Читать книгу Geliebt wird anders - Kadhira del Torro - Страница 3

1. Kapitel

Оглавление

Kim und Luzie flippten geradezu aus. Jonathan Dunmore kam her! Der Jonathan Dunmore, liebevoll John genannt, der das aus ihnen machte, was sie heute waren: Sexmonster. Diese Nachricht versetzte das Büro in den allgemeinen Notstand. Kim gab ihrer geradezu göttlich-keuschen Chefin höchstens eine Woche, Luzie eher zwei, weil Nicole ja so hartnäckig und kaltherzig war, wenn es um Männer ging. Carol und Pia - die anderen beiden Damen dieses ungewöhnlichen Freundschaftsringes und ebenfalls noch dem Stand der Jungfrauen angehörig - sahen dem eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie seufzten und schüttelten besorgt die Köpfe. Und Nicole? Sie hätte keinen Gedanken an dieses Treffen verschwendet, wenn Luzie und Kim sie nicht ununterbrochen daran erinnert hätten.

So auch jetzt, als Nicole in die Teeküche kam und Kim, Luzie und Kolleginnen gespannt vor dem kleinen Fernseher vorfand. Zwischen den Köpfen hindurch konnte sie das Bild einer zweimotorigen Piper sehen, die Jonathan Dunmore das letzte Stück seiner langen Reise transportiert hatte und jetzt entließ. Er wurde gefeiert wie ein Star, winkte und lächelte, einen Arm fest um die Hüfte einer Frau, die er an sich gezogen hatte. Na ja, Frau war nicht gerade die Bezeichnung, die Nicole der bunten Figur neben Dunmore geben würde. Barbie schon eher. Typisch. „Kim?“

„Gleich“, winkte die Brünette ab, drehte sich dabei nicht mal zu ihr um.

„Kim!“, wiederholte Nicole mit Nachdruck, jetzt sogar etwas ärgerlich.

„Sieh hin!“, meinte Kim unbeeindruckt, richtete ihren wohlgeformten Oberkörper auf und wies zum Fernseher. „Dein Rendezvous für heute Abend ist eingeflogen.“

„Er ist nicht mein Rendezvous“, widersprach Nicole und legte die Akte auf den Tisch. „Es ist ein Geschäftsessen. Nichts weiter!“

„Na klar!“, nickte Kim, lächelte und warf einen schmachtenden Blick zum Bildschirm, auf dem der Schwerenöter in Großaufnahme zu sehen war. Gerade schenkte er der Nation sein unwiderstehliches Lächeln, bereit, seinen Kommentar zum Thema Nicole Baker und deren unzweifelhaft berühmten Spitznamen Iron Virgin abzugeben.

Er bat mit erhobenen Händen um Ruhe. „Ich freue mich darauf, Miss Baker endlich persönlich kennenzulernen. Selbst in Europa habe ich von ihrem legendären Ruf gehört und ich empfinde es als eine Ehre, mit ihr heute Abend auszugehen.“

„Wir gehen nicht aus“, protestierte Nicole, als könnte er sie hören. „Es ist ein Geschäftsessen.“

Ein Reporter stellte eine Frage, die sie nicht mitbekam. Am liebsten hätte sie darum gebeten, den Ton lauter zu stellen, aber dann hätte man ja denken können, sie interessierte sich für das, was dieser Mann zu sagen hatte. Wieder eine Frage. Dunmore nahm dabei eine Fotografie entgegen. „Ich weiß nicht, ob Miss Baker und ich auf der gleichen Wellenlänge sind ...“ Ein werbewirksames Lächeln für die Kameras, ein intensiver Blick auf das Bild in seiner Hand – und das Grinsen in seinem Gesicht wurde deutlich breiter. Das Funkeln seiner Augen war selbst durch die langen Leitungen der TV-Stationen zu sehen, „... aber ich bin überzeugt, dass jeder von uns seine Vorstellungen einer produktiven Zusammenarbeit einbringen kann.“ Wieder ein Blick auf das Bild, noch einer, einer für den Reporter und der letzte, zart schmelzend, für die Kamera. „Ich hoffe, Sie sind auf unser Treffen vorbereitet, Miss Baker.“ Ein Seufzen ging durch das Büro – nein, sicherlich durch das ganze Land.

„Worauf du dich verlassen kannst“, knurrte Nicole und wandte sich ab. Ihr wurde übel bei dem Gedanken, diesem ..., diesem ... Ach, es lohnte überhaupt nicht, nach einer Bezeichnung für dieses Individuum zu suchen. Jedenfalls würde sie das Essen kurz und knapp halten, sofort nach dem Dessert verschwinden und alles weitere Montag hier im Büro besprechen. Wieso überhaupt Dessert? Musste sie unbedingt eins nehmen? Sie konnte darauf verzichten. Sie hatte weder Lust noch Zeit um irgendwelchen Spekulationen nachzugeben oder zu Jonathan Dunmores Privatvergnügen in einem Restaurant zu sitzen und Small Talk zu betreiben.

