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JESUS, DER GUTE WIRT

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»Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht.« Es haftet diesen Worten aus dem 10. Kapitel des Johannesevangeliums etwas ungemein Tröstliches an. Nicht weniger trostvoll ist das Gleichnis vom verlorenen Schaf, das sich im 15. Kapitel des Lukasevangeliums findet. Dort geht es um Jesu Herzenssorge für die Sünder und Sünderinnen.

Der vierte Evangelist hingegen hat ganz anderes im Sinn. Seine Darstellung ist von Ezechiel inspiriert, der im Auftrag Gottes gegen die Könige Israels auftritt: »Menschensohn, sprich als Prophet gegen die Hirten Israels und sag ihnen: Weh den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden. Müssen die Hirten nicht die Herde weiden?« (Ezechiel 34,1–2). Und weiter: »So spricht Gott der Herr: Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern« (34,11). Die Botschaft des Evangelisten ist klar: Was Ezechiel verheißen hat, ist in Jesus Wirklichkeit geworden. Er ist der gute Hirt, der Sorge trägt für die Herde.

Bevor wir diesen Gedanken weiter entfalten, machen wir einen kleinen Abstecher zu dem auf der linken Rheinseite gelegenen Städtchen St. Goar, das seinen Namen von dem gleichnamigen Einsiedler herleitet, der dort im 6. Jahrhundert lebte. Der Legende zufolge hatte der gutmütige Eremit für alle, die bei ihm anklopften, ein gutes Wort. Im Wissen, dass ein Seelentrost erst richtig wirkt, wenn auch der Leib zu seinem Recht kommt, ließ Goar es nicht bei erbaulichen Reden bewenden, sondern hielt für seine Gäste überdies eine körperliche Stärkung bereit. Das muss sich schnell herumgesprochen haben. Der steigende Zulauf jedenfalls veranlasste ein paar Neidhammel unter den Klerikern, Übles über den gastfreundlichen Gottesmann zu verbreiten: Er sei ein Schwelger und Saufaus, der seine Zelle zur Zechstube umfunktioniert habe, wo er sich bei Bier und Wein mit gemeinem Lumpengesindel verbrüdere.

Solche Vorwürfe seitens einiger Scheeläugiger musste sich rund anderthalb Jahrtausende vorher schon Jesus gefallen lassen. Er selber beschwerte sich ausdrücklich darüber; nachzulesen im 11. Kapitel des Matthäusevangeliums: »Der Menschensohn ist gekommen; er isst und trinkt; darauf sagen die Leute: Dieser Fresser und Säufer. Dieser Freund der Zöllner und Sünder.« Also ganz wie Jahrhunderte später beim heiligen Goar ...

Goar hat die Pilgersleute verköstigt. Jesus hingegen hat das eucharistische Mahl gestiftet – der gute Hirt als guter Wirt. In diesem Mahl aber ist der Geber selber die Gabe: »Ich gebe mein Leben hin für die Schafe.« Das bezieht sich allerdings nicht bloß auf Jesu Kreuzestod, sondern auf seine ganze Existenz, auf sein Leben und Leiden, auf sein Handeln und Heilen, kurzum auf seinen unermüdlichen Dienst an den Mitmenschen. Seiner Sendung ist er treu geblieben, obwohl er wusste, dass ihn das das Leben kosten würde. So hat er gezeigt, dass es Dinge gibt auf dieser Welt, für die es sich nicht nur lohnt zu leben, sondern auch zu sterben.

Wenn man die Bildrede vom guten Hirten vor diesem Hintergrund betrachtet, merkt man plötzlich, dass es dabei nicht um Erbauung geht, sondern dass sie einiges an kritischem Potenzial beinhaltet.

Der gute Hirt ist da für die Herde. Er denkt nicht an sein eigenes Fortkommen und schon gar nicht an irgendwelche Privilegien, sondern einzig und allein an die, welche ihm anvertraut sind.

Dass das seinen Nachfolgern nie ganz gelingen kann, liegt auf der Hand. Die im Auftrag Jesu handeln, sind eben Menschen. Und Menschen beweisen nicht nur Stärken, sondern haben auch Schwächen. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ein Teil der Herde wider den einen oder anderen Hirten blökt. Aber das kennen wir ja schon aus den Zeiten des Propheten Ezechiel.

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