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Dinner bei Swithin

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In Swithins hellblauem und orangefarbenem Speisesaal, der nach dem Park hinaus lag, war der runde Tisch für zwölf Personen gedeckt.

Ein geschliffener Kristallkronleuchter mit angezündeten Kerzen hing wie ein riesiger Stalaktit mitten darüber und warf seine Strahlen auf große, in Gold gerahmte Spiegel, auf die Marmorplatten der Seitentische und schwere goldene Stühle mit gewirkten Sitzen. Alles verriet jenen Schönheitssinn, der so tief in jeder Familie wurzelt, die sich aus dem Herzen des einfachen Volks herauf ihren Weg in die Gesellschaft gebahnt hat. Swithin war alle Einfachheit wahrhaft zuwider, und seine Vorliebe für Goldzierat stempelte ihn unter seinesgleichen zu einem Manne von großem, wenn auch etwas luxuriösem Geschmack. Und in dem Bewusstsein, dass niemand diese Räume betreten konnte, ohne den wohlhabenden Mann in ihm zu erkennen, hatte er ein stabiles und andauerndes Glück gefunden, wie es ihm vielleicht nichts anderes im Leben gewährt hätte.

Seitdem er vom Immobilienmaklertum in den Ruhestand gegangen war, ein Beruf, der namentlich wegen der dabei vorkommenden Auktionen niedrig in seiner Achtung stand, hatte er sich völlig natürlich aristokratischen Neigungen hingegeben.

In dem vollkommenen Luxus seiner späteren Lebenstage lag er eingebettet wie eine Fliege im Zucker; und seine Seele, in der vom Morgen bis zum Abend sehr wenig vorging, war von zwei merkwürdig entgegengesetzten Regungen beherrscht, einer leisen und trotzigen Genugtuung darüber, seinen eigenen Weg und sein eigenes Vermögen gemacht zu haben, und der Empfindung, dass ein Mann von seinen Vorzügen seine Seele niemals mit Arbeit hätte besudeln dürfen.

In einer weißen Weste mit großen Knöpfen aus Gold und Onyx stand er am Büfett und sah zu, wie sein Diener die Hälse von drei Champagnerflaschen tiefer in die Eiskübel hineindrehte. Zwischen den Ecken seines Stehkragens, den er – obwohl jede Bewegung ihn schmerzte – um keinen Preis hätte ändern lassen, blieb das blasse Fleisch seines Doppelkinns unbeweglich. Seine Augen schweiften von Flasche zu Flasche. Er überlegte und kam zu folgenden Schlüssen: ›Jolyon trinkt ein Glas, vielleicht zwei, er ist ja so vorsichtig; James, der kann jetzt gar keinen Wein vertragen. Nicholas und Fanny würden sicherlich Wasser in sich hineinschütten! Soames zählt nicht mit, diese jungen Neffen‹ – Soames war achtunddreißig – ›können ja nicht trinken! Aber Bosinney?‹ Als er auf den Namen dieses Fremden kam, der etwas außerhalb des Bereiches seiner Philosophie lag, hielt Swithin inne. Eine Besorgnis erwachte in ihm! Man konnte es nicht wissen! June war nur ein Mädchen, und dazu noch verliebt! Emily (Mrs James) liebte ein gutes Glas Champagner. Für Juley, die gute alte Seele, war er viel zu trocken, sie hatte keine feine Zunge. Und Hatty Chessman! Der Gedanke an diese alte Freundin beschwor eine Wolke herauf, die den hellen Glanz seiner Augen verdunkelte: Es sollte ihn nicht wundern, wenn sie eine halbe Flasche trank!

Aber als er an seinen letzten Gast dachte – an Mrs Soames – stahl sich ein Ausdruck über sein altes Gesicht wie der einer Katze, die eben anfängt zu schnurren. Sie trank vielleicht nicht viel, aber sie wusste das zu schätzen, was sie trank, es war ein Vergnügen, ihr guten Wein vorzusetzen. Eine schöne Frau – und ihm so sympathisch!

Der Gedanke an sie war wie Champagner selbst! Ein Vergnügen, einer jungen Frau guten Wein vorzusetzen, die so gut aussah, die sich zu kleiden wusste, charmante Manieren und ein ganz vornehmes Wesen hatte – ein Vergnügen, sie zu bewirten. Er gestattete seinem Kopf zwischen den Ecken seines Kragens an diesem Abend die erste kleine, schmerzhafte Bewegung.

»Adolf«, sagte er, »setzen Sie noch eine Flasche hinein.«

Er selbst durfte eine ganze Menge trinken, denn dank Blights Verordnung fühlte er sich außerordentlich wohl, und er war so vorsichtig gewesen, nicht zu Mittag zu essen. Er hatte sich seit Wochen nicht so wohl gefühlt. Die Unterlippe vorschiebend, gab er seine letzten Anordnungen.

