Читать книгу Sam jagt des Teufels Bruder Texas Wolf Band 51 - John F. Beck - Страница 8
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ОглавлениеDie Kanes waren drei gewesen. Der älteste Sohn hieß Murphy. Damals hatte der alte Kane noch eine weiße Frau. Sie starb bei Murphys Geburt, wie so viele Siedlerfrauen an Kindbettfieber im Westen gestorben sind. Der alte Kane nahm sich eine Indianerin. Und er, der ohnehin zur Hälfte mexikanisches Blut in seinen Adern rollen hatte, verstand sich gut mit seiner indianischen Frau. Aus dieser wilden Ehe stammten Tennessee und Mazko. Während die beiden jüngeren Kanes schon beizeiten als Banditen ritten, blieb Murphy, der älteste, ein Einzelgänger. Er war vierzig, hatte aber
schon schlohweißes Haar, schneeweiße Augenbrauen und einen ebenso weißen Schnurrbart. Dennoch wirkte er auf Frauen. Sein von der Sonne tief gebräuntes Gesicht hatte etwas Rassiges, etwas so ausgeprägt Männliches, dass es die Mädchen regelrecht anzog. Er war größer als seine Brüder, breitschultrig, und galt als äußerst schweigsam.
Murphy Kane war jahrelang als Begleitreiter von Frachttransporten im Süden unterwegs gewesen, hatte eine lange Zeit während der Revolution von Juarez in Mexiko gegen die Franzosen gekämpft, und danach, als Benito Juarez die Regierung Mexikos übernommen hatte, eine Zeitlang Soldaten und Rurales für die neue Regierung ausgebildet. Nun aber vermietete er sich und seinen Revolver an Leute, die dafür zahlten, die sich einen Revolvermann leisten könnten. Immerhin, ein Bandit war Murphy Karte nicht. Er raubte nicht, er killte nicht, er war lediglich ein Leibwächter, ein Begleitreiter, oder überhaupt, jemand, der für Geld etwas zu beschützen hatte.
Seinen letzten Auftrag hatte er hinter sich. Er suchte einen neuen.
An diesem Abend kam er von Mexiko herüber. Von El Paso del Norte, das noch nicht Ciudad Juarez hieß, dem mexikanischen Teil der Stadt El Paso. Fr ritt über die Holzbrücke, die den Rio Grande del Norte überquert, und die Hufe seines Pferdes trappelten auf den Bohlen. Als er den Grenzposten passiert hatte, trottete sein Pferd die dichtbevölkerte Mainstreet von El Paso entlang.
Diese Stadt schien in einem Gewimmel von Menschen überzukochen. Mexikaner, Cowboys, auch Soldaten, alles Mögliche hatte sich hier angesammelt, und die Luft schien heißer als in der Hölle. Dennoch hoffte Murphy Kane, hier einen Job zu finden, in der Einsamkeit waren die Chancen gering, aber hier, in diesem brodelnden Menschengewimmel, waren sie größer. Und aus diesem Grunde steuerte er einen Ort an, der schon von jeher als Treffpunkt der Menschen im Westen galt, einen Saloon.
Er schob sich hinein, in diesen „New El Paso Saloon“, der gleichzeitig auch ein Hotel war. Er brachte sein Pferd in den Stall, versorgte es, nahm aber die Deckenrolle und die Satteltasche mit. Im Saloon dann bestellte er sich etwas zu trinken, etwas zu essen und sah den Menschen zu, die sich um die Tische drängten, Karten spielten. Er musterte die Frauen, herausgeputzt, raffiniert in ihrer Kleidung, gepudert, dass man kaum noch etwas von ihrer Haut sehen konnte, und mit Blicken, die einen Mann auszogen. Aber in erster Linie, um den Inhalt seiner Brieftasche kennenzulernen.
Das riesengroße Bild einer nackten Frau hing über der Theke, und in der Ecke kämpfte ein übermüdeter Klavierspieler mit den Tasten seines Instruments. Das Geklimper, das er damit hervorrief, erstarb, ertrank regelrecht in dem Lärm der Stimmen, der scharrenden Füße, der Fäuste, die beim Kartenspiel auf die Tischplatten donnerten, im Geklirr der Gläser, im Grölen und Lachen, das aus den Kehlen drang.
Die Luft hier hätte man in kleine Portionen schneiden können, und die Lampen vermochten es nicht, weiter als ein paar Meter diesen Nebeldunst zu durchdringen. Dabei war es noch nicht einmal Nacht. Aber hier im Saloon hatte man, warum auch immer, die Fenster verdunkelt.
Er fragte einen der drei Keeper, die hinter der Bar bedienten, ob er nicht einen Job wüsste; einen Job als Begleitreiter oder etwas Dergleichen.
Der Keeper lachte nur. „Dafür brauchten Sie nicht herzukommen“, sagte er dann. „So einen Job suchen in dieser Stadt mindestens tausend Leute.“
Murphy besaß noch etwa dreihundert Dollar, der Rest, der ihm von seinem letzten Job verblieben war. Er beschloss, einen Hunderter davon an diesem Abend aufs Spiel zu setzen, im wahrsten Sinne des Wortes etwas beim Spiel zu riskieren. Als er den Pokertisch sah, an dem ein Platz frei wurde, ging er hinüber, sah die anderen fragend an, und als die, ohne ein Wort zu sagen, nickten, ließ er sich nieder und war damit am Spiel beteiligt.
