Читать книгу Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand - Johann Wolfgang Goethe - Страница 7

Jagsthausen. Götzens Burg.

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Elisabeth, seine Frau. Maria, seine Schwester. Carl, sein Söhnchen.

CARL.

Ich bitte dich, liebe Tante, erzähl mir das noch einmal vom frommen Kind, ’s is gar zu schön.

MARIA.

Erzähl du mir’s kleiner Schelm, da will ich hören ob du Acht gibst.

CARL.

Wart e bis, ich will mich bedenken – Es war einmal – ja – es war einmal ein Kind, und sein Mutter war krank, da ging das Kind hin.

MARIA.

Nicht doch. Da sagte die Mutter, liebes Kind –

CARL.

Ich bin krank.

MARIA.

Und kann nicht ausgehn.

[15]CARL.

Und gab ihm Geld und sagte, geh hin, und hol dir ein Frühstück. Da kam ein armer Mann.

MARIA.

Das Kind ging, da begegnet’ ihm ein alter Mann der war – nun Carl!

CARL.

Der war – alt.

MARIA.

Freilich! Der kaum mehr gehen konnte, und sagte: liebes Kind –

CARL.

Schenk mir was, ich hab kein Brot gessen gestern und heut, da gab ihm ’s Kind das Geld.

MARIA.

Das für sein Frühstück sein sollte.

CARL.

Da sagte der alte Mann –

MARIA.

Da nahm der alte Mann, das Kind –

CARL.

Bei der Hand, und sagte, und ward ein schöner glänziger Heiliger, und sagte: Liebes Kind –

MARIA.

Für deine Wohltätigkeit, belohnt dich die Mutter Gottes durch mich, welchen Kranken du anrührst –

CARL.

Mit der Hand – es war die rechte glaub ich.

MARIA.

Ja.

CARL.

Der wird gleich gesund.

MARIA.

Da lief ’s Kind nach Haus, und konnt für Freuden nichts reden.

CARL.

Und fiel seiner Mutter um den Hals, und weinte für Freuden –

MARIA.

Da rief die Mutter, wie ist mir! und war – nun Carl.

CARL.

Und war – und war –

MARIA.

Du gibst schon nicht Acht – und war gesund. Und das Kind kurierte König und Kaiser, und wurde so reich, dass es ein großes Kloster bauete.

ELISABETH.

Ich kann nicht begreifen wo mein Herr bleibt. Schon fünf Tag und Nächte, dass er weg ist, und er hoffte so bald seinen Streich auszuführen.

MARIA.

Mich ängstigt’s lang. Wenn ich so einen Mann haben sollte, der sich immer Gefahren aussetzte, ich stürbe im ersten Jahr.

ELISABETH.

Dafür dank ich Gott, dass er mich härter zusammengesetzt hat.

[16]CARL.

Aber muss dann der Papa ausreiten, wenn’s so gefährlich ist?

MARIA.

Es ist sein guter Wille so.

ELISABETH.

Wohl muss er lieber Carl.

CARL.

Warum?

ELISABETH.

Weißt du noch, wie er das letzte Mal ausritt, da er dir Weck mitbrachte?

CARL.

Bringt er mir wieder mit?

ELISABETH.

Ich glaub wohl. Siehst du, da war ein Schneider von Stuttgart, der war ein trefflicher Bogenschütz, und hatte zu Kölln auf’m Schießen das Beste gewonnen.

CARL.

War’s viel?

ELISABETH.

Hundert Taler. Und darnach wollten sie’s ihm nicht geben.

MARIA.

Gelt, das ist garstig Carl.

CARL.

Garstige Leut!

ELISABETH.

Da kam der Schneider zu deinem Vater und bat ihn, er möchte ihm zu seinem Geld verhelfen. Und da ritt er aus und nahm den Köllnern ein paar Kaufleute weg und plagte sie so lang bis sie das Geld herausgaben. Wärst du nicht auch ausgeritten?