»Adolf, eine Spur von dem Westindischen, wenn der Schinken kommt.«

Er ging in den Vorraum und setzte sich mit gespreizten Knien auf den Rand eines Stuhles. Seine große, wohlbeleibte Gestalt fiel alsbald in eine erwartungsvolle, seltsame, urzeitliche Reglosigkeit zurück. Er war bereit, sich jeden Augenblick zu erheben. Seit Monaten hatte er keine Abendgesellschaft gegeben. Dieses Dinner zu Ehren von Junes Verlobung war ihm anfangs lästig und langweilig erschienen (die Forsytes hielten andächtig an dem Brauch fest, Verlobungen durch Gastmähler zu feiern), aber nachdem die Mühe, Einladungen zu versenden und das Essen zu bestellen, überstanden war, fühlte er sich angenehm angeregt.

Und wie er wohlbeleibt und glatt und prächtig, einer abgeplatteten Butterkugel ähnlich, mit der Uhr in der Hand dasaß, dachte er an nichts.

Ein langer Mensch mit Koteletten, der früher in Swithins Dienst gestanden hatte, jetzt aber Gemüsehändler war, kam herein und meldete:

»Mrs Chessman, Mrs Septimus Small!«

Zwei Damen traten ein. Die vordere, ganz in Rot gekleidet, hatte große Flecken von der gleichen Farbe auf den Wangen und einen harten, blitzenden Blick. Sie ging auf Swithin zu und streckte ihm die Hand in langem primelfarbenen Handschuh entgegen:

»Nun, Swithin«, sagte sie, »ich habe dich eine Ewigkeit nicht gesehen. Wie geht es dir? Aber, lieber Junge, wie füllig du wirst!«

Nur der starre Blick in Swithins Augen verriet Erregung. Ein stummer, knurrender Groll schwellte seine Brust. Es war ordinär, füllig zu sein, von Fülligkeit zu reden; er hatte eben eine breite Brust, nichts weiter. Er wandte sich zu seiner Schwester, ergriff ihre Hand und sagte in gebieterischem Ton:

»Nun, Juley!«

Mrs Septimus Small war die größte der vier Schwestern; ihr gutes, rundes altes Gesicht war ein wenig griesgrämig geworden; zahllose Schmollfältchen durchzogen es, als hätte es bis zu diesem Abend in einer eisernen Drahtmaske gesteckt, die, plötzlich entfernt, kleine Wülste rebellischen Fleisches über ihrem ganzen Antlitz zurückgelassen hatte. Selbst ihre Augen blickten schmollend. Auf diese Weise gab sie ihren beständigen Groll über den Verlust von Septimus Small zu erkennen.

Sie war bekannt dafür, immer das Falsche zu sagen, und beharrlich wie ihre ganze Sippe hielt sie am Gesagten fest, fügte noch etwas Falsches hinzu und so weiter. Seit dem Hinscheiden ihres Gatten hatte die Beharrlichkeit der Familie, die Familiensachlichkeit, keinen fruchtbaren Boden mehr bei ihr gefunden. Sie war sehr gesprächig; wenn sie Gelegenheit dazu fand, konnte sie ohne die geringste Aufmunterung stundenlang mit epischer Eintönigkeit von den zahllosen Anlässen erzählen, bei denen sie vom Schicksal missbraucht worden war, und merkte nie, dass ihre Zuhörer mit dem Schicksal übereinstimmten, denn sie hatte ein gutes Herz.

Da die gute Seele lange Zeit am Bette von Septimus Small (einem Manne von schwächlicher Konstitution) hatte verbringen müssen, war es ihr zur Gewohnheit geworden, und sie hatte später zahllose Gelegenheiten gehabt, bei Kranken, Kindern und anderen hilflosen Personen lange zu sitzen und sie zu zerstreuen, war aber nicht davon abzubringen, die Welt für die undankbarste Stätte zu halten, in der man leben konnte. Sonntag für Sonntag saß sie zu Füßen des außerordentlich geistreichen Predigers Thomas Scoles, der einen großen Einfluss auf sie ausübte; aber es gelang ihr, jedermann zu überzeugen, dass selbst dies ein Unglück sei. Sie war sprichwörtlich in der Familie geworden, und wenn man einen von ihnen besonders verstimmt sah, wurde er ›eine wahre Juley‹ genannt. Ihr Gemütszustand hätte jeden, der kein Forsyte war, mit vierzig Jahren ins Grab gebracht; aber sie war zweiundsiebzig und hatte nie besser ausgesehen. Und man fühlte, dass Genussfähigkeiten in ihr schlummerten, die noch zutage treten konnten. Sie besaß drei Kanarienvögel, den Kater Tommy und einen halben Papagei – die andere Hälfte gehörte ihrer Schwester Hester, und diese armen Geschöpfe (sie wurden von Timothy sorgfältig ferngehalten – er mochte keine Tiere) erkannten besser als die Menschen, dass sie für ihr Missgeschick nichts konnte, und hingen leidenschaftlich an ihr.

