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VI

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Inhaltsverzeichnis

Dinny hatte auch weiterhin Glück, sie traf ihren dritten Onkel in der Mount Street so tief in die Betrachtung seines eigenen Hauses versunken, als wolle er den Verkaufswert ergründen.

«Ah, Dinny!» rief er und fuhr aus seinem Sinnen auf, «komm doch herein, die Tante ist grade in melancholischer Stimmung, dein Kommen wird sie gewiß freun. Der alte Forsyte fehlt mir», fügte er beim Eintritt in die Halle hinzu. «Hab mir eben überlegt, was ich in der nächsten Saison als Mietzins für das Haus verlangen könnte. Du hast Fleurs Vater, den alten Forsyte, wohl nicht gekannt – ein aufrechter, origineller Mann.»

«Was fehlt denn Tante Emily, Onkel Lawrence?»

«Nicht das mindeste, liebes Kind. Mir scheint, der Anblick des armen alten Onkel Cuthbert hat sie auf Zukunftsgedanken gebracht. Denkst du auch manchmal an die Zukunft, Dinny? Von einem gewissen Alter an eine düstere Perspektive.» Er öffnete die Tür. «Da bring ich dir Dinny, meine Liebe.»

Lady Emily Mont stand in ihrem getäfelten. Empfangszimmer und fuhr mit einem kleinen Flederwisch über ein Stück grüngemustertes Familienporzellan; auf ihrer Schulter hockte ein kleiner Papagei. Sie ließ den Flederwisch sinken, trat mit geistesabwesendem Blick näher, rief: «Aufgepaßt, Polly!» und gab ihrer Nichte einen Kuß. Der Papagei übersiedelte auf Dinnys Schulter und verrenkte sich schier den Hals, um ihr prüfend in die Augen zu starren.

«Ist er nicht entzückend?» meinte Lady Mont. «Du machst dir doch nichts draus, wenn er dich ins Ohr zwickt? Dein Kommen freut mich wirklich, Dinny. Ich hab die ganze Zeit an Gräber und Leichen denken müssen. Sag mir doch, was hältst du vom Leben nach dem Tode?»

«Gibt's denn eines, Tantchen?»

«Aber Dinny! Das klingt ja niederschmetternd!»

«Nun, wer weiterleben will, lebt vielleicht tatsächlich weiter.»

«Du bist doch genau so wie Michael, der ist auch so intellektuell. Lawrence, wo hast du denn Dinny aufgegabelt?»

«Auf der Straße.»

«Pfui, wie das klingt! Wie geht es deinem Vater, Dinny? Hoffentlich hat ihn dieses gräßliche Haus in Porthminster nicht auch ganz krank gemacht. Der Geruch dort! Wie in einem alten Mauseloch.»

«Tante Emily, wir machen uns solche Sorgen um Hubert.»

«Ach richtig, Hubert! Meiner Meinung nach war es ein Fehler, daß er diese Leute prügeln ließ. Daß er einen von ihnen über den Haufen schoß, kann ich durchaus verstehn. Aber prügeln ist so ungeistig, so barbarisch.»

«Zuckt es dir nicht auch in den Fingern, Tantchen, wenn ein Fuhrmann seine Pferde mit einer schweren Last bergan peitscht?»

«O doch. Haben jene Leute das getan?»

«Das und noch Schlimmeres. Den armen Biestern die Schwänze abgedreht, sie mit Messern gestochen und überhaupt höllisch geschunden.»

«So? Na, dann freut's mich, daß Hubert sie prügeln ließ! Obwohl ich Maultiere eigentlich nie recht ausstehn konnte, seit wir den Gemmi hinauf ritten. Erinnerst du dich noch, Lawrence?»

Sir Lawrence nickte. In sein Gesicht trat jener liebevolle und zugleich belustigte Ausdruck, den er nach Dinnys Beobachtung Tante Emily gegenüber stets annahm.

«Warum magst du sie seit damals nicht, Tantchen?»

«Mein Reittier hat mich hin und her geschaukelt wie ein Schiff auf hoher See. Im allgemeinen sollen Maultiere sehr brav sein, haben einen sichern Tritt, aber das meine –»

«Scheußliches Gefühl, nicht wahr, Tantchen!»

