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Katholizismus, Mönchtum und Widernatur
ОглавлениеDiese Widernatur findet ihre Krönung im Mönchsdasein, etwa dem der Zenobiten, das durch das Christentum zum Königsweg zur Heiligkeit erhoben wurde. So kritisiert ein Lehrwerk der SS: „Hauptziel des Ordenslebens war die Weltflucht (Ehelosigkeit und bei beschaulichen Orden Arbeitsscheu)“.490 Verzicht auf Sexualität, Natur, Leben. Aufgrund seiner Infizierung durch diese Lehren des Ostens ist der germanische Mensch verloren:
Das Sterben eines Volkes ist also begründet in einer falschen Auffassung vom Leben, in der Nichtbeachtung der ewigen Gesetze der Erde. Und der Mensch lernte die Lebensgesetze mißachten, weil er die Verbindung mit der Natur und dem Leben verlor. Die Kirchen haben Millionen unseres Volkes um den germanischen Glauben an die irdische Unsterblichkeit betrogen, so daß ungezählte Frauen und Männer darauf verzichteten, um eines unwirklichen Himmels willen, Eltern gesunder Kinder zu werden. Die Kirchen haben die heilige Erde ein irdisches Jammertal geheißen, und Zeugung und Geburt als Sünde und Schuld gepredigt. 491
Diese heftigen Vorwürfe werden von Veröffentlichungen der SS aufgegriffen und weiterverbreitet. Dort kann man lesen, dass das Christentum die nordische Rasse von sich selbst entfremdet und mit dem Leben entzweit habe, weil es ihr beibrachte, dass die reine und unmittelbare Bewegung des Lebens an sich eine Sünde sei, Beleidigung eines natur- und körperfeindlichen Gottes. Die unterschiedlichen christlichen Konfessionen, Katholiken wie Protestanten, sind auch verantwortlich für die Denaturierung der Rasse. So zielt etwa die SS-Zeitschrift Das Schwarze Korps in einem Beitrag zum Thema „Artfremde Moral“ auf das Glaubensbekenntnis der evangelischen Kirche und deren Definition der Erbsünde, die „nicht eine Sünde [ist], die man tut, sondern sie steckt in der Natur, Substanz und Wesen des Menschen“492. Das ist eine grobe terroristische Dummheit, weiß man doch, dass die Natur eines Menschen von reinem, unvermischtem Blut gut und ihrer selbst gewiss ist:
Das ist so ungefähr das genaue Gegenteil dessen, was in deutschen Landen schlechthin als Fundament eines anständigen Verhaltens angesehen wird. Wir gehen davon aus, daß jeder einzelne von uns den sittlichen Maßstab seiner Handlungen in seinem Herzen trage und selbstverantwortlich entscheiden müßte, was er zu tun und was er zu lassen habe. Uns ist die Natur, und damit auch die menschliche Natur, heilig und unantastbar, und wir glauben nicht, daß ein natürliches Empfinden jemals schlecht oder sündig sein könnte. Uns kommt der ganze Begriff der Sünde […] schief und wesensfremd vor.493
Anders gesagt: „Die Gegner [des Nationalsozialismus] reden von Erbsünde, wir von Erbadel.“494 Kein Wunder, dass das Klosterleben den Gipfel der Lasterhaftigkeit darstellt. Vom Jahr 1935 an werden katholische Orden und der Klerus mit Sittlichkeitsprozessen überzogen. Damit kann die Doppelmoral angegriffen werden, die den Körper verdammt und zur Keuschheit auffordert, aber in ihren eigenen Kreisen die Homosexualität und – insbesondere – die Knabenliebe toleriert. Diese Prozess-Serie, die nichts erfindet, wohl aber über wohlbekannte Praktiken befindet, wird von einem starken Presse-Echo begleitet.495
Doch steht es ausgerechnet den SS-Leuten zu, die ebenfalls schwarz gekleidet sind und wie die Jesuiten Kadavergehorsam geloben, die christlichen Orden zu kritisieren? Ja, denn selbst wenn sie sich als Orden bezeichnet, so ist die SS doch ein gemischter Orden: „Die Kirche hat entsprechend ihrer lebensverneinenden Einstellung Orden begründet, die auf der Ehelosigkeit beruhen“,496 also Zeugung verhindern. Sie hat es verstanden, „aus der besten völkischen Substanz immer wieder Menschen abzuziehen und dann zur Unfruchtbarkeit zu verdammen“497. Im Gegensatz zu den Mönchsorden vereint die SS beide Geschlechter und bringt sie in Kampfposition mit dem alleinigen Ziel, „den Willen der Natur [zu] erfüllen“498 und so die Fortdauer der Rasse zu sichern. Die SS ist ein Zusammenschluss von Familien mit dem Ziel, die germanische Familienordnung wiederherzustellen.
Eben dies wiederholt auch Himmler ständig, vor allem aus Anlass von Ansprachen, die er als Trauzeuge von SS-Offizieren hält: „Die SS ist ein soldatischer, nationalsozialistischer Orden nordisch bestimmter Männer und eine beschworene [sic] Gemeinschaft ihrer Sippen.“ Beides gehört zusammen. Die SS ist also unbedingt mehr als ein Orden von Mönchssoldaten: „Unser Tun und unser Wollen wären völlig unvollständig, wenn nicht die Frau mit einbezogen wäre. Träten wir nur als soldatischer Orden unseren geschichtlichen und menschlichen Auftrag an, würden wir das Ziel, das wir uns gesetzt haben, nicht erreichen.“ Die SS ist notwendigerweise ein „Sippenorden“. Das hat Folgen: „Es ist daher bei uns üblich geworden, daß die junge Frau mit aufgenommen wird in die Schutzstaffel“ in der Erwartung, daß auch sie „treu und gehorsam der SS, der Bewegung und dem Führer“499 ist. Die SS ist also ein Naturorden, der die Weltordnung achtet und stützt.