Sie erschien an diesem Abend in der düsteren Pracht ihres schwarzen Bombasinkleides mit dem malvenfarbenen Einsatz und dem schüchtern dreieckigen Ausschnitt, den ein schwarzes Samtband um den Ansatz ihres dünnen Halses abschloss. Schwarz und Malvenfarbe für eine Abendtoilette galt bei fast allen Forsytes für sehr vornehm.

Schmollend sagte sie zu Swithin:

»Ann hat nach dir gefragt. Du bist eine Ewigkeit nicht bei uns gewesen!«

Swithin steckte die Daumen in die Armlöcher seiner Weste und erwiderte:

»Ann wird sehr zittrig, sie sollte einen Arzt zu Rate ziehen!«

»Mr und Mrs Nicholas Forsyte!«

Die rechtwinkligen Brauen hochgezogen, kam Nicholas Forsyte lächelnd herein. Es war ihm im Laufe des Tages geglückt, einen Vorschlag zur Beschäftigung von Einheimischen aus Oberindien in den Goldminen von Ceylon zur Annahme zu bringen. Ein Lieblingsplan von ihm, der trotz großer Schwierigkeiten schließlich doch zur Ausführung gekommen war – er konnte wohl zufrieden sein. Es würde den Ertrag seiner Minen verdoppeln, und wie er oft mit Nachdruck hervorgehoben hatte, zeigte alle Erfahrung, dass Menschen sterben müssen. Ob sie nun im eigenen Lande an kläglicher Altersschwäche starben oder frühzeitig an der Feuchtigkeit auf dem Grunde einer Mine in der Fremde, war sicherlich von geringer Bedeutung, vorausgesetzt, dass die Veränderung ihrer Lebensweise dem Britischen Reiche einen Nutzen brachte.

Seine Fähigkeiten waren nicht zu verkennen. Er pflegte die eingeknickte Nase zu seinem Zuhörer emporzuheben und hinzuzufügen:

»Aus Mangel an ein paar Hundert dieser Kerle haben wir jahrelang keine Dividende zahlen können. Sehen Sie nur, wie die Aktien stehen, ich bekomme keine zehn Shilling dafür.«

Er war auch in Yarmouth gewesen und mit dem Gefühl zurückgekehrt, sein Leben wenigstens um zehn Jahre verlängert zu haben. Er ergriff Swithins Hand und rief in scherzhaftem Tone:

»Na, da wären wir ja wieder!«

Mrs Nicholas, eine verblühte Frau, lächelte hinter ihm ein Lächeln verschüchterter Munterkeit.

»Mr und Mrs James Forsyte! Mr und Mrs Soames Forsyte!«

Swithin schlug die Hacken zusammen, seine Haltung war bewundernswert wie immer.

»Na, James, na, Emily! Wie geht es dir, Soames? Guten Abend!«

Seine Hand umschloss Irenes, und seine Augen vergrößerten sich. Sie war eine schöne Frau – ein wenig zu blass, aber diese Figur, diese Augen, diese Zähne! Viel zu schade für diesen Kerl Soames!

Die Götter hatten Irene mit dunkelbraunen Augen und goldenem Haar beschenkt, jener seltsamen Kombination, die die Blicke der Männer reizt und das Zeichen eines schwachen Charakters sein soll. Und die volle weiche Blässe ihres Halses und der Schultern über einem goldfarbenen Gewand gaben ihrer Persönlichkeit eine verführerische Fremdartigkeit.

Soames stand hinter seiner Frau, die Augen auf ihren Hals geheftet. Die Zeiger auf Swithins Uhr, die er noch immer geöffnet in der Hand hielt, waren über die Acht hinausgerückt; es war eine halbe Stunde über seine Tischzeit – er hatte nicht zu Mittag gegessen –, und eine seltsame, unverhüllte Ungeduld wallte in ihm auf.

»Es ist nicht Jolyons Art, zu spät zu kommen!«, sagte er zu Irene, ohne seinen Ärger verbergen zu können. »Wahrscheinlich hält ihn June auf.«

»Verliebte kommen immer zu spät«, erwiderte sie.

Swithin starrte sie an; ein dunkles Orange färbte seine Wangen.

»Sie haben kein Recht dazu! Das ist so ein moderner Unsinn!«

Und hinter diesem Ausbruch schien die unartikulierte Gewaltsamkeit früherer Generationen zu murren und zu knurren.

»Wie findest du meinen neuen Stern, Onkel Swithin?«, fragte Irene sanft.

Zwischen den Spitzen ihres Kleides leuchtete im Dekolleté ein fünfzackiger Stern aus elf Diamanten.

Swithin betrachtete den Stern. Er verstand sich auf Steine; keine Frage hätte wirksamer gewählt sein können, seine Aufmerksamkeit abzulenken.

»Wer hat ihn dir geschenkt?«, fragte er.

»Soames.«

Nichts veränderte sich in ihrem Gesicht, aber Swithins Augen traten hervor, als wäre plötzlich eine Erleuchtung über ihn gekommen.

