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4.

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Scarface Callaghan sah Lama neben sich und hörte das helle Klirren, mit dem etwas am Schanzkleid zersplitterte. Lama stieß einen Schrei aus und konnte sich nicht mehr halten. Rücklings stürzte er, krachte mit dem Rücken auf den Rand des Floßes und klatschte dann ins Wasser.

Für einen Moment zögerten die anderen, aber Callaghan trieb sie mit einem leisen Fluch weiter. Er sah noch, wie sich das Floß, mit dem sie sich der Galeone hatten unbemerkt nähern können, langsam abtrieb, aber dann mußte er sich voll auf das konzentrieren, was vor ihm in der Kuhl der Galeone geschah.

Der Schreck fuhr ihm in die Glieder. Der Mond war Sekunden, bevor sie die Köpfe über das Schanzkleid gestreckt hatten, hinter einer dichten Wolkenbank hervorgekrochen, und die drei Figuren, die von der Steuerbordseite herüber auf sie zurannten, sahen mit ihren schwingenden Armen, in denen sie Waffen hielten, wie Sendboten aus einer anderen Welt aus.

Scarface Callaghan konnte noch einen Moment denken, daß sie zum Glück in mehr als dreifacher Überlegenheit waren, selbst wenn Lama ausgefallen war, dann war ein großer Schatten vor ihm, und ein Belegnagel sauste auf ihn nieder.

Er konnte sich gerade noch zur Seite werfen und mit einem Hechtsprung über das Schanzkleid rollen. Der Belegnagel krachte dicht neben ihm auf Holz und hinterließ einen hohlen Ton.

Callaghan feuerte seine Pistole ab, obwohl er seinen Männern verboten hatte, ihre Schußwaffen zu gebrauchen. Aber in diesem Augenblick hatte er alles vergessen. Er wußte nur, daß ihre Übermacht nicht den Effekt hatte, den er erwartete. Er sah, wie die Kugel aus seiner Pistole das Ziel verfehlte. Die Mündungsflamme leuchtete das glänzende Gesicht eines Schwarzen aus, dessen Augen wild rollten.

Wieder sauste der Belegnagel in der Hand des Schwarzen nieder, und diesmal traf er die Schulter Callaghans, die sich plötzlich taub anfühlte.

Callaghan brüllte seinen Schmerz hinaus. Eine Stimme, die aus den Wanten zu kommen schien, antwortete mit einem ähnlichen Schrei, und Callaghan glaubte, die Hölle hätte sich gegen ihn verschworen.

Er rollte über die Planken des Decks, stieß gegen ein aufgeschossenes Tau und jaulte, als er auf seine gelähmte Schulter fiel. Er warf dem Neger, der herumgewirbelt war und einem anderen Piraten mit dem Holz ins Reich der Träume schickte, seine Pistole entgegen.

Sie traf den Riesen gegen die Brust und ließ ihn taumeln.

Mit einem Sprung war Scarface Callaghan wieder auf den Beinen. Seine gelähmte linke Schulter ignorierte er. Das Klirren von Degen- und Säbelklingen drang wie durch eine dichte Wand aus Watte an seine Ohren, in denen es rauschte, als stünde er unter einem Wasserfall. Aus den Augenwinkeln sah er, wie ein Mann der drei Bordwachen wie ein Berserker unter seinen Leuten wütete. Der Kerl hielt eine gekürzte Pike in den Händen und stach damit zu wie eine zuschnappende Schlange. Drei Männer wälzten sich schreiend auf den Planken, und es sah nicht so aus, als ob sie sich wieder erheben würden.

Callaghan schwante plötzlich Schlimmes. Er wußte, daß er sich verrechnet hatte. Er hätte seine kleine Streitmacht niemals aufteilen dürfen. Wenn er die Männer, die jetzt vielleicht ebenso wie sie die Galeone mit den roten Segeln geentert hatten, hier bei ihnen gewesen wären, hätte vielleicht alles ein gutes Ende nehmen können, aber so …

Noch konnte er den Angriffen des Schwarzen, der tatsächlich keine andere Waffe als den Belegnagel zu haben schien, ausweichen, aber nur, weil sich der Neger auch noch Curly McBrides zu erwehren hatte, der immer wieder mit seinem Entermesser auf ihn eindrang.

„Curly, hinter dir!“ brüllte Scarface, als er sah, daß der dritte Mann, der gerade einen Gegner zu Boden geschickt hatte, sich auf den Schotten werfen wollte.

Curly McBride, der wegen seines fehlenden Haares neckisch Krausschopf genannt wurde, versuchte, sich zur Seite zu werfen. Mit dem Erfolg, daß sein eckiges Kinn mit dem Belegnagel des Negers zusammenstieß. Mit einem urigen Laut brach der Schotte zusammen und krachte auf die Planken, daß das Schiff in seinen Fugen erzitterte.

