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Wieder in Hamburg

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Bei einem Besuch bei Otto Brunschede, dem bisherigen Leiter des Seemannsheimes überzeugt mich dieser mit dem Hinweis auf einige Pfründen, die das Seemannsheim bietet, sein Nachfolger zu werden.


So nehme ich dann die Stelle im Seemannsheim durch den Druck der Ereignisse doch an und wechsele am 26. Januar 1970 nach Hamburg an den Krayenkamp.


Es steht für mich fest: Jetzt muss ich auf die Zähne beißen! Noch ein Wechsel ist nicht mehr drin. Ich bin 35 und Rente gibt es erst mit 65. Dreißig Jahre muss ich also auf der nächsten Stelle durchhalten!

Mein Vorgänger, Otto Brunschede, wird Ende März 1970 in den Ruhestand gehen und kann mich in den gut zwei Monaten einarbeiten. Monica bleibt bis dahin mit Tochter Almuth noch in Speyer. Am 26. Januar 1970 reise ich dann also im kernigen Alter von 35 Jahren zusammen mit unserem damals 10jährigen Sohn Jörg an und bewohne mit ihm zunächst das Gästezimmer Nr. 227 im zweiten Stock des Seemannsheimes. Jörg geht vormittags zur Schule. Ich schaue Brunschede, der den Job des Hausvaters schon seit 1951 macht, über die Schulter. Das Seemannsheim steht in der Straße Krayenkamp im Schatten des großen Hamburger „Michel“ inmitten der City, tausend Schritte von St. Pauli entfernt.


Mitte März 1970 zieht Otto Brunschede aus der Dienstwohnung in sein eigenes Haus nach Lokstedt. Die Hausvaterwohnung wird renoviert und wir ziehen von Speyer nach Hamburg um. Jörg und Almuth bekommen ein Zimmer in der Personaletage über unserer Wohnung.

Neben dem Seemannsheim rauscht die Ost-West-Straße (später in Ludwig-Erhard-Straße umbenannt), eine der belebtesten Verkehrsadern Hamburgs, vorbei. Die Feuerwache befindet sich in der Nähe: Tag und Nacht hören wir die schrillen Martinshörner von Polizei und Feuerwehr in Richtung St. Pauli. Das 1959 erbaute Haus hängt zu der Zeit mit einer Ecke über einer gigantischen, 30 m tiefen, Baugrube der City-S-Bahn. Die Straße Krayenkamp ist eine Großbaustelle. Ein Stück des Kellers ist weggerissen.


Ganz tief unten in der Grube sieht man die Arbeiter werken. Die Bauarbeiten gehen vom frühen Morgen bis in den späten Abend zügig voran. Die schlimmsten Rammarbeiten sind aber schon vor unserem Einzug beendet. Noch jahrelang müssen wir mit der Baustelle leben. Am nervigsten sind die Ramm- und Rüttelarbeiten nach Zuschütten des Tunnelschachtes. Nach Jahren Bauzeit spüren wir eines Nachts, wie der erste Zug unter uns hinwegrattert. Später wird alle paar Minuten eine Bahn nach der anderen mit unüberhörbaren Vibrationen unter uns hinwegbrausen.


Am 31. Januar 1972 wird uns in Hamburg unsere Tochter Inken geschenkt.


So werden wir für den Verlust unseres Tobias entschädigt. – Wolle Prehn, Vorsteher des Rauhen Hauses, tauft sie am 11.6.1972 in der alten Kapelle des Seemannsheimes unter dem Schriftwort aus Psalm 30,12 a: „Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen.“ Mein Klassenbruder Gottfried Wendt und das befreundete Ehepaar Angelika und Klaus Kehlbreier aus Soest sind die Taufpaten.

Als mein Vater im Januar 1972 65 wird, darf er erstmals als Rentner zusammen mit meiner Mutter, die schon eher die Renter-Reiseerlaubnis hatte, aus der DDR zu uns reisen. Er sieht sein jüngstes Enkelkind noch einmal. Bereits am 29.6.1972 verstirbt er im Alter von 66 Jahren aus heiterem Himmel an einem Hirnschlag in Grevesmühlen. Einige Zeit später hole ich meine Mutter nach Hamburg und kann ihr eine Wohnung im neuen Schröderstift am Kiwitsmoor bei Bruder Fahrni in Langenhorn beschaffen.


27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim

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