Nichts desto Trotz ging auch der arbeitsamste Nachmittag vorbei. Nicole nutzte die Heimfahrt in der Firmenlimousine zur intensiven Einsichtnahme der Akten für die nächste Woche. Vom Büro nach Hause hatte sie es nicht weit. Bei guter Verkehrslage benötigte der Wagen nicht länger als zwanzig Minuten. In diesen Zeitraum passten zwei Tassen Kaffee, ein Sandwich, das Studium zweier Akten und ein Diktat. Gleichsam blieben wenige Minuten zur völligen Entspannung, die in dem Moment vorbei war, in der Johann die Tür öffnete und sie in ihr trautes Heim entließ. Normalerweise stürzte sie zur Tür rein, legte Mantel und Handtasche ab und verschwand für die nächsten drei bis vier Stunden im Wohnzimmer, das von einem riesigen, alten Schreibtisch beherrscht wurde, der überladen war mit weiteren Akten und Notizen. Trotzdem fand sich ein freies Plätzchen für ihren Laptop, den sie ständig bei sich trug.

Heute jedoch war einer der wenigen Tage, an denen dieses allabendliche Procedere gestört wurde. Nicht von ihrem wöchentlichem Treffen mit ihren Freundinnen, an denen mit Pizza, chinesischem Essen oder was vom Italiener um die Ecke über alles und jeden hergezogen wurde, sondern von diesem Geschäftsessen mit Jonathan Dunmore, kurz John, das laut ihrem Oberstübchen keinen sinnvollen Nutzen erkennen ließ. Was, bitteschön, hatten sich ihr Vater und Frederick Dunmore dabei gedacht? Was sollte sie mit dem Filius heute Abend besprechen, was nicht auch auf der Willkommensparty nächste Woche ging? Sie sah es schon voraus. Er würde sich über die Zeitverschiebung beklagen, Kopfschmerzen oder ähnliches vorschieben und Geschäft Geschäft sein lassen, um sich lieber anderen Themen zuzuwenden, wie es seine patriotische Pflicht gegenüber den Medien und seinem Ruf als Casanova war. Apropos Medien. Hoffentlich hatte keiner der Reporter herausgefunden, wo dieses Treffen stattfand. Das letzte Mal, als sie mit einem Mann zusammentraf, hatte es fast eine Viertelstunde gedauert, bis sie an ihrem Platz war. Und warum? Weil die Meute sie belagert hatte, Interviews wollte, Prognosen, Sinn und Zweck des Treffens. Wen interessierte das? Niemanden. Sie wollten nur die Chancen wissen, die der Kerl bei ihr hatte. Standardantwort: Null, nothing, keine, nichts, zero, vergesst es, ist nicht drin. Und? Sie spekulierten trotzdem, wollten wenigstens ein Bild ergattern, auf dem sie beide zu sehen waren und sie vielleicht sogar lächelte. Einen Teufel würde sie tun. Sie war schließlich nicht zum Vergnügen da. Nicht zu ihrem eigenen und zu dem der anderen schon gar nicht.

Ihre Handtasche flog mit ordentlich Schwung Richtung Sessel, nahm die Lehne erfolgreich wie eine Hürde, tickte auf die Sitzfläche auf und schlidderte über das glatte Leder, um an der Kante den Restschwung zu nutzen und über den flauschigen Teppichboden bis unter den niedrigen Glastisch zu rutschen. Natürlich blieb es nicht dabei. Der kleine Aufsetzer hatte den Verschluss geöffnet und weiter noch als die Tasche selbst reiste der Inhalt. Der Lippenstift schaffte es sogar bis unter die Couch.

Na prima. Heute ist eindeutig nicht mein Tag, dachte Nicole, spielte für den Bruchteil einer Sekunde mit dem Gedanken, alles sofort wieder aufzusammeln, und entschied sich dann doch dagegen. Die Mühe war nachher noch die gleiche. Also kümmerte sie sich erst einmal um ihre Garderobe, die sorgfältig ausgewählt werden wollte. Das hochgeschlossene, schwarze Spitzenkleid oder doch lieber das dunkelrote Samtkleid mit dem kleinen Stehkragen? Beide saßen eng, betonten ihre Figur und ließen das in ihr vermuten, was sie nicht war. Und das machte ihr Spaß. Und da gab es noch etwas, das ihr Spaß machte. Es gab jemanden, der ihr Spaß machte: Rico. Seines Zeichens Dobermann, männlich, fünf Jahre alt und ihr ständiger und meist stummer Begleiter.