CARL.

Nein, da muss man durch einen dicken dicken Wald, sind Zigeuner und Hexen drin.

ELISABETH.

Is ein rechter Pursch, fürcht sich vor Hexen.

MARIA.

Du tust besser Carl, leb du einmal auf deinem Schloss, als ein frommer christlicher Ritter. Auf seinen eigenen Gütern findet man zum Wohltun Gelegenheit genug. Die rechtschaffensten Ritter begehen mehr Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit auf ihren Zügen.

ELISABETH.

Schwester du weißt nicht was du redst. Gebe nur Gott dass unser Junge mit der Zeit braver wird, und dem Weislingen nicht nachschlägt, der so treulos an meinem Mann handelt.

MARIA.

Wir wollen nicht richten Elisabeth. Mein Bruder ist sehr erbittert, du auch. Ich bin bei der ganzen Sache mehr Zuschauer, und kann billiger sein.

[17]ELISABETH.

Er ist nicht zu entschuldigen.

MARIA.

Was ich von ihm gehört, hat mich eingenommen. Erzählte nicht selbst dein Mann so viel Liebs und Guts von ihm! Wie glücklich war ihre Jugend als sie zusammen Edelknaben des Markgrafen waren.

ELISABETH.

Das mag sein. Nur sag, was kann der Mensch je Gutes gehabt haben, der seinem besten treusten Freunde nachstellt, seine Dienste den Feinden meines Manns verkauft, und unsern trefflichen Kaiser, der uns so gnädig ist, mit falschen widrigen Vorstellungen einzunehmen sucht.

CARL.

Der Papa! Der Papa! Der Türner bläst ’s Liedel: Heisa mach ’s Tor auf.

ELISABETH.

Da kommt er mit Beute.

Ein Reuter kommt.

REUTER.

Wir haben gejagt! wir haben gefangen! Gott grüß’ Euch edle Frauen.

ELISABETH.

Habt ihr den Weislingen?

REUTER.

Ihn und drei Reuter.

ELISABETH.

Wie ging’s zu, dass ihr so lang bleibt?

REUTER.

Wir laureten auf ihn zwischen Nürnberg und Bamberg, er wollte nicht kommen, und wir wussten doch er war auf der Wege. Endlich kundschaften wir ihn aus, er war seitwärts gezogen, und saß geruhig beim Grafen auf Schwarzenberg.

ELISABETH.

Den möchten sie auch gern meinem Mann feind haben.

REUTER.

Ich sagt’s gleich dem Herrn. Auf! und wir ritten in Haslacher Wald. Und da war’s kurios, wie wir so in die Nacht reiten, hüt just ein Schäfer da, und fallen fünf Wölf in die Herd’, und packten weidlich an. Da lachte unser Herr und sagte: Glück zu lieben Gesellen, Glück überall und uns auch. Und es freuet’ uns auch das gute Zeichen. Indem so kommt der Weislingen hergeritten mit vier Knechten.

MARIA.

Das Herz zittert mir im Leibe.

[18]REUTER.

Ich und mein Kamerad, wie’s der Herr befohlen hatte, nistelten uns an ihn als wären wir zusammen gewachsen, dass er sich nicht regen noch rühren konnte, und der Herr und der Hans fielen über die Knechte her und nahmen sie in Pflicht. Einer ist entwischt.

ELISABETH.

Ich bin neugierig ihn zu sehn. Kommen sie bald?

REUTER.

Sie reiten das Tal herauf, in einer viertel Stund sind sie hier.

MARIA.

Er wird niedergeschlagen sein.

REUTER.

Finster g’nug sieht er aus.

MARIA.

Sein Anblick wird mir im Herzen weh tun.

ELISABETH.

Ah! – Ich will gleich ’s Essen zurechtmachen. Hungrig werdet ihr doch all sein.

REUTER.

Rechtschaffen.

ELISABETH.

