Читать книгу Die ORION-Mission - K. B. Stock - Страница 14

Kapitel 9 Klinikbesuch und Familiengespräche

Оглавление

Als die fünf Junioroffiziere mit den drei Seniorpiloten wenig später den Klinikeingang erreicht hatten, setzte sich Alec-Robert MacLeod an die Spitze des uniformierten Besuchertrupps.

„Folgt mir – ich weiß, wo wir hinmüssen. Schließlich kenn‘ ich mich hier am besten von euch aus“, sagte er knapp, nachdem sich alle Personen am Eingang der medizinischen Abteilung ausgewiesen hatten.

„Sie werden von unserer Abteilungsdirektorin Mora-Sher bereits im 3. Untergeschoss erwartet“, meinte der freundlich lächelnde Wachhabende, als er die Dienstausweise der JDEF-Offiziere nach kurzer Prüfung zurückgab. Dann fügte er noch hinzu: „Aber bitte daran denken – die Besuchszeit endet um 19:00 Uhr. Das gilt leider auch für Familienangehörige und enge Freunde.“

„Geht klar – also Leute, auf geht’s. Stürzen wir uns in den Löwenkäfig und lassen uns von meiner Chefin den Kopf waschen“, knurrte Oberstleutnant Marianne Starke leise vor sich hin, als sie gleich danach mit dem Rest der Gruppe in den Turbolift einstieg.

Nachdem sich das Liftschott wenige Sekunden später im 3. UG wieder öffnete, bemerkten die Besucher die noch immer angespannt wirkende Kommandantin der MHORA-X2, die vor einer transparenten Panzerplastscheibe gerade mit dem Ehepaar MacLeod und ihrem Bordarzt Professor Steiner diskutierte.

Als Mora ihre Kinder und deren Begleiter wahrnahm, unterbrach sie das Gespräch sofort und rannte in gewohnt hohem Tempo auf die Neuangekommenen zu.

„Au Backe – jetzt reißt sie uns die Ohren ab. Vorhin an Bord hatte sie dafür ja nicht genug Zeit“, raunte Lisa ihrem Bruder zu, der beim Blick in Moras aufblitzende grünen Augen, genauso wie sie selbst, ein wenig blass um die Nase geworden war.

„Wie geht es ihm?“, fragte Alex-Max seine Mutter schluckend, als er jetzt mit weit aufgerissenen Augen seinen an diverse Kabel und Versorgungsschläuche angeschlossenen und in einer grünen Flüssigkeit schwebenden Vater bemerkte.

Doch Mora Kranz schloss ihre beiden fast erwachsenen Teenager zunächst einmal schweigend in ihre Arme und drückte sie nacheinander fest an sich. Dann begann sie, entgegen ihrer sonst üblichen Art, leise und mit Tränen in den Augen zu antworten:

„Dank der professionellen medizinischen Kunst von Mora-Sher und der blendenden Assistenz von Alec und Ludwig wird es euer Vater schaffen. Diese drei herausragenden Ärzte haben Alex Schulter operiert und sie sind sich mittlerweile absolut sicher, dass euer Paps nach einer guten Woche im Regenerationstank wieder ganz der alte sein wird.

Ihr wisst ja – Unkraut vergeht nicht. Das gilt besonders für euren oft viel zu vorwitzigen Dad. Ist ja schließlich nicht das erste Mal, dass sich dieser sture Hund derart in die Bredouille bringt. Der Schultertreffer hat lebenswichtige Organe nur knapp verfehlt. Will sagen, das hätte auch viel schlimmer ausgehen können. Und was ihr gerade in meinem Antlitz seht, sind nur ein paar Freudentränchen, die ich deswegen weine. Doch erzählt das ja niemanden weiter!“

„Machen wir nicht, Mom – versprochen“, flüsterte Mora-Lisa ihrer Mutter jetzt verhalten lächelnd ins Ohr. „Und bitte verzeih uns, dass wir drei Junioroffiziere deine Chefpiloten und unseren Fluglehrer Oberst Ackermann heute morgen zu ‘nem Trainingsflug – noch dazu mit einem deiner Shuttles – überredet und damit die für heute angesagten Festivitäten zum Platzen gebracht haben.“

