Читать книгу Und da oben sind wir glücklich - Johanna Koers - Страница 4
Epilog
ОглавлениеEr hatte seine Hand um ihre Schultern gelegt und ihr Kopf lehnte an seinem Oberarm. Gemeinsam beobachteten sie den Sonnenuntergang: Das Licht der sich sinkenden Sonne versetzte den ganzen Himmel in einen wunderschönen Orange-Gelbton. Manchmal zeigte sich der Himmel rot, manchmal rosa. Der Vorgang war immer derselbe und doch jedes Mal wieder einzigartig. Ellie liebte das tägliche Schauspiel dieses riesigen Feuerballs. Sekunde für Sekunde konnte man zusehen, wie die Erde die Sonne immer weiter in sich aufzusaugen versuchte, bis diese schlussendlich scheinbar verschwunden war. Nur, um auf der anderen Seite der Erde für Licht und Wärme zu sorgen. Ihr gefiel die Vorstellung: zu verschwinden und doch da zu sein. Nur auf einer anderen Seite. Nie ganz weg.
Alex und sie hatten sich schon viele Sonnenuntergänge gemeinsam angesehen. Hier in seinem Strandkorb, aber vor allem in den Bergen. Die Berge waren ihre Passion. Klettern war die Leidenschaft, die sie beide nicht nur miteinander verband, sondern sie sogar einander bekannt gemacht hatte: Vor drei Jahren hatten sie sich im Kletterzentrum kennengelernt. Alex hatte die Bahn neben ihr und Ellie war mit einem Fuß abgerutscht. Sie wusste nicht, wie sie den nächsten Schritt machen sollte und war kurz davor aufzugeben, als er, Alex, sie ansprach: „Hey, nicht aufgeben. Rechts oben“ – tatsächlich war dort eine Möglichkeit, die Ellie nicht in Betracht gezogen hatte – „und dann kommen wir gemeinsam oben an.“
Ellie war glücklich. Ihr Leben war wundervoll. Ein toller Mann an ihrer Seite, den sie über alles liebte. Eine Familie, die immer hinter ihr stand. Ein Studium, in dem sie gut war. Neben dem Klettern und Alex war ihre Band ihr drittes elementares Lebensstandbein. Ellie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zu singen begonnen hatte. Sie wuchs in einer musikalisch geprägten Familie auf. Ihre Mutter erzählte immer, sie und ihre ein Jahr ältere Schwester Giulia hätten gesungen, bevor sie sprechen konnten. Heute sangen sie beide in ihrer Band. Sie waren zu fünft: Ellie, Juli, Maj, Nik und Pete – und sie waren gut. Hatten sie zunächst nur auf Schulveranstaltungen gespielt, wurden sie mittlerweile auch für größere Veranstaltungen und als Vorband gebucht.
Kurzum: Ellie liebte ihr Leben. Sie war ein optimistischer Mensch. Immer motiviert. Immer in Action. Langeweile gehörte nicht in ihr Vokabular. Immer in Bewegung. Immer vorwärts, immer weiter nach oben. Stillstand war keine Option.
„Was würdest du dir wünschen, wenn jetzt eine Fee vorbeikommen würde, um dir einen einzigen Wunsch zu erfüllen?“ Alex hatte sich ihr leicht zugewandt.
„Eine Fee?“ Ellie lächelte schmunzelnd.
„Ja, eine Fee.“
„Hmm.“ Sie lächelte immer noch. Eine Fee?! - Wie war er darauf gekommen? Sie überlegte kurz, doch eigentlich fiel ihr das antworten nicht schwer: „Ich wünsche mir, dass wir auch mit achtzig Jahren noch Berge besteigen.“
„Du und ich?“ Auf seine Lippen hatte sich ein seliges Lächeln gelegt.
„Ja, du und ich. Das heißt, wenn du dir vorstellen kannst, noch so lange mit mir dein Leben zu teilen.“ Sie sah ihn an. Sie hatte keine Angst vor seiner Antwort. Alex drehte sich, sodass sie ihren Kopf heben musste.
„Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, du bist mein Leben.“ Er streichelte ihr durch ihr langes - für Italienerinnen untypisch - rotes, leicht gelocktes Haar.
„Ti amo, tesoro mio.“ Sie legte ihre Hand in seinen Nacken, zog ihn leicht zu sich heran und küsste ihn.