Nimm die Kellerschlüssel und hol vom besten Wein, sie haben ihn verdient. (Elisabeth ab.)

CARL.

Ich will mit Tante.

MARIA.

Komm Bursch. (Ab.)

REUTER.

Der wird nicht sein Vater, sonst ging’ er mit in Stall.

Götz. Weislingen. Reutersknechte.

GÖTZ

(Helm und Schwert auf den Tisch legend). Schnallt mir den Harnisch auf, und gebt mir meinen Wams. Die Bequemlichkeit wird mir wohltun. Bruder Martin du sagtest recht. Ihr habt uns im Atem erhalten Weislingen.

WEISLINGEN

(antwortet nichts, auf und ab gehend).

GÖTZ.

Seid guten Muts. Kommt entwaffnet Euch. Wo sind Eure Kleider, ich hoffe, es soll nichts verloren gangen sein. (Zum Knecht.) Fragt seine Knechte und öffnet das Gepäcke, und seht zu, dass nichts abhanden komme. Ich könnt Euch auch von den meinigen borgen.

WEISLINGEN.

Lasst mich so, es ist all eins.

GÖTZ.

Könnt Euch ein hübsches saubres Kleid geben, ist zwar nur leinen. Mir ist’s zu eng worden. Ich hatt’s auf der Hochzeit meines gnädigen Herrn des Pfalzgrafen an, eben damals als Euer Bischof so giftig über mich wurde. Ich hatt [19]ihm vierzehn Tag vorher, zwei Schiff auf dem Main niedergeworfen. Und ich geh mit Franzen von Sickingen im Wirtshaus zum Hirsch in Heidelberg die Trepp hinauf. Eh man noch ganz droben ist, ist ein Absatz und ein eisern Geländerlein, da stund der Bischof und gab Franzen die Hand, wie er vorbeiging, und gab sie mir auch, wie ich hintendrein kam. Ich lacht in meinem Herzen, und ging zum Landgrafen von Hanau, der mir ein gar lieber Herr war, und sagte: Der Bischof hat mir die Hand geben, ich wett er hat mich nicht gekannt. Das hört’ der Bischof, denn ich redt laut mit Fleiß, und kam zu uns trotzig – und sagte: Wohl, weil ich Euch nicht kannt hab, gab ich Euch die Hand. Da sagt ich: Herre ich merkt’s wohl, dass Ihr mich nicht kanntet, und hiermit habt Ihr Eure Hand wieder. Da wurd ’s Männlin so rot am Hals wie ein Krebs vor Zorn, und lief in die Stube zu Pfalzgraf Ludwig und dem Fürsten von Nassau und klagt’s ihnen. Wir haben nachher uns oft was drüber zugute getan.

WEISLINGEN.

Ich wollt’ Ihr ließt mich allein.

GÖTZ.

Warum das? Ich bitt Euch seid aufgeräumt. Ihr seid in meiner Gewalt, und ich werd sie nicht missbrauchen.

WEISLINGEN.

Dafür war mir’s noch nicht bange. Das ist Eure Ritterpflicht.

GÖTZ.

Und Ihr wisst, dass die mir heilig ist.

WEISLINGEN.

Ich bin gefangen und das Übrige ist eins.

GÖTZ.

Ihr solltet nicht so reden. Wenn Ihr’s mit Fürsten zu tun hättet, und sie Euch in tiefen Turn an Ketten aufhingen, und der Wächter Euch den Schlaf wegpfeifen müsste.

Die Knechte mit den Kleidern.

WEISLINGEN

(legt sich aus und an).

Carl kommt.

CARL.

Guten Morgen Papa.

GÖTZ

(küsst ihn). Guten Morgen Junge. Wie habt ihr die Zeit gelebt?

[20]CARL.

Recht geschickt Papa! Die Tante sagt: ich sei recht geschickt.

GÖTZ.

So.

CARL.

Hast du mir was mitgebracht?

GÖTZ.

Diesmal nicht.

CARL.

