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Kapitel 3 Unter Freunden

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Als die MHORA-X2 am späten Freitagnachmittag des 04. März 2033 auf dem mittlerweile deutlich erweiterten Raumhafen Fürstenfeldbruck landete, brandete nach dem Aussteigen der Crew überschäumender Jubel unter den bereits zahlreich wartenden Angehörigen und engsten Freunden der Besatzung auf. Gleich darauf waren es vor allem Susanne Richter und Hans Huber, die mit raschen Schritten auf Mora und Alexander Kranz zugerannt kamen.

„Endlich, endlich seid ihr wieder von eurem gefährlichen Einsatz zurück – und wir hier sind alle sehr froh, dass euch und eurer kleinen Anna nichts passiert ist“, schniefte Susanne laut, als sie sich ihrer besten Freundin Mora an den Hals warf und sie vehement zu umarmen und zu drücken begann.

„Susi, du hast dich wirklich kaum verändert – wie mir scheint, bist du nicht älter, sondern nur noch hübscher geworden. Also, meine liebe Freundin Susanne, wir beide freuen uns ebenfalls unbändig, dich und unseren alten Freund Hansi nach so vielen Monaten wohlbehalten wiederzusehen“, antwortete Mora Kranz jetzt mit Tränen in den Augen, während sie ihre zweijährige Tochter Anna-Mora hochnahm und sie ihrer Freundin entgegenhielt.

„Das ist übrigens unsere Tochter Anna-Mora, die Ende dieses Jahres schon drei Jahre alt wird und jetzt endlich mal ihre Geschwister kennenlernen möchte. Willst du sie mal auf den Arm nehmen? Schau her, Anna, das ist Tante Susi, von der ich dir schon soviel erzählt habe.“

„Komm her zu mir, mein Schatz. Als ich dich zuletzt gesehen habe, warst du gerade auf die Welt gekommen. Und jetzt ist aus dir schon ein so großes und hübsches Mädchen geworden.“

Damit drückte sie die ein wenig scheu lächelnde Anna an ihre Brust, küsste sie auf die Wange und streichelte ihr über ihren tiefschwarzen Haarschopf.

„Anna freut sich ebenfalls, obwohl sie sich natürlich nicht mehr so gut an dich erinnern kann. Hat sie mir jedenfalls soeben auf telepathischem Weg mitgeteilt. Aber sie weiß trotzdem, wie eng du und Hans mit mir und meiner Familie verbunden sind.

Da wir vorhaben, in nächster Zeit hier bei euch in Fürstenfeldbruck zu bleiben, ergibt sich ja auch die Möglichkeit, dass sie ihre Patentante Susi und ihren Patenonkel Hansi endlich besser kennenlernt. Ich hoffe doch, dass unser altes Appartement mit Kinderzimmer in unserem ehemaligen Gästehaus noch existiert?“

„Das ist alles schon für euch vorbereitet, meine Liebe – was denkst du denn von uns. Doch jetzt solltet ihr auch mal den übrigen Menschen aus unserem Empfangskomitee die Chance zur Begrüßung geben“, mischte sich jetzt Hans Huber, der zivile Verwaltungsdirektor der Einsatzbasis Europa, in das Gespräch ein.

„Machen wir sofort – nur, wo treiben sich denn unsere beiden Teenager und unsere übrige Verwandtschaft herum? Ich hatte eigentlich gehofft, dass unsere Zwillinge, wie auch meine Großcousine Mora-Sher und ihr Mann Doc Alec ebenfalls Teil dieses inoffiziellen Empfangs sein würden. Das feierliche Begrüßungszeremoniell mit unseren hiesigen Großkopferten findet ja meines Wissens erst morgen Abend statt.“

„Mora-Lisa und Alex-Max sitzen noch im Hörsaal drüben in meiner Akademie und schreiben heute ihre allerletzten Klausuren“, mischte sich in diesem Moment die frühere Bundeskanzlerin Dr. Nora Kirschner ein, ehe sie nähertrat und Mora und Alexander ebenfalls lächelnd in die Arme nahm. Dann fügte sie gleich noch hinzu:

„Ich bin wirklich froh, euch nach diesem riskanten Abenteuer bei uns in der alten Heimat willkommen zu heißen. Eure beiden Studierenden kommen direkt nach ihrer letzten Abschlussprüfung später ebenfalls zu euch. Ist ja nicht besonders weit bis zu eurem Appartement, weshalb ich denke, dass sie per Teleportation dorthin kommen und auch ihren Cousin Alec-Robert MacLeod und dessen Eltern mitbringen werden, die übrigens als Mutter- und Vaterersatz einen sehr guten Job gemacht haben.“

„Danke Nora. Du bist und bleibst eine einzigartige Frau und ich sehe dir an, dass dir dein gegenwärtiger Job als Direktorin der Akademie noch immer viel Freude bereitet. Du bist anscheinend richtig aufgeblüht, so gut, wie du aussiehst“, erwiderte Mora, wobei sie die Hände der früheren Bundeskanzlerin ergriff und dankbar an sich drückte.

„Ja, mein neuer Beruf als leitende Wissenschaftlerin der Terranischen Wissenschaftsakademie füllt mich vollkommen aus, auch wenn die Arbeit mit jungen Studentinnen und Studenten manchmal ziemlich anstrengend sein kann. Insbesondere, weil diese jungen Damen und Herren bei uns nicht nur studieren, sondern auch auf unserem Campus wohnen.

