Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 231 - John Roscoe Craig - Страница 6

3.

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Sie standen da, als hätten sie eine Armee hinter sich, aber sie waren allein.

Don Bosco sah wüster aus als in seinen schlimmsten Tagen, wenn er wochenlang durchgesoffen und anschließend bei einer Kaperung ein halbes Hundert Männer niedergemacht hatte. Die Narben in seinem dunklen Gesicht schienen zu glühen, und die Muskeln auf seinen Oberarmen spielten und erweckten den Eindruck, als würden die Tätowierungen darauf leben. Die langen schwarzen Haare waren verfilzt und fettig, und in seinem stoppeligen Bart schienen sich noch Tangreste festzuklammern.

Er sah wirklich aus, als hätte er Tage unter Wasser zugebracht und ein Gelage mit Neptun persönlich abgehalten.

Der riesige, glatzköpfige Mann neben ihm war nicht weniger schrekkenerregend. Sein Name war Nuno, und in seiner ehemaligen Funktion als Aufseher von Galeerensklaven hatte er schon so viele Schandtaten in seinem Leben begangen, daß es für eine Million Jahre Fegefeuer reichte, wenn ihn der Satan einmal zu sich holte.

Der dritte der Männer war Pablo, dieses heimtückische, hinterhältige Exemplar der menschlichen Rasse, das den beiden anderen in nichts nachstand.

Sie alle drei hatten fürchterliche Tage hinter sich. Nachdem es ihnen gelungen war, mit einer Schaluppe von der Schlangeninsel zu fliehen, und sie geglaubt hatten, dem Teufel noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein, hatte sie ein Sturm in ihren Fängen gehabt, der selbst ihnen die heilige Furcht eingebleut hatte. Die haushohen Brecher hatten das Deck der Schaluppe innerhalb kürzester Zeit zu Kleinholz verarbeitet, und Don Bosco, der Herrscher von Tortuga, hatte mehr als eine Stunde an einem Tampen außenbords gehangen und bereits dem Kichern von Satans Großmutter gelauscht, bevor es Nuno gelungen war, ihn wieder an Bord zu hieven.

Als ob die drei Kerle selbst dem Teufel zu zäh gewesen wären, hatten sie es geschafft, dem Unwetter lebend zu entrinnen. Dazu hatten sie noch Glück gehabt, genau auf Hogsty Reef zugetrieben worden zu sein. Auf dem kleinen Eiland hatte eine Ketch Zuflucht vor dem Sturm gesucht, und der Kapitän hatte noch einen Tag gelebt, bis er erfuhr, daß Don Bosco sein Schiff übernehmen würde. Der Dummkopf war damit nicht einverstanden gewesen, in Zukunft vor dem Mast zu arbeiten.

Auf Hogsty Reef lebten ein paar Negerfamilien, die für Don Bosco arbeiteten. Sie hatten Brieftauben in Verschlägen, und Don Bosco, der ahnte, daß der Seewolf, Siri-Tong, der Wikinger und der Franzose nach ihrer Flucht sofort nach Tortuga gesegelt waren, um seine Macht ein für allemal zu brechen, hatte sofort ein paar Tauben mit der Nachricht losgelassen, daß er eine Flotte sammeln würde, um die Schlangeninsel endgültig in seinen Besitz zu bringen.

Das mit der Flotte sammeln war nicht so einfach, wie Don Bosco es sich gedacht hatte. Sein Name schien in den letzten Wochen ziemlich gelitten zu haben. Es war unheimlich, wie schnell sich Nachrichten in dieser von so wenigen Menschen bewohnten Inselwelt verbreiteten, aber jeder schien schon zu wissen, daß es mit Don Bosco aus war.

Don Bosco, Nuno und Pablo sahen sich zwei Dutzend verwegenen Gestalten gegenüber, von denen auch nicht einer einen Funken von Furcht oder Respekt zeigte, wie es Don Bosco von jedem Mann, der ihm gegenüber stand, erwartete.

Vor den anderen hatte sich ein Kerl aufgebaut, der einen schwarzen Turban trug. Sein dunkles Gesicht wurde von einer mächtigen Habichtsnase geprägt. Er war mehr als sechs Fuß groß, und auch der schwarze Umhang, der seinen ganzen Körper einhüllte, konnte die Kraft, die in dem Mann steckte, nicht verbergen. Um die Hüfte hatte er einen dünnen Ledergurt gebunden, an dem ein Krummdolch in einer Lederscheide steckte. Ansonsten schien er unbewaffnet.

Dafür waren die Männer hinter ihm um so mehr mit allen möglichen Waffen ausgerüstet. Viele von ihnen hielten Pistolen in den Händen, und die Mündungen waren unmißverständlich auf Don Bosco und seine beiden Vasallen gerichtet.

Don Boscos Gesicht verzerrte sich vor Wut.

