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Ein brisanter Fund

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„Du blöde Sau du“ fuhr der untersetzte und picklige Mann sein Gegenüber, einen Kerl namens Dennis Meyer, an „du musst doch den Arsch offen haben, diesen Kerl auszunehmen. Hast du nicht mitgekriegt, dass der Typ ein Ami ist?“

„Und wie hätte ich das merken sollen, du Vollidiot, der hatte doch kein Schild „Ich bin ein Ami“ an der Jacke“ entgegnete der andere wütend.

„Und wie bist du auf diesen hirnrissigen Gedanken gekommen, dem Typen diesen komischen Kasten zu klauen?“

„Den Laptop hätte ich ja kaum mitgehen lassen können, du Blödmann, aber ich hatte diese Type genau beobachtet. Der dachte ich sehe das nicht, aber der hat so geheimnisvoll mit dem Ding getan. Vielleicht ist das was Besonderes? Die Amis sind doch in der Technik nicht schlecht. Und dass ich sein Handy und das Portemonnaie hochgezogen habe ist wohl nichts, hä? Und das Auto?“

„Da sieht man mal wieder, wie blöd du bist. Der hat doch längst die Polizei informiert. Das Auto muss schleunigst weg. Kümmere dich drum. Ich rufe jetzt Patrick an, der soll die Karre für den Transport nach Polen fertig machen. Du fährst jetzt sofort zu ihm hin, verstanden, du Hohlroller? Und lass das Portemonnaie hier, das sehe ich mir dann an wenn du weg bist, du Versager! Du kannst diesen komischen Kasten mitnehmen und von mir aus irgendwie selbst verscherbeln.“

Justin Krause war 28 Jahre alt und keineswegs auf den Kopf gefallen. Eine Ausbildung zum CNC Dreher hatte er mit guten Ergebnissen beendet und war eine zeit lang in einem mittelständigen Betrieb zur Arbeit gegangen. Da die Auftragslage dort stark schwankte, kam es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung der Mitarbeiter. Krause hatte dann aber bald nicht mehr eingesehen, jeden Morgen um 7 Uhr an seiner Maschine zu stehen, aber zum Monatsende hin wegen dem ausstehenden Lohn öfter einmal vertröstet zu werden, zumal dieser nicht gerade üppig ausfiel. Nachdem er dieses Spiel noch eine Weile mitgemacht hatte, baute er absichtlich immer mehr Scheiße in Form von Ausschussteilen, und wurde dann zu seiner großen Freude an die Luft gesetzt. Justin Krause hatte eine ganz einfache Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass Hartz IV seine Grundbedürfnisse locker abdecken würde. Alles, was er darüber hinaus benötigen würde, müsste er sich anders organisieren.

Das Neustadtviertel der Landeshauptstadt war überwiegend von bunten Vögeln besiedelt. Justin Krause fand schnell ein paar Kumpels, die genauso wie er, in den wenigen Parks herumhingen und quatschten. Der Mann bekam schnell mit, dass immer irgendwelche kleinen Geschäfte liefen. Da der Stadtteil von allen möglichen Nationen durchmischt war, kriegte er auch mit, wer für welche Dinge den Hut aufhatte. Die Vietnamesen beherrschten den Zigarettenmarkt, die Araber dealten gern ein wenig mit Rauschmitteln, den Polen hatte man wie nicht anders zu vermuten den Fahrzeughandel zugeschoben, und die Russen waren die Profis im Beschaffen und Fälschen von Ausweisen und anderen interessierenden Dokumenten. Krause hatte lange nach einer Marktlücke gesucht und das Treiben gezielt beobachtet. Es gab ein paar Leute, die in diversen Gaststätten und Clubs lange Finger machten, und dabei ganz gute Fähigkeiten entwickelt hatten. Dieses Geschick brachten sie aber beim Weiterverscherbeln der Beute bei weitem nicht auf. Krause hatte sich dann sozusagen als Mittler zwischen die Langfinger und die potentieller Käufer geschaltet. Als Anlaufpunkt für die Verkäufer des Diebesgutes hatte er vollkommen entspannt seine Wohnung gewählt, weil er immer nur kleinere Mengen an Handys, Uhren und anderen Beutestücken abnahm. Wenn die Langfinger weg waren lagerte er die Gegenstände dann unverzüglich in der Nebenwohnung ein, die ein Kumpel von ihm nur zum Schein angemietet hatte. So sollte er auch bei einer möglichen Kontrolle durch die Polizei sauber bleiben. Krause war sogar noch einen Schritt weitergegangen, und hatte zusammen mit sechs anderen Leuten einen Verein gegründet, der den sinnigen Namen „Verein zum Erhalt der historischen Bausubstanz“ trug. Der Vereinsvorsitzende war er selbst. Nach und nach war die Vereinsgröße auf sagenhafte 64 Leute angeschwollen, die zum einen Teil aus den Lieferanten für Krause, und zum anderen Teil aus den Abnehmern der Ware bestanden. So ließ sich auch einigermaßen plausibel erklären, warum Krause fortlaufend Besuch erhielt. Nach einiger Zeit hatte er sich als feste Größe im Viertel etabliert. Da er diskret war, keinen übers Ohr haute und eine hervorragende Zahlungsdisziplin an den Tag legte, konnte er sich auch auf die Verschwiegenheit seiner Geschäftspartner verlassen. Sein eng gestricktes Netzwerk funktionierte perfekt.

Justin Krause hatte sich das Portemonnaie vorgeknöpft. Es sah aus, wie ein jeder es verwenden würde. Recht uninteressiert filzte er den Gegenstand weiter, denn so etwas bekam er jeden Tag auf den Tisch. Die Russen waren ganz scharf auf Ausweise, die sie dann auf andere Personen umstricken konnten. Die Kreditkarten aus dem Portemonnaie würden die Jungs sicher auch ganz gut verwenden können, und Krause einen guten Preis erzielen. Das war allerdings Allerweltsware, die ihn nicht vom Hocker riss. Der amerikanische Pass auf den Namen Paul Lange interessierte ihn schon mehr. Justin Krause wurde vollends hellwach, als er aus einen anderen Fach des Portemonnaies einen ebenfalls kreditkartengroßen Gegenstand fischte, der aber deutlich sichtbar ein Wappen zeigte. Ein stilisierter Adler war in einem Kreis eingeschlossen, auf dessen oberen Rand folgendes stand:

„National Security Agency“

Unten stand:

„United Staates of Amerika“

Neben dem Passbild befanden sich folgende Angaben:

Name: Kanpersky

Christian Name: Frank

Krause war bekannter weise nicht blöd und ahnte sofort, dass ihm dieser Pass und der Ausweis Ärger einbringen könnten. Auch er hatte natürlich zur Kenntnis genommen, dass die NSA überall rumschnüffelte und Daten abgriff. Warum der Mann sich einerseits als Paul Lange ausgab und einen NSA Dienstausweis mit dem Namen Frank Kanpersky bei sich gehabt hatte, war auf den ersten Blick unverständlich gewesen, auf den zweiten dann schon nicht mehr. Offensichtlich war der Mann in geheimer Mission und mit zweifacher Identität unterwegs. Justin Krause hatte keinerlei Lust, mit der NSA in Zusammenhang gebracht zu werden, oder gar in deren Fänge zu geraten. Den Pass schredderte er unverzüglich, die Sache war ihm zu heiß. Da er aber davon ausging, dass ihm der NSA Dienstausweis wohl doch eine Menge Geld einbringen könnte vernichtete er diesen nicht, sondern rief unverzüglich Igor Putkinow an.

Wildbach im Würgegriff der Geheimdienste

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