Manche von ihnen kommen sich nämlich während des Studiums auch zwischenmenschlich näher und das erfordert hin und wieder mein Einschreiten, sozusagen als Mutter der Kompanie. Aber mein jetziges Arbeitsgebiet ist sehr viel zufriedenstellender, als meine frühere Tätigkeit als Politikerin, bei der man ja meist Ergebnisse nur in harten Verhandlungen und nach langwierigem diplomatischen Herumtaktieren erreichen konnte.“

„Na ja, das sind halt noch ziemlich junge Leute, und die machen halt manchmal Unsinn. Wir waren in unseren Studententagen ja auch nicht so viel anders. Daher bin ich froh, dass du ihnen als Direktorin, aber auch als ihre Vertraute die Grenzen aufzeigst, wenn sie mal zu sehr über die Stränge schlagen“, lachte Alexander Kranz die ehemalige deutsche Regierungschefin jetzt an, bevor seine Ehefrau Mora erschrocken fragte:

„Ich hoffe, unsere Zwillinge waren bisher brave Studierende und haben sich an die von dir gesetzten Regeln gehalten – oder irre ich mich da? Denn ich kann mir schon vorstellen, dass sich auch unser Nachwuchs privat hin und wieder mit ihren Kommilitonen ausgetobt hat.“

„Mach dir keine Sorgen, Mora. Übertrieben haben sie es mit den studentischen Feiern jedenfalls bislang noch nie. Jedoch darüber, wer ihre aktuell festen Freunde sind, musst du sie schon selber aushorchen. Müsste dir als erfahrene Telepathin doch eigentlich ziemlich leichtfallen – oder?“

„Was du nicht sagst, Nora. Aber sowas mache ich grundsätzlich nicht. Meine eigenen Kinder auszuspionieren ist nämlich gegen meine familiären Regeln. Hätte zudem auch gar keinen Zweck, weil Lisa und Maxi ihre Gedanken sehr gut abschotten können. Sie verfügen ja, wie du weißt, ebenfalls über so einige Para-Fähigkeiten.“

Nach einer kurzen Pause setzte Mora Kranz als besorgte Mutter noch einmal nachdenklich fort: „Die beiden haben demnach also schon feste Freunde. Ich hoffe nur, dass es sich dabei um anständige Studenten handelt, die wissen, was sich gehört. Das Merkwürdige daran ist nur, dass die beiden darüber uns gegenüber bisher noch keine Silbe verloren haben.

Muss ich mir etwa Sorgen machen? Oh mein Gott, vielleicht sind die zwei ja zum allerersten Mal verliebt? Ist doch am Ende der Studienzeit nicht ungewöhnlich – schließlich war ich auch mal Universitätsprofessorin und habe sowas oft genug erlebt. Was machen wir denn jetzt, verdammt nochmal? Sag doch auch mal was, Alex und steh‘ nicht wie ein Stockfisch in der Gegend rum?“

„Komm mal wieder runter, mein Herzblatt. Erstens vertraue ich unseren Kindern und zweitens haben mein Bruder Alec und dein Cousinchen bestimmt darauf geachtet, dass Lisa und Maxi keine unziemlichen Beziehungen eingehen.

Und falls die beiden mit ihren bald achtzehn Jahren schon jetzt die Liebe ihres Lebens gefunden haben sollten, na dann ist das halt so. Das Einzige was wir tun können ist, dass wir sie ab jetzt wieder unter unsere Fittiche nehmen und ihnen als Eltern mit Rat und Tat zur Seite stehen.“

„Du hast leicht reden, Alex. Aber irgendwie hast du auch recht. Unsere Teenager werden schon in wenigen Monaten volljährig. Und wir zwei waren viel zu lange von ihnen getrennt. Deshalb müssen wir wohl demnächst mal ernsthaft den längst überfälligen gemeinsamen Familienrat abhalten. Ich möchte nämlich nicht, dass sich die beiden gleich am Anfang ihres Berufslebens die angestrebte Karriere ruinieren, indem sie uns beide zu Großeltern machen“, fügte Mora Kranz nach

„Na und? Was wäre denn schon dabei? Es muss ja nicht jeder erst lange Jahre in einem selbstgewählten Single-Dasein verbringen, so wie ihr beide das gemacht habt“, raunzte die bislang schweigend den Dialog verfolgende Susanne Richter ihre beste Freundin Mora in diesem Moment aufgebracht an.

„Ihr zwei werdet ja wohl nicht auf ewig mit eurem abenteuerlichen Lotterleben weitermachen wollen – und wenn ihr in absehbarer Zeit irgendwann als Botschafter nach LARO 5 geht, wird es im Fall des Falles dann vielleicht eure Zusatzaufgabe sein, sich um eure eventuellen Enkel zu kümmern.“

„Mal den Teufel nicht an die Wand, Susi. Ich bin gerade völlig verwirrt und kann zugegebenermaßen nicht klar denken. War von uns beiden doch vielleicht ein Fehler, den Fernflug nach ANDROMEDA mitzumachen – mein Gott.“

„War es nicht. Beruhig dich wieder, Mora“, warf an dieser Stelle die Direktorin der Terranischen Wissenschaftsakademie ein.

„Deine Kids haben zwar enge freundschaftliche Beziehungen zu zwei äußerst netten beinahe gleichaltrigen Aquanauten geknüpft, die im Übrigen mit einer sehr prominenten Person verwandt sind. Sie besuchen gegenwärtig ebenfalls die Abschlussklasse an meiner Akademie und schwitzen im Moment zusammen mit euren Kids an ihrer letzten Prüfung. Viel mehr ist da jedoch meines Wissens nicht gelaufen – und über alles Weitere müsst ihr beide sie selber befragen. Wobei mir der von dir angeregte Familienrat eine gute Maßnahme zu sein scheint, euch mit euren Teenys auszusprechen.