Kastriert.

Er wurde nirgends mit einem Wort erwähnt, wurde nie der Tür verwiesen und niemand wagte es in seine dunkelbraunen, aufmerksamen Augen zu sehen. Wann denn auch? Ein jeder ergatterte lieber einen Blick auf Frauchen. Und trotzdem. Es gab kaum einen Ort, an dem Rico nicht an ihrer Seite war. Kaum, denn die Toiletten waren tabu für ihn. Er blieb artig vor der Tür. Und sollte sie doch mal tanzen, so blieb er neben ihrem Stuhl sitzen und rührte sich nicht, sein Augenmerk immer auf sie gerichtet.

Erstaunlicherweise mochte Rico keine Männer. Wann immer diese Spezies anwesend war, pflegte Rico aufrecht zu sitzen, vom Stummelschwanz bis zu den Ohren. Er ließ sie nicht eine Sekunde aus den Augen, auch wenn er die Männer seit Jahren kannte. Bestechungsversuche mit Kuchen, Keksen, Wurst oder ähnlichem scheiterten kläglich, entlockten seiner Kehle ein tiefes, raumfüllendes Knurren und Frauchen ein Lächeln. Unnötig zu erwähnen, dass Rico sich nicht streicheln ließ. Ausgenommen von ihren Freundinnen und ihrer Familie. Er wusste eben Freund und Feind auseinander zu halten. Braver Hund.

Nicole nahm beide Kleider aus dem Schrank, hielt sie hoch und sah den Dobermann an. „Und? Welches würdest du anziehen?“

Er legte den Kopf etwas schief, schien beide Kleider genau zu betrachten – und sah sie ein wenig gelangweilt an. Dann legte er sich hin, schloss die Augen und entließ ein tiefes Seufzen. Du kannst ja Probleme haben.

Samt. Praktisch denken. Es war noch kühl draußen und Samt wärmte mehr als Spitze. Also wanderte das Spitzenkleid wieder in den Schrank, das dunkelrote auf das Bett und sie selbst ins Badezimmer. Sie nahm eine ausgiebige Dusche, föhnte die Haare über Kopf und putzte sich gleichzeitig die Zähne. Eine koordinatorische Meisterleistung, die erst perfekt war, wenn der Zahnpastaschaum nicht mehr in die Nase lief. Das Make-up fiel wie immer spärlich aus. Ihre von Natur aus gebräunte Haut brauchte keine Grundierung und ihre strahlenden Augen nur wenig Unterstützung. Etwas Rouge, der Kajal kam zum Einsatz, Wimperntusche nur ganz, ganz wenig und der Lippenstift ... lag unter der Couch. Klasse. Sie zog in Unterwäsche los, krabbelte unter den Tisch, sammelte den Inhalt ihrer Tasche wieder ein und war bis zum Ellenbogen unter der Couch verschwunden, verrenkte sich den Oberkörper unter dem Glastisch, da klingelte das Telefon.

Lippenstift oder Telefon? Beides. Sie griff schnell nach dem Lippenstift, zog sich sofort zurück und kam gleichzeitig hoch. Schwerer Fehler. Ihr Kopf stieß an die Glasplatte, ihr nackter Rücken ratschte über die kalte Tischeinfassung und ihr Fuß, gerade in der Rückwärtsbewegung, stieß an den scharfkantigen Kerzenständer neben der Couch und warf ihn um. Die Kerzen rollten über den Boden und flüchteten in alle Richtungen. Nicole schrie auf, ärgerte sich, mehr noch, als sie auf dem Weg zum Telefon auf eine Kerze trat und der Fuß schneller nach vorn glitt, als er sollte, sie mit den Armen ruderte, dabei ihre Handtasche verlor und sich deren Inhalt auf der Couch verteilte. Die linke Hand, weit vorn, griff zum Telefonhörer, die rechte hielt eisern den Lippenstift fest. „Was?“, bellte sie in den Hörer, kaum das die Muschel ihr Ohr berührte. Ihre Augen verfolgten die Minzdrops, die über die Sitzfläche rollten, an der leicht abfallenden Kante Geschwindigkeit aufnahmen und aus ihrem Gesichtsfeld verschwanden. Schwups.

„Nicki, ich habe eine tolle Idee“, teilte Kim ihr mit, wirkte außer Atem, als wäre sie gerade zur Tür rein. Was vermutlich auch der Fall war.