»Ich wage es zu sagen, du langweilst dich zu Hause«, sagte er. »Wann immer du Lust hast, zu mir zu Tisch zu kommen, will ich dir eine Flasche vom besten Wein in London vorsetzen.«

»Miss June Forsyte – Mr Jolyon Forsyte! … Mr Bo-swainey! …«

Swithin machte eine Bewegung mit dem Arm und sagte mit knurriger Stimme:

»Zu Tisch jetzt – zu Tisch!«

Er begleitete Irene unter dem Vorwand, dass er sie seit ihrer Brautzeit nicht bewirtet habe. June wurde von Bosinney geführt, der sich zwischen Irene und seine Braut zu setzen hatte. Auf der anderen Seite neben June saß James mit Mrs Nicholas, dann der alte Jolyon mit Mrs James, Nicholas mit Hatty Chessman und Soames mit Mrs Small, die den Kreis schloss, wieder neben Swithin.

Bei Familientafeln der Forsytes wurden gewisse Traditionen beachtet. Es gab zum Beispiel keine Horsd’œuvres. Der Grund hierfür ist unbekannt. Nach Anschauung der jüngeren Generation war es auf den unerhörten Preis der Austern zurückzuführen; wahrscheinlicher ist der Wunsch schuld daran, zur Hauptsache zu kommen, und der gute praktische Sinn, nach dem Horsd’œuvres nichts als Notbehelf sind. Nur bei James, wo man einem in Park Lane fast allgemeinen Brauch nicht widerstehen konnte, wich man zuweilen davon ab.

Eine schweigende, fast verdrießliche Unaufmerksamkeit gegeneinander folgte dem Einnehmen der Plätze und währte beinah über den ersten Gang hinaus, wenn auch einzelne Bemerkungen fielen, wie: »Tom geht’s wieder schlecht, ich weiß nicht, was ihm fehlt!« – »Ann kommt morgens wohl gar nicht mehr herunter?« – »Wie heißt euer Arzt, Fanny? Stubbs? Er ist ein Quacksalber!« – »Winifred? Sie hat zu viele Kinder. Vier, nicht wahr? Sie ist dünn wie eine Latte!« – »Was zahlst du für diesen Sherry, Swithin? Mir zu trocken!«

Beim zweiten Glas Champagner vernahm man ein Gemurmel, das von gelegentlichen Nebengeräuschen befreit und in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegt als James’ Erzählen einer Geschichte zu erkennen war, und da dies längere Zeit in Anspruch nahm, beeinträchtigte es zeitweise sogar den Genuss des allgemein als Höhepunkt eines Forsyte’schen Gastmahls angesehenen ›Hammelrückens‹.

Kein Forsyte gab je ein Dinner, ohne für einen Hammelrücken zu sorgen. In seiner saftigen Solidität liegt etwas, das Leuten von ›einer gewissen Position‹ zusagt. Er ist nahrhaft und schmackhaft, etwas, an dessen Verspeisung man sich erinnert. Er hat eine Vergangenheit und eine Zukunft, wie eine Geldanlage; und es lässt sich darüber disputieren.

Jeder Zweig der Familie hielt beharrlich an einer bestimmten Bezugsquelle fest – der alte Jolyon schwor auf Dartmoor, James auf Wales, Swithin auf Southdown, und Nicholas behauptete, wenn auch die Leute die Nase rümpften, dass nichts mit Neuseeland zu vergleichen sei. Aber Roger, das ›Original‹ unter den Brüdern, sah sich genötigt, eine Quelle für sich allein zu finden, und mit einem Scharfsinn, wie er eines Mannes würdig war, dem es gelungen war, einen neuen Beruf für seine Söhne zu ersinnen, hatte er einen Laden entdeckt, wo deutsches Hammelfleisch zu haben war. Als Einwendungen gemacht wurden, hatte er seine Behauptung durch Vorzeigen einer Metzgerrechnung bestätigt, aus der zu ersehen war, dass er mehr bezahlte als jeder der anderen. Bei dieser Gelegenheit hatte der alte Jolyon in einer seiner philosophischen Anwandlungen zu June gesagt:

»Die Forsytes sind ein verschrobener Haufen, darauf kannst du dich verlassen – du wirst schon noch dahinterkommen, wenn du älter wirst!«

Nur Timothy machte eine Ausnahme, denn obwohl er Hammelrücken sehr gern aß, fürchtete er sich doch davor, wie er sagte.

Für jeden, der ein psychologisches Interesse an den Forsytes hat, ist dieser Hang zum Hammelrücken von größter Bedeutung. Er illustriert nicht nur ihre Beharrlichkeit im Allgemeinen und als Individuen, sondern ist ein Zeichen dafür, dass sie mit Leib und Seele jener großen Klasse angehören, die an Nahrhaftigkeit und Geschmack glaubt und keinem sentimentalen Verlangen nach Schönheit nachgibt.