Nur solltet ihr damit noch etwas abwarten – denn so, wie ich eure selbstbewusste Lisa und ihren nicht minder selbstsicheren Bruder Max kenne, kommen die ganz von alleine auf euch zu. Führt euch daher nicht wie Helikoptereltern auf, gebt ihnen eine Chance und behandelt sie wie Erwachsene – auch wenn’s schwerfällt, okay?“

„Hast ja recht, Nora – und danke für deinen Einwand. Könntest du uns aber vielleicht wenigstens schon mal die Namen der beiden Aquanauten verraten? Dann könnte ich schon mal mit Admiral Ayla darüber reden, was für junge Menschen das sind.“

„Auf gar keinen Fall, Mora. Ich werde auch dir zuliebe keinen Vertrauensbruch begehen. Ich hoffe, ihr versteht das.“

„Na gut, aber da unsere beiden Frechdachse momentan noch nicht anwesend sind, kannst du uns vielleicht sagen, wie gut sie ihr akademisches Studium voraussichtlich abschließen werden?“, fragte Mora Kranz sogleich weiter.

„Auch das wirst du erst erfahren, wenn die Auswertung der letzten Prüfungen heute vorbei ist. Ich kann dir vorläufig also nur verraten, dass die beiden, angesichts ihrer bisherigen Leistungen, nicht durchfallen werden. Darüber hinaus gibt es etwas, was ihr beide noch nicht wissen dürftet.

Eure Tochter Lisa und euer Sohn Maxi haben, parallel zu ihrem Studium, freiwillig bei Oberst Ackermann die Grundausbildung zum Piloten von JDEF-Schiffen bis zur 800m-Klasse durchlaufen und sich damit übrigens als Junioroffiziere auf dem Pilotensessel deiner MHORA-X2 oder eines vergleichbaren Raumschiffs der mittleren Typklasse qualifiziert.“

„Grundgütiger – das wussten wir wirklich noch nicht. Scheint so, als ob sie bei der von mir in Nevada initiierten, und von Clark Rodgers und mir durchgeführten Hubschrauberausbildung7 Spaß am Fliegen bekommen hätten.

Danke, Nora – das ist eine tolle Nachricht. Auch werde ich den beiden nachher nicht gleich verraten, dass wir darüber schon Bescheid wissen“, meldete sich in diesem Moment noch einmal Alexander Kranz zu Wort.

„Worum ich dich auch gebeten haben möchte, Alex. Schließlich bin ich ja keine Tratschtante, sondern nur eine unter vielen Menschen, die sich in den letzten zweieinviertel Jahren um euren hochtalentierten Nachwuchs gekümmert haben.“

„Wofür wir dir nicht genug danken können, Nora. Du und unsere engere Verwandtschaft haben anscheinend wirklich einen supertollen Job geleistet. Doch jetzt verkrümeln wir uns mit unserer kleinen Anna mal in unser bereitstehendes Appartement und machen uns frisch. Sobald ihre Geschwister bei uns hereinplatzen, machen wir danach nur noch einen kurzen Abendspaziergang, bevor wir uns heute Nacht mal so richtig ausschlafen.“

„Alles klar, ihr drei – jetzt sagt aber bitte erst noch all den anderen Angehörigen eurer ehemaligen Firma Grüß Gott und dann sehen wir uns alle morgen früh beim Frühstück im hiesigen Casino. Und im Anschluss fahren wir gemeinsam zum Shoppen nach München.

Ihr wollt ja schließlich beim Festempfang morgen Abend nicht in euren hellblauen Strampelanzügen rumhüpfen, die ihr die letzten zwei Jahre an Bord eures Schiffes anhattet. Und eure Anna-Mora braucht meines Erachtens ebenfalls was Hübscheres zum Anziehen. Ach so, und hier ist noch der Appartementschlüssel, ohne den kommt ihr ja in euer neu möbliertes Quartier nicht rein“, beendete Susanne Richter jetzt mit einem verschmitzten Grinsen das Gespräch, während sie zugleich Mora zwei Schlüssel in die Hand drückte.

„Danke Susi. Übrigens eine super Idee – das mit der Shoppingtour morgen früh meine ich. Dann kann ich endlich mal wieder mit meinen alten BMW über die B471 nach München heizen. Darauf freue ich mich schon“, meinte Alex Kranz, als ihm auch schon seine Ehefrau Mora am Ärmel seiner Bordkombi zupfte.

„Mit Verbrennungsmotoren fährt hier inzwischen aus Umweltgründen nahezu keiner mehr, mein allerliebster Fürst. Und die ehemaligen Straßen existieren nur noch deswegen, weil man sie für eventuelle Notlandungen der inzwischen üblichen Magnetgleiter braucht. Um deinen alten 630er zu bewegen bräuchtest du also eine Sondergenehmigung, die man dir nur so zum Spaß nicht erteilen wird.“

„Außer ein paar dienstbare Geister hätten deine alte Protzschüssel inzwischen mit einem Antigrav-Magnetantrieb ausgestattet“, mischte sich an dieser Stelle Hans Huber noch einmal in das Gespräch ein.

„Soll das heißen, ihr habt mein geliebtes Fortbewegungsmittel inzwischen derart umgerüstet, um nicht zu sagen, verschandelt?“

„Haben wir – denn sonst könntest du dein altes Gefährt höchstens noch einem Museum übergeben. Jedoch kannst du deine umgebaute Kiste noch immer manuell fortbewegen. Nur mit dem durch die Gegend heizen ist es halt Essig, weil sonst die digitale Verkehrsüberwachung sofort das Kommando über dein Fahrzeug übernehmen würde.“

„Na gut, Hansi. Wie’s aussieht hat sich auf unserer alten ERDE in den letzten Jahren ja so einiges verändert. Aber sei’s drum – freuen werde ich mich auf die Ausfahrt morgen dennoch“, erwiderte Alex Kranz, ehe er sich jetzt mit seiner grienenden Frau und seiner Tochter Anna auf dem Arm in Richtung des Wohngebäudes auf den Weg machte.