„Was für eine Idee?“ Ihr Fuß angelte nach den Kerzen, schob sie zusammen und blutete mit einem dicken Tropfen genau dort, wo sie angestoßen war und es heftig puckerte. Verdammt.

„Du hast doch bestimmt heute Abend noch genug Arbeit, oder?“

Nicoles Augenbrauen schossen hoch und ihr Fuß hielt inne. Sie musste keine Gedankenleserin sein, um zu wissen, was Kim Brennan von ihr wollte. „Du willst dich an meiner Stelle mit Jonathan Dunmore treffen“, stellte sie also nüchtern fest und lächelte.

„Och bitte.

„Du weißt, dass das nicht geht. Mein Vater wird mir den Kopf abreißen, wenn ich nicht wenigstens da auftauche und ihn begrüße.“

„Kann ich nicht mitkommen?“

„Hey, das wird kein Spaß.“

„Für dich vielleicht nicht ...“

„Du glaubst wirklich, dass du bei ihm landen kannst?“

„Er wird sich bestimmt noch an mich erinnern.“

Na klar, dachte Nicole. Genauso wie an die anderen fünfhundert Weiber in dieser Stadt auch. Sie seufzte ganz leise, nur für sich allein. „Sei um halb neun an der Bar. Ich werde mir was einfallen lassen.“

„Du bist ein Schatz, Nicki. Das werde ich dir nie vergessen.“

„Ich werde dich bei Gelegenheit daran erinnern“, schmunzelte Nicole und legte auf. Sie betrachtete den Blutstropfen auf ihrem Zeh, dann das Chaos auf dem Sofa und verzog das Gesicht. „Au“, machte sie und humpelte ins Bad. Zuerst legte sie Lippenstift auf, dann wischte sie das Blut ab und drehte das Pflaster so lange hin und her, bis es außerhalb des Schuhs unsichtbar sein würde. Das zufriedene Nicken fiel wohl doch etwas heftig aus. Jedenfalls verlor sie das Gleichgewicht und fiel vom Badewannenrand, ratschte mit dem Rücken über die Kante, plumpste mit ihrem Hinterteil auf den Fußboden und stieß sich an den Kacheln den Hinterkopf. „Verflucht und zugenäht“, rief sie und schlug mit der Faust auf den Fußboden. „Prima! Klasse! Wahnsinn! Das ist heute mein Tag. Wenn das so weitergeht, breche ich mir beim Essen das Genick.“ Wütend rappelte sie sich auf, wartete einen Moment, ob etwas passierte und richtete sich dann vollends auf. Ein Blick in den Spiegel bestätigte die Annahme, dass das, was sie auf dem Kopf hatte, nicht mehr als Frisur bezeichnet werden konnte. Der Griff zur Bürste war unvermeidlich und der Blick auf die Uhr mahnte zur Eile. Haare kämmen, an den Seiten hochstecken, Bürste aufs Bett werfen und ins Kleid schlüpfen. Während der rechte Arm über die Schulter nach hinten griff, der linke an den Rippen vorbei den Reißverschluss von unten nach oben schob, balancierte sie auf einem Fuß und angelte nach ihren Pumps, das Kinn fest auf die Brust gedrückt. Es klappte. Unfallfrei. Reißverschluss zu, Schuhe an, Kopf hoch, fertig. Die Handtasche war schnell wieder gepackt, die Jacke, Autoschlüssel, ... sie blieb in der offenen Tür stehen. Hatte sie nicht was vergessen? Papiere, fiel es ihr gerade noch rechtzeitig ein. Sie lief ins Wohnzimmer, zog eine Schublade an ihrem Schreibtisch auf und griff zielstrebig nach den Wagenpapieren. Ab in die Handtasche damit, Licht aus und Tür zu.

Ihr kleines, rotes Cabrio stand vor der Garage. Johann hatte frei. Nicole fand es unangebracht, den schon älteren Mann eine unbestimmte Zeit vor einem Restaurant warten zu lassen. Auch wenn sie nur eine Stunde einplante, so konnte es doch immer etwas länger dauern. Und bei ihrem Glück heute ...

Rico hatte seine Blase entleert, kam bereits wieder zur Beifahrertür und sprang kurzerhand drüber. Er hüpfte weiter auf den Rücksitz und würde dort während der Fahrt schlafen, wie er es immer tat. Autofahren fand er nicht sonderlich aufregend.

