Читать книгу KÄMPFE FÜR DEIN ZIEL - Jürgen Recha - Страница 7

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Vorwort

Nein, dies ist nicht eins der Bücher, die als Moralapostel allen Normalos aufzeigen sollen, wie schlecht sie sind. Es ist auch kein Buch, das mal wieder eine neue Modeform von Ausdauersport in die deutschen Wohnzimmer bringen will.

Und dies aus zwei Gründen:

1. Es ist nicht irgendeine Geschichte, sondern es ist meine Geschichte. Diese hat noch nie jemand anderes erlebt. Die Geschichte ist wahr und hat sich genauso ergeben.

2. Die Geschichte soll unterhalten. Und dabei beweisen, dass man Unmögliches schafft. Von einem kranken Menschen zu einem Athleten in einem der härtesten Rennen der Welt.

„Kämpfe für dein Ziel“ ist nicht nur der Titel dieses Buches, sondern verkörpert unter dem uralten hawaiianischen Wort pa‘a die ganze Energie, die in diesem Spruch steckt. Diese drei Buchstaben werden seit einiger Zeit besonders in der Triathlonszene als Ansporn genutzt, um für sein eigenes Ziel zu kämpfen.

Die Bedeutung dieser Aussage begegnet uns das ganze Leben. Von klein an erfahren wir, dass man alles schaffen kann, wenn man oder frau nur will. So wurde uns in Kinderbüchern von der kleinen Pflanze vorgelesen, die ganz feste an ihr Ziel glaubt, um ein großer und starker Baum zu werden. Am Ende der Geschichte hatte sie es geschafft und entfaltete die komplette natürliche Kraft eines erhabenen Gewächses.

Danach trat Lassie in unser Leben. Der rannte damals wochenlang quer durch Amerika, nur mit dem einen Ziel, zurück zu seiner Familie zu finden. Der Collie Lassie hat auch gekämpft, bei Wind und Wetter, Gefahren gebannt und alle Unwägbarkeiten gemeistert. Oder Jahre später, da waren es die fünf Freunde. Die konnten auch alles schaffen. Und das nur, weil sie fest an ihre Gemeinschaft glaubten. Es gibt unzählige Erzählungen und Geschichten, die uns allen bekannt sind. Ob es Rocky ist, der eigentlich keine Chance hatte, Weltmeister zu werden. Immer wieder begegnen wir großen und kleinen Helden. Wir hören von ihren Geschichten und erzählen sie sogar weiter.

Aber auch ein jeder von uns hat Situationen in seinem Leben erlebt, deren Ausgang zeigt, dass man gewinnen kann. Wenn man dafür kämpft.

Wenn wir nun alle davon wissen und ein ganzes Leben dies schon präsent ist und bejaht wird, wieso leben die meisten nicht danach? Haben sie keine Ziele oder sind sie zu schwach? So wie in der folgenden wahren Geschichte. Bis zu dem Tag, an dem sich alles verändert hat. Wo nur noch ein klares Ja oder Nein über Leben oder Tod entscheidet. Und dann die Kehrtwende unaufhaltsam kommt.

Den süßen Duft von einem ausgeglichenen Leben wünsche ich allen, die dieses Buch lesen, und dass sie sich wohlfühlen in dem eigenen Körper. Endlich attraktiv zu sein und Erfolge im Sport, im Privaten und auch im Beruf ernten. Das ist die Frucht, die man erntet, wenn man sät und für das Wachstum das richtige Rezept hat. Dass das funktioniert, dass das in einem ganz normalen Leben umzusetzen ist und dass das der Typ von nebenan sein kann, zeigt Ihnen das folgende Buch. Ich wünsche viel Freude an der Geschichte. Noch mehr wünsche ich Ihnen, dass das erreichte Ziel für Sie ein Grund zum Nachdenken ist. Besonders geehrt fühle ich mich, wenn Sie anfangen, für Ihr Ziel zu kämpfen.

