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Prolog

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Vogelgezwitscher dringt an mein Ohr. Mit geschlossenen Augen liege ich im Bett.

Welch Tag haben wir heut? Ach ja, Sonntag. Ich schaue um mich. Die Morgensonne lugt durch das Fenster. Wir wollen einen Ausflug mit dem Fahrrad machen. Mein Schatz schläft noch. Leise schleiche ich mich hinaus.

Noch mit Nachtzeug bekleidet gehe ich auf den Hof. Wie herrlich, das würde bestimmt ein schöner Tag werden. Unser Hund wedelt freudig mit dem Schwanz, aber nur weil sie meint, wir gehen jetzt raus. „ Nee Fräulein du musst noch warten, erst muss ich mich anziehen.“ Dele versteht alles und wartet geduldig.

Schnell husche ich ins Haus und decke den Tisch. Gähnend gesellt sich mein Mann dazu. „Morgen, na wie hast du geschlafen“?

So mit Frühstücksei und warmen Brötchen lassen wir den Tag ruhig angehen.

Viel zu selten können wir gemeinsam ein freies Wochenende genießen.

Heut nun wollen wir an die Elbe fahren. Unser Ziel, die ehemalige Grenze zwischen Ost und West.

Das Wetter zeigt sich dazu von seiner schönsten Seite.

Mitten durch die Felder fahren wir zur Elbe bei Neuhaus.

Ich kenne diesen Fluss gut. Sein Hochwasser, seinen Eisgang, sein Niedrigwasser und seinen Geruch.

Trotzdem bin ich innerlich erregt, Erinnerungen werden wach.

Vielleicht würde ich auch einige meiner Schubladen öffnen, mal sehen. Unruhe beherrscht meinen Bauch. Ich kenne dieses Gefühl. Einfach unangenehm.

Doch egal, ich bin gespannt, was mein Mann mir zeigen will. Mein Mann ist im Sperrgebiet geboren und aufgewachsen. Er kann mit dem Begriff Grenze viel besser umgehen als ich. Was kannte ich schon. Doch eigentlich nichts. Nur eben das, was man in der Schule gelernt hatte. Und war das immer die Wahrheit?

Wir nähern uns der Gewässer und den Weiden. Kleine Fischerhäuser säumen den Weg. Sie sehen aus, als hielten sie sich an den gewaltigen Dämmen fest.

„ So Schatz, da sind wir. Nun komm, ich zeige dir einen der Beobachtungstürme und den Grenzzaun.“

Wir stellen unsere Fahrräder am Parkplatz ab und gehen nun zu Fuß weiter. Ich find hier an der Elbe die Umgebung nicht anders, als zu Hau in meiner Heimatstadt. Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied. Zu meiner Zeit als junges Mädchen, konnte man im Fluss nicht baden. Der Sand an den Ufern erwies sich als schlammig und übel riechend. Heut gibt es richtige Badestellen und der Sand, ist weiß!

In Gedanken versunken lauf ich meinem Mann hinterher. Wo will er nur hin? „ Judith aufwachen, wir sind da. Hast wieder geträumt ja?“

Natürlich, es war und ist schließlich meine Lieblingsbeschäftigung. Schnell kehre ich in die reale Welt zurück.

Wir stehen am Deich vor einem Zaun und direkt dahinter befindet sich ein ehemaliger Wachturm.

Eine Tafel klärte auf, wie lange und warum und weshalb es eben diesen Zaun und Grenzanlage gegeben hat.

Eigentlich werde ich jetzt erst richtig neugierig. Grenze, Zaun, zwei deutsche Staaten? Gab es das wirklich einmal? Ist es nur ein Traum, oder will ich mich nicht gern daran erinnern?

Mein Mann erzählt mir über die Bauern und deren Gehöfte, welche einfach platt gemacht wurden. Und nur weil hier die Deutsch- deutsche Grenze verlief. Er erklärt mir, dass die Menschen in der Sperrzone niemals Besuch bekamen, einsam waren. Wie viele Menschen sich das Leben nahmen, weil sie mit der Situation an der Grenze zu leben nicht zu recht kamen. Den Fluss vor der Nase, auf der anderen Seite die anderen Deutschen und doch so unüberwindbar von einander getrennt. In meinem Leben hatte ich so über das Dasein zweier deutscher Staaten kaum nachgedacht. War ich nicht eigentlich in völliger Unbekümmertheit groß geworden? Wohl hatte ich keine besonders schöne Kindheit, aber mit den Menschen im Grenzgebiet hätte ich nie tauschen wollen.

Lang schon sitzen wir auf der Deichkrone und jeder denkt für sich an früher.

Plötzlich sieht mein Mann mich an und meint, „ Erzähl Judith, ich weiß so wenig von dir.“

„ Was, wie meinst du das jetzt?“ „ Na ja, wie hast du gedacht und gelebt und was erlebt in der ehemaligen DDR.“ „ Was denn alles? So von ganz vorn?“ Meinem Mann, den ich über alles liebe, kann ich nichts abschlagen.

„ Gut, dann habe Geduld, denn meine Geschichte ist lang.“

Verwehungen

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