Читать книгу Marsmonde - K. D. Beyer - Страница 4
Kapitel 1
ОглавлениеEs begann im Frühling, mit einem Kuss.
Mit einem Kuss, der sanft Helenas Wange streichelte.
Sie wich zurück, wie vor einem Feuerstrahl. Denn es war nicht nur dieser zarte Hauch, der Helena aus dem Takt brachte, sondern die vage Begegnung, die Berührung, die Schwingung.
Kalter Schweiß lief ihr über den Rücken und ihre zarten Haare auf ihren Unterarmen stellten sich auf, wie Zinnsoldaten, während eine ganze Armada von Botenstoffen Helena in höchste Alarmbereitschaft setzte.
Sie löste sich mit einer geschickten Drehung aus der Situation und landete in Annas Armen, die sie heftig drückte und herzte. Anna fühlte sich weich und warm an und ihrer Umarmung zu entgehen, gestaltete sich für Helena als weitaus schwieriger als die Flucht vor Leopold.
Anna verlieh unbeschwert ihrer Freude Ausdruck. Sie pendelte mit Helena im Arm fröhlich hin und her und Helena gab sich große Mühe, ebenso vergnügt zu wirken, wie Anna.
Eigentlich kannte sie die beiden kaum.
Sie hatte Anna und Leopold nur zufällig vor etwas über einem Monat kennen gelernt.
Alle drei wohnten in diesem großen, anonymen Hochhaus in der Innenstadt. Jeder hatte seine eigene Wohnung und und unter normalen Umständen wären sich diese drei unterschiedlichen Menschen niemals begegnet.
Anna, die lebensmüde Polizistin, die nun wieder mit neuer Energie zurück ins Leben drängte, Leopold, ihr Psychotherapeut, der über allen Dingen zu schweben schien und die blasse, reservierte Helena.
Anna hatte Helena sofort in ihr Herz geschlossen. Für sie war die geheimnisvolle Fremde das perfekte Vorbild und sie bewunderte sie sehr. Auch wenn Anna genau wusste, dass sie niemals so cool und gelassen durch das Leben gehen würde, wie Helena, fühlte sie sich eng mit ihr verbunden.
Die beiden Frauen waren wie Tag und Nacht – in jederlei Hinsicht.
„Königin der Nacht“ – diesen Spitznamen hatte Anna ihrer neuen Freundin verliehen. Denn in einer rasanten Nacht- und Nebel-Aktion hatte Helena mit beeindruckendem Körpereinsatz Anna und Leopold geholfen hatte, einen Einbrecher zur Stecke zu bringen.
Seit diesem Erlebnis fühlten sich die beiden irgendwie dazu verpflichtet, sich um die einsame Helena zu kümmern.
Helena war natürlich weder hilfsbedürftig noch alleine. Ganz im Gegenteil: sie war gut vernetzt und ihre persönlichen Kontakte fand sie völlig ausreichend.
Als die beiden gegangen waren, starrte Helena grimmig auf die geschlossene Wohnungstüre, durch die die beiden endlich gegangen waren.
Diese beiden seltsamen Vögel hatte sie nicht bestellt!
Morgen würde sie einen Umzugs-Antrag für eine neue Wohnung stellen. Sie konnte unmöglich vernünftig weiter arbeiten, wenn das so weiter ging.
Entschlossen ging Helena ins Wohnzimmer und schaltete diesen blöden Fernseher ein.
Nach nur zehn Minuten zog sie verwirrt den Stecker der Flimmerkiste und setzte sich an ihren Schreibtisch, um ihren Tagesbericht zu schreiben.
Doch ihre Gedanken schweiften immer wieder ab, zurück zu dem Beitrag, den sie gerade gesehen hatte.
Hastig klickte sie auf alle relevanten Punkte im Online-Formular und kontrollierte und ergänzte noch einmal gewissenhaft ihre Angaben bevor sie mit einem kräftigen Klick den Befehl zum „Senden“ gab.
Wie jeden Abend nahm sie ihre Cyberbrille, legte sich auf die Couch mit dem weichen, roten Polster und wählte ein Reise-Programm zur Entspannung.