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ZEHN

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>>Ich bin so froh dass du wieder bei uns bist<<, erklärt Lisa zum wiederholten Male, sie kann ihr Glück kaum fassen. Der Mönch hat recht behalten, Max ist wieder zurückgekehrt. Ob er sich jetzt wohl von ihr helfen lassen wird? Denn, dass er immer noch sehr leidet, sieht Lisa mit einem Blick, doch sie traut sich nicht ihn darauf anzusprechen.

Nach einer ausgiebigen und sehr ausgelassenen Begrüßung aller Hausbewohner ziehen sich Lisa und ihr Bruder in die inzwischen fertiggestellte Wohnung seiner Schwester zurück. Noch bevor sie vor Monaten nach Russland aufgebrochen sind, wurde mit dem Ausbau des Dachgeschosses begonnen und heute sieht Max zum ersten Mal das Ergebnis.

>>Schön ist die Wohnung geworden<<, bemerkt er traurig lächelnd, denn sofort ist die Erinnerung an Nicole wieder präsent. Sie hatte sich am Ende immer häufiger über die Lautstärke und den Dreck des Ausbaus beschwert und konnte deren Ende kaum erwarten.

>>Ja, ich liebe diese Wohnung sehr<<, stimmt Lisa begeistert zu, >>komm ich möchte dir etwas zeigen.<< Aufgeregt nimmt sie ihren Bruder an die Hand und führt ihn durch das kleine Wohnzimmer auf die Dachterrasse. Ein atemberaubender Ausblick empfängt Max. Die Berge des nahen Hohetauern Gebirges scheinen zum Greifen nah, man meint fast, einzelne Steine und Felsvorsprünge mit losem Auge erkennen zu können. Die Sonne steht hoch über den Bergen und taucht sie in ein atemberaubendes Licht. Hohe Wälder wechseln sich mit frischen Grashängen ab und über der Waldgrenze erheben sich majestätisch die gewaltigen Gipfel der Bergkette. Er ist fasziniert von der Schönheit dieser Landschaft, die ihn so sehr berührt, dass sich seine Augen mit Tränen füllen.

>>Es ist wunderschön hier<<, flüstert er leise.

Als Lisa sieht, wie emotional ihr Bruder wird, verliert sie jegliche Angst.

>>Bitte Max lass dir von mir helfen<<, fleht sie ihn inständig an.

Traurig lächelnd wendet Max sich seiner Schwester zu.

>>Das ist lange überfällig nicht wahr? Ich war so dumm Lisa<<, beginnt Max.

>>Ich dachte, wenn ich mir von dir helfen lasse und mir der Schmerz um Nicole genommen wird, ich sie damit verraten würde. Lange fühlte ich so und auch heute bin ich mir noch nicht sicher, ob ich mir diese Erleichterung gestatten darf. Nein, bitte unterbrich mich nicht<<, würgt Max den Widerspruch seiner Schwester im Keim ab. >>Ich konnte Nicole nicht helfen, bin so ohnmächtig angesichts der Qual, die mir ihr Verlust bereitet und doch denke ich, dass ich dieses Leid durchstehen muss. Dass ich ihr das schuldig bin, verrückt ich weiß, doch ich fühle so. Habe so gefühlt, muss ich mich berichtigen. Ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist, doch ganz plötzlich, ich habe mich daran erinnert, wie ich Nicole kennenlernte, was wir miteinander durchgemacht haben und wie groß unsere Liebe war. Wie sehr ich gelitten hatte, als wir sie aus der Gewalt von Dr. Maikow befreien konnte, sie jedoch nicht mehr sie selbst war. Habe mich an die folgenden, glücklichsten Monate meines Lebens und die Geburt von Samanta erinnert und dann war es mir plötzlich klar. Ich muss mir von dir helfen lassen. Ich habe eine Verantwortung meiner Tochter gegenüber, der ich bereits viel zu lange nicht nachgekommen bin, mich wie ein Feigling verhalten habe.<<

Wieder winkt Maximilian ab, als Lisa etwas einwenden möchte.

>>Es ist die Wahrheit Lisa, ich habe mich feige verhalten. Ich konnte den Anblick meiner eignen Tochter nicht ertragen, was bin ich für ein Vater? Jeden einzelnen Tag, den ich nicht bei ihr sein konnte, machte ich mir schwere Vorwürfe, doch zurück zu kehren war keine Option. Ich dachte, ich hätte nicht die Kraft dazu. Wie konnte ich nur jemals so denken? Ich allein bin für sie verantwortlich, nach Nicoles Tod noch mehr denn je und was mache ich? Ich überlasse dir meine Tochter, mache es mir einfach und verschwinde.

