Читать книгу Buchführung und Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht - Jörg Graetz - Страница 12
2.2.1.1 Buchführungspflicht nach Handels- und Steuerrecht
ОглавлениеDie handelsrechtliche Buchführungspflicht regelt § 238 HGB, wonach jeder Kaufmann verpflichtet ist, Bücher zu führen6. Die §§ 1 ff. HGB bestimmen die Kaufmannseigenschaft.
Kaufmann im Sinne des § 1 HGB ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist jedes gewerbliche Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Welche Tätigkeit als Gewerbe gilt und wann ein Gewerbebetrieb vorliegt, regelt das HGB nicht ausdrücklich. Jedoch definiert das Steuerrecht in § 15 Abs. 2 EStG die Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die folgenden Merkmale:
• selbständige nachhaltige Betätigung,
• die mit der Absicht Gewinn zu erzielen unternommen wird und
• die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.
• Zudem ist die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen und
• die Betätigung stellt auch keine bloße Verwaltung eigenen Vermögens dar7.
Nicht zu den Buchführungsverpflichteten gehören damit beispielsweise Freiberufler, die Einkünfte aus einer selbständigen Arbeit im Sinne des § 18 EStG erzielen, wie beispielsweise Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater.
Gewerbetreibende gelten nur dann unmittelbar als Kaufleute im Sinne des § 1 HGB, wenn ihr Geschäftsbetrieb eine kaufmännische Organisation erforderlich macht (Ist-Kaufmann). Maßgebend sind qualitativ-strukturelle Merkmale (Vielfalt der Leistungen und Geschäftsverbindungen, Kontokorrentverkehr, kaufmännische Betriebsführung, …) und quantitative Kriterien (Umsatzerlöse, Zahl der Arbeitnehmer, …)8. Der Betreiber eines kleinen Kiosks wird damit trotz seiner Handelstätigkeit kein Kaufmann sein. Als Kleingewerbetreibender kann er jedoch selbst entscheiden, ob er freiwillig durch Eintragung in das Handelsregister zum Kaufmann werden möchte (Kann-Kaufmann § 2 HGB). Die Eintragung wirkt in diesem Fall konstitutiv, also rechtserzeugend. Ohne Eintragung gelten Kleingewerbetreibende als Nichtkaufleute.
Auf Handelsgesellschaften finden die Vorschriften für Kaufleute ebenfalls Anwendung (§ 6 HGB). Dazu gehören die Personengesellschaften (insbesondere OHG, KG) und die Kapitalgesellschaften (insbesondere AG, GmbH). Kapitalgesellschaften gelten unabhängig von ihrer Betätigung bereits wegen ihrer Rechtsform als Handelsgesellschaften. Dagegen sind Personengesellschaften dann Handelsgesellschaften, wenn ihr Geschäftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Eine vermögensverwaltende KG kann durch die optionale Eintragung in das Handelsregister zur Handelsgesellschaft werden ( Abb. 2.3).
Kaufmann
Abb. 2.3: Kaufmannsbegriff
Die Buchführungspflicht wird durch die Pflicht zur Erstellung von Jahresabschlüssen ergänzt ( Kap. 3.2.1).
Von der Buchführungspflicht werden Einzelkaufleute nach § 241a HGB befreit, wenn sie die Schwellenwerte für Umsatzerlöse (EUR 600.000) und Jahresüberschuss (EUR 60.000) nicht überschreiten. Notwendig ist allerdings die Einhaltung der Schwellenwerte an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen. Andernfalls entfällt die Befreiung. Nur bei Neugründungen reicht die Einhaltung am ersten Abschlussstichtag aus. Es handelt sich um ein Wahlrecht des Einzelkaufmanns.
Die Buchführungspflicht für steuerliche Zwecke ist in § 141 f. AO geregelt. Nach der sogenannten derivativen Buchführungspflicht nach § 140 AO führt die Buchführungspflicht nach anderen Gesetzen (z. B. für Kaufleute nach HGB) auch zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht. Handelsrechtliche Kaufleute unterliegen also stets auch der steuerrechtlichen Buchführungspflicht.
Ergänzend regelt § 141 AO eine originäre Buchführungspflicht für Nichtkaufleute. Sie tritt ein, wenn gewerbliche Unternehmen sowie Land- und Forstwirte bestimmte Größenkriterien überschreiten. Für Kleingewerbetreibende sind der Umsatz (EUR 600.000 im Kalenderjahr) oder der Gewinn (EUR 60.000) maßgebend. Werden beide Kriterien nicht überschritten, ist der Nichtkaufmann auch steuerrechtlich nicht zur Buchführung verpflichtet.
Trotz der Annäherung der Schwellenwerte für die Befreiung von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht nach § 241a HGB an die Schwellenwerte des § 141 AO für die originäre steuerrechtliche Buchführungspflicht ist eine Differenzierung bei den verwendeten Bezugsgrößen festzustellen, denn »Jahresüberschuss« und »Gewinn aus Gewerbebetrieb« sind nicht zwingend identisch. Das kann zu dem Ergebnis führen, dass ein von der handelsrechtlichen Buchführungsflicht befreiter Einzelkaufmann dennoch steuerrechtlich zur Buchführung verpflichtet ist.
Auch die steuerliche Verpflichtung zur Buchführung ist mit der Erstellung von Abschlüssen verbunden. Die Gewinnermittlung für Gewerbetreibende basiert ebenfalls auf einer Vermögensübersicht, der Steuerbilanz. Handels- und Steuerbilanz sind inhaltlich eng miteinander verbunden.