„Ja, ihr Abenteurer – wenn man’s alleine vom Zeitpunkt her betrachtet, war der Übungsflug am Morgen eurer Abschlussfeier nicht die allercleverste Idee. Und unserem Alec-Robert hätten wir nämlich am liebsten auch die Ohren langgezogen, als wir nach eurem Start über die hiesige Flugkontrolle von eurer unplanmäßigen Landung auf LUNA-PRIME erfuhren“, meinte Dr. Alec MacLeod, der sich in diesem Moment mit seiner verhalten lächelnden Ehefrau Mora-Sher und Professor Steiner näher zu den Besuchern gesellte.

„Ihr müsst jedoch gar nicht mehr so bedröppelt aus der Wäsche gucken – denn ohne euren Sonderausflug nach LUNA-PRIME hätten diese Mörder auf dem Asteroiden CERES wahrscheinlich noch ein größeres Fiasko angerichtet. Sind wir also lieber froh, dass die ganze Sache am Ende so glimpflich ausgegangen ist“, ergänzte in diesem Moment die larojanische Ärztin Mora-Sher die Worte ihres Gatten Alec MacLeod.

„Das Gleiche hat uns Sir Jeffrey auch schon gesagt. Er kann Alex übrigens erst später einen Krankenbesuch abstatten, weil im HQ momentan die Hütte brennt – wir sollen euch aber Grüße und die besten Genesungswünsche von ihm ausrichten“, mischte sich jetzt Oberst Ackermann in das Gespräch ein.

„Stimmt – bei denen im HQ-Stab wird ja gerade ein gemeinsamer Einsatz von JDEF und JTSA in Bosnien geplant. Eure Besprechung auf der Teppichetage unserer Kommandoführung habe ich vorhin ja dank meiner telepathischen Gabe einwandfrei mitverfolgen können. Daher weiß ich bereits über die Sache mit dem bosnischen Großtransmitter sowie den anschließend gegebenenfalls nötigen Blitzeinsatz im SANTOR-System Bescheid. Weshalb die Untersuchung in Bosnien im Moment höchste Priorität hat.

Und deshalb sind auch Brigid und Thure schon wieder von hier verschwunden, nachdem diese Wikingerprinzessin vorhin versucht hat, sich bei mir zu entschuldigen. Ich hab‘ ihr jedoch ihre Schuldgefühle gleich wieder ausgeredet und ihr zugleich gesagt, dass ich nicht sauer auf sie bin. Das Entern eines gegnerischen Raumers ist nun mal kein Kinderspiel und bei sowas muss man halt auch stets mit Gegenwehr rechnen. Aber gottseidank ist Alex und euch nichts Schlimmeres passiert“, erwiderte Mora Kranz umgehend.

„Heißt das, dass die SOL und die ODIN die Untersuchung in Bosnien übernehmen werden? Denn wenn das so ist, würden wir Brigid und Thure nämlich gerne begleiten. Uns fünf PSI-Begabte kann man bei solch einem Abenteuer schließlich immer gut gebrauchen“, entgegnete Mora-Lisa vehement. „Außerdem haben wir mit den diversen Blödmannsgehilfen dieser Ärsche dort noch eine Rechnung offen“, fügte sie sogleich noch mit wütender Stimme hinzu.

Als Mora Kranz daraufhin zu einer spontanen Antwort ansetzen wollte, ging Dr. Alec MacLeod dazwischen und meinte mit einem spitzbübischen Grinsen zu seiner verblüfften Schwägerin: „Wenn mein Herr Bruder nicht gerade in dieser grünen Brühe herumschwimmen würde, hätte er Lisas Worte jetzt wahrscheinlich folgendermaßen kommentiert ...“

Damit ahmte er sogleich die Stimme von Alex Kranz nach und sagte unter dem leisen Lachen seiner beiden Arztkollegen: „Hör dir nur mal unsere Tochter an – sie reagiert schon genauso, wie ihre Mutter. Du liebe Zeit, wie sich sowas doch vererben kann. Muss wohl an den Genen liegen.“

„Halt die Klappe, Doc. Ich mag es nicht, wenn du meinen geliebten Fürsten nachäffst. Doch in einem hast du absolut recht – die Bosnien-Tour, werden unsere fünf neunmalklugen Teenager auf gar keinen Fall mitmachen. Also Kids – denkt nicht mal dran. Vier von euch brauche ich in den kommenden Tagen für etwas ganz anderes.