– pa‘a –

Der MorgenwirdallesbesserTyp

Ich war 2005 mit 39 Jahren in der Mitte angekommen. In der Mitte meines Lebens. Den Zenit erklommen, jetzt geht es nur noch angenehm bergab. Der Aufstieg war aber auch schwer genug gewesen. So fühlte ich mich. Verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Ein eigenes Haus in einem Dorf am untersten Niederrhein. Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre fand ich eine Anstellung beim Revisionsverband in Münster. Dort prüfte ich als Revisor so einige öffentlichen Einrichtungen. Die Mandanten waren quer durch Deutschland verteilt. Ich reiste sieben Jahre quer durch die Republik. Immer von montags bis freitags war ich der Prüfer, der alles wusste. Schön im Geschäftsanzug. Dem Mandanten hier und da einen Fehler aufzeigen und dabei bei allem Tun den angemessenen Abstand zu ihm bewahren.

Am Wochenende kam ich in unser Dorf zurück und es machte sich eine andere Welt auf. Hier ging es um PS-starke Geräte für den Garten, um Dorf und Kirchengemeinschaft und ums gemeinsame Feiern. Es wurden über den Gartenzaun hinweg Ratschläge gegeben und beim Bäcker wurde freundlich die Tageszeit mit einem Hinweis aufs Wetter gegeben. Bastian und Kristoffer, meine beiden Söhne, traten ab der GJugend, damals nannte man sie Bambini oder Pampersbomber, im örtlichen Fußballverein gegen den Ball. Natürlich standen die Eltern als beste Trainer dieser Welt am Rand und animierten mehr recht als schlecht ihre eigene Brut.

Bei diesen ganzen gesellschaftlichen Verbindungen und teilweise Verpflichtungen war es ganz normal, dass Mann Bauch hatte. Es blieb auch gar nicht aus, dort ein schnelles Pilschen, hier eine Wurst vom Grill, zur Weihnachtszeit die Gans mit kräftig dicker Soße. Zum Abschluss dann immer ein feines Eis. Man gönnt sich ja sonst nichts. Und außerdem ist das Leben zu kurz, um nicht alles mitzunehmen. Hätte ich damals nur schon gewusst, dass man das Leben verlängern kann. Und dies dadurch, dass man eben nicht alles auf einmal mitnimmt. Ich hätte mir einige Qualen und die Gefahr, dass es zu spät sein könnte, erspart. Paradox ist es auch, dass durch das längere glückliche Leben ausreichend Zeit vorhanden ist, doch noch alles mitzunehmen, was man damals gierig heruntergeschlungen hat. Und noch viel mehr.

Aber da war ich noch nicht. Ich war nicht dünn und auch nie sportlich. Um es auf einen Satz zu reduzieren: Ich war derjenige, der, wenn es um das Wählen von Teams im Schulsport ging, immer übrig blieb. Aber das nahm ich einfach so hin. Da ich aber auch schon damals ein lauter, mitteilungsbedürftiger Mensch war, konnte mich das nicht schockieren. Wenigstens tat ich so, als ob es mich nie interessieren würde. Kaum hatte eine Mannschaft mich widerwillig nehmen müssen, schon übernahm ich die Mannschaftsführung und leitete das Spiel lautstark. Obwohl ich keine Ahnung von den Regeln, geschweige denn sportlich irgendetwas zu reißen hatte. Beim Fußball stand ich häufig zum Beispiel dermaßen schlecht, dass ein Schuss aufs Tor aus diesem Winkel unmöglich war. Trotzdem schrie ich meine Mitspieler an, sie sollten mir gefälligst den Ball zuspielen. Wenn ich aber gut stand und der Ball mir zugespielt wurde, ging der Schuss ohne nennenswerte Schäden für beide Mannschaften ins Leere.