Es war ein kleines Spiel mit geringen Einsätzen. Murphy hatte Glück, verlor nicht viel, gewann sogar achtzehn Dollar hinzu, doch dann löste sich die Spielrunde auf. Murphy hatte keine Lust mehr zum Weiterspielen, blieb zurückgelehnt auf seinem Stuhl sitzen und beobachtete die Spieler an seinem Tisch, die aber wegen ihrer geringen Einsätze sein Interesse nur wenig wecken konnten. Stattdessen hörte er hinter sich zwei Männer von einem anderen Tisch über einen Vorfall sprechen, der ihn aufmerksam machte.
Der eine sagte gerade: „Und sie waren nur zwei?“
„Mit dem Sheriff waren sie zu dritt. Der Texas-Ranger, dann ein Alter, der ihm immer hilft, und eben der Sheriff. Es war eine richtige Falle. Nachher in der Gerichtsverhandlung hatte sich herausgestellt, woher der Texas-Ranger so gut Bescheid wusste. Hast du schon jemals von dem alten Pop Arnold gehört? Er soll ja der älteste Bandit von Texas sein.“
„Ich hab einmal etwas gehört, aber ob er Pop Arnold hieß …“
Murphy blickte sich verstohlen um, als er den Namen Pop Arnold hörte, denn dieser Name war ihm ein fester Begriff. Pop Arnold gehörte zur Bande seiner Brüder, und was mit ihm zusammenhing, war zugleich das Schicksal von Tennessee und Mazko.
Die beiden Männer, die sich über dieses Thema unterhielten, waren noch beide jung. Der eine hatte ein breites, sommersprossiges Gesicht, und der andere, der von Pop Arnold berichtet hatte, war hager und tief von der Sonne gebräunt. Dem Äußeren nach mussten sie Cowboys sein.
Der Hagere sagte: „In der Gerichtsverhandlung war von einem gewissen Mel Arnold die Rede, dem Sohn von Pop. Ich habe gar nicht gewusst, dass er einen Sohn hat, aber es ist wohl so. Und die Bande hat ihn immer vorausgeschickt, damit er erkunden soll, wo etwas zu holen ist. Und dieser Mel ist dem Texas-Ranger in die Finger geraten, und der hat ihn ausgequetscht wie eine Zitrone. Daraufhin haben sie Mel eingesperrt und eine Falle gelegt. Quancey heißt das Nest, wo es passiert ist. Es muss ein richtiges Schützenfest gewesen sein. Einer, der Alte, hat oben im Kirchturm gesessen mit einem unheimlichen Vorderlader. Damit hat er einen der Banditen getroffen und soll ihn fast in zwei Stücke geschlagen haben mit diesem Schuss. Tennessee Kane, der Anführer, wurde getötet, und dann noch zwei andere. Der Bruder von Tennessee Kane ist verletzt worden, aber sie flicken ihn wieder zusammen. Er hatte auf einer Bahre gelegen, als die Gerichtsverhandlung war.“
„Wie war denn das Urteil?“, wollte der Sommersprossige wissen.
„Bei dem Überfall wurde ein junger Bursche erschossen. Das Urteil kannst du dir denken. Sie werden aufgehängt.“
„Wer denn alles? Du sagtest vorhin, sie waren sechs. Wer hat‘s denn überlebt?“
„Ja, zuerst einmal dieser Mazko, das ist der Bruder von Tennessee Kane. Du wirst sicher von Mazko Kane auch schon gehört haben. Das ist ein Tiger, sag ich dir. Aber sie haben ihn schwer verletzt. Sie pflegen ihn jetzt gesund, und soviel ich gehört habe, werden sie so lange mit dem Hängen warten, bis Mazko wieder richtig auf den Beinen stehen kann, dann hängen sie ihn auf. Du weißt ja, wie das ist.“
„Und die anderen?“, wollte der Sommersprossige wissen.
„Ja, da ist einmal Mels Vater, der alte Pop Arnold, und dann noch ein anderer. Ich weiß nicht, ob sie beide gehängt werden. Auf alle Fälle sind die eingesperrt. Alle drei in diesem Nest Quancey. Hast du schon einmal von Quancey gehört?“
„Nie im Leben, wo liegt das?“
„Ziemlich nahe an der Grenze. Etwa neunzig, vielleicht hundert Meilen von hier.“
„Ich habe keine Lust, dieses Quancey kennenzulernen“, sagte der Sommersprossige,
Murphy Kane rollte sich noch eine Zigarette, dann stand er auf, warf den beiden, die sich über den Vorfall in Quancey unterhalten hatten, noch einen kurzen Blick zu und verließ den Raum. Draußen vor der Tür stieß er auf einen Cowboy, der gerade sein Pferd festband,
„Hallo, Freund!“, sagte Murphy. „Sind Sie aus dieser Gegend?“
„Nicht direkt, ich komme von weiter flussabwärts.“
„Schon mal von einem Ort gehört, der Quancey heißt?“, wollte Murphy wissen.
Der Cowboy war in den Lichtschein getreten. Er hatte ein junges, frisches Gesicht mit großen blauen Augen. „Quancey? Ja, zwei bis zweieinhalb Tage, dann könnten Sie dort sein, wenn Sie ein gutes Pferd haben. Immer am Fluss entlang, bis Sie in Santinas sind. Von da gibt es einen Wagenweg, da lässt es sich bequem reiten.“
„Danke, Freund“, sagte Murphy, dann ging er zum Stall hinter, um sich irgendwo in dieser Nacht schlafen zu legen. Der Gesang dar Zikaden und Grillen würde ihn einschläfern, denn morgen früh musste er beizeiten los. Zweieinhalb Tage weit lag dieses Quancey, und er wollte rechtzeitig dort sein.