Pünktlich um halb acht betrat Nicole das Restaurant. Das Blitzlichtgewitter vor dem Eingang hatte sie geblendet und sie sah immer noch bunte Funken vor ihren Augen. Sie hasste es. Interviews hatte sie natürlich keine gegeben und Gott sei Dank hatte das Personal des Hauses schnell reagiert und ihr zwei Männer geschickt, die sie aus dem Pulk befreiten und ins Restaurant begleiteten, bevor Rico doch noch Appetit auf den einen oder anderen Jackenärmel bekam. Man wusste, wer sie war, ignorierte den Dobermann, der später kommentarlos eine Schüssel mit Wasser bekommen würde und dienerte sie zu dem Tisch, an dem Jonathan Dunmore bereits auf sie wartete. Er erhob sich mit einem Lächeln. Seine Augenbrauen zuckten hoch, als er Rico entdeckte und sein Lächeln geriet etwas aus dem Gleichgewicht. Wie schön.

Er begrüßte sie mit einem formvollendeten Handkuss und sah ihr anschließend tief in die Augen. „Es freut mich außerordentlich, Sie endlich persönlich kennenzulernen, Nicole.

„Geben Sie mir einen Grund, damit es mir genauso geht“, erwiderte sie kühl und setzte sich. Rico setzte sich unaufgefordert neben sie, die Ohren gespitzt, das Augenmerk auf den männlichen Gast geheftet, die muskulöse Brust vorgeschoben und insgesamt zur Salzsäure erstarrt. Ein letztes Schnaufen und der Abend war vorerst für ihn gelaufen. Für Jonathan Dunmore allerdings auch.

„Ich schlage vor, dass wir eine Stunde lang so tun, als unterhielten wir uns angeregt“, schlug Nicole vor, kaum dass der Filius ihr gegenüber Platz genommen hatte. „Dann begleiten Sie mich ein Stück Richtung Tür und treffen an der Bar eine alte Liebe wieder. Wir verabschieden uns voneinander und sie können sich amüsieren, solange sie wollen. Einverstanden?“

„Ich hatte den Abend eigentlich anders geplant.“

„Es ist Teil meines Jobs und meiner Persönlichkeit, die Träume der anderen platzen zu lassen. Das nennt man Realität.“

„Sind Sie immer so abweisend?“

„Nein. Dieses Vorrecht gebührt allein der männlichen Bevölkerung.“

„Ah“, machte er und lachte leise. „Ihr Spitzname.“

„Ich ruhe mich nicht darauf aus, Mister Dunmore. Und Sie sollten das auch nicht tun.“

„Dann habe ich also noch Chancen?“

„Nicht in diesem und nicht im nächsten Leben.“

„Wie wäre es mit ein klein wenig Freundlichkeit?“

„Warum?“

„Ich habe Ihnen nichts getan, was die Unfreundlichkeit rechtfertigen würde.“

„Sie sind ein Mann mit einem gewissen Ruf. Das reicht vollkommen.“

„Sie sind voreingenommen.“

„Sie etwa nicht?“, fragte sie spöttisch und nippte an ihrem Wasser.

Sie gaben ihre Bestellungen auf und ihr Aperitif wurde gebracht. Es war immer der gleiche. Jonathan Dunmore suchte den Wein für das Essen aus. Einverstanden.

„Worüber möchten Sie reden?“, erkundigte er sich, kaum dass der Angestellte verschwunden war.

„Über die Firma.“

„Dafür haben wir noch genug Zeit. Möchten Sie mir nicht lieber etwas über sich erzählen? Ihre Hobbys, Ihre ...“

„Nein, will ich nicht“, unterbrach sie ihn. „Mein Privatleben geht Sie nichts an. Heute nicht – und in Zukunft auch nicht. Und was Sie außerhalb der Firma machen, interessiert mich nicht. Klar?“

Er machte dicke Backen und lehnte sich zurück. Sein Blick wanderte durch das Restaurant, blieb kurz an diversen Damen haften und suchte die nächste.

Sie folgte seinem Blick. „Nichts passendes dabei?“

„Ganz ehrlich?“ Seine Augen kehrten zu ihr zurück und tasteten ihren Oberkörper, ihre Hände und ihr Gesicht Zentimeter für Zentimeter ab.

„Natürlich.“ Und jetzt lächelte sie. Ganz leicht.