Und so wurde ich ein MorgenwirdallesbesserTyp. Jeden Abend, wenn ich mich vor dem Spiegel angeschaute und vergeblich den so erwünschten Sixpack suchte, geschweige denn eine Spur von Athletik, nahm ich mir vor, „Morgen wird alles besser.“ Morgen mache ich Sport. Morgen ernähre ich mich gesünder. Morgen nehme ich ab. Morgen höre ich auf zu rauchen. Es kam sogar manchmal vor, dass ich mir sagte, „Morgen esse ich nur noch Salat und werde Vegetarier.“ Dabei entfernte ich mir mittels meiner Zahnbürste den Rest des Grillfleisches des Abendbrotes. Als Freund der Mathematik fing ich gleich auch immer an zu rechnen. Wenn ich jede Woche zwei Kilo abnehme, dann habe ich bis zum nächsten Urlaub eine Traumfigur. Geht doch, dachte ich mir. Und es hat sogar funktioniert. Denn jeden Abend konnte ich mit gutem Gewissen die gleichen Sätze wiederholen. Ich blieb dem MorgenwirdallesbesserTyp treu.

Ich ging sogar noch einen konsequenten Schritt weiter. Ich investierte in Laufsachen. In einem Sportladen in weiter Ferne vom Niederrhein betrat ich den Laden. Ich hatte bewusst eine weite Entfernung von der Heimat ausgewählt. Schließlich sollte keiner mich erkennen und wissen, dass ich super unsportlich war. Durch ein starkes Auftreten hoffte ich, meiner nicht gerade vorteilhaften Statur entgegenzuwirken. Ich dachte mir aus, wenn ich genug rede, dann lauschen die meinen Worten und scannen nicht meinen Körper ab. Heute weiß ich, die waren nur scharf auf mein Geld und hätten mir alles verkauft. Ob ich darin aussehe wie das Goodyear-Männchen oder der bekannte nasse Sack. Egal, rein in die teuren Klamotten und her das liebe Geld. Der Kunde ist schließlich König. Außerdem will der Kunde das Shirt nur in XL haben, dann soll er es auch bekommen.

Diese Laufsachen schleppte ich immer in meinem Koffer mit. Jeden Montag wurden sie eingepackt und jeden Freitag unberührt wieder ausgepackt. Die operative Umsetzung erfolgte nicht, da über Monate und Jahre es zu heiß, zu kalt, zu dunkel war, ich zu viel gegessen hatte oder, oder, oder. Mein erster Lauf war schließlich was ganz Besonders und sollte perfekt sein. Keine äußeren Einflüsse sollten den ersten Lauf trüben. Und so blieb ich meinem Motto getreu, „Morgen wird alles besser.“

Da ich fest daran glaubte, investierte ich auch jedes Jahr in neue Laufsachen. Denn irgendwie passten sie in Höhe des Bauchnabels nicht mehr. Aber ich musste schließlich bereit sein für den großen Tag. Wie schlimm wäre es gewesen, wenn der perfekte Tag gekommen wäre und ich hätte keine passenden Laufsachen parat gehabt.

Meine Geschichte beginnt 2005. Seit Anfang Januar war ich Geschäftsführer einer Berufskammer. Sie war vorher mein Mandat und als die Stelle eben dieses Geschäftsführers vakant war, habe ich mich darauf beworben. Und somit war ich dann täglich in Düsseldorf, nur so 80 km von zu Hause entfernt. Das machte in dem kleinen Dorf mächtig Eindruck.