***

Nachdem Alex und Mora geduscht und ihre Reisetaschen ausgepackt hatten, schlüpften sie in bequeme Freizeitkleidung. Als sie gerade ihre Tochter an eine der mitgekommenen Mara-Kinderschwestern übergeben wollten, rematerialisierten ihre beiden schon fast erwachsenen Zwillinge, ganz so, wie bereits erwartet per Teleportersprung im Wohnraum des hübsch modernisierten Appartements.

Noch in derselben Sekunde raste Mora Kranz auf ihre Teenager zu, betrachtete sie eine Weile und quietschte dann begeistert: „Endlich, endlich, endlich. Menschenskind, wie habe ich euch zwei vermisst. Gut seht ihr aus. Kommt her, ich muss euch ein bisschen knuddeln. Ich hoffe, ich darf das noch – jetzt, wo ihr schon fast erwachsen seid.“

„Natürlich Mom, wir haben euch nämlich auch vermisst. Deshalb sind wir froh, dass wir euch endlich wiederhaben“, rief die quirlige Mora-Lisa mit glücklicher Miene, als sie sich nacheinander in die Arme ihrer Mutter und ihres Vaters warf und beide fest auf den Mund küsste.

Dann wandte sie sich an ihre Eltern und meinte: „Und mein schüchterner Herr Bruder freut sich ebenfalls, auch wenn dieser Stoffel das nicht so zeigen kann, wie ich.“

„Halt die Klappe, Lisa. Ich bin nicht schüchtern, sondern nur höflich. Nur deshalb habe ich dir als Frau den Vortritt gelassen“, kommentierte Maxi trocken die Worte seiner Schwester. Doch dann umarmte auch er seine Eltern und drückte beide fest an sich.

„So, wie ihr beide strahlt, scheinen die Abschlussprüfungen ja ganz gut gelaufen zu sein“, meldete sich jetzt Alexander Kranz zu Wort. „Darf man euch schon gratulieren?“

„Damit wartet ihr wohl besser bis zu unserer Graduationsfeier. Wir kennen unsere Noten ja selber noch nicht. Schließlich haben wir bis vor wenigen Minuten noch an unserer letzten Klausur getüftelt, die natürlich die Schwerste von allen war. Aber Lisa und ich haben ein gutes Gefühl und denken, dass wir die Prüfungen allesamt bestanden haben“, erwiderte Alex-Max in seinem gewohnt nüchternen Ton, wobei er, ebenso, wie seine Schwester den Stolz über das im Zuge der Ausbildung Erreichte nicht zu verhehlen vermochte.

„Wobei nur die Frage offen ist, wer von uns beiden besser abgeschnitten hat. Dieser angeberische Kerl bildet sich nämlich ein, dass er morgen Nachmittag als Klassenbester geehrt wird. Nur hat er seine Rechnung – so, wie üblich – ganz ohne mich gemacht“, scherzte jetzt Mora-Lisa, während sie ihren Bruder mit einem kecken Seitenblick aus ihren meergrünen Augen bedachte.

„Ist doch ganz egal, wer von euch beiden der oder die Bessere ist. Hauptsache ist doch, dass ihr jetzt vollwertige Mitglieder in der JDEF werdet. Aber wieso findet eure Feier schon morgen Nachmittag statt?“, fragte Mora ihre Kinder sofort.

„Setzen wir uns doch erst mal auf diese schicke Couch, dann beantworten wir gerne all eure Fragen. Doch zuvor möchten Maxi und ich unsere Schwester Anna kennenlernen. Wo ist sie denn hingekommen, sie war doch grad noch da?

Wir haben zwar vorhin euren Gedanken entnommen, dass ihr eigentlich noch mit uns spazieren gehen wolltet, aber wir würden lieber hier in eurem Appartement mit euch quatschen und ein bisschen mit unserer kleinen Schwester spielen. Die haben wir nämlich ebenfalls ganz doll vermisst“, meldete sich jetzt wieder die siebzehnjährige Mora-Lisa zu Wort.

„Eure kleine Schwester wird gerade bettfertig angezogen und gefüttert – immerhin hat sie ja eine anstrengende Reise hinter sich. Schaut hin, da kommt unser Schätzchen auch schon zu uns zurück“, meinte Mora Kranz, als die Mara-Androidin mit der dreijährigen Anna das Wohnzimmer betrat.

„Wow, bist du gewachsen. Und hübsch bist du – meine Güte, du hast ja dieselben roten Locken, wie ich“, rief Lisa ganz hingerissen, als die kleine Anna auch schon mit lautem Quietschen in die Arme ihrer älteren Schwester teleportierte und sich an ihr festklammerte.

„Oho, eine kleine Teleporterin bist du also auch. Und noch dazu ‘ne ziemlich fähige Telepathin. Wir haben dich bereits während des Anflugs auf TERRA sehr gut empfangen können. Das war toll, jedoch wollen Maxi und ich jetzt mal sehen, wie gut du schon sprechen kannst. Das kannst du doch schon – oder?“, sagte Mora-Lisa, während sie sich ihre Schwester Anna auf den Schoß setzte.

„Kann ich, Lisa – aber nur wenn ich will, denn viel lieber unterhalte ich mich in meinem Kopf mit euch. Lach nicht, Mama – das ist überhaupt nicht witzig“, ließ sich jetzt die Dreijährige mit in die Hüften gestemmten Ärmchen vernehmen, als sie das prustende Lachen ihrer Mutter und ihres Vaters vernahm.