Die jüngeren Familienmitglieder hätten wohl gern ganz auf einen Braten verzichtet und Perlhuhn oder Hummersalat vorgezogen – etwas, das auf die Phantasie wirkte und weniger nahrhaft war –, aber das waren Frauen, oder wenn nicht das, doch von ihren Frauen oder Müttern verdorben, die ihr ganzes Eheleben hindurch gezwungen waren, Hammelrücken zu essen, und ihren Söhnen eine geheime Feindseligkeit dagegen eingeimpft hatten.

Nach Erledigung der großen Hammelrückenfrage kam ein Tewkesbury-Schinken mit einem Tropfen des Westindischen an die Reihe – Swithin hielt sich bei diesem Gang so lange auf, dass er eine Stockung im Fortgang des Dinners verursachte. Um sich ihm von ganzem Herzen widmen zu können, unterbrach er seine Unterhaltung.

Von seinem Platz neben Mrs Small stellte Soames seine Beobachtungen an. Er hatte seine eigenen, mit einem Lieblingsbauplan in Verbindung stehenden Gründe, Bosinney zu beobachten. Der Architekt konnte seinen Zwecken dienlich sein, er sah klug aus, wie er da zurückgelehnt in seinem Stuhl saß und nachdenklich kleine Wälle von Brotkrumen machte. Soames bemerkte, dass seine Kleidung einen guten Schnitt hatte, aber zu eng war, als wäre sie vor Jahren angefertigt.

Er sah, wie sich Bosinney Irene zuwandte und etwas sagte und ihr Gesicht strahlte, wie er es anderen Leuten gegenüber oft strahlen sah – aber niemals ihm gegenüber. Er versuchte aufzufangen, was sie sagten, aber Tante Juley unterhielt sich gerade mit ihm.

Sei es ihm nicht auch immer ganz merkwürdig vorgekommen? Erst am letzten Sonntag wieder wäre der liebe Pastor Scoles so geistreich in seiner Predigt, so sarkastisch gewesen. »Denn«, hätte er gesagt, »was nützt es, sein Seelenheil zu gewinnen, wenn man all sein Eigentum dabei verliert?« Das sei der Leitspruch der Mittelklasse; aber was habe er nur damit gemeint? Es könnte ja natürlich sein, dass die Mittelklasse so denke – sie wisse es nicht; was sei seine Ansicht darüber?

Er antwortete zerstreut: »Wie kann ich das wissen? Scoles ist ein Schwätzer, nicht?« Denn Bosinney sah sich am Tisch um, als mache er auf die Eigenheiten der Gäste aufmerksam, und Soames hätte gern gewusst, was er sagte. Ihrem Lächeln nach stimmte Irene seinen Bemerkungen offenbar zu. Sie schien mit anderen Leuten immer übereinzustimmen.

Ihre Augen waren auf ihn selbst gerichtet; Soames senkte sofort seinen Blick. Das Lächeln auf ihren Lippen war erloschen.

Ein Schwätzer? Was wolle er damit sagen? Wenn Mr Scoles ein Schwätzer wäre, er, ein Pastor – dann könnte ja jeder – es wäre schrecklich!

»Jawohl – und so sind sie!«, sagte Soames.

Während Tante Juleys momentanem entsetzten Schweigen fing er einige Worte Irenes auf, die klangen wie: »Lasst, die Ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!«

Aber Swithin war nun mit seinem Schinken fertig.

»Wo kaufst du deine Champignons?«, fragte er Irene mit der Stimme eines Verehrers. »Du solltest zu Snileybob gehen – da bekommst du sie frisch. Diese kleinen Leute geben sich nicht die Mühe!«

Irene wandte sich um, ihm zu antworten, und Soames sah, wie Bosinney sie lächelnd beobachtete. Ein sonderbares Lächeln hatte der Kerl; halb einfältig wie ein Kind, das lächelt, wenn es sich freut. An Georges Spitznamen – ›der Bukanier‹ – dachte er gar nicht mehr. Und als er sah, wie Bosinney sich zu June wandte, lächelte Soames ebenfalls, aber spöttisch – er mochte June nicht, die nicht sehr zufrieden aussah.

Kein Wunder übrigens, denn sie hatte eben folgende Unterhaltung mit James gehabt:

»Auf meinem Rückweg sah ich vom Fluss aus ein schönes Grundstück für ein Haus, Onkel James.«

James, ein langsamer und gründlicher Esser, hielt im Kauen inne.

»Wie?«, sagte er. »Na, wo war das denn?«

»Dicht bei Pangbourne.«

James nahm einen Bissen Schinken in den Mund, und June wartete.

»Du weißt doch wohl nicht, ob das Land dort herum verkäuflich ist?«, fragte er schließlich. »Du wirst doch nichts über den Preis der Grundstücke da draußen wissen?«

»Doch«, sagte June. »Ich habe mich erkundigt.« Ihr resolutes Gesichtchen unter der Kupferkrone glühte in verdächtigem Eifer.

James musterte sie mit der Miene eines Inquisitors.

»Wie? Du denkst doch nicht etwa daran, Land zu kaufen?«, stieß er aus und ließ die Gabel sinken.

