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4. Die Lehre Justins.

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Die Schriften des hl. Justin sind zu allen Zeiten in der Kirche sehr hoch gewertet worden. Er ist der älteste Kirchenvater, von dem uns wissenschaftliche Abhandlungen erhalten sind. Mit apostolischem Freimute trat er den Mächtigsten der Erde entgegen. Wenn er aber mit Entschiedenheit das Heidentum bekämpfte, so wußte er doch auch das Gute, das sich bei den heidnischen Weisen findet, wohl zu würdigen. Besonders durch die ihm eigene Theorie vom Keim-Logos (λόγος σπερματικὸς) hat er eine Brücke zwischen der alten Philosophie und dem Christentum geschlagen. Diese Theorie ist Folgende: Jeder Mensch besitzt in seiner Seele einen Ableger (σπέρμα) des Logos, d. h. der absoluten göttlichen Vernunft, und kann mittels desselben Wahrheiten erkennen. „Die nun dem Logos gemäß gelebt haben, sind Christen, wenn sie auch für gottlos gehalten wurden, wie unter den Hellenen Sokrates, Heraklit und ihresgleichen, bei den Barbaren Abraham, Ananias, Azarias, Misael, Elias und viele andere, deren Taten und Namen aufzuzählen zu weitläufig wäre" (ap, I 46). Manche Wahrheitselemente seien allerdings den griechischen Dichtern und Philosophen aus der jüdischen Literatur zugeflossen; denn Moses sei der älteste Schriftsteller der Welt gewesen. In Christus aber sei der göttliche Logos in seiner ganzen Fülle erschienen; die Christen und sie allein haben also die ganze Wahrheit.

Die Schriften des hl. Justin sind auch deswegen für alle Zeiten sehr wichtig, weil sie uns von dem Glauben, dem sittlichen Leben und dem Gottesdienst der Urkirche Zeugnis ablegen . Ausführlich handelt er in seiner ersten Apologie (c. 61-67) von der Taufe und Eucharistie ; seine Bezeugung der realen Gegenwart Christi im Altarsakramente ist die bestimmteste, die wir aus dem frühen Altertume besitzen; er sagt: „Denn nicht wie gewöhnliches Wort und gewöhnlichen Trank empfangen wir dies; wie nämlich durch den Logos Gottes unser menschgewordener Erlöser Jesus Christus Fleisch und Blut zu unserm Heile annahm, so sind wir auch gelehrt worden, daß die mittels eines Gebetes um den Logos, der von ihm ausgeht, gesegnete Speise, durch die unser Fleisch und Blut durch Umwandlung genährt werden, das Fleisch und Blut dieses menschgewordenen Jesus sei“ (c. 66). Justin ist auch der erste, dem wir eine Beschreibung des Gottesdienstes der alten Kirche verdanken; nur ungern entschloß er sich, vor Heiden über die christlichen Geheimnisse zu berichten; er tat es aber, „damit es nicht, wenn er diese überging, den Anschein habe, als wenn er sich eine Unredlichkeit zuschulden kommen lasse“ (c. 61) .

In seiner Theologie ist der hl. Justin. wie auch die übrigen Apologeten des zweiten Jahrhunderts, stark von der platonischen Philosophie abhängig. Gott Vater wohnt nach seiner Auffassung in den Gegenden über dem Himmel; er kann diesen seinen Platz nicht verlassen und darum auch in der Welt nicht erscheinen. Die Verbindung zwischen ihm und der Welt vermittelt der Logos , der in der Welt sich offenbaren kann; er wohnte ursprünglich nur als Kraft in Gott, ging aber kurz vor der Weltschöpfung als Person aus ihm hervor, um seinerseits die Welt hervorzubringen. Die Engel haben eine luftartige Leiblichkeit und nehmen wirkliche Speise, das Manna, zu sich. Die Teufel wohnen in den unteren Luftschichten und werden erst nach dem Jüngsten Gerichte mit den verdammten Menschen in das Höllenfeuer eingehen. Alle menschlichen Seelen bleiben bis zum Ende der Welt in einem Zwischenorte, dem Hades; nur die Märtyrer gehen sofort nach ihrem Tode in die Anschauung Gottes ein. Justin war auch Chiliast ; er glaubte, daß Christus am Ende vor der allgemeinen Auferstehung zunächst nur die Gerechten auferwecken und mit ihnen tausend Jahre auf Erden herrschen werde; er sagt aber ausdrücklich, daß manche „orthodoxe“ Christen, die allerdings „nicht in jeder Hinsicht vollkommen“ seien, diese Lehre nicht annehmen (dial. c. 80) .

Erste und zweite Apologie

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