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Die Bedeutung des inneren Lebens

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So witzig diese Geschichte klingt, sie macht eines sehr deutlich: Die entscheidenden Dinge passieren nicht zuerst in der äußeren, sondern in der inneren Welt des Menschen. Die Tatsache, dass hier so viel Geld geflossen ist, hat ganz viel mit der inneren Welt von Mohammed bin Salman und seinem Cousin zu tun und wenig mit dem Gemälde an sich. Für die Rekordsumme waren die Werte und Ziele des Prinzen verantwortlich, seine Einschätzung der Situation und seine Beziehung zum Königshaus von Katar.

Daraus ergibt sich eine bedeutsame Erkenntnis: Die Seele ist das Wichtigste am Menschen. Nicht nur, weil sie ewig ist, sondern auch, weil in ihr die Beurteilung und Bewertung unseres Lebens stattfindet.

Nun ist Seele ein sehr schillernder Begriff und es gibt unzählige Versuche, sie zu definieren. Über Jahrtausende hinweg haben Menschen versucht, die Seele zu fassen – von Aristoteles, der von inneren Bewegungen sprach, über Theresa von Ávila, die die Seele als eine Art innere Burg betrachtete, bis hin zur modernen Hirnforschung, die der Grundidee einer Seele oft eher skeptisch gegenübersteht. Während die einen die Existenz einer menschlichen Seele völlig leugnen, mühen sich die anderen um eine Trennschärfe zwischen Begriffen wie Geist, Herz, Verstand, Wille und Persönlichkeit.

Wie auch immer wir es nennen wollen, ich glaube, dass jeder Mensch in den stillen Momenten seines Lebens spürt, dass er eine Seele hat. John Ortberg schreibt dazu in seinem wunderbaren Buch »Hüter meiner Seele«: »Die meisten Menschen an den meisten Orten in den meisten Epochen glauben und haben geglaubt, dass der Mensch in irgendeiner Form eine Seele besitzt.«3

Dabei ist hier Seele im Sinne eines Zentrums gemeint, einer Mitte unseres inneren Lebens, das alles andere verbindet. Umgangssprachlich bezeichnen wir zum Beispiel einen Menschen als die »gute Seele des Büros« und meinen damit die treibende Kraft, das Zentrum, das, was all das andere koordiniert und mit Herz dabei ist. Ich persönlich glaube, dass sich die Seele unserem vollen Verständnis entzieht. Sie hat eine Tiefe, die wir nicht vollständig ergründen können und die uns bis zu einem gewissen Maße verborgen bleibt. Der Mensch wird eine lebende Seele durch den Atem Gottes – so beschreibt es die Bibel (mehr dazu in Kapitel 3). Das bedeutet, dass die Seele weit über uns hinausweist und unser eigenes Verständnis übersteigt. So wie Gott viel größer als unsere Vorstellungskraft und für unseren kleinen Verstand nicht fassbar ist, so ist auch unsere Seele für unseren Verstand nicht fassbar.

Wenn ich in diesem Buch über die Seele schreibe, dann beschränke ich mich auf das, was für uns fassbar ist. Ich empfinde hier die Definition von John Ortberg als hilfreich, der mit »Seele« das bezeichnet, was unseren Willen (unsere Absichten), unseren Verstand (unsere Gedanken und Gefühle) und unseren Körper (unser Gesicht, unsere Körpersprache, unser Handeln) zu einem Ganzen vereint. »Sie ist dann gesund und ›geordnet‹, wenn diese drei Bereiche mit dem im Einklang sind, was Gott mit der ganzen Schöpfung im Sinn hat.«4

Die Seele ist so etwas wie eine Klammer, die all diese unterschiedlichen Aspekte unserer Menschlichkeit umfasst und in Einklang zu bringen versucht. Die Seele beinhaltet unsere Geschichte, unsere Werte, unseren Charakter und unsere Persönlichkeit. Sie wohnt in unserem Körper und ist in der Lage, ihn zu beeinflussen. Wie diese Interaktion genau aussieht und wie das Unterbewusstsein mit der Seele zusammenhängt, bleibt uns verborgen. In diesem Buch benutze ich den Begriff Seele als Zusammenfassung für die innere Welt des Menschen.

Der Zustand unserer Seele ist entscheidend für den Zustand unseres Lebens. Unser Leben wird nicht darüber definiert, was uns geschieht, wie viel wir besitzen oder in welchen Verhältnissen wir leben, sondern darüber, wie unsere Seele all das bewertet und wie sehr die einzelnen Aspekte unseres Menschseins am gleichen Strang ziehen. Nicht unsere Lebensumstände machen unser Leben aus, sondern wie die Seele diese bewertet.

• Ich kann unglaublich erfolgreich sein, ich kann den Titel »Sexiest man alive« tragen – und dennoch mein Leben hassen.

