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Gemeinde

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Kleinste Einheit der administrativen Gliederung in Frankreich ist die Commune (Gemeinde). Die Gemeindeverfassung beruht im Kern auf dem code de l’administration communale aus dem Jahre 1884. Die Anzahl der Communes variiert im Laufe des 20. Jahrhunderts, da es durchaus sehr kleine Gemeinden gibt, die zwischen zwei Volkszählungen ihre letzten Einwohner verlieren. Umgekehrt gibt es Fälle, in denen Gemeinden wieder „zum Leben erweckt werden“. Ende des 19. Jahrhunderts zählt Frankreich rund 37 500 Gemeinden und ihre Zahl wächst bis zur Volkszählung im Jahr 1954 auf etwa 38.000 an. Nach einem Rückgang in der ersten Hälfte der 1970er Jahre (36 296 Gemeinden) bewegt sich die Anzahl der Gemeinden auf nahezu konstantem Niveau mit zuletzt leicht rückläufiger Tendenz.

Die Veränderung der Anzahl der Gemeinden erklärt sich neben dem „Sterben“ und der „Geburt“ von Communes vor allem durch verwaltungstechnische Maßnahmen. Eine grundlegende Gemeindereform wie sie u.a. in der BRD oder Belgien in den 1960er und 70er Jahren durchgeführt wird und die eine erhebliche Reduzierung der Anzahl der Gemeinden mit sich bringt, wird in Frankreich zwar nicht vorgenommen, aber es gibt seit dem Jahr 1971 die Möglichkeit der Gemeindefusion zur Bildung einer commune associé bzw. seit Ende des Jahres 2010 zur Bildung einer commune nouvelle. Darüber hinaus können sich Gemeinden seit dem Jahr 1959 auch in einem Zweckverband zusammenschließen.


Abb. 1.5 Gebietskörperschaften des französischen Staates (inkl. DOMs) (Stand: 2018)


Abb. 1.6 Entwicklung der Anzahl der Gemeinden im europäischen Frankreich und den Überseedépartements zum Zeitpunkt der Volkszählungen 1946 bis 1999 sowie für die Jahre 2005, 2010, 2015 und 2018

Tab. 1.6 Anzahl der Gemeinden nach Gemeindegrößenklassen (nach Einwohnern) und ihrem Bevölkerungsanteil (in %) im Jahr 2018 (incl. DOMs)


Im Jahr 2018 existieren im europäischen Frankreich 35 288 Gemeinden (Communes), weitere 129 Gemeinden befinden sich in den Überseedépartements. Der weitaus größte Anteil entfällt auf ländliche Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern (vgl. Tab. 1.6), die allerdings nur 23,1 % der Bevölkerung auf sich vereinen. Insgesamt 19 Gemeinden weisen weniger als acht Einwohner aus, die kleinste ist die Gemeinde Rochefourchat (Département Drôme) mit nur einem Einwohner. 6 der 19 Gemeinden werden nach der Schlacht von Verdun (1916) als communes mortes pour la France klassifiziert und sind heute ohne Einwohner. Nach 2012 sinkt die Anzahl der Gemeinden weiter bis zum Jahr 2018 auf 35 357 Gemeinden.

Tab. 1.7 Anzahl der Gemeindefusionen (commune associée) mit Anzahl aufgelöster Gemeinden sowie Anzahl rückgängig gemachter Fusionen mit Anzahl wieder entstandener Gemeinden und Verringerung der Gemeindeanzahl insgesamt zwischen 1971 und 2009


Die Gemeindefusion zur commune associée wird durch das loi Marcellin ab dem Jahr 1971 möglich, doch machen die Gemeinden hiervon kaum Gebrauch. Von 1971 bis 2009 finden lediglich 943 Fusionen statt, von denen aber 180 wieder rückgängig gemacht werden (vgl. Tab. 1.7). Letztendlich wird die Anzahl der Gemeinden durch Fusionen lediglich um weniger als 3 % reduziert. Wesentliche Gründe hierfür sind zum einen in der langen Tradition der einzelnen Gemeinden zu sehen, die sich mit dem Verlust der Selbständigkeit durch eine Eingemeindung bedroht sehen. Zum anderen wird oftmals eine Änderung der politischen Mehrheitsverhältnisse durch Fusion und Eingemeindung mit bzw. in eine andere Commune befürchtet. Darauf reagiert der Gesetzgeber mit einer Novellierung des Fusionsgesetzes im Jahr 2010.