„Mach dir nichts draus, kleine Schwester – so sind Eltern eben. Bei Maxi und mir haben sie das in dem Alter genauso gemacht. Aber wenn du ihre tieferen Gedanken liest, wirst du erkennen, wie glücklich sie über uns drei Geschwister sind. Magst du vielleicht mit Maxi und mir spielen?“

„Au ja, Lisa. Sollen wir vielleicht miteinander ein paar Sachen durch die Luft fliegen lassen? Mama und Papa haben zwar immer geschimpft, wenn ich das an Bord unseres Schiffes gemacht habe. Doch jetzt sind wir ja wieder daheim und da können wir ja kein wichtiges Inventar kaputtmachen.“

„Du bist mir vielleicht eine wilde Maus. Und Telekinetin bist du also außerdem. Das ist klasse, Anna. Wusstest du schon, dass wir zwei ebenfalls die Telekinese beherrschen?“

„Klar – weiß ich das. Seht ihr die Obstschale da drüben auf dem Tisch?“

Während gleich nach Annas Worten diverse Äpfel und Orangen durch das Wohnzimmer zu schweben begannen, meinte die Kleine nachdenklich: „Was ich aber nicht weiß – was sind das für komische Anzüge, die ihr beide da anhabt. Das Dunkelblau ist zwar schick – aber muss ich sowas später auch mal anziehen. Ich meine, wenn ich mal groß bin?“

Nachdem die darauffolgende Lachsalve ihrer Eltern abebbte, ging jetzt Mora-Lisa barsch dazwischen: „Mom, Dad – das ist nicht zum Lachen! Anna hat eine berechtigte Frage gestellt, auf die sie eine ernsthafte Antwort verdient. Lacht also nicht so schallend, sondern freut euch irgendwie anders, verdammt!“

Damit nahm sie ihre Schwester auf ihren Schoß und fuhr sanft über deren rotgelockten Haarschopf, bevor sie ihrer Schwester leise zuflüsterte:

„Eltern können manchmal ziemlich albern sein, wenn sie sich über ihre Kids freuen. Doch jetzt pass auf, mein Schatz. Das, was wir beide anhaben, ist die Ausgehuniform unserer JDEF, wie sie von allen Junioroffizieren getragen wird.

Maxi und ich wollen nämlich später mal, so wie unsere Eltern, Raumschiffkapitäne werden. Und damit man das darf, muss man eine ganze Menge in der Schule, und später in der Raumakademie lernen.

Das alles dauert ziemlich lange – aber wie du ja schon mitbekommen hast, sind wir als deine Geschwister mit der dafür nötigen Ausbildung heute erst fertig geworden. Deshalb hoffen wir im Moment, dass wir das Gelernte, nach dem vielen theoretischen Büffeln, möglichst bald in der Praxis üben dürfen. Denn nur, wenn man ordentlich an Bord eines Raumschiffs trainiert, wird man irgendwann mal ein guter Raumschiffcaptain, der seiner Crew Befehle geben darf.“

„Wenn ich groß bin, will ich auch mal so ein Kaptän werden“, warf die kleine Anna an dieser Stelle mit ernster Miene ein. „Befehlen und Sachen fliegenlassen kann ich nämlich schon ganz gut“, fügte sie gleich noch trocken hinzu, während sie das in der Luft tanzende Obst vorsichtig wieder in die leerstehende Obstschale beförderte.

„Okay Anna, falls du also später mal denselben Weg wie wir gehen möchtest, kriegst du auch so ‘ne schicke dunkelblaue Uniform. Die trägt man aber nur an Land oder bei festlichen Anlässen. Denn an Bord tauscht man die gegen die hellblauen Kombinationen, die du ja bereits von Mom und Dad kennst“, mischte sich an dieser Stelle ihr Bruder Alex-Max in das Gespräch unter Geschwistern ein.

„Und was bedeuten die Metallknöpfe an euren Hemdkrägen? Die gab es bei unserem Abflug meines Wissens nämlich noch nicht“, fragte Alexander Kranz daraufhin seinen Sohn.

„Das sind Fähnrichsabzeichen, die unseren derzeitigen Rang in der terranischen Raumflotte symbolisieren. Und morgen kommt dann bei uns beiden mit der Beförderung zum Leutnant der JDEF noch ein weiterer Knopf hinzu – vorausgesetzt natürlich, dass wir die Akademieausbildung bestanden haben“, erwiderte Alex-Max prompt.

„Verstehe – und das passiert morgen Nachmittag. Und wann feiert ihr das Erreichte im Anschluss? Immerhin ist sowas doch meistens üblich – oder nicht? Ich frage deswegen, weil ja morgen Abend unser offizielles Begrüßungszeremoniell steigen soll.“

„Tja, mein lieber Paps, eigentlich dürften wir ja noch nicht darüber sprechen. Aber wie sich meine gerade in meinen Gedanken schnüffelnde neugierige Mutter schon denken kann, hat die Führung der JDEF beschlossen, beide Events morgen Abend einfach zusammenzulegen.“

„So, haben die das. Grundgütiger – dann erwarten die wahrscheinlich noch, dass wir morgen Abend über unsere gerade erst zurückliegenden Abenteuer berichten und dazu eine kurze Rede halten“, fasste sich in diesem Moment Mora Kranz an ihren Kopf.