June ermutigte sein Interesse sehr. Es war lange ihr Lieblingsplan gewesen, dass ihre Onkel zu ihrem eigenen und Bosinneys Nutzen von diesem Landhäuser bauen lassen sollten.

»Natürlich nicht«, sagte sie. »Ich dachte nur, es wäre ein so prächtiger Platz für – dich oder – sonst jemand, um dort ein Landhaus zu bauen!«

James sah sie von der Seite an und nahm einen zweiten Bissen von dem Schinken.

»Das Land muss dort herum sehr teuer sein«, sagte er.

Was June für persönliches Interesse gehalten hatte, war nur die unpersönliche Erregung jedes Forsyte, der hörte, dass etwas Vorteilhaftes in andere Hände überzugehen droht. Aber sie wollte das Schwinden ihrer Chance nicht sehen und fuhr fort, ihr Ziel zu verfolgen.

»Du solltest aufs Land ziehen, Onkel James. Ich wünschte, ich hätte einen Haufen Geld, dann bliebe ich keinen Tag länger in London.«

James war bis ins Innerste seiner langen, dürren Gestalt empört. Er hatte keine Ahnung davon, dass seine Nichte so verwegene Ansichten hegte.

»Warum ziehst du nicht aufs Land?«, wiederholte June. »Es wäre ein wahres Glück für dich!«

»Na!«, begann James nervös. »Land kaufen – was glaubst du, hätt’ ich vom Landkaufen, und Häuserbauen? – Ich bekäme keine vier Prozent für mein Geld!«

»Was schadet das? Du hättest frische Luft.«

»Frische Luft!«, rief James aus. »Was soll ich mit frischer Luft –«

»Ich dachte, jeder liebt es, frische Luft zu haben«, sagte June verächtlich.

James wischte sich mit der Serviette über den Mund.

»Du kennst den Wert des Geldes nicht«, sagte er und wich ihrem Blicke aus.

»Nein! Und das werde ich hoffentlich nie!« Die arme June biss sich in unsagbarer Entrüstung auf die Lippen und schwieg.

Warum waren ihre eigenen Verwandten so reich, und Phil wusste nie, wo er am nächsten Tag das Geld für den Tabak hernehmen sollte. Warum konnten sie nicht etwas für ihn tun? Aber sie waren so selbstsüchtig. Warum konnten sie keine Landhäuser bauen? Sie hatte noch jenen festen naiven Glauben, der so rührend ist und zuweilen so Großes vollbringt. Bosinney, dem sie sich in ihrer Niedergeschlagenheit zuwandte, unterhielt sich mit Irene, und ein Frösteln erfasste Junes Seele. Ihre Augen wurden starr vor Zorn, wie die des alten Jolyon, wenn man sich ihm widersetzte.

Auch James war ganz verstört. Ihm war, als habe jemand ihm das Recht genommen, sein Geld zu fünf Prozent anzulegen. Jolyon hatte sie verzogen. Von seinen Töchtern hätte keine so etwas gesagt. James war gegen seine Kinder immer sehr freigebig gewesen, und das Bewusstsein davon ließ es ihn noch tiefer fühlen. Er stocherte verdrießlich in seinen Erdbeeren, dann überschwemmte er sie mit Sahne und verzehrte sie rasch; sie wenigstens sollten ihm nicht entgehen.

Kein Wunder, dass er außer sich war. Seit vierundfünfzig Jahren (er war so früh, wie das Gesetz dies erlaubte, als Anwalt zugelassen worden) hatte er Hypotheken zu vereinbaren, Kapitalanlagen zu hohen und sicheren Zinsen zu schützen, Verhandlungen nach dem Grundsatz zu leiten, aus anderen Leuten so viel wie möglich herauszuholen, sofern es mit der Sicherheit seiner Mandanten und seiner eigenen vereinbar war, und die genauen pekuniären Möglichkeiten in allen Lebenslagen berechnend, war er schließlich dazu gekommen, nur noch in Geldbegriffen zu denken. Geld war jetzt sein Licht, sein Mittel zu sehen, ohne das er tatsächlich unfähig war zu sehen, wirklich nichts zu erkennen vermochte; und dass man ihm ins Gesicht sagen konnte: ›Hoffentlich werde ich nie den Wert des Geldes kennenlernen!‹, betrübte und empörte ihn. Er wusste, dass es Unsinn war, sonst hätte es ihn erschreckt. Wohin sollte es noch kommen mit der Welt! Aber plötzlich fiel ihm die Geschichte des jungen Jolyon ein, und das tröstete ihn ein wenig, was konnte man schließlich mit einem solchen Vater erwarten! Seine Gedanken wurden dadurch auf eine noch unerfreulichere Bahn geleitet. Was bedeutete denn all dies Gerede über Soames und Irene?

Wie in allen Familien, die etwas auf sich halten, hatte man einen Stapelplatz eingerichtet, an dem die Familiengeheimnisse ausgetauscht und der Familienschatz bewertet wurde. Es war an der Forsyte-Börse bekannt, dass Irene ihre Heirat bereute. Aber ihre Reue wurde missbilligt. Sie hätte es sich vorher überlegen sollen; keine zuverlässige Frau täuscht sich in solchen Dingen.