„Wenn man mit einer so schönen Frau am Tisch sitzt, hält jede andere im Raum einem Vergleich nicht stand.“ Er beugte sich vor und stützte dabei die Unterarme auf dem Tisch ab. „Warum sind Sie so?“

„Warum sind Sie so?“

„Weil Sex Spaß macht. Mir und meiner Partnerin gleichermaßen.“

„Ich weiß. Aber reicht Spaß allein, um sein Leben deswegen wegzuwerfen?“

„Ich werfe mein Leben nicht weg. Woher wissen Sie, dass es Spaß macht? Sie haben es doch noch nie probiert.“

Nun erreichte das Lächeln auch ihre Augen und ließ sie leuchten. „Ich kenne zwei Damen persönlich, die das Ereignis, mit Ihnen ins Bett zu gehen, gern wiederholen würden.“

„Und das macht Sie gar nicht neugierig?“

„Überhaupt nicht.“

„Weil es angeblich schon so viele vor Ihnen gab?“

Angeblich? Sie drücken Ihren Preis, Mister. Das ist unprofessionell.“

Er lachte. Leise, rau und dunkel. Ein angenehmes Lachen. „Okay. Es gab tatsächlich sehr viele Damen, mit denen ich das Bett teilte. Und ich bereue es nicht, denn es hat Spaß gemacht. Jede Frau für sich war ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte.“

„Ich bezweifle, dass Sie sich an einzelne Damen erinnern. Und schon gar nicht an die Namen, wenn Sie die überhaupt jemals kannten.“

„Sie haben ein sehr schlechtes Bild von mir.“

„Was erwarten Sie? Ihr Ruf eilt Ihnen voraus und es wird ein hartes Stück Arbeit, aus Ihnen einen ernstzunehmenden Geschäftsmann zu machen.“

„Vielleicht bin ich das ja schon.“

„Nein. In erster Linie sind Sie ein Schürzenjäger. Es gibt keinen Geschäftspartner in dieser Stadt, der seine Frau zu einem zwanglosen Essen mitbringen würde, wenn Sie anwesend sind. Man würde Sie nicht mal ins Büro einladen, aus Angst, dass die Sekretärinnen der Reihe nach in Ohnmacht fallen. Und das spricht eindeutig gegen Sie, oder nicht?“

„Ich suche mir die Damen aus, mit denen ich verkehre.“

„Soll das etwa die Geschäftspartner trösten? Oder mich?“

„Nein. Aber Sie sollten darüber nachdenken.“

„Damit werde ich meine Zeit ganz bestimmt nicht verschwenden.“

Das Essen wurde gebracht. Dunmore wartete, bis der Ober wieder verschwunden war. „Nennen Sie mir einen Grund, warum Sie keinen Sex haben wollen.“

„Nennen Sie mir einen, warum ich ihn haben sollte.“

„Spaß.“

„Der ist nicht garantiert.“

„Neugier?“

„Nein.“

„Familienplanung?“

„Keine Chance.“

„Liebe?“

„Seien Sie nicht albern.“

Albern? Glauben Sie nicht an die Liebe?“

„Ich glaube, was ich schwarz auf weiß in den Aktenschränken habe. Nicht mehr und nicht weniger.“

„Liebe ist aber ein Gefühl und kein Vertrag.“

„Deswegen hat wahrscheinlich auch ein sehr verliebter Mensch den Ehevertrag erfunden“, stichelte sie.

„Ein Ehevertrag regelt das Vermögen der Parteien und nicht die Menge oder die Form der einzubringenden Liebe.“

„Haben Sie auch nur eine einzige der Frauen wirklich geliebt, mit denen Sie geschlafen haben?“

„Jede auf ihre Art.“

„Für eine Stunde. Und das nennen Sie Liebe? Ich lach mich tot.“

Wieder dieses leise Lachen. „Es dauerte schon etwas länger als eine Stunde.“

„Okay, zwei Stunden. Sie lieben eine Frau also vom Vorspiel bis zum Orgasmus gut zwei Stunden und nicht eine Minute länger. Sie lieben sie nicht mal einen einzigen Tag in Ihrem Leben. Und was kommt danach? Das böse Erwachen? Die Enttäuschung, dass die Dame neben Ihnen im Bett doch nicht die ist, für die Sie sie im alkoholisierten Zustand gehalten haben?“

„Ich habe noch nie mit einer Frau geschlafen, wenn ich betrunken war.“

„Und wenn, könnten Sie sich sowieso nicht daran erinnern“, frotzelte sie. „Kommen Sie sich dabei nicht benutzt vor?“

„Warum sollte ich?“

„Weil nicht nur Sie sich mit unzähligen Damen brüsten, sondern die Damen auch mit Ihnen. Sie sind ein Sexobjekt. Nichts weiter. Leidet ihr Ego nicht darunter?“