Gemeindefusionen zu einer commune nouvelle lösen das vorherige Verfahren zur Bildung einer commune associé ab, und die ersten Fusionen nach dem neuen Verfahren finden im Jahr 2011 statt. Das neue Verfahren benötigt allerdings einige Zeit, bis die Gemeinden es in größerer Zahl in Anspruch nehmen. Im Jahr 2015 werden über 300 Fusionen mit mehr als 1000 beteiligten Gemeinden durchgeführt, ein Jahr darauf weitere 200 (vgl. Tab. 1.8). Zwei der geplanten Fusionen werden im Jahr 2011 bzw. 2017 gerichtlich annulliert. Der Prozess der Fusion kann auf verschiedene Weise angestoßen werden, etwa durch die Zustimmung aller Gemeinderäte der beteiligten Communes oder durch Initiative eines Staatsvertreters, der im Département der betroffenen Gemeinden eine öffentliche Funktion ausübt.

Häufiger als Fusionen und Eingemeindungen wird auf das Instrument des Zweckverbandes zurückgegriffen, insbesondere seit dem Chevènement-Gesetz aus dem Jahr 1999 (communautés de communes, communautés d’agglomération, communautés urbaines) sowie durch das unter Präsident Sarkozy verabschiedete (2010) und unter Präsident Hollande erweiterte (2014) Reformgesetz für Métropoles. Danach sind verschiedene Verbundformen je nach Einwohnerzahl der beteiligten Gemeinden möglich (vgl. Tab. 1.9). Im Gegensatz zu einer Fusion handelt es sich bei einem Zweckverband jedoch lediglich um die Schaffung neuer Kooperations- und Verwaltungsstrukturen, wodurch die Selbständigkeit der einzelnen Gemeinden nicht berührt wird und sich somit die Anzahl der Gemeinden insgesamt nicht ändert. Sie sind damit keine Gebietskörperschaft, sondern eine öffentliche Einrichtung zur interkommunalen Zusammenarbeit (établissement public de coopération intercommunale, EPCI).

Nach Vorstellung der Staatsverwaltung sollte jede Gemeinde einem Zweckverband angehören. Allerdings beruhen alle Formen der Kommunalverbände de jure auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, jedoch werden die Gemeinden de facto durch den besseren Zugang zu Finanzen zur Beteiligung an einem Zweckverband „motiviert“. Auf Grund der starken Identifikation der Einwohner mit ihrer eigenen Gemeinde und der dadurch bedingten emotionalen Bindung wird auch zukünftig nicht mit einer topdown durchgeführten Gemeindereform gerechnet: Die Commune gilt als „petite république dans la grande“ (Hollande 2014).

Jede Gemeinde hat einen für sechs Jahre direkt gewählten Gemeinderat (conseil municipal), dem als Exekutive der Bürgermeister (maire) vorsteht. Der Gemeinderat besteht aus mindestens sieben Mitgliedern, so dass es in Frankreich auf Grund der hohen Anzahl von Gemeinden insgesamt rund 500.000 Gemeinderäte gibt. Nahezu alle Gemeinden weisen die gleiche Verwaltungsstruktur auf und verfügen über die gleichen Kompetenzen, d.h. es wird kein Unterschied zwischen kleinen und großen Gemeinden gemacht. Lediglich für die drei größten Städte des Landes (Paris, Lyon und Marseille) gibt es mit dem loi PLM Sonderregelungen (etwa die Zahl der Bürgermeister betreffend). Die Beschlüsse des Gemeinderates sind ohne vorherige Genehmigung durch die Staatsaufsicht sofort vollziehbar, sofern keine öffentlichen Belange berührt werden. Durch die Gewährung von Zuschüssen bzw. deren Nichtgewährung ist es den höheren politischen Instanzen jedoch möglich, Maßnahmen auf kommunaler Ebene zu verzögern oder zu verhindern. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele (vgl. etwa Schmude: 1991 für Montpellier).

Tab. 1.8 Anzahl der Gemeindefusionen (commune nou-velle), der daran beteiligten Gemeinden sowie Anzahl der annullierten Fusionen zwischen 2011 und 2017


Tab. 1.9 Art und Anzahl der Kommunalverbände, der beteiligten Gemeinden und ihre Bevölkerungszahl am 1. Januar 2018


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