James sagte sich verstimmt, dass sie doch ein hübsches, wenn auch ziemlich kleines Haus in ausgezeichneter Lage hatten, keine Kinder und keine Geldsorgen. Soames war in Bezug auf seine Angelegenheiten sehr zurückhaltend, aber er musste doch allmählich ein sehr wohlhabender Mann werden. Er hatte ein vorzügliches Einkommen aus dem Geschäft – denn Soames war wie sein Vater Teilhaber der wohlbekannten Anwaltsfirma Forsyte, Bustard and Forsyte – und war immer sehr vorsichtig gewesen. Er hatte einen ganz ungewöhnlich guten Erfolg mit einigen Hypotheken gehabt, die er aufgenommen hatte – dazu eine kleine rechtzeitige Pfändung – höchst glückliche Treffer!

Es gab keinen Grund für Irene, nicht glücklich zu sein, und doch hieß es, sie habe getrennte Zimmer verlangt. Er wusste, worauf das hinauslief. Wenn Soames noch ein Trinker gewesen wäre!

James sah zu seiner Schwiegertochter hinüber. Sein unbemerkter Blick war kalt und unsicher. Es lagen Furcht und Anklage darin und ein Gefühl persönlichen Kummers. Warum blieb ihm dieser Ärger nicht erspart? Wahrscheinlich war alles Unsinn. Frauen sind eben komische Geschöpfe! Sie übertreiben so, man weiß nie, was man ihnen glauben soll; und dann sagte ihm keiner was, er musste alles allein herausfinden. Wieder blickte er verstohlen zu Irene hin und von ihr hinüber zu Soames. Dieser hörte Tante Juley zu und warf dabei unter seinen Brauen einen Blick auf Bosinney.

›Er liebt sie, das weiß ich‹, dachte James. ›Man sieht es an der Art, wie er sie immer beschenkt.‹

Und das außerordentlich Unbillige ihrer Abneigung traf ihn mit erhöhter Gewalt. Wirklich schade, sie war ein liebes kleines Ding, und er, James, hätte sie wirklich gern gehabt, wenn sie es nur erlaubt hätte. Seit kurzem war sie sehr vertraut mit June; das war nicht gut für sie, das war ganz gewiss nicht gut für sie. Sie fing an, eigene Ansichten zu haben. Was wollte sie denn eigentlich damit. Sie hatte ein schönes Heim und alles, was sie nur wünschen konnte. Man müsste ihre Freunde für sie wählen. Es weiter gehen zu lassen wie bisher wäre gefährlich.

Gewohnt, Unglückliche unter ihren Schutz zu nehmen, hatte June Irene tatsächlich ein Geständnis abgelockt und ihrerseits dann die Notwendigkeit gepredigt, dem Übel, selbst durch eine Trennung, wenn es sein musste, Trotz zu bieten. Aber Irene hatte diesen Ratschlägen gegenüber nachdenklich geschwiegen, als fände sie den Gedanken fürchterlich, mit kaltem Blut einen solchen Kampf durchzuführen. Er würde sie nie gehen lassen, hatte sie zu June gesagt.

»Was macht das?«, rief June. »Lass ihn tun, was er mag – wenn du nur daran festhältst!« Und sie hatte keine Bedenken gehabt, bei Timothy einige Andeutungen darüber zu machen. Als James davon hörte, war er natürlich entrüstet und erschrocken.

Wenn Irene es sich nun wirklich in den Kopf setzte, Soames – er konnte den Gedanken kaum zu Ende denken – zu verlassen? Aber dieser Gedanke schien ihm so unerträglich, dass er ihn schnell von sich schob. Was für dunkle Visionen er heraufbeschwor, dies Familiengetuschel, das ihm im Ohre summte, dies Entsetzen, dass so etwas in seiner Nähe, bei einem seiner Kinder geschehen konnte! Glücklicherweise hatte sie kein Geld – elende fünfzig Pfund im Jahre! Und er dachte mit Verachtung an den verstorbenen Heron, der ihr nichts hatte hinterlassen können. Über seinem Glase brütend, die langen Beine unterm Tisch übereinandergeschlagen, versäumte er aufzustehen, als die Damen den Raum verließen. Er musste mit Soames sprechen – musste ihn warnen; so konnte es nicht weitergehen, nachdem eine solche Möglichkeit vor ihm aufgetaucht war. Und er bemerkte verstimmt und unwillig, dass June ihr gefülltes Weinglas hatte stehen lassen.

›Das kleine Ding ist an allem schuld‹, dachte er. ›Irene wäre von selbst nie darauf gekommen.‹ James hatte Phantasie.

Swithins Stimme erweckte ihn aus seiner Grübelei.

»Ich gab vierhundert Pfund dafür«, sagte er. »Es ist aber auch ein wirkliches Kunstwerk.«

»Vierhundert! Hm! Ein Haufen Geld!«, stimmte Nicholas ein.

