Читать книгу Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 2 - Jörn Kolder - Страница 4

Abstimmungen

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Petra Bergmann war eine gute Köchin, und da sie am Sonntag keinen Dienst im Krankenhaus hatte, waren sie, Frieder, Rüdiger, Claudia Bergmann, Paula und Niels am Mittagstisch versammelt. Rüdiger ließ keinen Blick von Paula und Claudia saß eng neben Niels, ihre Urlaubsbekanntschaften aus dem vorigen Jahr schienen die richtigen Partner für sie zu sein und Frieder Bergmann schaute sie mit großem Wohlgefallen an. Er nippte an seinem Bier und war mit sich und der Welt zufrieden. Heute wollten sie zusammen darüber sprechen, wie sie den Urlaub im Sommer gestalten könnten. Bergmann trug da einiges an Ideen mit sich herum und legte diese jetzt dar.

„Also der Zelturlaub im vorigen Jahr hat mir sehr gut gefallen, aber das Umfeld dort gab ja nicht so viel her. Ich hätte Interesse daran diesmal etwas mehr zu erleben. Ich stelle mir das als Kombination von Erholung, Kultur und Action vor. Wisst ihr wie ich darauf brenne, mich mal richtig auszupowern. Vielleicht eine Rafting Tour, Paragliding, Bergtouren, also so was in dieser Richtung.“

„Du hast aber im Blick, dass deine Mutter und Peter Petersen auch mitkommen wollen“ fragte ihn seine Frau.

„Natürlich“ antwortete Frieder Bergmann überzeugt „die können doch dann ein Seniorenprogramm absolvieren, `n Kutschfahrt, eine Bootstour oder so was.“

„Also ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Oma einfach so abschieben lässt“ bemerkte Rüdiger.

„Das lass mal meine Sorge sein“ sagte Frieder Bergmann lässig.

„Welches Land stellst du dir denn überhaupt vor“ wollte Niels wissen.

„Na ich habe an Österreich gedacht“ erwiderte Frieder Bergmann „das hat eine schöne Landschaft, die Ösis sind fit im Tourismus und das Essen ist auch gut, was will man mehr. Außerdem können wir entscheiden, ob wir zelten oder ein Hotel nehmen. Kostet dort nicht die Welt. Ich habe schon mal bisschen gegoogelt, die bieten Zelte an die schon komplett ausgestattet sind, also mit richtigen Betten, einer kleinen Küche mit Gasherd und Kühlschrank. Und für Oma kann man sicher auch einen Fernseher buchen. Geniale Idee, man reist ohne eigenes Zelt an, hat aber dieses Übernachtungserlebnis und muss nicht einen Haufen Zeug dorthin transportieren. Ich sehe uns schon alle abends nach einem erlebnisreichen Tag vor unseren Zelten sitzen, ein kleines Feuerchen brennt und wir haben alle was zu trinken und ordentlich zu essen, phantastisch!“

„Klingt gut“ sagte Claudia.

„Hört mal zu“ redete sich Frieder Bergmann in Rage „man kann auch ein Mobilhome mieten, das ist so was wie `n Bungalow, sogar mit Bad. Alle Zeltplätze haben einen Swimmingpool, die sind meistens sogar noch beheizt. Und entweder direkt auf den Plätzen oder im Umfeld gibt es eine Menge an Möglichkeiten, sich zu betätigen. Man kann Kanus oder Ruderboote ausleihen, es gibt Reiterhöfe, man kann Volleyball spielen, Kletterkurse absolvieren, Bogenschießen …“

Er stockte in der Aufzählung, denn die Erinnerung an seine letzte sportliche Aktivität flammte wieder auf.

„Sag mal Frieder“ fragte Paula „bist du nicht selbst mal eine Weile zum Bogenschießen gegangen?“

„Stimmt“ antwortete er unsicher „leider ist die Halle abgebrannt.“

„Du warst doch an diesem Abend dort“ schaltete sich sein Sohn Rüdiger ein „wie ist das denn überhaupt passiert?“

„Na es gab ein Problem mit der Elektrik“ erklärte Frieder Bergmann leichthin.

„Erzähl` doch mal genauer, da kann sich doch keiner was drunter vorstellen“ sagte seine Frau.