Darüber hinaus müssen Rando und seine Mary die MHORA-X2 am besten schon übermorgen in unsere Werft nach Nevada schaffen, damit mein guter alter Explorer nach dessen zeitaufwändiger Wartung bis zum Beginn der Suchmission nach Admiral Mero-Khans zwischen den Sternen verschollener THOR wieder 1a in Schuss ist.

Wobei ich mit Alec-Roberts Eltern vorhin vereinbart habe, dass er diesen Flug nach Nevada unter den Fittichen von Professor Ludwig Steiner, sozusagen als erstes medizinisches Bordarztpraktikum, mitmachen darf.

Und ich schätze, dass Oberst Ackermann ab der kommenden Woche ebenfalls etwas Besseres zu tun hat, als in Bosnien auf Terroristenjagd zu gehen. Schließlich hat er ja noch ein paar andere Juniorpiloten zu trainieren.“

Während sich die beiden künftigen Explorerkommandanten sowie Oberst Konrad Ackermann und der selig grinsende Alec-Robert MacLeod nach dieser Nachricht von Mora Kranz und ihren Verwandten verabschiedeten, raunte Alex-Max seinen drei übrigen Studienkollegen mit gedämpfter Stimme zu:

„Seht ihr, Leute – ich hatte euch ja vorhergesagt, dass wir am Ende doch noch unser Fett abkriegen würden.“ Danach sprach er lauter in Richtung seiner Mutter Mora weiter:

„Und wie wollen die Leute von der SOL und der ODIN ohne Teleporterunterstützung in die wahrscheinlich erneut verschlossene Transmitter-Pyramide im bosnischen Visoko eindringen?“

„Das soll nicht eure Sorge sein, denn darum kümmern sich bereits unsere mandoranischen Verbündeten. Ihr habt doch sicher schon bemerkt, dass da draußen auf unserem Landefeld vorhin zwei Fregatten der CHROMA aufgesetzt haben. Der Lärm ihrer Triebwerke war schließlich nicht zu überhören“, erwiderte Mora Kranz trocken.

„General Janis Mandoraner haben vorhin nicht nur die einkassierten Nationalistenstrolche zum Verhör abgeliefert, sondern werden mit ihren zwei Schiffen – den Fregatten CHROMA F1 und F2 – noch in dieser Nacht Oberst Thure-Pans SOL und die ODIN von Kommodore Runa-Lhun auf der in aller Eile geplanten Bosnien-Mission begleiten.

Und was die Teleporterfrage angeht, so gehen nicht nur unser Freund Janis als Leiter der Operation, sondern auch die mandoranischen Botschafter Rhea und Ares mit an Bord seiner beiden Fregatten.“

„Verstanden Mutter – das sollte als PSI-Power dann ja wohl für alle denkbaren Fälle ausreichen. Und welchen Sonderauftrag sollen wir vier ab morgen für wie lange übernehmen? Ich liege wohl nicht falsch mit der Annahme, dass es sich dabei um eine ziemlich arbeitsintensive Aufgabe handelt – oder?“

„Richtig geraten, mein Sohn. Eigentlich dachte ich, dass ihr den Inhalt dieser Spezialaufgabe bereits längst meinen Gedanken entnommen hättet – zumal ich erst eben von der demnächst zu planenden Suche nach dem Kreuzhantelraumer THOR und unserem vermissten Freund Admiral Mero-Khan gehört habe. Und dazu sind noch eine ganze Reihe an Nachforschungen nötig.“

„Gedankenschnüffelei – sowas macht keiner von uns. Ich meine damit speziell, das Eindringen in deine Gedanken, liebe Mom. Obwohl wir vier das natürlich alle draufhätten. Doch ich finde, dass solch heimliche Lauschaktionen unter nahen Angehörigen ein ziemlich schlechter Stil wären.