Der Gegenstand, um den es sich handelte, war eine sorgfältig gearbeitete Gruppe aus italienischem Marmor, die auf einem hohen Sockel (ebenfalls aus Marmor) stand und eine Atmosphäre von Kultur im ganzen Raum verbreitete. Die Nebenfiguren, es waren deren sechs, weiblich und nackt, von höchst zierlicher Arbeit, wiesen alle auf die Mittelfigur hin, die ebenfalls weiblich und nackt war und auf sich selbst wies; und all dies gab dem Beschauer eine lebhafte Empfindung ihres hohen Wertes. Tante Juley, die ihr gerade gegenübergesessen hatte, hatte es den ganzen Abend die größte Schwierigkeit bereitet, sie nicht anzusehen.

»Vierhundert – Humbug! Du wirst mir doch nicht weißmachen, dass du dafür vierhundert Pfund ausgegeben hast?«, sagte der alte Jolyon jetzt, der die ganze Diskussion angefangen hatte.

Zwischen den Ecken seines Kragens machte Swithins Kinn die zweite schmerzhafte Bewegung an diesem Abend. »Vier-hundert Pfund guten englischen Geldes, keinen Farthing14 weniger. Es reut mich nicht. Es ist keine gewöhnliche englische Arbeit – sondern echt moderne italienische!«

Soames’ Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, und er sah zu Bosinney hinüber. Der Architekt grinste hinter den Dampfwolken seiner Zigarette. Jetzt allerdings sah er wirklich eher wie ein Bukanier aus.

»Es steckt eine Menge Arbeit darin«, bemerkte James eifrig, denn die Größe der Gruppe machte sichtlich Eindruck auf ihn. »Man bekäme bei Jobson sicher einen guten Preis dafür.«

»Der arme fremde Dei-bel, der das gemacht hat«, fuhr Swithin fort, »er forderte fünfhundert – ich gab ihm vier. Wert ist es acht. Sah halb verhungert aus, der arme Dei-bel!«

»Ach ja!«, stimmte Nicholas plötzlich ein, »arme schäbige Gesellen, diese Künstler. Es ist mir ein Rätsel, wie sie leben. Da ist zum Beispiel dieser junge Flageoletti, den Fanny und die Mädchen immer kommen lassen, um Geige zu spielen; wenn’s hochkommt, verdient er hundert Pfund im Jahr!«

James schüttelte den Kopf. »Ja«, sagte er, »ich weiß nicht, wie sie leben!«

Der alte Jolyon hatte sich erhoben und sah sich, mit der Zigarre im Munde, die Gruppe aus nächster Nähe an.

»Ich hätte keine zweihundert dafür gegeben!«, sagte er schließlich.

Soames sah seinen Vater und Nicholas einen besorgten Blick wechseln, und auf der anderen Seite, neben Swithin, saß Bosinney immer noch in Rauch gehüllt.

›Ich möchte wissen, was er davon hält?‹, dachte Soames, der wohl wusste, dass diese Gruppe hoffnungslos vieux jeu war, hoffnungslos der vorigen Generation angehörte. Derlei Kunstwerke gingen bei Jobson nicht mehr.

Endlich kam Swithins Antwort. »Du hast nie was von Skulpturen verstanden; du hast deine Bilder, und das war’s!«

Der alte Jolyon ging an seinen Platz zurück und paffte an seiner Zigarre. Es fiel ihm nicht ein, sich mit einem so eigensinnigen Starrkopf wie Swithin auf einen Streit einzulassen, der störrisch wie ein Maulesel war und eine Statue von einem Strohhut nicht unterscheiden konnte.

»Stuck!«, war alles, was er sagte.

Es war seit langem eine physische Unmöglichkeit für Swithin, aufzuspringen; er schlug mit der Faust auf den Tisch.

»Stuck! Ich möchte in deinem Hause mal etwas sehen, das nur halb so gut wäre!«

Und hinter seinen Worten schien abermals jene leidenschaftliche Gewaltsamkeit früherer Generationen hervorzutönen.

Es gelang James, die Situation zu retten.

»Und was sagen denn Sie dazu, Mr Bosinney? Sie sind Architekt, Sie müssen über Statuen und dergleichen doch Bescheid wissen!«

Alle Augen waren auf Bosinney gerichtet; jeder wartete mit seltsam misstrauischem Blick auf seine Antwort.

Und Soames, der zum ersten Mal das Wort ergriff, fragte:

»Ja, Bosinney, was meinen Sie?«

Bosinney erwiderte gelassen:

»Es ist eine bemerkenswerte Arbeit.«

Seine Worte waren an Swithin gerichtet, seine Augen lächelten verschmitzt dem alten Jolyon zu; nur Soames war unzufrieden.

»Bemerkenswert, weswegen?«

»Wegen ihrer Naivität.«

Der Antwort folgte ein eindrucksvolles Schweigen. Nur Swithin war nicht sicher, ob ein Kompliment beabsichtigt war.

Viertes Kapitel

Die Forsyte Saga

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