Wie kann ich mir dies jemals verzeihen?

Wie soll Samanta mir dies jemals verzeihen?

Sie ist noch sehr klein und hat vielleicht nichts mitbekommen, doch ich muss keine übernatürlichen Fähigkeiten haben, um zu erkennen, dass Samanta ein ganz besonderes Kind ist. Man muss dem Kind nur in die Augen sehen und weiß sofort, dass die Kleine mehr weiß, als sie äußern kann. Vielleicht war es auch das, was mich fort getrieben hat. Fühlt meine Tochter, dass ich ihre Nähe kaum ertragen kann? Diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt.<<

Sanft greift Lisa nach den Händen ihres Bruders und sieht ihm zärtlich in die Augen.

>>Vielleicht hast du einfach nur etwas Zeit gebraucht. Jeder trauert anders, manche Menschen brauchen Andere um ihre Trauer zu bewältigen, vielleicht musstest du allein sein. Du bist jetzt wieder hier, das ist das Wichtigste.

Und was Samanta angeht, gebe ich dir recht, sie sieht und weiß viel mehr, als man bei einem so kleinen Kind vermuten könnte. Sie entwickelt sich völlig normal, doch auch mir ist der Ausdruck ihrer Augen schon aufgefallen. Samantas Augen strahlen Güte und Herzlichkeit, aber auch ein tiefes Wissen um Dinge aus, die sie in ihrem Alter einfach noch nicht wissen kann. Ich habe bereits mit dem Professor darüber gesprochen, er hat mich ausgelacht, doch ich stimme dir zu Max. Samanta ist etwas ganz besonderes und gerade deshalb wird sie dir verzeihen.<<

>>Lass mich dir helfen Max<<, bittet Lisa ihren Bruder mitfühlend.

>>Du musst diesen lähmenden Schmerz loslassen, er hindert dich daran, weiter leben zu wollen, glaub mir, ich weiß wie du dich fühlst. Als ich Nicole damals den Schmerz um dich nehmen durfte, konnte ich ein klein wenig von der Qual in mich aufnehmen, die Nicole in sich getragen hat. Ich bin bereit, das Selbe für dich zu tun, wenn du mich lässt<<, schließt die junge Frau leise.

Sanft nickend nimmt Max die Hände seine Schwester in die seine.

>>Fang an.<<

Lisa lehnt ihre Stirn leicht gegen die ihres Bruders, schließt die Augen und verbindet sich mit seinem Geist. Fast augenblicklich überträgt sich ein gewaltiger Schmerz, den sie, da sie damit gerechnet hat, abblockt, aber doch in sich aufnimmt. Sie überträgt einen großen Teil des Leides ihres Bruders auf sich. Vor den Gefühlen und Bildern, die dabei durch sie hindurchfließen schützt sie sich, lässt sie jedoch ungehindert durch. Es dauert nur wenige Sekunden, dann löst sie die Verbindung, ihre Augen schwimmen in Tränen, doch sie lächelt ihren Bruder an, der erstaunt seine Augen öffnet.

Der Schmerz und die tiefe, ihn in den Abgrund ziehende Verzweiflung ist fort. Er ist fassungslos vor Erstaunen. Eine tiefe Traurigkeit ist noch vorhanden, er kann sie ganz tief in sich spüren und weiß, dass er diese auch nie mehr loswerden wird, doch diese alles verzehrende Hoffnungslosigkeit ist verschwunden. Er fühlt sich, als ob er zum ersten Mal seit Monaten wieder wirklich richtig Atmen kann. Max fühlt sich von einer Last befreit, die ihn fast das Leben gekostet hätte. Nur zu existieren reicht nicht, er hat eine Verantwortung, er ist Vater und mit einem Male fühlt er sich der Verantwortung auch gewachsen. Er ist weit davon entfernt, sich glücklich zu nennen, doch er spürt, dass ein kleiner Keim gelegt wurde. Ein kleiner Same, der darauf wartet größer und stärker zu werden. Unendlich dankbar lächelt er seine Schwester an.

>>Ich weiß nicht, wie ich dir dies jemals danken kann.<<

DNA

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