„Irgendwie muss einer der Schützen eine Leitung getroffen haben und dann stand die ganze Hütte auf einmal in Flammen. Das ging ruck zuck, wir mussten die Beine in die Hand nehmen, um noch rauszukommen.“

„Das muss ja ein rechter Idiot gewesen sein der statt der Scheibe eine Stromleitung trifft“ wieherte Rüdiger los „ich stelle mir vor wie dieser Blödmann den Pfeil direkt in die Stromleitung setzt und dann die Funken sprühen. Diesen Volltrottel würde ich gern mal treffen.“

„Hast du überhaupt eine Ahnung wie schwierig Bogenschießen ist“ brüllte Frieder Bergmann plötzlich los und alle zuckten zusammen „nein? Also halt die Klappe!“

„Aber Frieder“ rief Petra erschrocken aus „Rüdiger hat doch nur ausgesprochen was wir alle denken. Man muss doch wohl schon sehr minderbemittelt sein, um so etwas zu schaffen.“

„Ich wiederhole noch einmal, Bogenschießen ist eine verdammt schwierige Sportart“ beharrte Frieder Bergmann verständlicherweise auf seinem Standpunkt „da könnt ihr doch alle gar nicht mitreden.“

„Warum bist du denn so aus der Haut gefahren“ wollte seine Frau noch wissen „du hast doch mit dem Vorfall nichts zu schaffen.“

„Ich kann es nun eben mal nicht leiden, wenn hier jemand klugschnackt, der diesen Sport noch gar nicht ausprobiert hat.“

„Na dann kannst du es doch mit Rüdiger im Urlaub zusammen probieren.“

Frieder Bergmann trank sein Bier hastig aus, um sich gleich ein neues zu holen. So in der freien Natur wären solche Zwischenfälle wie mit den Stromleitungen eher nicht zu erwarten und er sprach seinen Sohn immer noch erregt an.

„Du wirst die Augen aufreißen wie gut ich treffe. Top, die Wette gilt: ich schlage dich haushoch. Wenn das nicht eintritt schmiere ich mich mit schwarzer Schuhcreme ein, setze mir eine Kraushaarperücke auf, binde ein Bananenröckchen um und imitiere einen Regentanz mit Gesang. Wenn du verlierst, wirst du mir täglich die Frühstücksbrötchen herrichten, und zwar so, wie ich es will.“

„Das verstehe ich jetzt nicht“ sagte seine Frau „willst du mit deiner Darstellung etwa rassistisches Gedankengut zum Ausdruck bringen? Stell‘ dir mal vor, eine dunkelhäutige Familie aus den USA zeltet dort und du zappelst dann so angemalt rum? Was sollen diese Leute denn von uns denken?“

„Das war doch nur ein Spaß“ wehrte sich Frieder Bergmann schwach „aber diese Regentänze gibt es selbst heute noch bei den Negern. Außerdem kommen keine Neger nach Österreich.“

„Deine Wortwahl zeigt ganz deutlich, dass political correctness für dich wohl überhaupt keine Rolle spielt“ setzte ihn Petra weiter unter Druck „man spricht heutzutage nicht mehr von Negern.“

„Sondern“ fragte er lauernd.

„Na von Farbigen“ war die Antwort.

„Und wie soll man dann zum Beispiel einen Japaner nennen“ setzte er nach.

„Einen Asiaten.“

„Aber die sind doch auch farbig, also gelb, oder etwa nicht“ war seine Schlussfolgerung „oder einen Kanaken, äh, einen dunkelhäutigen Türken?“

„Du denkst wohl, dass du besser als die Ausländer bist“ wurde seine Frau jetzt energisch „dazu hast du allerdings keinen einzigen plausiblen Grund.“

„Oh doch“ erhitzte sich Frieder Bergmann jetzt „wir haben ein paar Russen bei uns in der Behörde, Pünktlichkeit ist für die ein Fremdwort.“

„Immer schön kleinkariert“ blaffte Petra zurück „nur weil der Herr Referatsleiter ein strammer Preuße ist gibt es keine Toleranz, du musst noch mächtig an dir arbeiten!“

„Aber Petra“ versuchte Niels zu schlichten „Frieder hat nichts weiter getan, als auf kulturelle Unterschiede hinzuweisen. Ich wohne in der WG mit einem Chinesen zusammen, was denkst du was der beim Essen für Geräusche produziert. Und wie der isst.“

Er stocherte mit seiner Gabel auf dem Teller herum, spießte einige Fleischstücke auf und stopfte diese mit einem mal in den Mund, dann schmatzte er mit vollen Backen furchterregend und kleine Fleischbrocken fielen aus seinem Mund zurück auf den Teller und den Tisch. Zwischendurch fuhr er sich mit dem Handrücken über den Mund und dann, ob er es bewusst getan hatte oder nicht, ließ er einen rollenden Rülpser fahren.

Claudia kicherte.

Die anderen saßen starr da, aber Niels war noch nicht fertig.