Also bitte, Mom – sag uns jetzt endlich klipp und klar, worin unsere Strafarbeit hinsichtlich der Fahndung nach Mero-Khans Superschlachtschiff in den nächsten zwei Wochen im Detail bestehen soll“, murmelte Alex-Max jetzt mit leicht niedergeschlagenem Ton.

„Tja, meine Lieben – ihr habt sicher schon mitbekommen, dass unser Freund Mero mit seiner THOR dem aus der ANDROMEDA-Galaxis geflohenen Mutantenmonster VOLTAN und seiner übriggebliebenen STYXX-Bande in ein plötzlich entstandenes Wurmloch gefolgt ist, welches dieser Dreckskerl und seine neue STYXX-Königin bei ihrer überhasteten Flucht dort in den Hyperraum gerissen hatten.

Und wie von uns vermutet, hat die THOR auf dem Weg in unsere MILCHSTRASSE Miniaturfunkbaken abgesetzt, um auf ihren eingeschlagenen Kurs aufmerksam zu machen. Das Problem dabei ist nur, dass wir bislang noch nicht jede dieser Baken orten konnten.

Das Einzige, was wir inzwischen einigermaßen sicher zu wissen glauben, ist, dass Admiral Mero in Richtung des ORION-Systems unterwegs gewesen ist, als die Verbindung zu den ersten von ihm ausgesetzten Minisendern am Rand unserer Galaxis abriss.

Folglich kommt es für uns also jetzt darauf an, die noch unentdeckten Baken zu orten und darüber hinaus nach Strukturerschütterungen im Raum-Zeit-Gefüge zu forschen. Aus diesem Grund werden wir voraussichtlich ab Dienstag alle verfügbaren Ortungsmeldungen unserer Explorerflotte und die der vorgeschobenen Raumstationen in der Nähe der mit uns verbündeten Planetensysteme einsammeln und durchackern müssen.

Es dürfte klar sein, dass diese Nachforschungen eine Sisyphusarbeit bedeuten, bei der ich und unser morgen eintreffender Oberbefehlshaber Kendo-Khar sowie Brigids Vater, Großadmiral Dagmund-Thor in der kommenden Woche ein gerütteltes Maß an Unterstützung brauchen.

Wir haben nämlich keine Ahnung, wie weit es die THOR und ihre umfangreiche Besatzung auf ihrem Rückweg noch über den Rand unserer Heimatgalaxis hinausgeschafft hat. Und noch dazu wissen wir über den tatsächlich eingeschlagenen Kurs der THOR bisher nur rudimentär Bescheid.

Deswegen kommt der gezielten Eingrenzung der möglichen Routenvektoren bei der Suche nach Meros Schiff solch große Bedeutung zu, wofür wir letztendlich nicht nur die Erfahrung unserer beiden Großadmirale, sondern auch ein paar unkonventionelle Ideen von euch Junioren sehr gut gebrauchen können.

Daher hoffe ich sehr, dass ihr bei dieser wichtigen Arbeit dabei seid, während sich unsere hiesigen Befehlshaber einschließlich der JTSA um die bosnische Pyramide und einen eventuellen Einsatz auf SANTOR 5 kümmern.“

„Ist ja wohl selbstverständlich, dass wir uns dafür zur Verfügung stellen, Mom – wir haben ja in den kommenden zwei Wochen keine Vorlesungen mehr. Und obwohl wir eigentlich zu viert Urlaub in deiner Villa am Mittelmeer machen wollten, verzichten wir darauf gerne“, brach es jetzt spontan aus Moras Tochter Lisa heraus, nachdem sie sich mit einem kurzen Seitenblick des zustimmenden Nickens ihrer Kameradin Kala sowie ihres uns deren Bruders vergewissert hatte.