„Ihr verfluchten Hurensöhne!“ preßte er hervor. „Glaubt ihr, daß ihr uns davon jagen könnt, ohne daß ihr dafür mit eurem Leben zahlen müßtet? Ihr solltet mich besser kennen. Die Caicos sind mein Revier und werden es bleiben. Jeder, der meint, sich in ein gemachtes Bett legen zu können, wird sein blaues Wunder erleben!“

„Du bist ein Nichts, Ungläubiger!“ erwiderte der Mann mit dem schwarzen Turban. „Dein Name erschreckt nicht einmal mehr unsere Kinder.“ Er wies mit der linken Hand in die Bucht, in der Don Boscos Ketch neben einer dreimastigen Galeone vor Anker gegangen war. „Sieh dir deine Nußschale an, Camorristo, dann weißt du, was du bist. Ich würde dich oder einen deiner beiden Kumpane nicht mal gegen einen meiner Männer tauschen.“

Don Bosco begann zu grinsen wie ein Teufel.

„Schau mal genau hin, du maurischer Esel“, sagte er triumphierend. „Meinst du, deine eigene Bordwache hat die Kanonen deiner Galeone auf euch gerichtet?“

Der Blick des dunklen Mannes zuckte zur Galeone hinüber und wurde blaß, als die schwarzen Augen die Bewegungen wahrnahmen. Die Stückpforten der Galeone klappten eine nach der anderen hoch, und immer mehr Kanonenrohre schoben sich durch die Öffnungen.

In die Männer hinter dem Schwarzgekleideten geriet Unruhe. Die meisten Pistolenläufe hatten sich gesenkt. Auf den Gesichtern der Männer malte sich plötzlich die Erkenntnis, daß mit Don Bosco auch nach seiner vernichtenden Niederlage nicht zu spaßen war.

„Was sollen wir tun, Tuareg?“ fragte einer der Piraten.

„Du fragst den falschen Mann“, erwiderte Don Bosco anstelle des Mannes mit dem schwarzen Turban. „Euer Muselmann hat nichts mehr zu sagen.“

Die Hand des Herrschers von Tortuga fuhr hinunter zur Hüfte, und plötzlich hielt er ein langes Stilett in der Rechten, das aussah, als sei es ein gekürzter Degen.

Der Tuareg reagierte schnell, aber nicht schnell genug für Don Bosco. Noch ehe der Muselmann seinen Krummdolch aus der Scheide hatte, bohrte sich das spitze Ding in seine Brust. Don Bosco hatte es aus der Bewegung, mit der er es aus dem Gürtel gezogen hatte, sofort auf den Tuareg zugeschleudert.

Pablo und Nuno hielten plötzlich Pistolen in den Händen, und von der Bucht herüber ertönte das Krachen einer Kanone. Wenig später schlug etwa fünfzig Yards von den Männern eine Kugel in eine der Hütten ein, in denen die Piraten des Tuaregs hausten.

Es gab keinen unter den Piraten, der seine Waffe gegen Don Bosco erhoben hätte. Alle starrten auf ihren ehemaligen Anführer, der langsam in die Knie sank. Es gelang ihm noch, sich das Stilett aus der Brust zu ziehen, bevor er nach vorn aufs Gesicht schlug.

Don Bosco trat auf ihn zu und drehte ihn mit dem Fuß auf den Rükken. Er starrte in gebrochene Augen. Er winkte einem der Piraten und befahl ihm, das Stilett aufzuheben und zu säubern.

Der Mann befolgte den Befehl umgehend, und als Don Bosco den anderen erklärte, daß nun alles unter seinem Kommando stand, wagte niemand einen Widerspruch.

„Bereitet alles auf den Aufbruch vor“, sagte er. „Wir segeln morgen mit dem ersten Licht. Ihr könnt stolz sein, daß ihr mit zu den ersten gehört, die Don Boscos Macht zu einem neuen Höhepunkt führen. Wir werden diesmal die Schlangeninsel erobern. Unermeßliche Schätze lagern dort, und jeder von euch wird an der Prise beteiligt werden. Wir werden die alleinigen Herrscher der nördlichen Karibik sein, und der Teufel soll mich holen, wenn die Spanier nicht in kürzester Zeit von diesen Inseln vertrieben werden.“

Die Männer johlten Zustimmung. Der Tod ihres alten Anführers berührte sie nicht. Hauptsache, sie würden weiterleben, und wie es aussah, versprach Don Bosco ihnen größere Beute als der Tuareg.

„Wie ich diese Muselmänner kenne, hat der Kerl doch sicher einen Haufen Weiber gehabt, oder?“ fragte Pablo einen der Piraten.

Der Mann nickte hastig. Er wies auf ein schwarzes Zelt, dessen Spitze die Hüttendächer überragte.

„Er lebte dort in dem Zelt“, erwiderte er hastig. „Ihr werdet sieben Frauen dort finden.“

Pablo grinste Don Bosco an.

„Dann sollte wenigstens je eine für mich und Nuno übrig sein, Don Bosco“, sagte er vorsichtig.

Don Bosco nickte gönnerhaft.

„Aber ich werde sie euch aussuchen“, erwiderte er.

„Hoffentlich hatte der Tuareg keinen absonderlichen Geschmack“, murmelte Pablo, der daran dachte, daß es viele Muselmänner gab, für die eine Frau erst eine richtige Frau war, wenn sie über zwei Zentner wog.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 231

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