„Nicht wir – du, werte Fürstin bist diejenige, die eine Rede halten muss. Ist schließlich dein Job als Kommandantin der MHORA-X2, die als einziges Schiff heute hier gelandet ist. Aber keine Sorge meine Liebe, ich werde dich als dein treuergebener 1. Offizier dabei gerne unterstützen – ich meine, falls du plötzlich nicht mehr weiterweißt“, grinste Alex sein Eheweib jetzt unvermittelt an – was ihm natürlich sofort einen Knuff seiner Gattin eintrug.

„Na super – ich bin begeistert. Sehen wir also lieber zu, dass wir so langsam mal ins Bett kommen. Wie ich sehe, ist unsere Anna auf Lisas Schoß ja auch schon eingeschlafen. Also liebe Kinder, wir sehen uns morgen beim Frühstück und dann erzählt ihr mir, warum ihr den Doc und meine Cousine als eure bisherigen Pflegeeltern heute Abend nicht mit hergebracht habt. Immerhin ist es ja ihr Verdienst, dass sie sich so gut um euch gekümmert haben, wofür wir den beiden gerne schon heute gedankt hätten.“

„Das stimmt, Mom. Alec und Mora-Sher waren als eure Stellvertreter wirklich tolle, aber dennoch beharrliche Ersatzeltern. Wahrscheinlich, weil sie mit ihrem eigenen Sohn Alec-Robert ja erziehungsmäßig noch einen dritten Teenager an der Backe hatten. Wobei es allerdings eine ausgezeichnete Idee von euch war, uns alle zusammen in eurem Schwabinger Penthouse wohnen zu lassen.

Platz für uns alle gab es dort ja genug. Außerdem lassen sich die Schwabinger Studentenkneipen und der Englische Garten von eurem Penthouse-Appartement aus abends ebenfalls problemlos zu Fuß erreichen. Für Studenten ist das also ein super Unterkunftsstandort, vor allem am Wochenende. Und meistens durfte auch Bobby, so nennen wir unseren Kumpel Alec-Robert inzwischen, mit uns mitkommen. Vor allem, weil Mora-Sher und der Doc auf diese Weise dafür gesorgt haben, dass wir alle drei nicht über die Stränge schlagen konnten.

Denn mit diesem Trick haben sie Lisa und mir bei solchen Anlässen stets die Verantwortung für unseren drei Jahre jüngeren Cousin übertragen. Was aber für uns beide nicht besonders schlimm war, denn Bobby und wir zwei interessieren uns in Schwabing eher für die einschlägigen Kleinkunstkneipen und nicht so sehr fürs Maßbiertrinken. Na ja, jedenfalls ist das in den meisten Fällen so gewesen.“

„Sehr schlau. Das haben der Doc und Moras Cousine ziemlich geschickt arrangiert. Danke für deine ehrliche Antwort, mein Sohn“, entgegnete Alexander Kranz umgehend mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Was hat euer Kumpel Bobby denn in Zukunft mit seinem Leben so vor? Ich meine, in welchen Beruf möchte er denn künftig einsteigen? Mit der Schule müsste er doch inzwischen beinahe fertig sein.“

„Das stimmt nicht ganz, Paps. Bobby lernt nämlich noch schneller als wir. Er ist ja nicht nur Teleporter wie sein Dad, sondern er verfügt, genauso wie du, überdies über latente telepathische Fähigkeiten.

Damit will ich nicht sagen, dass er die zum Pfuschen in Klausurprüfungen benutzt – vielmehr ist es so, dass er aufgrund seiner Para-Begabung und mit Hilfe der larojanischen Hypno-Ausbildungsmethode komplexeste Sachverhalte rascher versteht, als andere Studenten seiner Fachrichtung“, beantwortete Alex-Max jetzt die Frage seines Vaters, bevor er von seiner Schwester unterbrochen wurde:

„Deshalb hat unser bester Kumpel auch sehr viel schneller als wir die Hochschulreife mit Bestnoten erlangt und ist schon im Alter von dreizehneinhalb Jahren in sein Medizinstudium an der von seinen Eltern geleitenden medizinischen Fakultät unserer Akademie eingestiegen.

Darüber hinaus hat unser Freund Alec-Robert schon während seiner letzten Gymnasialklasse freiwillig mit uns die Pilotenausbildung bei Oberst Ackermann begonnen. Wobei er sich für seine endgültige Zertifizierung als Raumpilot allerdings noch ein wenig Zeit nehmen möchte, zumal das ja auch nicht sein vorrangiger Berufswunsch ist.

Nur hält er es für wichtig, solch ein Raumgefährt im Notfall auch selber bewegen zu können. Sein eigentliches Berufsziel ist es jedoch, nach Abschluss seines Medizinstudiums als Bordarzt auf einem Raumschiff der JDEF zu dienen.“

Nach diesen Worten wandte sich Mora-Lisa noch einmal an ihre in den letzten Minuten ungewöhnlich schweigsam gewordene und in Gedanken versunkene Mutter.

„Liebe Mummy, guck mich nicht so ernst an. Was deine Rede bei eurer offiziellen Begrüßungsfete morgen Abend angeht so wird das schon nicht so schlimm werden, wie du gerade denkst.

Immerhin hast du der Sage nach ja schon mal in der damaligen UNO einigen hochnäsigen Politikern die Leviten gelesen8. So ‘ne kurze Ansprache in Form eines knappen Grußworts kriegst du da doch ganz locker aus dem Stegreif hin. Und was Alec und deine Cousine Mora-Sher betrifft, kann ich deine eben gestellte Frage auch gleich beantworten:

Soweit wir wissen, sind die beiden Ärzte in unserer Großfamilie, momentan unabkömmlich, weil sie angeblich eine Überraschung für euch vorbereiten. Weshalb sie bereits schon Stunden vor der Landung der MHORA-X2 in eure Penthousewohnung nach München zurückgefahren sind. Und ihr Junior und Medizinstudent Alec-Robert hatte zum Zeitpunkt eurer Landung eine wichtige Vorlesung, weshalb er ebenfalls nicht bei der Landung der MHORA-X2 anwesend sein konnte.“

„Was da aber hinsichtlich irgendwelcher Überraschungen in eurem Schwabinger Penthouse genau abgeht, haben eure Verwandten uns leider nicht verraten wollen – und der Höflichkeit halber haben wir beide auch nicht in ihren Gedanken herumspioniert.