„Nicht die Spur. Und wie ist es mit Ihnen?“

„Was soll mit mir sein?“

„Sie sind auch ein Sexobjekt. Jeder Mann, den ich heute getroffen habe, wollte nicht von mir wissen, wie wir zusammen arbeiten, wie die Aufgaben verteilt werden oder warum wir überhaupt miteinander arbeiten. Jeder war nur an der Information interessiert, wie hoch ich meine Chancen einschätze, Sie ins Bett zu kriegen. Die Männer treffen sich mit Ihnen, weil es gut für ihr Image ist, mit Ihnen gesehen zu werden. Sie bekommen werbewirksame Schlagzeilen, wenn man Sie zum Lachen bringt und einen Orden, wenn Sie mit dem Mann tanzen. Gut, bislang war da für Sie Schluss. Sie haben sich nie nach Hause fahren lassen, sind auf keiner Party bis zum Schluss geblieben und sie kommen und gehen immer alleine. Wenn man mal von Ihrem Hund absieht. Leidet Ihr Ego darunter, nichts weiter als ein Objekt der Begierde zu sein?“

„Nein. Ich bringe Verträge mit nach Hause. Und Sie? Sie sind lediglich ein paar Spermien losgeworden, haben geschwitzt und einer Frau was vorgemacht. Es ist nicht das gleiche.

„Wie hoch schätzen Sie Ihren Marktwert ein, nachdem Sie mit einem Mann geschlafen haben?“

Nicoles Stirn runzelte sich zusammen und bildete über der Nasenwurzel eine steile Falte. „Ich habe nie darüber nachgedacht“, gab sie zu, glättete ihr Gesicht und sah ihn an. „Aber vergleichsweise höher als Ihren, wenn Sie Ihren Job als Casanova aufgeben.“

„Werden Sie deutlicher.“

„Ich schätze meine Chancen höher ein, Verträge und Männer zu bekommen, als Ihre, Verträge zu bekommen und auf die Frauen zu verzichten. Mich nimmt man auch noch ernst, wenn ich den Titel Iron Virgin nicht mehr verdiene. Aber Sie als seriöser Geschäftsmann?“ Ihre Augenbraue hob sich, der Spott war nicht zu überhören.

„Wollen Sie es ausprobieren?“

Nicole lächelte nicht mehr – sie lachte. Man drehte sich nach ihnen um, erstaunt, amüsiert und tuschelte. „Nein, will ich nicht. Es ist eine Laune der Natur, dass Jungfräulichkeit keinen Versuch duldet.“

„Sie gehen ziemlich locker mit diesem Thema um.“

Es war ihr fröhliches Lachen, das die Leute erneut aufmerksam werden ließ. „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass es Ihnen unangenehm ist, darüber zu reden?“

„Sie haben ein schönes Lachen“, meinte er unvermittelt.

„Und Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“

„Nein, es ist mir nicht unangenehm. Im Gegenteil. Ich kämpfe seit Jahren erfolgreich dagegen an.“

„Sie werden es nicht schaffen, alle Jungfrauen dieser Welt auszurotten. Wir sind nämlich ein ständig nachwachsender Rohstoff.“

„Ich gebe mein bestes.“

„Davon bin ich überzeugt.“ Sie schob ihren Teller etwas von sich und nippte an ihrem Wein. Er war eine gute Wahl. Überhaupt machte ihr dieses Treffen wider Erwarten Spaß. Lag das wirklich an der Ausstrahlung, dem Charme, von Jonathan Dunmore? Oder einfach nur daran, dass sie heute geschäftlich einen sehr guten Tag gehabt hatte?

„Stoßen wir an“, unterbrach er ihren Gedankengang und hob sein Glas.

„Worauf?“

„Auf uns beide.“

„Auf eine gute Zusammenarbeit“, korrigierte sie ihn, stieß mit ihm an und trank erneut einen Schluck.

Er stellte sein Glas auf den Tisch und beugte sich vor, das Grinsen deutlich breiter als zuvor. „Eigentlich haben wir jetzt ja so etwas wie Brüderschaft getrunken.“

„Aber?“

„Aber dazu gehört ein Kuss.“

Sie beugte sich ebenfalls vor, war von seinem Gesicht höchstens eine Handbreit entfernt. „Allerdings verzichten wir aus bekannten Gründen darauf.“

„Ungern.“

„Das macht nichts.“

„Wann hast du das letzte Mal jemanden geküsst?“

Nicole musste darüber nachdenken. Sie lehnte sich zurück, griff nach dem Dessertlöffel und drehte ihn zwischen den Fingern. „Das ist schon ein paar Monate her“, meinte sie langsam.

„Du hast tatsächlich einen Mann geküsst?“, staunte er.

„Ja, habe ich. Vor vier Monaten. Da haben wir uns das letzte Mal gesehen.“

„Wen?“

„Steve Miller.“

„Ach so.“ Es klang schon ein wenig enttäuscht, als er sich nun zurücklehnte und sie ansah. „Dein Stiefbruder zählt nicht. Kein anderer Mann in Sicht? Irgendwas harmloses?“

„Kein Mann ist harmlos.