Ich hab viel gelernt.

GÖTZ.

Ei!

CARL.

Soll ich dir vom frommen Kind erzählen?

GÖTZ.

Nach Tisch.

CARL.

Ich weiß noch was.

GÖTZ.

Was wird das sein?

CARL.

Jagsthausen ist ein Dorf und Schloss an der Jagst, gehört seit zweihundert Jahren denen Herrn von Berlichingen erb und eigentümlich zu.

GÖTZ.

Kennst du den Herrn von Berlichingen?

CARL

(sieht ihn starr an).

GÖTZ

(vor sich). Er kennt wohl für lauter Gelehrsamkeit seinen Vater nicht. – Wem gehört Jagsthausen?

CARL.

Jagsthausen ist ein Dorf und Schloss an der Jagst.

GÖTZ.

Das frag ich nicht. – Ich kannte alle Pfade, Weg’ und Furten, eh ich wusst wie Fluss, Dorf und Burg hieß. – Die Mutter ist in der Küch?

CARL.

Ja Papa! Sie kocht weiße Rüben und ein Lammsbraten.

GÖTZ.

Weißt du’s auch, Hans Küchenmeister?

CARL.

Und vor mich zum Nachtisch, hat die Tante einen Apfel gebraten.

GÖTZ.

Kannst du sie nicht roh essen?

CARL.

Schmeckt so besser.

GÖTZ.

Du musst immer was Apartes haben. – Weislingen! ich bin gleich wieder bei Euch. Ich muss meine Frau doch sehn. Komm mit Carl.

CARL.

Wer ist der Mann?

GÖTZ.

Grüß ihn. Bitt ihn er soll lustig sein.

CARL.

Da Mann! Hast du eine Hand, sei lustig, das Essen ist bald fertig.

WEISLINGEN

(hebt ihn in die Höh und küsst ihn). Glückliches [21]Kind! Das kein Übel kennt, als wenn die Suppe lang ausbleibt. Gott lass’ Euch viel Freud am Knaben erleben, Berlichingen!

GÖTZ.

Wo viel Licht ist, ist starker Schatten – doch wär mir’s willkommen. Wollen sehn was es gibt.

(Sie gehn.)

WEISLINGEN.

O dass ich aufwachte! Und das alles wäre ein Traum! In Berlichingens Gewalt, von dem ich mich kaum losgearbeitet hatte, dessen Andenken ich mied wie Feuer, den ich hoffte zu überwältigen! Und er – der alte treuherzige Götz! Heiliger Gott, was will aus dem allen werden! Rückgeführt Adelbert in den Saal! wo wir als Buben unsere Jagd trieben. Da du ihn liebtest, an ihm hingst wie an deiner Seele. Wer kann ihm nahen und ihn hassen? Ach! Ich bin so ganz nichts hier. Glückselige Zeiten seid vorbei, da noch der alte Berlichingen hier am Kamin saß, da wir um ihn durcheinander spielten, und uns liebten wie die Engel. Wie wird sich der Bischof ängstigen, und meine Freunde. Ich weiß, das ganze Land nimmt Teil an meinem Unfall. Was ist’s! Können sie mir geben wornach ich strebe?

Götz mit einer Flasche Wein und Becher.

GÖTZ.

Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt setzt Euch, tut als wenn Ihr zu Hause wärt. Denkt, Ihr seid wieder einmal beim Götz. Haben doch lange nicht beisammen gesessen, lang keine Flasche miteinander ausgestochen. (Bringt’s ihm.) Ein fröhlich Herz!

WEISLINGEN.

Die Zeiten sind vorbei.

GÖTZ.

Behüte Gott. Zwar vergnügtere Tage werden wir wohl nicht wieder finden, als an des Markgrafens Hof, da wir noch beisammen schliefen, und miteinander herumzogen. Ich erinnere mich mit Freuden meiner Jugend. Wisst Ihr noch, wie ich mit dem Polacken Händel kriegte, dem ich sein gepicht und gekräuselt Haar von ohngefähr mit dem Ärmel verwischte?