„Stellt sich nur die Frage, warum wir nicht schon gleich morgen mit allen verfügbaren Schiffen zu dem konzertierten Sucheinsatz aufbrechen. Planen kann man die Details einer solchen Mission doch auch noch während des Fluges.“

„Dafür gibt’s drei einleuchtende Gründe, meine Tochter. Erstens können wir mit der Fahndung nach der THOR erst dann beginnen, wenn unsere gerade von MANDORAN zurückgekehrten Schiffe ihre nach dem Fernflug nötigen Wartungsarbeiten hinter sich haben. Es wird also allein schon deshalb noch ein bisschen dauern, bis wir mit dieser Mission loslegen können.

Zweitens benötigt man für eine gründliche Einsatzvorbereitung ein möglichst umfassendes Lagebild sowie ein definiertes Missionsziel, wozu man alle verfügbaren Lageinformationen berücksichtigen muss. Das solltet ihr in eurem Taktikunterricht doch inzwischen gelernt haben.

Leider konnten die Daten und Informationen von Mero-Khans Bakensendern jedoch erst ab dem Zeitpunkt eingesammelt werden, bei dem unser Fernflugkonvoi in Hyperfunkreichweite zu unseren Heimatbasen auf TERRA kam.

Und seither sind erst wenige Tage vergangen, weshalb das Lagebild erst in den kommenden Tagen einigermaßen vollständig sein wird. Doch zuvor müssen wir aus den gesammelten Daten durch Analyse und Auswertung die wahrscheinlichen Kursvektoren von Mero-Khans THOR ermitteln.“

„Danke Mom – das hatte ich nicht bedacht. Ist ja klar, dass größtmögliche Vollständigkeit und Qualität Vorrang vor Hektik und Eile hat. Aber du hattest doch auch noch einen dritten Punkt erwähnt, der für den Beginn unserer Mitarbeit eine Rolle spielt“, unterbrach Mora-Lisa an dieser Stelle den Redefluss ihrer Mutter.

„Tja – der dritte Grund ist, dass Kendo erst morgen Mittag mit seinem Flaggschiff THERRA-X hier bei uns eintreffen wird. Gegenwärtig begleitet unser Oberboss schon seit ein paar Tagen Kalas und Moanas Mutter zu den JDEF-Einrichtungen in Nordamerika. Und auch der Besuch ihrer umgesiedelten Landsleute in Chief David Grey Bears Reservat am Pyramid Lake steht auf der Liste von Präsidentin Alamis Besichtigungszielen.

Obwohl wir Sonntag haben, führen die beiden momentan noch politische Gespräche bei der USNO in New York. Die Regierungsvertreter und Politiker unserer Sternenallianz haben die aquanautische Ratspräsidentin Alami ja bei ihren wenigen Besuchen auf TERRA bislang noch nicht alle persönlich kennenlernen können.

Und weil die Unterredungen mit der USNO-Politprominenz erst heute Abend zu Ende gehen, müsst ihr vier euch darauf einstellen, dass die aquanautische Präsidentin schon morgen hier auftauchen wird. Unklar ist nur, wer sie nach dem Besuch ihrer Landsleute von Nevada nach Europa fliegen wird. Denn eigentlich ist Präsidentin Alami ja in erster Linie wegen der Graduierung ihrer Kinder von ENCELADUS nach TERRA gereist.“

„Meine Güte – daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht“, raunte die attraktive Aquanautin Kala ihrem Freund Maxi jetzt sichtbar aufgeregt zu, ehe sie sich ihrem hochgewachsenen Bruder zuwandte und ihm nahtlos ins Ohr flüsterte:

„Für uns zwei schlägt dann wohl morgen Mittag die Stunde der Wahrheit. Ich schätze mal, dass Mutter nicht besonders amüsiert sein wird, wenn sie bei unserer morgigen Beichte erfährt, dass wir hierbleiben und lieber zusammen mit unseren Partnern Lisa und Maxi in die JDEF eintreten wollen.“

„Das könnte passieren, denn wie ich von Lisa und Maxi bereits erfahren habe, hat euch eure Mom zusammen mit einer Auswahl eurer Landsleute ja vor allem zum Zweck der Vorbereitung für den künftigen Dienst in eurer enceladischen Raumflotte an unsere Terranische Raumakademie entsandt.

