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Gründung des Neoliberalismus

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Der Neoliberalismus hat seinen Ursprung in den 1930er Jahren. Eine Gruppe liberaler Ökonomen aus verschiedenen Ländern wollte am Wirtschaftsliberalismus festhalten. Dies konnte gesellschaftspolitisch jedoch nur dann gelingen, wenn die Fehler des Laissez-faire-Kapitalismus aufgezeigt und ausgemerzt werden. Es musste also ein Weg zwischen Laissez-faire-Liberalismus und Sozialismus gefunden werden. An einem Symposion in Paris im Jahre 1938 wurden mehrere Namen für diese Gegen-Bewegung diskutiert, beispielsweise Links-Liberalismus oder Positiver Liberalismus. Letztlich haben sich die Teilnehmer auf den Namen «Neoliberalismus» geeinigt. Die einzelnen Ökonomen hatten über den einzuschlagenden Weg durchaus verschiedene Ansichten, zusammengehalten wurden sie durch das gemeinsame Feindbild des Kollektivismus, Sozialismus und des Keynesianismus. Die Neoliberalen (das weibliche Geschlecht war nicht vertreten) entwickelten eigene ökonomische Lehren, insbesondere gilt dies für die Vertreter im Umfeld der Freiburger Schule, deren Lehren als Ordoliberalismus zusammengefasst wurden. Andere führende Vertreter, allen voran Friedrich A. von Hayek, hatten jedoch weniger die Ökonomie als Wissenschaft, sondern primär die Zivilwirtschaft, das heisst die Wirtschaftspolitik im Blick.

Die Durchsetzung des Neoliberalismus wurde zu einem auf mehrere Jahrzehnte hin angelegten Projekt erklärt, das wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges zwar unterbrochen, Ende 1943 jedoch wieder aufgenommen wurde. Im April 1947 kam es zu einem zehntägigen Treffen in Mont Pèlerin (das ist ein Dorf auf dem gleichnamigen Höhenzug oberhalb von Vevey), bei dem die bis heute bestehende Mont Pèlerin Society (MPS) gegründet wurde. Die ersten 15 bis 20 Jahre der MPS waren durch vier wichtige Entwicklungen geprägt: Erstens wurde die Zahl der Mitglieder stark erhöht und international ausgeweitet. Zweitens erfolgte eine Phase der Reinigung und Klärung, so dass sich ein neoliberales Mainstream-Denken entwickeln konnte. Drittens erzielten Mitglieder der MPS in der breiten Öffentlichkeit mit ihren Publikationen grosse Erfolge, zudem wurden Einzelne sogar mit dem Nobelpreis geehrt. Und schliesslich viertens wurden die international zahlreich gegründeten Think tanks zu einem wichtigen Mittel, um auf Publizistik, Ausbildung und Wirtschaftspolitik einzuwirken. Zwischen den Mitgliedern der MPS gab es im Laufe der Zeit wegen der wirtschaftspolitischen Orientierung heftige Auseinandersetzungen. Während die Ordoliberalen im Umfeld der Freiburger Schule ein Gleichgewicht zwischen Staat und wirtschaftlicher Freiheit anstrebten, räumten die vorwiegend im angelsächsischen Sprachraum lehrenden Ökonomen dem Markt die Priorität ein.

Mit dem Ausscheiden wichtiger Ordoliberaler gewann der angelsächsisch geprägte Pol letztlich die Oberhand. Da diese Vertreter keine eigentliche Lehre zur Mikroökonomie{b} entwickelten, orientierte sich der angelsächsische Neoliberalismus an der Neoklassik mit ihren mathematischen Modellannahmen. Das hatte zur Konsequenz, dass nach dem Neoliberalismus es dann zum bestmöglichen gesellschaftlichen Zustand kommt, wenn die Wirtschaftsakteure ihren eigenen Nutzen bzw. Gewinn optimieren können. Den Wirtschaftsakteuren soll deshalb möglichst viel Freiheit zugestanden werden, damit die Eigennutzen- und Gewinnoptimierung tatsächlich auch durchgesetzt werden kann. Der Staat hingegen soll sich weitgehend zurückhalten, weil seine Eingriffe die Eigennutzen- und Gewinnoptimierung tendenziell behindern. Die Parolen der weltweit unzähligen neoliberalen Think tanks waren und sind bis heute dem entsprechend: Liberalisierung, Privatisierung, Deregulierung, Steuersenkungen und Freihandel.

Plädoyer für eine neue Wirtschaftspolitik

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