Читать книгу Die Hallig - Johann Christoph Biernatzki - Страница 7
VI
ОглавлениеDer Geist mag sich im Werk verkünden,
Das schöpferisch er Dir enthüllt,
Die Macht kann sich ein Zeugnis gründen,
Das mit Bewundrung Dich erfüllt.
Willst Du nach einem Herzen fragen,
Dem Deine Thräne nicht zu klein:
Da muß das Herz an Deinem schlagen,
Muß mit Dir dulden, mit Dir tragen,
Da muß Dein Gott Dir Christus sein.
Am Nachmittag nach eingetretener Ebbe begannen die Versuche zur Bergung der Güter aus dem Schiffe, wobei Mander und Oswald mit beschäftigt waren, Godber aber nicht, indem Idalia rund heraus erklärte, daß sie seine Hülfe nicht entbehren könne, wenn die Herren eine ruhige Nacht wünschten.
Hold war zu Maria’s Wohnung gegangen, um ihr seinen Glückwunsch zu der Wiederkehr ihres Verlobten zu bringen. Wie ganz anders traf er es da, als er erwartet hatte. Maria in Thränen schwimmend, ihre Mutter ängstlich um sie her trippelnd, und bald schmeichelnd tröstend, bald eifrig darein redend von Unverstand und Wunderlichkeit.
„Gott Lob!“ rief diese, als sie Hold erblickte, „Gott Lob! Herr Pastor, daß Sie kommen! Ich weiß nichts mehr mit dem Mädchen anzufangen. Da kommt sie diesen Morgen, deckenhoch springend, vor mein Bett gejubelt: Godber ist da! daß ich alte Frau noch den Schreck in allen Gliedern fühle, und nun sitzt sie, seit ich vom Strande zurückgekommen bin, bis jetzt laut weinend und schluchzend auf diesem Flecke, weil sie sich einbildet, die fremde Stadtdame, die wunderlich genug aussieht in unserer Tracht, habe mit ihren langen Locken ihm den Kopf verrückt. Als ob so ein schiffbrüchiges Milchgesicht das hübscheste und fleißigste Mädchen in der ganzen Hallig so mir nichts dir nichts bei ihrem Verlobten ausstechen könnte.“
Und nun erzählte sie, immer dazwischen wieder sich zu der jammernden Maria wendend, Alles was sie von der Armen nach und nach, obwohl ohne rechten Zusammenhang, erforscht hatte, und das freilich in ihrem Munde und mit den mildernden Deutungen, die sie dem Benehmen Godber’s unterlegte, nicht geeignet war, den Pastor von der Untreue desselben zu überzeugen. Doch war er auch zu sehr davon überrascht und ergriffen, ein Herz trostbedürftig zu finden, dessen Jubel er zu einem freudigen Dankgebet hatte leiten wollen, als daß er nicht mit mehr Ernst, denn sonst wohl, in Maria’s Vorstellungen eingegangen wäre. Er glaubte zugleich zu ihrer Beruhigung besser wirken zu können, wenn er ihrem aufgeregten Gefühle keinen Widerspruch entgegensetzte, und sagte daher:
„Wir wollen einmal annehmen, liebe Maria, daß Deine Liebe zu Godber nicht mehr in seinem Betragen erblickte, als darin lag, daß die natürliche Teilnahme, die er für die durch ihn Gerettete haben muß, weiter geht, als Du wünschen kannst, wird er nicht, wenn der erste lebhafte Eindruck vorüber ist, zu der Treue zurückkehren, die er Dir gelobte? Wird er nicht bald sein Herz wiederfinden, das, wie Du aus seinen Briefen weißt, neun Jahre in der Ferne nur allein für Dich schlug, obwohl ihm gewiß schon manche reizendere Gestalt als diese Fremde entgegentrat?“
Maria schüttelte schweigend den Kopf.
„Wenn auch,“ fuhr Hold fort, „in diesem Augenblick die Zuneigung der jungen Stadtdame für Godber vielleicht über die Grenzen der Freundschaft und Dankbarkeit hinausgeht, ist damit schon eine ernsthafte Liebe gewiß? Willst Du von ihr verlangen, daß sie, aus der drohendsten Todesgefahr durch ihn gerettet, sogleich ihre Gefühle auf das Maß beschränke, das sie in der Zukunft bewahren müssen und werden? Diese lockende Sprache und dies verführerische Benehmen, wodurch sie Dir jetzt so viel Weh bereitet, werden sich früh genug zu einem freundlichen Dank, zu einer besonnenen Berücksichtigung der Verhältnisse zurecht finden, und Godber wird, vorausgesetzt, daß Du sein Betragen an diesem Morgen recht beurteilst, gar bald sich als das thörichte Gängelkind einer flüchtigen Aufregung erkennen.“