Scarface Callaghan sah sich plötzlich zwei Männern gegenüber. Hatten sie Zeit, sich beide um ihn zu kümmern? Was war mit seinen Kumpanen? Er warf einen kurzen Blick an dem Neger vorbei und sah, daß nur noch Zambo Jones, der Indianermischling, und Shaggy Boone auf den Beinen waren. Um sie kümmerte sich der Mann mit der gekürzten Pike, und es sah nicht so aus, als hätte er auch nur eine Spur Angst davor, gegen zwei Gegner auf einmal kämpfen zu müssen.

Curly McBride regte sich auf den Planken. Im Mondschein war deutlich zu erkennen, wie eine prächtige Beule auf seiner spiegelnden Glatze zu wachsen begann. Er hob seinen Kopf und starrte mit halb glasigen Augen Callaghan an, der wie eine in die Enge getriebene Ratte aussah und die rechte Hand mit seinem Säbel den beiden Angreifern entgegenstreckte.

Der Belegnagel des Negers sauste auf Curly McBrides Glatze nieder und plazierte seinen Kopf wieder da, wo er vorher gewesen war. Der Grundstein für eine zweite prächtige Beule war damit gelegt.

„He!“ stieß Scarface Callaghan hervor. „Will sich nicht einer von euch beiden um den anderen Mann kümmern? Er hat schließlich gegen zwei zu kämpfen, während ihr mir gemeinsam auf den Pelz rücken wollt.“

Er sah, wie sich der eine Mann umdrehte und einen kurzen Blick über die Schulter zurückwarf.

„Mach dir keine Sorgen, Mann“, erwiderte er grinsend. „Das ist nur ein Spiel für ihn. Normalerweise weigert er sich zu kämpfen, wenn weniger als fünf Mann gegen ihn antreten.“

„Das ist nicht fair, was ihr tut!“ brüllte Callaghan, als der Neger und sein Kampfgefährte auf ihn eindrangen.

„Wir tun dir doch gar nichts“, sagte der schlanke, dunkelhaarige Mann mit den dunklen Augen, in denen die Mondlichter tanzten. „Schmeiß deinen Säbel weg, dann peitschen wir dich nur aus, lassen dich kielholen, ziehen dir die Haut in Streifen ab, befreien dich von Ohren und Nase und hängen dich auf.“

„Und wenn ich meinen Säbel nicht wegschmeiße?“ fragte Scarface wütend.

„Mann, dann lernst du uns erst richtig kennen!“ sagte der Schlanke mit grollender Stimme.

Scarface Callaghan konnte viel vertragen, aber das hier ging über alles Maß hinaus. Verdammt, er hatte oft genug Seite an Seite mit Don Bosco gekämpft. Wer war er denn, daß er sich von diesen Hampelmännern Angst einjagen ließ?

Wut und Haß überschwemmten ihn plötzlich wie eine Woge. Sein rechter Arm mit dem Säbel zuckte blitzschnell vor, und es hätte nicht viel gefehlt, und der Neger wäre einen Kopf kürzer gewesen.

Scarface hatte einen Ruck im Arm erwartet, der den Treffer anzeigte, aber der Schwung seiner Bewegung riß ihn vorwärts.

Der Neger stand schon längst nicht mehr dort, wo Callaghans Säbel hingezuckt war. Er hatte sich blitzschnell gebückt, mit dem Belegnagel ausgeholt und ihn mit einem Rundschlag gegen die Beine des Narbengesichtes geschwungen.

Scarface Callaghan spürte einen stechenden Schmerz in den Schienbeinen, der ihm das Bewußtsein zu rauben schien. Er konnte nichts dagegen tun, daß er nach vorn stürzte. Er drehte sich instinktiv auf die linke Seite, damit er die Hand mit dem Säbel frei hatte, aber auch das war ein Fehler. Er merkte es, als er auf die gelähmte Schulter krachte und plötzlich feurige Ringe vor seinen Augen tanzten. Seine Rechte fuchtelte noch mit dem Degen herum, aber es stand niemand mehr in der Nähe, den er damit hätte gefährden können.

Als die feurigen Ringe verschwanden und er wieder einigermaßen was sehen konnte, blickte er in zwei grinsende Gesichter, die sich prächtig über ihn zu amüsieren schienen. Im Hintergrund war der Kampf zwischen Zambo, Shaggy Boone und dem dritten Mann immer noch in vollem Gange, aber Scarface hatte das Gefühl, daß der Kerl mit seiner Pike nur mit den beiden Gegnern spielte.

Callaghan spuckte aus und erhob sich auf die Knie. Feuerspeere jagten durch seine Schienbeine, aber als er daran dachte, was der Schlanke ihm alles angedroht hatte, ignorierte er den Schmerz und warf sich aus kniender Stellung vor, um den Kerl mit seinem Säbel aufzuspießen.

Das letzte, was er sah, war, wie der Neger grinsend den Krauskopf schüttelte, kurz mit dem Belegnagel ausholte und zweimal kräftig hinlangte.

Scarface Callaghan vergaß alle Schmerzen, die in seinem Körper tobten. Ein Lächeln huschte über seine Züge, weil er ein paar Engel vor seinem geistigen Auge vorbeischweben sah, dann waren auch sie verschwunden, und er befand sich in einem schwarzen Loch, in dem es keine Empfindungen mehr gab.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 231

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