Schacht war nicht sehr breit. Plötzlich fiel helles Licht in den Schacht. Die Stromversorgung funktionierte wieder.

Joe sah hoch und entdeckte unmittelbar über sich eine Tür, Es mußte die siebte oder sechste Etage sein.

Er turnte auf halsbrecherische Weise, bis er an die Tür herankam. In fieberhafter Eile suchte er nach dem Bolzen, der sie von innen verriegelte.

Die Sekunden verstrichen. Verzweifelt arbeitete Joe. Endlich hatte er es geschafft. Er drückte den Bolzen zurück, zwängte die Finger zwischen den Türspalt und riß sie auf.

Im gleichen Augenblick surrte der Lift los. Joe bekam einen Stoß, und das Gegengewicht fuhr nach oben. Joe gelang es, das Gleichgewicht zu wahren. Er schob sich durch die offene Tür in den Gang. Sekunden später fuhr der Elevator hinter ihm vorbei.

Mechanisch tastete er nach einer Zigarette, aber die Packung lag oben in seinem Zimmer. Dann überlegte er sich, daß Teddy möglicherweise noch im Haus war.

Er lief die Treppen nach unten und erreichte die Halle. Dort war der Nachtportier gerade dabei, den Sicherungskasten wieder abzuschließen. Als er Joe sah, kippte er fast um.

„Lieber Himmel“, rief er. „Haben Sie zufällig etwas mit dem gutgekleideten Gentleman zu tun, der vor einer halben Stunde hier einzog?“

Joe sah an sich herunter. Von oben bis unten mit Öl beschmiert, sah er in der Tat wie ein Kanalreiniger aus.

„Schnell, Mann!“ rief er. „Telefonverbindung mit der Polizei!“

Sekunden später war die Verbindung zustandegekommen. Joe machte eine kurze Meldung und wandte sich dann an den Portier.

„Wieviel Leute tun hier nachts Dienst?“

„Außer mir nur der Liftboy!“

„Und wo steckt der jetzt?“

„Keine Ahnung! Er wurde vorhin in die zwölfte Etage gerufen!“

Aha, dachte Joe. Er lief durch die Halle und kletterte in den Lift. Während er hochfuhr, hörte er draußen bereits Sirenen der Polizeiwagen. Wenn Teddy jetzt noch im Hotel war, hatte er kaum eine Chance, zu entkommen.

Der Lift fuhr an zwei offenen Türen vorbei

Joe erreichte die zwölfte Etage und stieg aus. Er brauchte nur drei Schritte zu gehen. Vor ihm lag der Hotelboy, der ihn zuvor in sein Zimmer geführt hatte.

Er kauerte sich nieder und atmete nach einer kurzen Untersuchung erleichtert auf. Der Junge war nur bewußtlos. Er hatte einen Schlag ins Genick bekommen, und dann war ihm die Jacke seiner grünen Uniform ausgezogen worden.

Teddy war mit teuflischer Raffinesse vorgegangen. Jede Einzelheit war geplant. Das Streichholz beleuchtete nur den Jackenärmel – genug, um Joe zu täuschen.

Eine Viertelstunde später saß Joe in der Halle. Captain Ballister hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen.

„Sie sind ein Teufelskerl, Walker“, grinste der Captain. „Ich weite- Sie haben die ganze Geschichte nur inszeniert, weil Sie wußten, daß ich noch ein paar Stunden schlafen wollte.“

„Aber sicher“, sagte Joe. „Polizisten um ihren Schlaf zu bringen, ist eines meiner Hobbys.“

Der riesige Komplex des Hotels war umstellt worden. Keine Maus konnte entkommen. Gruppenweise gingen die Polizisten daran, das Hotel vom Keller bis zum Dachboden zu durchsuchen. Sie waren mit Walkie-Talkie-Geräten ausgerüstet und unterrichteten den Captain laufend von den Ergebnissen der Suche.

Es gab allerhand Aufregung, bis die vierhundert Hotelzimmer durchsucht waren. Nach dem fünften telefonischen Protest schaltete der Portier das Haustelefon ab.