«Das will ich meinen! Höchst peinlich, so – im Innern. Glaubst du, Hubert käme vielleicht nächste Woche zu uns nach Lippinghall zur Rebhuhnjagd?»

«Glaub nicht, den kann jetzt niemand dazu bewegen, unter Menschen zu gehn. Er ist ganz entsetzlich niedergeschlagen. Aber hättest du vielleicht ein Kämmerchen für mich?»

«Selbstverständlich, Platz genug. Warte mal, es kommen ja nur Charlie Muskham mit seiner jungen Frau, Mr. Bentworth und Henny, Michael und Fleur, Angela Forest und vielleicht Adrian (er ist nämlich ein Feind des Jagens) und deine Tante Wilmet. Ach richtig – auch Lord Saxenden!»

«Der?» rief Dinny.

«Warum nicht? Ist er denn kein respektabler Mann?»

«Tantchen, das trifft sich ja herrlich! Auf den hab ich ja ein Auge geworfen!»

«Welch ein vulgärer Ausdruck! Noch dazu hat Saxenden eine Frau, die irgendwo krank liegt.»

«Unbesorgt, Tante Emily. Ich will mich nur in Huberts Interesse an ihn heranschlängeln. Das ist der Knopf, den wir drücken müssen, behauptet Vater.»

«Ihr gebraucht aber sonderbare Redensarten, du und Michael, Dinny. Was für ein Knopf?»

Sir Lawrence brach das starre Schweigen, das er in Gegenwart seiner Frau sonst beobachtete.

«Der Knopf, der die Militärmaschine in Bewegung setzt, meine Liebe», erklärte er,«und das ist nach Dinnys Meinung Saxenden.»

«Was für ein Mensch ist er denn, Onkel Lawrence?»

«Saxenden? Ich kenn ihn seit langen Jahren – er ist noch ein Jüngling.»

«Himmel, wie aufregend!» meinte Lady Mont und nahm den Papagei wieder an sich.

«Hab keine Angst um mich, Tantchen!»

«Aber dieser Lord – eh – Saxenden? Ich hab immer streng darauf gesehn, daß es in Lippinghall reputierlich zugeht. Schon Adrians wegen hatte ich immer meine Bedenken, doch» – sie setzte den Papagei auf den Kaminsims – «doch er ist mein Lieblingsbruder, und für einen Lieblingsbruder tut man so manches.»

«Jawohl», stimmte Dinny zu.

«Geht in Ordnung, Emily», warf Sir Lawrence ein. «Ich passe auf Dinny und Angela auf, du kannst über Saxenden und Adrian wachen.»

«Dinny, dein Onkel wird von Jahr zu Jahr frivoler. Er erzählt Geschichten, daß mir die Haare zu Berg stehn.» Sie war zu Sir Lawrence getreten, er schob begütigend die Hand unter ihren Arm.

«Nun leb wohl, Dinny», sagte Tante Emily plötzlich, «ich muß zu Bett. Meine schwedische Masseuse nimmt mich dreimal wöchentlich in Arbeit. Ich nehme tatsächlich ab.» Prüfend glitt ihr Blick über Dinny. «Möcht wissen, ob sie dich etwas runder machen könnte.»

«Tantchen, ich bin dicker, als ich ausseh.»

«Ich auch, das ist ja das Traurige. Wenn dein Onkel nicht so eine Bohnenstange wäre, könnt ich mich eher damit abfinden.» Sie hielt Dinny die Wange hin, das Mädchen gab ihr einen schallenden Kuß.

«Welch ein prächtiger Kuß!» meinte Lady Mont. «So herzhaft hat mich seit Jahren niemand geküßt. Die Leute pecken meist drauflos wie ein Vogel. Komm, Polly!» Den Papagei auf der Schulter, segelte sie davon.

«Tante Emily sieht wirklich sehr gesund aus.»