[22]WEISLINGEN.

Es war bei Tische, und er stach nach Euch mit dem Messer.

GÖTZ.

Den schlug ich wacker aus dazumal, und darüber wurdet Ihr mit seinem Kamerad zu Unfried. Wir hielten immer redlich zusammen als gute brave Jungens, dafür erkennte uns auch jedermann. (Schenkt ein und bringt’s.) Castor und Pollux! Mir tat’s immer im Herzen wohl, wenn uns der Markgraf so zutrank.

WEISLINGEN.

Der Bischof von Würzburg hatte es aufgebracht.

GÖTZ.

Das war ein gelehrter Herr, und dabei so leutselig. Ich erinnere mich seiner solange ich lebe, wie er uns liebkoste, unsere Eintracht lobte, und den Menschen glücklich pries, der ein Zwillingsbruder seines Freunds wäre.

WEISLINGEN.

Nichts mehr davon.

GÖTZ.

Warum nicht? Nach der Arbeit wüsst ich nichts Angenehmers, als mich des Vergangenen zu erinnern. Freilich, wenn ich wieder so bedenke, wie wir Liebs und Leids zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals wähnte, so sollt’s unser ganzes Leben sein. War das nicht all mein Trost wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und du mein pflegtest, und mehr als Bruder für mich sorgtest, ich hoffte Adelbert wird künftig meine rechte Hand sein. Und nun –

WEISLINGEN.

Oh!

GÖTZ.

Wenn du mir damals gefolgt hättest, da ich dir anlag mit nach Brabant zu ziehen, es wäre alles gut geblieben. Da hielt dich das unglückliche Hofleben, und das Schlenzen und Scharwenzen mit den Weibern. Ich sagt es dir immer, wenn du dich mit den eitlen garstigen Vetteln abgabst, und ihnen erzähltest von missvergnügten Ehen, verführten Mädchen, der rauen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne hören, du wirst ein Spitzbub, sagt ich, Adelbert.

WEISLINGEN.

Wozu soll das alles?

GÖTZ.

Wollte Gott ich könnt’s vergessen, oder es wär anders. [23]Bist du nicht ebenso frei, so edel geboren als einer in Teutschland, unabhängig, nur dem Kaiser untertan, und du schmiegst dich unter Vasallen. Was hast du von dem Bischof? Weil er dein Nachbar ist? Dich necken könnte? Hast du nicht Arme und Freunde, ihn wieder zu necken? Verkennst den Wert eines freien Rittersmanns, der nur abhängt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst, verkriechst dich zum ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen Pfaffen.

WEISLINGEN.

Lasst mich reden.

GÖTZ.

Was hast du zu sagen?

WEISLINGEN.

Du siehst die Fürsten an, wie der Wolf den Hirten. Und doch, darfst du sie schelten, dass sie ihrer Leut und Länder Bestes wahren? Sind sie denn einen Augenblick vor den ungerechten Rittern sicher, die ihre Untertanen auf allen Straßen anfallen, ihre Dörfer und Schlösser verheeren? Wenn nun auf der andern Seite unsers teuren Kaisers Länder der Gewalt des Erbfeindes ausgesetzt sind, er von den Ständen Hülfe begehrt, und sie sich kaum ihres Lebens erwehren; ist’s nicht ein guter Geist der ihnen einrät auf Mittel zu denken Teutschland zu beruhigen, die Staatsverhältnisse näher zu bestimmen, um einem jeden, Großen und Kleinen die Vorteile des Friedens genießen zu machen? Und uns verdenkst du’s Berlichingen, dass wir uns in ihren Schutz begeben, deren Hülfe uns nah ist, statt dass die entfernte Majestät sich selbst nicht beschützen kann.

GÖTZ.

