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Eine schlechte Best Practice

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Oft herrscht die Auffassung vor, insbesondere bei milliardenschweren Unternehmen, ihr Einkauf habe sich bereits als »Klassenbester« profiliert, strategische Beschaffung sei gang und gäbe und man habe »alles unter Kontrolle«. Der Einkauf neigt zu der Aussage: »Wir haben bereits eine Menge erreicht, es bleibt nicht mehr viel zu tun, wir sind nah dran, Best Practice zu sein.« Ich persönlich bin mehr als hundert Einkaufsleitern begegnet, die das unumwunden behauptet haben, und das ist ein Problem, denn sie kommen ungestraft davon! Die Vorstandsetage betrachtet den Einkauf als fachspezifische Disziplin und hat volles Vertrauen zu »unserem CPO, der macht das schon«. In Wirklichkeit ist es nur das, was der Einkaufsleiter nach oben weitergibt und als Evangelium verkündet, denn er/sie gehört schließlich zu den Experten, die wissen, was sie tun.

Ich glaube, dass dieses Phänomen – nennen Sie es Abwehrhaltung oder was auch immer – Milliardenwerte blockiert, die weltweit durch den Einkauf generiert werden könnten. Ich bezeichne das als »schlechte« Best Practice, die erstaunlich weit verbreitet ist. Sie macht sich bemerkbar, wenn der Einkauf zu der Fehlannahme gelangt, er hätte bereits »die beste Methode eingeführt«. Dieses Drama spielt sich vor allem im Rahmen des Strategic Sourcing ab. Ich kenne Einkaufsleiter, die von einem der namhaften Beratungsunternehmen eine »Siebenstufige Beschaffungsmethodik« präsentiert bekamen. Solche Herangehensweisen können durchaus sinnvoll sein (und sich wie ein Ei dem anderen gleichen, nebenbei bemerkt), solange sie richtig umgesetzt werden. Wer ein Kochbuch zur Hand hat, ist noch lange kein guter Koch.

Es gibt andere, oft sehr große Organisationen, einschließlich einige der größeren Automobil-Erstausrüster, für die der Beschaffungsvorgang nichts weiter als ein Prozess geworden ist – hochgradig institutionalisiert, aber auf eine Pflichtübung reduziert, die es abzuhaken gilt. In manchen Unternehmen folgen Beschaffungsteams mit religiöser Inbrunst, aber ohne nachzudenken einem rigorosen Sourcing-Prozess. Es gibt eine Baseline, sie haben Beschaffungsmarktstudien durchgeführt, Stakeholder-Profile angelegt und eine Beschaffungsstrategie entwickelt. Doch die Ausgangswerte sind unvollständig und die Gesamtausgaben unklar. Die Beschaffungsmarktstudie ist interessant, aber sie enthält keine Informationen, die für die Beschaffungsstrategie relevant wären. Die Stakeholder-Profile sind seit einem Vierteljahr in einer Datei gespeichert, die keiner anschaut; und die Beschaffungsstrategie besteht darin, die Bestellvolumina zu bündeln und die Lieferanten damit in die Knie zu zwingen.

Schlechte Best Practice ist eine Katastrophe, denn sie verhindert, dass echte Best Practice Fuß fasst. Und sie ist ein auffallend weit verbreitetes Phänomen. Viele Unternehmen sind aufrichtig überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. In anderen Fällen werden die Pseudo-Erfolgsmodelle als Verteidigungsmechanismus gegen externe Berater oder andere vermeintliche Bedrohungen ins Feld geführt. Doch immer stellen sie eine »Wertblockade« dar.

Und wie geht es nun weiter? Wir haben festgestellt, dass sich hier möglicherweise eine riesige Chance bietet, haben erklärt, wie sie entstanden ist, und haben darauf hingewiesen, dass es eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Best Practice im Einkauf gibt, jedoch nur wenige diesen Goldstandard erreichen.

Der Rest des Buches befasst sich mit den Antworten auf die Fragen: »Wie gelangen wir auch dort hin?«, »Wie maximieren wir das Gewinnpotenzial des Einkaufs?« und »Welche grundlegenden Bausteine bilden das Fundament des Erfolgs?«.

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