„Ich habe mindestens drei Wochen gebraucht bis ich ihn soweit hatte, nicht mehr auf den Fußboden zu spucken“ erklärte er fröhlich „jetzt geht das seinen Gang.“

„Wollen wir nicht lieber über den Urlaub reden“ schlug Paula vor um das Thema zu wechseln „ich könnte mir auch gut vorstellen, nach Österreich zu fahren.“

„Vorher müssen wir uns noch mit Hannelore und Peter Petersen abstimmen“ sagte Petra jetzt ruhiger „das wird Frieder übernehmen.“

Dieser rief seine Mutter nach dem Mittagsschlaf an und berichtete von dem Vorschlag.

„Wie weit ist es bis dahin“ wollte Hannelore Bergmann wissen.

„Na so ein bisschen über 800 Kilometer“ erklärte ihr Sohn.

„Das will ich Peter und mir nicht mehr zumuten, da ist man ja mit dem Auto ewig unterwegs und wir sind nicht mehr die allerjüngsten“ war die sofortige Antwort „aber wir könnten ja mit dem Zug anreisen und ihr nehmt unsere Sachen mit, so dass wir bloß Handgepäck haben. Gute Idee, oder?“

„Mutter, wir sind sechs Personen und müssen schon mit zwei Autos fahren, da bekommen wir euer Gepäck nicht auch noch mit.“

„Und was ist mit dem Hänger“ fragte die ehemalige Gymnasiallehrerin nach.

„Na den haben wir noch, aber für diese Entfernung ist er vollkommen ungeeignet, damit darf man nur 100 Km/h fahren, da kommen wir doch nie an.“

„Aber Junge, du kommst wieder einmal nicht auf das Naheliegende. Ihr absolviert die Strecke in zwei Etappen, da könnt ihr ganz entspannt über die Autobahn schleichen und du holst uns dann am zweiten Tag vom Bahnhof ab. So läuft die Sache! Warum wollt ihr übrigens mit zwei Autos fahren?“

„Weil sechs Personen nicht in eines hinein passen!“

„Na da kauf doch ein Wehn oder wie die Dinger heißen, als Referatsleiter müsstest du doch jetzt ordentlich mehr verdienen.“

„Du überschätzt den Mehrverdienst deutlich, Mutter.“

„Jetzt mach` mal einen Punkt. Petra ist Chefärztin geworden, und wenn du dich nicht zu dämlich anstellst bist du eines Tages Amtsleiter, wo ist das Problem. Und kuck doch gleich einmal nach einem Achtsitzer, da können wir vor Ort alle mit einem Auto fahren. Rede mit deiner Frau und den anderen. Und melde dich wieder.“

Sie legte auf.

Frieder Bergmann sprach die Sache zum Abendbrot vorsichtig an und Rüdiger und Niels erklärten sich sofort bereit, einen Marktcheck durchzuführen. Petra sagte weder ja noch nein, denn alle hatten keine Vorstellung, wie teuer so ein Auto sein könnte. Frieder plauderte etwas mit seiner Frau, Claudia und Paula, dann präsentierten die jungen Männer ihre Erkenntnisse.

„Es gibt ein recht großes Angebot an diesen Typen. VW, Ford, Mercedes, Peugeot, Citroen, Fiat, Nissan, Toyota haben solche Fahrzeuge im Angebot. Neu liegen sie so bei 40 bis 60 Tausend Euro, deswegen haben wir mal nach Gebrauchten geschaut. Je nach Baujahr und Kilometerstand sowie Ausstattung kann man einen schon ab 5.000 kaufen, das ist dann aber ein Diesel mit mehr als 200.000 Kilometern. Für 12 bis 15.000 sind Modelle im Angebot, die so um die 100.000 auf der Uhr haben, für einen Diesel ist das gar nichts. Ab 20.000 bekommt man gute junge Gebrauchte, wir empfehlen, in diesem Segment zu suchen. Niels hat einen Quercheck zur Pannenstatistik vorgenommen, da gibt es interessante Ergebnisse.“

Frieder sah seine Frau an, diese überlegte und erklärte.

„Unser Toyota bringt vielleicht auch noch ein bisschen was, unser Limit sind 21.000 Euro, einverstanden Frieder? Du entscheidest, was wir kaufen.“

Dieser nickte verblüfft und ahnte, dass die Veräußerung des Toyotas wohl in seinen Händen liegen würde. Allerdings wollte er sich bei Rüdiger und Niels Beistand holen, denn wenn er einen schlechten Preis erzielen würde, wäre das nicht nur seine Sache gewesen.

Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre …..  Band 2

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