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So nutzen unsere Kinder Medien

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Die heutige Elterngeneration erzieht ihre Kinder mehrheitlich in einem toleranten und freiheitlichen Klima, entsprechend groß sind die Freiheitsräume der Kinder. Das honorieren die Kinder und würden ihre eigenen Kinder später ähnlich erziehen, wie sie selbst erzogen wurden. Insgesamt lässt sich das Verhältnis der beiden Generationen zueinander als harmonisch bezeichnen.

Die gewonnenen Freiheitsgrade kommen den Kindern auch bei der Mediennutzung zugute. Während die heutige Kinder- und Jugendgeneration multimedial aufwächst, steigt die mediale Kluft zu den eigenen Eltern. Letztere sind nicht mit Internet, Handy und Co. aufgewachsen, lernten den Umgang mit dem Computer oft im Zuge ihrer Erwerbstätigkeit und kennen vielfach die neuen Medienentwicklungen nicht so gut wie ihre Kinder. Entsprechend schwierig ist es für sie abzuschätzen, welche Folgen die Medien für ihre Kinder haben könnten, und sie wissen nicht, mit welchen medialen Inhalten sich ihre Kinder auseinandersetzen. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, stelle ich in Auszügen die Ergebnisse der KIM-Studie 2006 (Kinder und Medien-Basisstudie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, die regelmäßig seit 1999 den Stellenwert der Medien im Alltag der sechs- bis 13-Jährigen erhebt), dar.

Um das familiäre Umfeld berücksichtigen zu können, wurden die Kinder mündlich befragt und die Mütter mit einem Fragebogen einbezogen.

Die Kinder wachsen in einem multimedialen familiären Umfeld auf. In den Haushalten gibt es fast flächendeckend Fernseher, Telefon, Handy und Radio. 89 Prozent der Familien in Deutschland besitzen einen Computer, 81 Prozent einen Internetanschluss. Kassettenrekorder, Spielkonsole, Digitalkamera, Plattenspieler, MP3-Player gibt es in weit mehr als der Hälfte der Familien in Deutschland (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 7).

Was die Medienausstattung anbelangt, verfügen Familien mit einem Nettoeinkommen von unter 1.500 Euro über deutlich weniger Geräte als Familien mit einem Nettoeinkommen von 2.500 Euro monatlich, ausgenommen ist hierbei der Fernseher (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 8).

CD-Player, Kassettenrekorder und Radio sind die Geräte, die in den Kinderzimmern stehen, ebenso wie eine tragbare Spielkonsole, über die die Hälfte der Kinder verfügen kann. 44 Prozent der Kinder sind im Besitz eines eigenen Fernsehers, 36 Prozent können ein Handy ihr Eigen nennen und auch der MP3-Player ist zwar bei den Jungen etwas häufiger anzutreffen, gehört aber quasi zum Standardinventar.

Nicht ganz so weit verbreitet sind Computer und Internet, doch das wird sich in den nächsten Jahren sicher ändern.

Bereits 14 Prozent der Mädchen und 21 Prozent der Jungen besitzen einen eigenen Computer und 8 Prozent können im Kinderzimmer das Internet über den eigenen Internetanschluss entdecken.

Das Fernsehen steht mit 97 Prozent an erster Stelle der Freizeitaktivitäten, gefolgt von Freunde treffen (96 Prozent) und Hausaufgaben machen (95 Prozent). Hoch in der Gunst stehen aber auch „draußen und drinnen spielen“ sowie „etwas mit den Eltern oder der Familie unternehmen“.

Bei den Freizeitaktivitäten gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Erstere sitzen häufiger am Computer und spielen öfter Videospiele und sind zudem sportlich aktiver, demgegenüber mögen die Mädchen kreative Tätigkeiten, musizieren, lesen deutlich mehr Bücher und sind tierverliebter.

Die Idole der Kinder kommen aus Film und Fernsehen (z. B. Harry Potter), Sport (z. B. Michael Ballack) und dem Musikgeschäft (z. B. Robbie Williams).

Im Zuge der kindlichen Entwicklung verliert das Fernsehen etwas an Bedeutung (zu Gunsten des Computers), bleibt jedoch das wichtigste Medium.

Die Kinder haben ihre eigenen Vorlieben beim Fernsehen: Gerne sehen sie „Sponge Bob“, „GZSZ“ oder „Verliebt in Berlin“. Bei den Fernsehprogrammen sind Super RTL und KIKA die Lieblingssender, wodurch sich das Fernsehverhalten der Kinder von denen der Jugendlichen unterscheidet.

Der Kinderkanal ist bei Sechs- bis Siebenjährigen der Spitzenreiter, bei Acht- bis Neunjährigen ist es Super RTL und bei 10- bis 11-Jährigen liegen Super RTL und RTL gleichauf.

Neben dem Fernsehen hat das Musikhören in dieser Altersgruppe eine große Bedeutung. Bereits ein Drittel aller Kinder kann auf digitale Musikdateien zurückgreifen. Schon Sechs- bis Siebenjährige hören regelmäßig Radio, nach Einschätzung des „Haupterziehers“ ca. 41 Minuten täglich (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 23).