• Ich kann an der Spitze eines DAX-Unternehmens stehen und Millionen im Jahr verdienen – und dennoch ein armseliges Leben führen.

• Ich kann Hunderttausende von Fans haben, von allen bewundert und bejubelt werden – und dennoch im Herzen zutiefst einsam und unglücklich sein.

Nicht die äußeren Umstände machen mein Leben aus, sondern wie meine Seele sie bewertet. Daraus folgt aber auch:

• Ich kann jeden Tag die Türen einer Beratungsstelle öffnen, jahraus, jahrein die traurigsten Geschichten von Menschen erzählt bekommen und dennoch froh und erfüllt durch das Leben gehen.

• Ich kann in den Slums von Kalkutta jeden Tag ums Überleben kämpfen und dennoch im Innersten zufrieden sein.

• Ich kann durch einen Unfall die Kontrolle über meinen Körper verlieren und den Rest meines Lebens im Rollstuhl sitzen und dennoch anderen Menschen Inspiration und Ermutigung sein und Glück und Zufriedenheit ausstrahlen.

Wie wir uns fühlen, hängt nicht von den äußeren Umständen des Lebens ab, sondern vom Zustand des inneren Menschen. Und dennoch kümmern und sorgen wir uns vor allem um die äußeren Umstände.

Ist das nicht verrückt? Wenn diese Umstände unser Leben in der Tiefe gar nicht beeinflussen und es vor allem um den Zustand unserer Seele geht, warum setzen wir dann nicht zumindest ein wenig Energie ein, um unserem inneren Menschen, unserer Seele Aufmerksamkeit zu schenken? Warum versuchen wir um jeden Preis, in der äußeren Welt erfolgreich zu sein, Karriere zu machen, unser Leben mit Besitz abzusichern, unser Aussehen möglichst lange jung und attraktiv zu halten und unsere Lebensumstände kontinuierlich zu verbessern, wenn diese Dinge am Ende gar nicht das letzte Wort haben? Wenn stattdessen die Seele alles bewertet und das Fazit für unser Leben zieht? Warum lassen wir zu, dass wir alle Kraft in der äußeren Welt einsetzen und dadurch für den inneren Menschen keine Kraft mehr übrig haben? Diese Strategie wirkt wenig hilfreich. Sie bringt uns auf Dauer nicht weiter. Weiter kommen wir nur, wenn wir der Seele genügend Aufmerksamkeit schenken.

Wer sich ernsthaft mit seiner Seele auseinandersetzt, der stößt früher oder später auf die Frage nach Gott, denn unsere Seele verweist uns auf etwas Höheres. Sie hat eine Tiefe, zu der wir nicht völlig Zugang haben, und weist weit über uns hinaus auf eine Wirklichkeit, die wir mit unserem kleinen Denken nicht wirklich greifen oder begreifen können.

Die meisten Menschen entscheiden sich nicht bewusst dafür, sich wenig bis gar nicht um die eigene Seele zu kümmern. Sie haben das in der Klarheit nicht vor Augen oder nachvollziehbar im Herzen – es passiert einfach. Wir meinen, dass uns die Leistungsgesellschaft keine andere Wahl lässt, wenn wir überleben wollen. Aber dies ist ein folgenschwerer Irrtum, denn so werden wir zu getriebenen Menschen, die im Leben immer den Ansprüchen hinterhereilen und so beschäftigt sind, dass sie dabei ihre Seele verlieren.

Doch auch wenn wir uns nicht um unsere Seele kümmern, gibt es Momente, in denen sie sich plötzlich zu Wort meldet – selten, aber sie sind da: Wenn es einmal ruhig wird, wenn wir einmal für uns sind. Im Urlaub oder wenn unser Körper plötzlich krank wird und eine Pause erzwingt. Dann merken wir, dass wir eine Seele in uns tragen – und oft geht es ihr nicht gut. Sie erbittet unsere Aufmerksamkeit, meldet sich zu Wort. Aber weil uns das, was uns bei dem Blick nach innen begegnet, oft Angst macht, herausfordert, zu überfordern droht, weil es sich bei unserem schnellen Lebenstempo nicht einfach so bearbeiten lässt, wenden sich viele Menschen schnell wieder der äußeren Welt zu und verdrängen die Stimme ihrer Seele.

Ich bin davon überzeugt, dass es einen anderen, einen besseren Weg gibt. Ich glaube, dass es sich auf Dauer auf unglaubliche Weise auszahlt, seiner Seele Aufmerksamkeit zu schenken und zu fragen, was sie braucht, um fit und stark zu sein. Der Fitnesszustand unserer Seele ist der Schlüssel, der uns die Tür zu einem guten Leben öffnet. Das, was wir für unseren Körper tun, lässt sich wunderbar auf unsere Seele übertragen.

Fitness für die Seele

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