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Teil 1 – Politische Standortbestimmung Blitzlichter Wirtschaftspolitik

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Im Juli 2019 erfahren wir durch die Massenmedien, dass das Eidgenössische Departement für äussere Angelegenheiten (EDA) den Tabakkonzern Philip Morris als Hauptsponsor für den Expo-Pavillon in Dubai ausgewählt hat – nach der Medienschelte und unter öffentlichem Druck hat Bundesrat Ignaz Cassis sich dann gegen den Tabakkonzern als Sponsor entschieden. Der gleiche Bundesrat hat im September 2018 die Konzernspitzen von ABB und Swiss Re über seine aussenpolitische Vision eingeladen.{1} Der Rohstoffkonzern Glencore mit Sitz in Zug macht wegen prekärer Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung und Korruption seit Jahren Negativschlagzeilen. Am 7. Januar 2019 besuchte Bundesrat Cassis eine Glencore-Kupfermine im Norden Sambias, die seit Jahren von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert wird – das Kupferschmelzwerk stösst riesige Mengen von Schwefeldioxid aus. Cassis zeigte sich in einem Tweet stark beeindruckt über die Modernisierungsanstrengungen von Glencore und diese benützte den Cassis’ Tweet sogleich für Werbung in eigener Sache. Weiter teilte der Sprecher des EDA mit, dass Glencore sich betreffend Ausstoss von giftigen Gasen an die Richtlinien der Weltgesundheits-Organisation (WHO) halte – laut eigenen Angaben von Glencore werden diese jedoch beim Hochfahren der Anlage überschritten!{2} Parteikollege und Ex-Ständerat Dick Marty antwortet auf die Frage, was er von diesem Besuch und diesen Aussagen hält:

«Ich dachte, "bedauerlich, aber nicht überraschend", denn der Bundesrat hat schon immer einen unterwürfigen Respekt vor allen Wirtschaftsmächten gezeigt. Das ist bedauerlich, weil derselbe Bundesrat nie bereit war, sich mit Vertretern von NGOs zu treffen, um über die Problematik der Ausbeutung dieser Minen zu diskutieren.»{3}

Weltweit gelten 29 Konzerne, darunter die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse, als global systemrelevant.{4} Bei der Gefahr eines Konkurses müssten diese, entgegen der Logik der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs, durch politische Massnahmen gerettet werden. Damit fehlen jedoch wichtige Anreize für eine gemeinwohlverträgliche Ausrichtung der Geschäftsmodelle dieser Konzerne. Multinationale Unternehmen minimieren ihre Steuern und sorgen damit sowohl für einen internationalen wie auch nationalen Steuerwettbewerb. Die Schweizer Kantone mit den tiefsten Steuern für Unternehmen haben mittlerweile Steuersätze unter 13 Prozent festgelegt. Nach der OECD verlieren nationale Finanzministerien weltweit jedes Jahr ca. 100 bis 245 Milliarden Franken an Einnahmen durch den Steuerwettbewerb.{5} In der Schweiz werden die Unternehmen im Kanton Luzern am tiefsten besteuert. Aus Spargründen hat das Kantonsparlament im Jahre 2016 eine Woche Zwangsferien für Schulen beschlossen.{6} Die ausserordentlich gefährliche Finanzkrise in den Jahren 2007/08 hatte eine stärkere Regulierung der Banken zur Folge. Nun will Bundespräsident Ueli Maurer die unabhängige Aufsichtskommission über den Finanzmarkt (Finma) der Politik unterordnen und damit faktisch entmachten – ganz im Sinne der Grossbanken.{7}

Plädoyer für eine neue Wirtschaftspolitik

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