Und mit Blick auf das morgige Treffen mit ihr hat das, was wir heute Abend noch vorhaben, auch noch einen weiteren wichtigen, sagen wir mal interfamiliären Grund. Denn als Mutter meiner beiden Rabauken beabsichtige ich nämlich, euch Aquanauten bei eurer Montagsbeichte zu unterstützen – ich meine, sofern ihr nichts dagegen habt, dass ich und zwei meiner ganz speziellen Freunde am morgigen Gespräch mit eurer Mom teilnehmen.

Ich habe deswegen übrigens bereits gestern Abend mit General Tony Masterson und seiner aquanautischen Ehefrau Ayla Kontakt aufgenommen. Ayla und der Kommandierende General der JDEF-Einsatzbasis Amerika sind nämlich die beiden speziellen Freunde, von denen ich gerade sprach.

Die beiden haben mir fest zugesagt, schon morgen eure Mom in Nevada aufzulesen und sie mit Tonys Flaggschiff KIMBAL zu uns herzubringen. Immerhin kennen sich die Admiralin und ihr terranischer General und Ehemann mit Liebesbeziehungen zwischen Terranern und Aquanauten ja bestens aus und können euch deswegen wahrscheinlich ein paar gute Tipps für eure Argumentationsketten liefern.

Doch für den Rest des heutigen Abends möchte ich, dass wir uns in einem privateren Ambiente noch ein wenig mehr über unseren jeweiligen familiären Hintergrund unterhalten. Keine Angst, dabei geht’s mir nicht um die Erörterung pikanter Themen. Doch bevor sich eure beiden aquanautischen Freunde noch tiefgehender auf meine süßen Frechdachse einlassen, sollten auch sie mehr über unsere Familiengeschichte erfahren. Und umgekehrt gilt das genauso.

Dazu gehört von meiner Seite unter anderem die Beantwortung der Frage, wie Alex und ich als Eltern von Lisa und Max von Haus aus ticken – und darüber hinaus auch darum, was unsere zwei Hübschen in ihrer Jugendzeit so alles angestellt habt. Schließlich müsst ihr zwei Aquanauten vor dem Treffen mit eurer Mutter ja wissen, auf wen ihr euch da künftig enger einlassen wollt.“

„Och Mom – ist das wirklich nötig?“, kam es jetzt unisono aus Lisas und Maxis Mund. „Wahrscheinlich kramst du dann nachher auch noch die ganzen Bildergalerien und Videos raus, um unsere angeblichen Jugendsünden zu belegen.“

„Was sein muss, muss sein, meine Süßen. Da euer Paps bekanntlich ja noch verhindert ist, muss ich das heutige Familientreffen wohl ganz alleine stemmen, sobald ich meine Anna ins Bett gelegt und in die Obhut einer unserer Mara-Kinderschwestern übergeben habe“, erwiderte Mora Kranz jetzt mit einem spitzbübischen Lächeln, während sie zugleich in die neugierig grinsenden Gesichter der beiden Geschwister aus dem Volk der Aquanauten blickte. Gleich danach fügte sie noch hinzu:

„Und damit es nicht ganz so schlimm für euch vier Teenager wird, lade ich euch zu einem von Alfons Richter bereits vorbereiteten Abendessen in unser Schwabinger Penthouse ein. Deshalb schnappen wir uns jetzt einen Gleiter und lassen euren Papa in der Obhut seiner Ärzte zurück.“

„Na das kann ja was werden“, grinste Moras Tochter Lisa ihren Freund Moana umgehend an, während sie und ihr Bruder kurz danach die Wärmebehälter mit den Speisen aus Alfons Richters Casinoküche in den bereitstehenden Gleiter verluden.

„Tja, uns bleibt wohl nichts erspart. Wird anscheinend ein fordernder Sonntagabend für uns alle – ich hoffe nur, dass unsere Mom bei ihrem Verhör nachher auf die übliche Vorführung der nicht jugendfreien Badewannenaufnahmen aus unserer Babyzeit verzichtet“, meinte Alexander-Max trocken, als er sich nach dem Einladen der Essencontainer neben seine Freundin Kala in den Fond des Gleiters setzte.

