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ОглавлениеVorwort von Arne Kopfermann
Der Sinn eines Vorwortes besteht üblicherweise darin, als langjähriger Freund und Wegbegleiter, fachkundiger Kollege oder werbewirksamer Promi an einem Buch Interesse zu wecken, das ich nicht selbst geschrieben habe – für das ich im besten Falle aber gern als Autor stehen würde.
Im genannten Sinne qualifiziere ich mich nur unzureichend als Vorwortschreiber für dieses Buch, denn Jörg Ahlbrecht und ich haben uns erst im zurückliegenden Jahr näher kennengelernt. Und auch wenn ich mich mit einem Bereich der Seelenarbeit, der Trauer nämlich, gezwungenermaßen in den letzten Jahren stärker auseinandersetzen musste, so würde ich mich schwerlich als Fachmann für Seelenangelegenheiten bezeichnen. Bliebe noch der Promi, doch auch da bin ich leider nicht sonderlich geeignet, durch meinen »guten Namen« das Buch auf die Spiegel-Bestsellerlisten zu hieven, wo ich es zweifelsohne gern sehen würde.
Wenn ich Jörgs Bitte trotzdem von Herzen gerne nachkomme, dann, weil ich seit unserem Zusammentreffen letzten Sommer eine Art Seelenverwandtschaft zwischen uns empfinde. Aus Bewunderung für einen begnadeten Geschichtenerzähler, der auch komplexe Inhalte unterhaltsam und mit scheinbarer Mühelosigkeit kommunizieren kann. Der Schubladendenken scheut. Der tief schürft, ohne in Fachjargon abzudriften oder selbstverliebt seinen eigenen Wortwitz zu feiern. Und der uns auf bemerkenswerte Weise die Welt unserer eigenen Seele eröffnet und greifbar macht.
Man spricht im Volksmund von den geheimnisumwitterten unergründlichen Tiefen der Seele und meint damit meist ihre dunklen Abgründe, wie sie so trefflich in der Novelle des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson beschrieben werden. Dr. Henry Jekyll ist als angesehener Mitbürger eine der Stützen der Gesellschaft: im Beruf äußerst erfolgreich, in seiner Tugendhaftigkeit nach außen hin vorbildlich und in seinen fortschrittlichen Bestrebungen ein Muster christlicher Nächstenliebe. Allerdings unterdrückt er seine Neigung zur unkontrollierten Lebenslust, was zu der Gestalt des Mr Edward Hyde führt, einer abgespaltenen Persönlichkeit von Dr. Jekyll. Sie ermöglicht es ihm, seinen verbotenen Trieben freien Lauf zu lassen, sie auszuleben und zu genießen.
Gleichzeitig verdrängt der Wissenschaftler seine Untaten, indem er als Jekyll gelegentlich die Verbrechen des Mr Hyde wiedergutzumachen versucht. Er verteidigt sich mit dem Gedanken, dass Jekylls Wesensart durch Hydes Taten ja nicht beschmutzt werden kann. Geschichten wie diese, ob real in der Zeitung oder fiktiv in Romanen und Filmen, üben auf uns oft eine große Anziehungskraft aus, weil sie überspitzt die Zerrissenheit unserer eigenen Seele spiegeln und uns das Gefühl geben, diese sei ganz normal.
Jörg Ahlbrechts Buch ist wie ein fachmännisch geeichter Kompass, mit dem man sich gut gewappnet auf eine Seelenreise begeben kann. Immer wieder von packenden Geschichten eingeleitet, lädt er ohne erhobenen Zeigefinger dazu ein, sich dem Aufruhr der eigenen Seele zu stellen. Mehr noch, ihn als wichtiges Warnsignal dafür zu begreifen, dass unsere Seele kein Dschungel sein darf, der undurchdringlich vor sich hin wuchert, auch wenn sie immer ein wilder Garten bleiben kann und kein Ziergarten zum Vorzeigen werden muss.
Der Autor zeigt, dass es erstrebenswert ist, mehr und mehr zu einem Menschen zu werden, der im Einklang mit seiner Seele lebt; der Sinn, Schönheit, Freude, Verbindung zu Mensch und Gott und damit seinen Seelenfrieden finden kann.
Arne Kopfermann
Dezember 2019