Ja! Ja! Ich versteh! Weislingen, wären die Fürsten wie Ihr sie schildert, wir hätten alle was wir begehren. Ruh und Frieden! Ich glaub’s wohl! Den wünscht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlsein eines jeden! Dass sie sich nur darum graue Haare wachsen ließen. Und mit unserm Kaiser spielen sie auf eine unanständige Art. Er meint’s gut, und möcht gern bessern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker, und meint so und so. Und weil der Herr geschwind [24]was begreift, und nur reden darf um tausend Händ in Bewegung zu setzen, so meint er, es wär auch alles so geschwind und leicht ausgeführt. Nun ergehn Verordnungen über Verordnungen, und wird eine über die andere vergessen, und was den Fürsten in ihren Kram dient, da sind sie hinterher, und gloriieren von Ruh und Sicherheit des Staats, bis sie die Kleinen unterm Fuß haben. Ich will darauf schwören, es dankt mancher in seinem Herzen Gott, dass der Türk dem Kaiser die Waage hält.

WEISLINGEN.

Ihr seht’s von Eurer Seite.

GÖTZ.

Das tut jeder. Es ist die Frage auf welcher Licht und Recht ist, und eure Gänge scheuen wenigstens den Tag.

WEISLINGEN.

Ihr dürft reden, ich bin der Gefangne.

GÖTZ.

Wenn Euer Gewissen rein ist, so seid Ihr frei. Aber wie war’s mit dem Landfrieden? Ich weiß noch als ein Bub von sechzehn Jahren, war ich mit dem Markgraf auf dem Reichstag. Was die Fürsten da für weite Mäuler machten, und die Geistlichen am ärgsten. Euer Bischof lärmte dem Kaiser die Ohren voll, als wenn ihm wunder die Gerechtigkeit ans Herz gewachsen wäre, und jetzt wirft er mir selbst einen Buben nieder, zur Zeit da unsere Händel vertragen sind, ich an nichts Böses denke. Ist nicht alles zwischen uns geschlichtet? Was hat er mit dem Buben?

WEISLINGEN.

Es geschah ohne sein Wissen.

GÖTZ.

Warum gibt er ihn nicht wieder los?

WEISLINGEN.

Er hatte sich nicht aufgeführt wie er sollte.

GÖTZ.

Nicht wie er sollte! Bei meinem Eid, er hat getan, wie er sollte, so gewiss er mit Eurer und des Bischofs Kundschaft gefangen ist. Meint Ihr, ich komme erst heut auf die Welt, um nicht zu sehen, wo alles hinaus will?

WEISLINGEN.

Ihr seid argwöhnisch und tut uns Unrecht.

GÖTZ.

Weislingen, soll ich von der Leber weg reden? Ich bin euch ein Dorn in den Augen, so klein ich bin, und der Sickingen und Selbitz nicht weniger, weil wir fest entschlossen sind zu sterben eh, als die Luft jemanden zu verdanken, außer Gott, und unsere Treu und Dienst zu leisten, als [25]dem Kaiser. Da ziehen sie nun um mich herum, verschwärzen mich bei Ihro Majestät und ihren Freunden, und meinen Nachbarn, und spionieren nach Vorteil über mich. Aus dem Weg wollen sie mich haben, wie’s wäre. Darum nahmt ihr meinen Buben gefangen, weil ihr wusstet, ich hatte ihn auf Kundschaft ausgeschickt, und darum tat er nicht was er sollte, weil er mich nicht an euch verriet. Und du Weislingen bist ihr Werkzeug!

WEISLINGEN.

Berlichingen!

GÖTZ.

Kein Wort mehr davon, ich bin ein Feind von Explikationen, man betrügt sich oder den andern, und meist beide.

CARL.

Zu Tisch Papa.

GÖTZ.

Fröhliche Bottschaft! Kommt, ich hoffe meine Weibsleute sollen Euch munter machen. Ihr wart sonst ein Liebhaber, die Fräuleins wussten von Euch zu erzählen. Kommt! (Ab.)

Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand

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