„Genau die will ich aber sehen, mein Teuerster. Süße Babyfotos liebe ich nämlich über alles – vor allem, wenn es sich dabei um deine handelt.

Außerdem finde ich es für die Argumentation gegenüber unserer Mutter ausgesprochen hilfreich, wenn wir über alle Lageinformationen verfügen“, gluckste Kala umgehend los, als die daraufhin sanft lächelnde Mora Kranz den Gleiter in der anbrechenden Dämmerung in Richtung München in Bewegung setzte und leise vor sich hinmurmelte: „Vollständige Lageinformationen. Na, wenigstens hat eine von euch im Taktikunterricht aufgepasst.“

***

Nach dem gemeinsamen Abendessen und der darauffolgenden Dia- und Videovorführung, während der Mora und ihre Gäste viel miteinander geredet und noch viel mehr gelacht hatten, standen Kala und Moana irgendwann auf und gingen auf die Mutter ihrer Freunde zu. Dann sagte die schwarzhaarige Kala mit leiser Stimme:

„Danke für diesen wundervollen Abend und das exquisite Abendessen, verehrte Fürstin – vor allem, weil du uns beide damit heute Abend so hervorragend von der morgen bevorstehenden ernsten Aussprache mit unserer Mutter abgelenkt hast. Außerdem fällt mir grad ein, dass du neulich nach unserem Vater Paro gefragt hattest.

Doch zuerst mal, will ich dir noch sagen: Ich verstehe jetzt viel besser, warum ich deinen Sohn so sehr mag – und ich weiß, dass es meinem schüchternen Bruder in Bezug auf deine Tochter Lisa ganz genauso geht.

Ich wünschte mir nur, dass unsere Mutter auch so offen und nett wäre, wie du es uns gegenüber bist. Und was unseren Vater angeht, so muss ich leider berichten, dass der schon vor sehr langer Zeit bei Forschungsarbeiten auf ENCELADUS tödlich verunglückt ist, was vielleicht auch ein stückweit die eher formelle Beziehung zwischen unserer Mutter und uns erklärt.“

„Das tut mir sehr leid, Kala und Moana. Und was das Verhalten eurer Mutter betrifft, so dürft ihr so etwas nicht einmal denken und noch viel weniger laut sagen. Ich bin mir nämlich sicher, dass sie euch genauso sehr liebt, wie ich meine Kinder gernhabe“, entgegnete Mora prompt, wobei sie die junge Aquanautin und gleich danach auch deren Bruder Moana fest in ihre Arme schloss.

„Trotzdem bist du ein ausgesprochen liebes Mädchen und dein gutaussehender Bruder erinnert mich in seiner zurückhaltend freundlichen Art sehr an meinen geliebten Fürsten, der heute Abend sicher gerne mit dabei gewesen wäre.

Ihr zwei aquanautischen Freunde hört mir vor dem Zubettgehen jetzt nochmal einen Moment lang zu: Ich bin mir nämlich sehr sicher, dass euch eure Mom über alle Maßen liebhat. Vielleicht kann sie das nur nicht so gut nach außen zeigen. Angesichts ihres stressigen Präsidentenamts ist das auch nicht weiter verwunderlich.

Doch so ticken Diplomaten und Politiker nun mal – deshalb darf man ihnen das nicht übelnehmen. Wenn das Eis zwischen ihnen und uns Normalos erst mal gebrochen ist, werdet ihr rasch einsehen, dass sich unter einer harten Schale meist ein weicher und gefühlvoller Kern verbirgt. Glaubt mir das bitte – ich spreche in dieser Hinsicht nämlich aus Erfahrung.

Wenn ich da allein nur an meinen ersten Auftritt vor der Vollversammlung der ehemaligen UNO25 denke ... man war das damals ein Spaß26. Aber davon erzähle ich euch später mal. Wichtig ist, dass ihr schon sehr bald merkt, dass ich mit meiner Ansicht Recht habe. Keine Angst, Leute – wir werden das Ding gemeinsam mit Tony und seiner Ayla morgen schon rocken.