Da ich neben meiner positiven Impulsivität auch den Charakterzug eines Machers habe, war ich sehr bestrebt, meine Vorstellung einer Verwaltung mit viel Energie und gutem Beispiel zu implementieren. Ganz nach dem Motto: Kennst du es, kannst du es und tust du es auch? Aber da hatte ich die Rechnung ohne den ehrenamtlichen Vorstand gemacht. Die Tage in Düsseldorf wurden länger. Die Wochenenden standen immer häufiger unter dem Motto, „ein Geschäftsführer ist 24 Stunden, 7 Tage die Woche im Dienst“. Und am Wochenende hat man wenigstens die Zeit, in Ruhe die Probleme und Aufgaben der Kammer zu bewältigen. Da ich, wie bereits beschrieben, ein Macher bin, hab ich das sogar befürwortet. Ich fand auch, das machte sich in dem Dorf, in dem ich wohnte, auch noch richtig gut. Ich war halt busy. Da ich aber von morgens 06:00 Uhr bis abends mindestens um 21:00 außer Haus war, bekam ich von meiner Familie nicht wirklich viel mit. Und dabei sollten der Wechsel des Arbeitgebers und damit der feste Dienstsitz in Düsseldorf genau dem entgegenwirken. Wir hatten uns ausgemalt, dass ich eben nicht mehr von montags bis freitags in Hotels lebe. Aber die vielen Stunden täglich fernab der Familie, zuzüglich der häufigen Wochenenden, schafften keine Entlastung. Hinzu kamen eben die unterschiedliche Auffassung, der permanent ansteigende psychische Druck aus dem Vorstand und mein innerster Wille, alles perfekt zu machen. Die innerliche Unzufriedenheit im Beruf und in der Familie brachte mich dazu, dass ich nur noch reagierte. Die Zeit des Agierens war lange vorbei. Immer auf der Suche nach dem dringendsten Fall, der jetzt ganz schnell abgearbeitet werden muss. Jahre später weiß ich, dass Führungspersonal so wenig wie irgend möglich dringende Sachen erledigen sollte. Sie beschäftigen sich mit den wichtigen Themen des Unternehmens. Und wenn sie dies richtig gut machen, dann entfallen die meisten dringenden Sachen, da sie im Vorfeld schon erledigt wurden bzw. die Führungskraft dies verantwortlich delegiert hat. Damals war ich ausschließlich darauf programmiert, mich um alles zu kümmern. Ich wollte eine perfekt funktionierende Kammer und nur ich bin dafür verantwortlich.

Da der Tag in Düsseldorf eben sehr voll war, blieb auch keine Zeit für eine ausgewogene und entspannende Mittagspause. Hastig irgendwas herunterschlingend mit einer Zigarette im Mund und schon musste weiter organisiert werden. Auf dem abendlichen Rückweg lag ein Fastfood-Restaurant einer bekannten amerikanischen Kette. Damit ich es niemals verfehle, haben die Besitzer freundlicherweise ein hell leuchtendes gelbes Emblem so hoch aufgebaut, dass sogar die landenden Flugzeuge des nahegelegenen Düsseldorfer Flughafens dies als Einladung zum Anflug hätten annehmen können. So fuhr ich jeden Abend wie selbstverständlich an den Schalter und bestellte mir etwas von der Traum-Menükarte. Und dann kam mein Abendsport. Ich war so akrobatisch, dass ich mit eingeschaltetem Tempomat, hochgezogenem Oberschenkel und drückendem Bauch freihändig fahren konnte. So hatte ich beide Hände frei, um genüsslich die Burger, Pommes und was mir der nette Amerikaner noch so in die Tüte eingepackt hatte, herunter schlingen konnte. An dieser Stelle ein klarer Appell an alle Leser: Niemals nachmachen, absolute Lebensgefahr. Immer beide Hände ans Lenkrad.

Die sich füllende Vorratskammer unterhalb meines Halses war für mich nicht wirklich was Schlimmes. Wer einen stressigen Job hat, der lebt eben ungesund. Erinnert euch doch an Franz-Josef Strauß oder an Helmut Kohl. Die waren richtig wichtig und extrem beschäftigt. Und auch die haben einen entsprechend ihrer Wichtigkeit angemessenen Bauch. So argumentierte ich jedenfalls. Außerdem wächst so eine Kammer auch nicht urplötzlich. Sondern nach und nach, Tag für Tag, Burger für Burger. Und da ich früher schon nicht sportlich war, veränderte sich nicht wirklich was bei mir, das ich als Alarmzeichen erkennen konnte. Da müsste mich schon einer mit dem Zaunpfahl prügeln, damit ich zugebe, dass es keine natürliche Verbindung zwischen Beruf und Übergewicht gibt. Wenn ich heute mein damaliges Gewicht nehme und dazu meine Körpergröße in Relation setze, die sich leider nicht mit dem Gewicht proportional auch erhöht kam, hatte ich 2005 ein BMI von 34,7. Das ist nicht übergewichtig, sondern Adipositas.


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