«Ist es auch, liebes Kind. Nur dicker werden möchte sie um keinen Preis – eine fixe Idee von ihr. Sie kämpft einen Verzweiflungskampf dagegen. Wahrhaftig, wir haben einen bunten Speisezettel. In Lippinghall ist es schon besser, denn Augustine führt uns an der Nase herum, und sie ist noch dieselbe Französin wie vor fünfunddreißig Jahren, als wir sie von der Hochzeitsreise heimbrachten. Eine Kochkünstlerin! Zum Glück setz ich kein Fett an.»

«Tante Emily doch auch nicht!»

«N–nein!»

«Und wie schön und vornehm sie sich hält! Wir jungen Mädchen halten uns bei weitem nicht so gut!»

«Ja, ja», erwiderte Lawrence. «Die vornehme Haltung starb mit König Eduard aus. Ihr jungen Frauenzimmer rennt alle, als wolltet ihr auf etwas losspringen. Schon lang bemüh ich mich vorauszusehn, was nach euch an die Reihe kommt. Logischerweise das ‹Sprungfedern›. Aber ebensogut kann auch der müde Schmachtschritt wieder in Mode kommen.»

«Also, was für ein Mensch ist denn dieser Lord Saxenden, Onkel Lawrence?»

«Einer von jenen, die den Weltkrieg dadurch gewannen, daß sie mit ihren Ansichten nie durchdrangen. Du mußt diese Sorte von Leuten nur kennen. Einmal verbrachte ich das Wochenende bei den Cooquers. Die Capers waren auch dort und Mrs. Gwen Blandish. Die spielte damals die erste Geige und wußte eine Menge von der Front in Russisch-Polen zu berichten. Ich noch mehr. Dann unterhielt ich mich mit Capers, er meint, die Deutschen hätten es nun wohl bald satt. Ich meine das Gegenteil; er reißt Lord T. herunter. Am Sonntag kommt Arthur Prose hin; nach seiner Schätzung haben die Russen zwei Millionen Gewehre, aber keine Munition. ‹Paßt auf!› erklärte er, ‹der Krieg ist im Januar zu Ende.› Unsere Verluste findet er entsetzlich hoch. Wenn der erst gewußt hätte, was ich weiß! Auch Lady Thripp ist dort mit ihrem Sohn, der das linke Bein verloren hat. Eine ganz reizende Dame! Ich muß versprechen, ihr Spital zu besichtigen und ihr administrative Weisungen zu geben. Am Sonntag gibt es dann ein sehr nettes Dinner – jeder einzelne im großen Staat. Wir amüsieren uns gerade beim ‹Schwarzen Peter›, da tritt Alick ein mit der Nachricht, wir hätten beim letzten Angriff vierzigtausend Mann verloren, die Franzosen aber noch mehr. Ich gebe der Meinung Ausdruck, die Sache stehe verteufelt ernst. Niemand stimmt mir bei!»

Dinny lachte. «Hat es denn wirklich solche Leute gegeben?»

«Und ob! Unschätzbare Mitbürger! Was hätten wir nur angefangen ohne sie? Wie sie damals Haltung, Mut und Konversation aufrecht hielten – fabelhaft. Wer das nicht mit eignen Augen sah, hätte es nie und nimmer geglaubt. Und fast jeder von ihnen hat den Krieg gewonnen. Besonders Lord Saxenden befand sich in äußerst verantwortungsvoller Stellung. Die ganze Zeit hindurch spielte er eine bedeutende Rolle.»

«Was für eine?»

«Er war stets auf dem laufenden; nach seinen Reden zu schließen, wahrscheinlich mehr als irgendwer andrer auf der Welt. Er hat offensichtlich eine famose Konstitution und eine famose Jacht.»

«Bin wirklich schon begierig, an ihn heranzukommen.»

«Wirst noch begieriger sein, wieder von ihm wegzukommen», seufzte ihr Onkel. «Bleibst du die Nacht über bei uns oder fährst du nach Hause zurück?»

«Oh, ich muß noch heut abend heim. Mein Zug geht um acht vom Paddingtonbahnhof.»

«Dann schlendre ich durch den Hydepark mit dir zur Bahn, laß dir dort einen Imbiß vorsetzen und bring dich zum Zug.»

«Ach Onkel, mach dir doch meinetwegen keine Mühe!»