So, und jetzt Abmarsch in eure Zimmer, meine Süßen. Ihr habt die ganze obere Etage für euch, denn ich werde mich nach einem letzten Glas von dem guten italienischen Rotwein hier unten zur Ruhe begeben. Außerdem werde ich nachher nicht kontrollieren kommen, was ihr in den Gästezimmern so alles treibt – schließlich seid ihr ja keine übermütigen Kinder mehr.“

„Danke für dein Vertrauen Mom – wir lieben dich allesamt. Schlaf gut und mach dir wegen Dads Verletzung bitte keine Sorgen mehr. Wirst sehen, Bobbys Eltern helfen ihm schon bald wieder auf die Beine“, rief Maxi seiner Mutter beim Verlassen des Wohnzimmers zu, während jetzt auch er hinter Lisa und seinen aquanautischen Freunden über die Treppe nach oben rannte.

***

„Eure Mutter ist eine ausgesprochen kluge und liebenswürdige Frau, die ich heute Abend sofort in mein Herz geschlossen habe. Und das, obwohl ich sie ja noch gar nicht so lange kenne“, sagte Kala zu ihren Freunden, als alle auf dem oberen Flur vor den beiden Gästezimmern angekommen waren.

„Da kann dir wohl niemand widersprechen, meine herzallerliebste Schwester“, erwiderte ihr Bruder Moana leise, ehe er gleich noch hinzufügte: „Deshalb sollten wir ihr Vertrauen auch nicht missbrauchen – oder wie seht ihr das?“

„Dem kann ich nur zustimmen, Moana. Da es hier jedoch nur diese beiden Zimmer gibt, müssen wir uns wohl gezwungenermaßen gemeinsam zur Ruhe begeben. Und das bedeutet für uns, dass wir uns heute Nacht benehmen, okay?“, meinte Mora-Lisa daraufhin, während sie ihre drei Kameraden sanft mit ihrem drohend erhobenen Zeigefinger anstupste.

„Geht klar, du vorlautes Mädchen, pflichtete Alexander-Max seiner Schwester prompt bei. „So wie ich das sehe, ist mehr als Knutschen und Kuscheln heute Nacht leider nicht drin. Auch will ich die Beziehung mit meinem Kala-Schatz nicht ruinieren, indem wir die Dinge überstürzen. Also halten wir uns vorläufig an die Benimmregeln und betragen uns alle wie Erwachsene, auch wenn wir Zwillinge das dafür notwendige Alter bekanntlich erst im September erreichen.“

„Mit deinem Vorschlag bin ich absolut einverstanden, Maxi. Ich denke zudem, dass wir morgen früh besser alle gut ausgeschlafen sein sollten, wenn wir mit unserer Mutter und Moras Freunden Ayla und Tony zusammentreffen. Und noch ein bisschen Warten dient nicht nur dem noch besseren Kennenlernen, sondern erhöht schließlich auch die Vorfreude auf spätere Ereignisse.“

„Danke für diesen ungewöhnlich langen Wortbeitrag, Moana. Solch lange Reden hört man von dir ja sonst nur höchst selten. Liegt wohl daran, dass du dich meistens lieber telepathisch mit mir verständigst“, grinste Mora-Lisa ihren Freund jetzt aus glücklich leuchtenden Augen an, ehe sie ihn burschikos hinter sich her in ihr ehemaliges Kinderzimmer zog.

„Tja, und ich unschuldige Aquanautin liebe meinen hübschen Terraner trotz seiner kryptischen Rede von gerade ebenfalls immer mehr – obwohl ich mir schon denken kann, was er damit gemeint hat. Bauen wir also lieber das Fundament unserer Verbindung erstmal weiter aus und üben uns in Streicheleinheiten und Vorfreude.

Zu deinem Vorschlag sage ich deshalb ganz eindeutig ja. Ich kann noch warten, mein Liebster, auch wenn es mir schwerfällt. Doch weiß ich zugleich, dass wir für die Vertiefung unserer Beziehung später noch mehr als genug Zeit haben werden“, schloss sich die junge Kala den Worten ihrer Vorrednerin an, ehe sie jetzt ihren Freund Maxi in dessen Zimmer schubste.

Die ORION-Mission

Подняться наверх