Ich schätze aber, dass sich das Rätsel spätestens morgen Abend bei den von Tante Susi organisierten offiziellen Feierlichkeiten auflösen wird“, ergänzte Moras Sohn Alex-Max die Worte seiner Schwester, bevor er ihr half, die kleine Anna endlich in ihr Bett im benachbarten Kinderzimmer zu bringen, wo die freundliche Mara-Androiden bereits seit einiger Zeit auf die Kleine wartete.

Als die beiden Geschwister danach wieder in den Wohnraum des Elternappartements zurückkehrten, zögerten sie noch einen Moment mit der Verabschiedung von ihren bereits ziemlich müde wirkenden Eltern.

„Ich seh‘ euch doch an, dass euch noch etwas auf dem Herzen liegt. Also druckst nicht herum und sprecht es aus, ehe ihr unzufrieden in eure Unterkunft nach München verschwindet“, meinte Alexander Kranz deshalb, als er schon dabei war, seine beiden Zwillinge zu umarmen und zum Abschied zu küssen.

„Was meinst du, Lisa? Sollen wir gleich heute Abend noch mit der Tür ins Haus fallen? Eigentlich wollten wir damit doch bis nach unserer morgigen Graduierung warten“, fragte Alex-Max mit einem kurzen Blick auf seine bildhübsche Schwester.

„Fallen wir halt in die Tür des Hauses – lass es uns also meinetwegen offenbaren – mehr als NEIN können sie ja schließlich nicht sagen“, knurrte Mora-Lisa jetzt leise vor sich hin.

„Was geht ab, meine Schätzchen? Habt ihr euch etwa in eurem jugendlichen Alter schon jeder einen festen Partner angelacht? Eure Direktorin Nora Kirschner hat vorhin uns gegenüber sowas Ähnliches durch die Blume angedeutet.“

„Nöh, das ist es nicht – es geht um ganz was anderes“, entgegnete Alex-Max jetzt mit leicht verkniffener Miene.

„Ist es doch!“, herrschte ihn seine Schwester unverzüglich an. „Wag es ja nicht unsere Eltern zu belügen. Zumal uns Tante Nora ja schon verpetzt hat. Also Mom und Dad – ja, es stimmt. Wir beide führen schon seit einigen Monaten eine ernsthafte Beziehung mit zwei reizenden Kommilitonen von uns.

Die beiden sind Geschwister und mit den Rücksiedlern von KRONOS AQUA nach TERRA gekommen, wo sie über die letzten Jahre hinweg zusammen mit uns studiert haben.

Mein bester Freund ist neunzehn Jahre alt und er heißt Moana, das bedeutet Sohn des Meeres. Und Maxis engste Freundin ist achtzehn und hört auf den Namen Kala, was man in unsere Sprache mit dem Wort Prinzessin aus dem Meer übersetzen könnte.

Das Problem ist nur, das diese zwei jungen Aquanauten die einzigen Kinder von Ratspräsidentin Alami auf ENCELADUS sind, die von ihrer Mutter zur Ausbildung auf die ERDE geschickt wurden, um später in der Raumflotte der Encelader zu dienen.

Was natürlich zur Folge hat, dass wir uns schon bald wieder voneinander trennen müssen, obwohl wir uns so sehr mögen“, schluchzte Mora-Lisa augenblicklich los.

„Nochmal hinsetzen – alle beide!“, fuhr Mora Kranz ihre Zwillinge sogleich mit barscher Stimme an.

„Präsidentin Alamis Kinder – ich bin sprachlos. Doch ihr kennt mich beide gut genug, dass ich euren offensichtlichen Liebeskummer nicht auf sich beruhen lassen werde. Lasst euren Vater und mich erst mal eine Nacht lang über eure Offenbarung nachdenken und dann beraten wir in den kommenden Tagen gemeinsam, wie eine Lösung eures Dilemmas aussehen könnte.“

Damit umarmte Mora ihre beiden Kinder und sagte leise: „Wir kriegen das geregelt, meine Lieblinge. Vorausgesetzt, ihr beiden Heimlichtuer mögt eure beiden Partner wirklich so aufrichtig, wie ich das gerade ohne zu Schnüffeln in euren Gedanken fühle. Deshalb stellt ihr uns eure Partner morgen auch vor.

Wenn wir die beiden kennengelernt und mit ihnen gesprochen haben, rufe ich im Anschluss General Tony Mastersons Ehefrau Ayla an. Ich bin mir nämlich sehr sicher, dass sie uns bei der Bewältigung eures Problems behilflich sein kann. Immerhin hat die gute Ayla ja selber einen Terraner geheiratet.“

„Danke Mummy – vielen, vielen Dank. Ich bin ja so froh, dass ihr uns ohne Vorbehalt unterstützen wollt. Und Maxi sieht das, seinen Gedanken nach, mittlerweile ganz genauso, wie ich.