Über Erfahrungen mit dem Computer verfügen knapp über 80 Prozent der Kinder und schon die Jüngeren (Sechs- bis Siebenjährigen) zählen zu den Computernutzern (57 Prozent). Anders als bei den Jugendlichen dominiert der Computer noch nicht den Tagesablauf der Sechs- bis 13-Jährigen, primär wird der Computer zu Hause genutzt, mit zunehmendem Alter auch in der Schule oder bei Freunden (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 30). Gerade in dieser Altersgruppe sind die Eltern die Vorbilder ihrer Kinder, daher ist es nicht überraschend, wenn die Kinder in der Regel ihre Kenntnisse im Umgang mit dem Computer primär von ihren Vätern erhalten haben. Genutzt wird der Computer am Nachmittag, wobei es Regeln gibt, die die Kinder einhalten müssen, wenn sie ihn allein nutzen. Mit zunehmendem Alter nehmen die Restriktionen ab.

Zu den Lieblingsbeschäftigungen am Computer gehört das Spielen, 63 Prozent spielen allein, 52 Prozent mit Freunden zusammen. Beliebt sind auch Lernprogramme (43 Prozent) und Surfen im Internet (41 Prozent).

Bei der Nutzung des Computers gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede: Mädchen nutzen den Computer öfter zum Lernen und für die Schule, sie schreiben häufiger Texte oder malen am Computer. Jungen spielen dafür mehr und intensiver Computerspiele.

Den Eltern ist nicht egal, was ihre Kinder am Computer machen, 72 Prozent fragen nach und wollen wissen, welchen Tätigkeiten ihre Kinder nachgegangen sind (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 33). Den „Konfliktfall Computer“ gibt es: Wenn Kinder ihn zu lange nutzen, wird seitens der Eltern Kritik laut.

Mit zunehmendem Alter wird das Internet für die Kinder interessanter und wichtiger. Nur eine kleine Gruppe von 14 Prozent ist jeden oder fast jeden Tag im Internet unterwegs, zum festen Bestandteil des Tagesablaufs ist das Internet bei der großen Mehrheit der Kinder noch nicht geworden.

Zwar wird immer wieder auf die Gefährdungen im Internet hingewiesen, dennoch ist ein Drittel der Sechs- bis 13-Jährigen allein im Netz unterwegs, bei 42 Prozent gibt es die gemeinsame Nutzung mit den Eltern (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 43).

Was tun Kinder im Internet? Sie suchen in erster Linie nach Informationen, und zwar vorwiegend für die Schule und die sie interessierenden Themen. 40 Prozent aller Kinder spielen allein Onlinespiele, etwa 25 Prozent spielen gemeinsam mit anderen. Sie interessieren sich aber auch für speziell für sie entwickelte Onlineangebote, ein Drittel kann E-Mails empfangen und verschicken.

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede treten deutlich hervor: Mädchen suchen öfter als Jungen nach Informationen für die Schule, sind kommunikativer (Chatten, Instant Messanger). Jungen spielen mehr im Internet und laden häufiger Dateien aus dem Internet herunter.

Das Fernsehen nimmt in dieser Altersgruppe einen bedeutenden Stellenwert ein, vorwiegend, um die Langeweile zu vertreiben. Wenn Kinder über Alternativen verfügen (z. B. mit Freunden treffen), ziehen sie dies der Mediennutzung vor (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 56).

Die Eltern als Vorbilder der Kinder verfügen über einen beträchtlichen Einfluss auf ihre Kinder, was sich eben auch auf die Mediennutzung auswirkt. Die höchsten Medienwerte bezüglich der Nutzungszeiten bei den Erwachsenen erhalten Radio (126 Minuten) und Fernsehen (150 Minuten).

Welche Medien und wie lange diese genutzt werden, korrespondiert mit dem Bildungsstand der Eltern. So sehen Personen mit Hauptschulabschluss mehr als eine Stunde pro Tag länger fern als solche mit Abitur, während Letztere deutlich länger lesen und den Computer intensiver nutzen (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 57).

In der KIM-Studie 2006 wurde ebenfalls gefragt, auf welches Medium die „Haupterzieher“ am wenigsten verzichten können. 58 Prozent nannten den Fernseher, und nur 10 Prozent gaben Bücher oder Zeitschriften an. Eltern wie Kinder entscheiden sich für den Fernseher als „Leitmedium“. An zweiter Stelle kommt bei den Eltern das Buch, bei Kindern ist es der Computer.

Vor dem Hintergrund einer Vorbildfunktion der Eltern wäre es interessant zu erfahren, ob es einen Zusammenhang zwischen den Medienpräferenzen der Eltern und denen der Kinder gibt. Solche Zusammenhänge konnten nachgewiesen werden: Bei Eltern, die eine enge Bindung an den Fernseher haben, ist dies überdurchschnittlich auch bei den Kindern zu beobachten. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für das Fernsehen, sondern auch für den Computer (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 60).

Drei Viertel der Eltern meinen, Kinder sollten nur mit einem Filterprogramm im Internet unterwegs sein. Dass die Internetnutzung der Kinder eine Erziehungsaufgabe der Eltern ist, sieht dagegen nur eine Minderheit (14 Prozent), vielmehr wird diese Aufgabe in die Verantwortung der Schule gelegt (vgl. KIM-Studie, 2006, S. 64).

Die KIM-Studie belegt: Am liebsten treffen sich Kinder mit Freunden und spielen draußen. Erst auf den dritten Platz kommt das Medium Fernsehen. Die Studie zeigt auch: Die Dauer der Beschäftigung mit dem Computer steigt mit zunehmendem Alter.

Die Ausstattung der Haushalte mit Medien ist teilweise flächendeckend, die Medien werden von den Kindern genutzt, auch wenn nicht alle Medien in ihrem Zimmer vorhanden sind. Das Leitmedium der Kinder stellt das Fernsehen dar, wobei der Computer vor allen bei den Jungen zusehends beliebter wird.

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