Читать книгу Sohle Sieben - Jost Baum - Страница 5
ОглавлениеZweites Kapitel
Gut 2,7 Promille auf der nach oben offenen Branntweinskala hatten ihn den Führerschein und den betagten Dieselbenz gekostet, den er in trunkenem Zustand gegen eine Leitplanke gesetzt hatte. Der Rettungsdienst der Feuerwehr mußte ihn mit einem Schneidbrenner aus dem Wrack befreien, dessen Entsorgung ihn die letzten Pfennige gekostet hatte. Der Unfallarzt stellte außer einem Schlüsselbeinbruch eine von Alkohol geschwollene Leber fest und riet ihm zu einer Entziehungskur, die er widerwillig antrat, um nicht auch noch seinen Job beim Bochumer Stadtanzeiger zu verlieren.
Wie er nun mit seinem Pappkoffer in der Hand und seinem Trenchcoat über dem Arm vor dem Tor der Klinik in die Maisonne blinzelte, schien es ihm, als sei ihm das Leben zum zweiten und vielleicht letzten Mal geschenkt worden.
Schon nach wenigen Metern Fußweg schwitzte er. Er tastete nach einem Taschentuch und lüftete den Hut, den er zum Schutz gegen die Sonne in die Stirn gezogen hatte.
Während er die Landstraße entlangstolperte, blieb er immer wieder stehen, setzte den Koffer ab und hielt den Daumen raus. Niemand in der an ihm vorbeirauschenden Blechlawine nahm Notiz von ihm oder sah sich gar genötigt anzuhalten, um den müden Wandersmann ein Stück des Weges mitzunehmen.
Eddie atmete erleichtert auf, als er endlich den Glaskasten der Bushaltestelle erreichte, den Koffer absetzen und sich auf den roten Plastiksitz fallen lassen konnte, der auf ein Eisengerüst geschraubt und von einem findigen Sprayer mit ein paar undefinierbaren Schriftzeichen verziert worden war.
Ein orange-blauer Gelenkbus, in dem er einige Zeit der einzige Fahrgast war, schaukelte ihn an blühenden, leuchtend gelben Rapsfeldern vorbei und setzte ihn eine gute Stunde später am Essener Hauptbahnhof ab.
Mit starr geradeaus gerichtetem Blick gelang es Jablonski, an den Arbeitslosen, Pennern und Drogensüchtigen vorbeizusteuern, die dort herumlungerten und sich an einer Bierdose oder einem Flachmann festhielten. Ganz hinten im Gaumen spürte er das leichte Kribbeln, das ein frisches Pils bei ihm hervorrief, bevor es durch die Kehle ran.
Du hältst dich gut, alter Junge! klopfte Eddie sich selbst auf die Schulter, während er gelangweilt die Reklametafeln betrachtete, die für Weinbrand warben und an denen er vorbeirauschte, als er endlich in einem Zug saß, der ihn nach Bochum bringen sollte.