Nur ist er halt doch ein schüchterner Bursche, der sowas nur im Stillen vor sich hindenkt, weil er seine wahren Gefühle nicht so gerne nach Außen trägt. Jedoch ist er trotzdem mein allerliebster Bruder, mit dem ich jederzeit an Bord eines Raumschiffs Pferde stehlen würde.“

„Womit wir bei dem zweiten Problem wären, das ich bei meiner ersten Antwort gemeint habe. Ich hab‘ vorhin nämlich nicht gelogen. Was ich nämlich zunächst ansprechen wollte, ist eine Bitte an euch, die wir beide zu einem ganz anderen Thema haben“, ergriff jetzt Alexander-Max noch einmal das Wort.

„Die da lautet, mein Sohn? Heraus damit und sprich nicht so rätselhaft – oder muss ich wirklich erst in deinen und Lisas Gedanken herumbohren?“, erwiderte ihre Mutter unverzüglich.

„Na ja – es geht dabei um euer ehrwürdiges 800m-Schiff, die MHORA-X2. Wir haben ja die Flottennachrichten in den letzten Tagen intensiv verfolgt – und daher wissen wir, dass ihr euren Explorer schon bald an Oberst Rando Starke und seine Frau Marianne als künftige Kommandanten übergeben wollt.

Darüber hinaus ist uns bekannt, dass die MHORA-X2 nach der Grundwartung in Erding demnächst in die Modernisierung nach Nevada überführt werden muss, sobald dort ein Liegeplatz in Admiral Anuk-Thors Werft frei wird. Und da Rando und Mary jetzt ja ein paar Juniorpiloten gut gebrauchen könnten – und da wir inzwischen die nötigen Lizenzen erworben haben, würden wir halt gerne bei ihnen als Piloten anheuern.“

„Wow – das kommt zwar überraschend, ist aber zugleich eine großartige Idee, meine Schätze. Alex und meinen Segen habt ihr dafür auf jeden Fall. Ihr müsst Rando und Mary morgen nur noch selber darauf ansprechen, um ihr Einverständnis zu eurem gewagten Plan einzuholen.

Denn das müsst ihr schon selber tun und den beiden künftigen Kommandanten eure Qualifikation beweisen. Alex und ich werden uns nämlich aus dieser Sache raushalten. Das bedeutet im Klartext: Unterstützung ja, Protektionismus nein“, brach es noch in diesem Moment äußerst spontan aus der still vor sich hin grinsenden Mora Kranz heraus.

„Ich stimme eurer Mutter zu“, ließ sich jetzt auch Alexander Kranz nach kurzem Nachdenken auf das angesprochene Thema ein.

„Ich bin ebenfalls sehr dafür, dass ihr auf der MHORA-X2, die ja nach der Modernisierung den Namen MHORA-X erhalten wird, praktische Erfahrung sammelt, ehe ihr in scharfe Einsätze geht. Wobei das gerade angesichts der bevorstehenden Hochrüstung weit über das bloße Chauffieren eines Raumschiffs hinausgehen wird. Das wird harte Arbeit, bei der man aber auch viel über larojanische, lemurische und mandoranische Schiffstechnik lernen kann. Ich hoffe, das ist euch beiden klar.

Sagt mir heute Abend jedoch bitte noch, wie sich euer diesbezüglicher Herzenswunsch und die bis dato geplante Ergänzungsausbildung an der larojanischen Raumakademie miteinander verträgt? Das passt doch terminlich mit euren bisherigen Ambitionen überhaupt nicht zusammen – oder?“

„Damit hast du wohl recht, Paps. Nur haben wir im Flurfunk gehört, dass auch ihr beide eure künftige Tätigkeit als terranische Botschafter auf LARO 5 wegen der geplanten ORION-Mission ebenfalls nochmal eine gewisse Zeitlang aufschieben wollt. Das ist doch richtig – oder?“, erwiderte Mora-Lisa sogleich.

„Flurfunk soso. Gebt’s lieber zu, ihr zwei Neugierigen habt uns anscheinend wieder mal während unseres Rückflugs heimlich belauscht“, erwiderte Mora Kranz prompt an die Adresse ihrer Kinder.

Dann fügte sie gleich noch hinzu: „Also gut – ja, es stimmt. Wir beide beabsichtigen tatsächlich, die Suche nach unserem Freund Mero-Khan als Berater des dafür ausgewählten Flottenkommandeurs mitzumachen. Das sind wir ihm und seiner Besatzung schließlich schuldig. Nur wird bis dahin noch ein gerütteltes Maß an Zeit für die notwendigen Vorbereitungen ins Land ziehen.

Und daher ist es ziemlich wurscht, ob ihr schon jetzt, oder erst in zwei bis drei Jahren mit eurem Zusatztraining auf LARO 5 beginnt. Deswegen haben dein Vater und ich nichts gegen euren Plan einzuwenden. Vor allem, weil auch wir es sehr begrüßen würden, wenn ihr euch zwei Jahre vor unserer endgültigen Pensionierung auf LARO 5 einfinden würdet. Jedoch sprechen wir darüber später nochmal genauer, wenn wir die in absehbarer Zeit beginnende schulische Laufbahn eurer kleinen Schwester Anna geregelt haben, okay?“

„Danke, Mom. Ihr seid die besten Eltern der Welt. Nur seid ihr euch doch hoffentlich darüber im Klaren, dass wir nach eurer Zustimmung auch den Flug ins ORION-System an Bord des dann modernisierten Explorers MHORA-X3 mitmachen wollen.

Ein bisschen Praxis kann uns ja schließlich nicht schaden – hat Dad eben selber gesagt“, entgegnete Mora-Lisa mit einem verschmitzten Lächeln, als sie auch schon eilig aus dem Wohnzimmer ihrer Eltern verschwand und dabei ihren etwas perplex aussehenden Bruder am Arm hinter sich herzog.

Die ORION-Mission

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