«So? Soll ich dich vielleicht allein durch den Park gehn lassen und die Gelegenheit versäumen, wegen unbefugten Promenierens mit einem jungen Frauenzimmer auf die Polizei eskortiert zu werden? Der Himmel bewahr mich davor. Weißt du was, wir könnten uns sogar auf eine Bank setzen und es ausprobieren. Du bist grade der Typ, der alte Herren in Versuchung führt. Erinnerst an Botticelli-Bilder. Komm doch, Dinny!»

An diesem Septemberabend gegen sieben Uhr stürzten sie sich also in den Sündenpfuhl des Hydeparks und schritten unter den Platanen auf dem dürren Gras dahin.

«Zu früh!» meinte Sir Lawrence, «uns rettet die Einführung der Sommerzeit. Die Unanständigkeit beginnt erst ab acht Uhr. Am Ende hilft es uns nicht einmal, wenn wir uns auf eine Bank setzen, Dinny. Wenn du einen Spitzel der Sittenpolizei siehst, wirst du ihn erkennen? Das ist von großer Wichtigkeit. Steifer Hut – eine Vorsichtsmaßregel, er könnte unversehens eins aufs Dach kriegen; besagter Hut purzelt in den Kriminalgeschichten dann immer herunter. Der Mann zeigt das Bestreben, stets so dreinzusehen, als wäre er kein Spitzel, selbstzufriedener Zug um den Mund, gute Zähne, Polizisten halten ihr Gebiß ordentlich im Stand. Den Blick hat er meist zu Boden gerichtet, wenn er dich nicht grade mustert. Ein ganzer Mann, der fest auf beiden Beinen steht, sieht wie geschaffen für seinen Beruf aus. Schuhnummer 44 – richtige Polizistenfüße.»

Dinny kicherte.

«Weißt du was, Onkel? Wir setzen eine ‹Ansprache› in Szene. Am Paddington-Tor steht doch gewiß ein Schutzmann. Ich treib mich dort eine Weile herum, und sobald du auftauchst, sprech ich dich an. Was muß ich sagen?»

Sir Lawrence zog eine Braue hoch.

«Wenn ich mich recht erinnere, etwa folgendes: ‹Na, wie geht's, Bubi? Sei fesch, komm mit!›»

«Gut, dann geh ich auf dich zu und sag dir das vor der Nase des Polizisten.»

«Der wird Lunte riechen.»

«Onkel, du willst auskneifen.»

«Seit langen Jahren schon hat niemand mehr meine Vorschläge ernst genommen. Und vergiß auch nicht, Kind: ‹Üb immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab, und wandre ja nur nie zu zweit im Hydepark auf und ab!›»

«Du enttäuschst mich, Onkel.»

«Diese Worte bin ich gewöhnt. Wart ab, bis erst du einmal altersgrau und ehrwürdig bist – auch du wirst dann die Jugend enttäuschen.»

«Aber stell dir doch vor, Onkel. Tage hindurch würden uns die Zeitungen spaltenlange Abhandlungen widmen: ‹Verbrechen am Paddington-Tor. Ein Mann angesprochen. Angeblicher Onkel›. Hast du denn keine Lust, als angeblicher Onkel die Staatsaffären Europas auszustechen? Nicht einmal Lust, die Polizei auf die Beine zu bringen? Ein Hasenfuß bist du, Onkel!»

«Sei's drum!» erwiderte Sir Lawrence. « Ein Onkel vor dem Polizeigericht ist für einen Tag genug. Dinny, du bist gefährlicher, als ich dachte.»

«Doch im Ernst, warum sperrt man diese armen Mädel ein? Auch so ein Überbleibsel aus der alten Zeit, als die Frauen sich nicht rühren durften.»

«Ich pflichte dir ja völlig bei, Dinny, aber der alte Puritanergeist ist bei uns noch immer nicht ganz ausgestorben. Und die Polizei muß doch auch etwas zu tun kriegen! Wir können das Polizeipersonal nicht abbauen, ohne die Zahl der Arbeitslosen zu vergrößern. Und eine Polizei, die nichts zu tun hat, Herrgott, wär die den Küchenfeen gefährlich!»