Als der letzte Raum unter dem Dach durchsucht war, wurde deutlich, daß Teddy entkommen war. Die Cops versammelten sich in der Halle. Ballister biß sich auf die Unterlippe.

„Teddy war schneller als wir“, knurrte er. „Sie haben zu spät angerufen, Walker!“

Joe schüttelte den Kopf.

„Ich habe mich so beeilt, wie ich konnte. No, Ballister, Ihr System hat eine Lücke. Sie haben nicht alle Ausgänge überwacht.“

„Ausgeschlossen!“ fuhr der Captain hoch. „Teddy war nicht mehr im Haus, als wir kamen. Eine andere Erklärung gibt es nicht!“

Joe dachte einen Augenblick nach.

„Teddy war im Lift, als ich gerade aus dem Schacht kletterte. Im Erdgeschoß stieg er nicht aus. Dort hätte ihn der Portier gesehen.“

„Stimmt!“ nickte der Portier. „Ich hab’ das an den Lichtern auf der Schalttafel beobachtet. Ich kümmerte mich nur nicht darum, weil gleich darauf Mr. Joe Barrywie eine Rakete die Treppe heruntergeschossen kam.“

„Wer hat den Keller durchsucht?“ wandte Joe sich an die umstehenden Cops.

Ein junger Leutnant trat vor.

„Wir haben bestimmt nichts übersehen, Mr. Walker. Außerdem hätte Teddy aus dem Keller nicht entkommen können. Er ist mit Stahltüren gesichert, die ausnahmslos mit Sicherheitsschlössern versperrt waren, als wir ’runtergingen. Nur der Aufgang zur Halle war offen, aber da hätte ihn der Portier sehen müssen.“

„Trotzdem ist er herausgekommen“, sagte Joe hartnäckig. „Ich will mir den Keller selbst ansehen!“

Er ging zur Treppe. Captain Ballister folgte ihm. Sie trotteten nach unten und liefen durch die weiträumige Anlage, die jetzt in grelles Neonlicht getaucht war.

Am Ende des Rundganges blieben sie stehen.

„Nun?“ erkundigte sich der Captain. „Wo ist Teddy rausgekommen?“

Joe deutete mit der Hand auf einen schmalen Gang. „Dort!“ sagte er.

„Da stehen Mülltonnen. Darüber liegt der Schacht des Müllschluckers. Den dürfte er kaum nach oben geklettert sein.“

Joe nahm die Stablampe des Captains und leuchtete in den Schacht, der als einziger Raum hier unten nicht erleuchtet war. Etwa vierzig Mülltonnen standen hier nebeneinander. Sie füllten den Schacht bis an sein hinteres Ende aus.

„Denken Sie mal nach, Ballister“, sagte Joe. „Diese Mülltonnen werden ja auch mal leergemacht. Wie, glauben Sie geschieht das? Indem man die Tonnen durch die Hotelhalle trägt?“

Ballister schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Sie haben recht, Walker. Das System hatte eine Lücke!“

Am Ende des Ganges war eine Luke, die nach oben führte. Dort wurden normalerweise die Mülltonnen herausgeholt. Sie war nicht verschlossen.

Joe stieß sie auf und steckte den Kopf heraus. Er befand sich in einer schmalen Einfahrt. Zur Straße hin zeichnete sich der Umriß eines Polizisten ab.

„Es ist völlig finster hier“, erklärte Joe. „Für einen geübten Mann ist es eine Kleinigkeit, das nächste Haus zu erreichen und über die Feuerleiter zu verschwinden.“

„Verdammter Mist“, fluchte Ballister.

Sie kamen in die Halle zurück. Fragende Gesichter sahen ihnen entgegen.

„Schluß für heute“, knurrte der Captain. Seinem Gesicht war alles weitere anzusehen.

Zögernd gingen die Cops. Sie warfen Joe Blicke zu, als sei er an dem Mißerfolg schuld.

Privatdetektiv Joe Barry - Der Teufel in der Stadt der Engel

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