«So sei doch endlich ernst, Onkel!»

«Nur das nicht, liebes Kind! Was immer das Leben mir noch bescheren mag, nur das nicht! Doch bessre Tage seh ich kommen, Tage, da wir samt und sonders volle Freiheit genießen werden, einander nach Belieben anzusprechen, wenn es nicht gerade das primitivste Taktgefühl verbietet. Dann wird eine revidierte Auflage des ‹Umgangs mit Menschen› in eignen Abschnitten Ansprechformeln für Männer und Frauen bringen, zum Beispiel: ‹Gnädige Frau, Promenade gefällig?› oder: ‹Mein Herr, ist Ihnen meine Begleitung erwünscht?› Ein neues Zeitalter zieht herauf, wenn nicht ein goldnes, so doch ein katzengoldnes. Da sind wir schon am Paddington-Tor. Hättest du das Herz, Dinny, diesen edelblickenden Schutzmann zu foppen? Komm, gehn wir da hinüber!»

«Deine Tante wird heute nimmer aufstehen», fuhr er fort, als sie den Paddington-Bahnhof betraten, «drum möcht ich hier das Abendbrot mit dir nehmen. Wir wollen einen Tropfen Kognak trinken, und im übrigen, wenn ich unser Bahnhofmenü kenne, gibt es Ochsenschwanzsuppe, Seefische, Roastbeef, Gemüse, Bratkartoffeln und Pflaumentorte – alles gute, obzwar nationale Gerichte.»

«Onkel Lawrence», fragte Dinny, als sie beim Roastbeef angelangt waren, «was hältst du von den Amerikanern?»

«Dinny, kein Patriot sagt dir auf diese Frage die Wahrheit, die reine, ungeschminkte Wahrheit. Nun, man kann die Amerikaner ebenso wie die Engländer in zwei Kategorien einteilen: Amerikaner und Amerikaner. Die einen sind angenehm, die andern unangenehm.»

«Warum vertragen wir uns mit ihnen nicht besser?»

«Kinderleicht, das zu beantworten. Der unangenehme Engländer mag sie nicht leiden, weil sie mehr Geld haben als wir. Der angenehme Engländer darum nicht, weil der Amerikaner zu wenig zurückhaltend ist und weil die Klangfarbe des Amerikanischen dem englischen Ohr nicht behagt. Und andrerseits: Der unangenehme Amerikaner verträgt sich nicht mit dem Engländer, weil der Tonfall des Englischen dem amerikanischen Ohr mißfällt. Der angenehme Amerikaner verträgt sich mit uns nicht so, wie es zu wünschen wäre, weil wir so zurückhaltend sind und hochnäsig.»

«Meinst du nicht, sie bestehn zu sehr auf ihrer Eigenart?»

«Wir nicht minder. Das macht den Unterschied nicht aus. Uns trennen Manieren; Sprache und Manieren.»

«Wieso?»

«Die Behauptung, wir hätten dieselbe Sprache, ist zweifellos irrig. Hoffentlich zwingt jeden von uns die rasche Entwicklung des Amerikanischen recht bald dazu, des andern Sprache eigens zu erlernen.»

«Wir schwatzen doch immer vom einigenden Band der gemeinsamen Sprache.»

«Woher auf einmal solches Interesse für die Amerikaner?»

«Ich soll am Montag Professor Hallorsen treffen.»

«Aha, den Bolivianer! Dann laß dir raten, Dinny: Gib ihm immer recht, und er frißt dir bald aus der Hand. Setz ihn ins Unrecht, dann frißt er kein einziges Körnchen.»

«Oh, ich werd schon auf der Hut sein.»

«Jawohl, Vorsicht! Nur nicht unüberlegt in den Kampf. Gehn wir, liebes Kind, wenn du fertig bist. Es ist fünf Minuten vor acht.» Sir Lawrence brachte seine Nichte in einem Abteil unter und besorgte ihr ein Abendblatt. Als der Zug sich in Bewegung setzte, rief er ihr nach: «Dinny, wirf ihm einen Botticelliblick zu! Einen Botticelliblick!»

Die Cherrell Chronik

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