„Hattest du schon mal einen Freund?“

„Ja.“

„Na also. Hast du wenigstens mal daran gedacht, mit ihm ...?“

„Nein, habe ich nicht.“

„Warum nicht?“

„Warum? Nur weil man mit jemanden zusammen ist, muss man doch nicht gleich miteinander ins Bett gehen.“

„Man muss nicht. Aber es ist nicht das schlechteste, was man miteinander tun kann. Habt ihr euch wenigstens geküsst?“

„Ja.“

„Jetzt wird es interessant.“

„Für eine Schlagzeile reicht es lange nicht“, winkte sie ab. „Es war eine einmalige Angelegenheit und hat meine Vermutung eigentlich nur bestätigt. Es macht absolut keinen Spaß und ist widerlich.“

„Dann war es der verkehrte Mann. Oder stehst du auf Frauen?“

Nicole legte den Löffel sorgfältig zurück und rückte ihn gerade. „Nein. Für mich ist Sex und alles, was damit zu tun hat, genau das gleiche wie für andere Leute Lesen oder Stricken. Man interessiert sich dafür oder nicht.“

„Ich habe noch nie gehört, dass jemand Sex und Stricken miteinander verglichen hat.“

„Es gibt für mich keinen Unterschied. Manche wollen Stricken lernen, andere wollen Sex.“

„Und was willst du?“

„Erfolg.“

„Du kannst aber beides haben. Sex und Erfolg. Und wenn du willst, kannst du auch noch stricken lernen.“

„Danke. Aber ich bin ausgelastet genug.“

„Das bin ich auch.“

„Kein Wunder. Die Damen hier im Restaurant verdrehen sich schon die Hälse. Ich warte nur darauf, dass die erste mit einem Genickbruch vom Stuhl kippt.“

„Keine Angst, das passiert nicht.“

Nicole warf einen Blick auf die Uhr. Es war eben halb neun durch. Kim war garantiert schon an der Bar und scharrte ungeduldig mit den Hufen.

„Was ist? Hast du etwa noch einen Termin?“

„Nein. Aber du.“

„Ich?“

„Ich sagte doch, dass du mich ein Stück zur Tür begleiten wirst und unterwegs eine alte Liebe triffst.“

„Tue ich das? Ach so“, meinte er und nickte. „Und du hast diese alte Liebe gleich mitgebracht, damit ich gar nicht erst in die Verlegenheit komme, dich nach Hause zu fahren?“

„Das ist sowieso ausgeschlossen, weil ich mit meinem eigenen Wagen hier bin. Nein, Kim ist nicht nur eins deiner Produkte, sondern auch meine Sekretärin.“

„Eins meiner was?“

„Bevor du mit ihr ins Bett gegangen bist, hatte sie eigentlich ganz vernünftige Ansichten. Aber das hat sich nach einer Begegnung mit dir grundlegend geändert.“

„Muss ich Angst um mein Leben haben?“

„Laut Statistik stirbt nicht jeder Mann an einem Herzinfarkt, während er Sex hat. Also dürften deine Chancen ganz gut stehen, die Nacht zu überleben.“

„Das tröstet mich jetzt zwar, aber verstehe ich das richtig? Du hast mir eine Frau mitgebracht, mit der ich ins Bett gehen soll?“

Nicole nahm ihre Handtasche und lächelte. „Ja.“

„Hattest du Angst, dass ich selbst keine finde? Oder ist sie so hässlich, dass du mir mit ihr den Spaß am Sex verderben willst?“

„Weder noch.“ Sie beugte sich etwas vor. „Du hast schon mal mit ihr geschlafen. Also kann sie doch gar nicht so hässlich sein, oder?“

Er sah etwas skeptisch aus. „Nein, eigentlich nicht. Und wenn ich viel lieber mit dir schlafen würde?“

Sie erhob sich. Rico und Jonathan taten es ihr nach. „Dann gibt es drei Möglichkeiten. Du kannst nach Hause fahren und dich mit deiner Fantasie und deinen Händen vergnügen, du kannst Kim mitnehmen und die ganze Nacht Spaß haben, oder du kannst komplett verzichten und mal eine Nacht ausschlafen.“

„Ich sehe mir Kim mal an“, entschied er sich spontan.

„Tust du mir einen Gefallen?“

„Welchen?“

„Tu einfach so, als erinnerst du dich an sie, okay? Du würdest ihr sonst ihr kleines, zartes Herz brechen.“ Sie drehte sich zu ihm um und tippte mit dem Zeigefinger hart auf seine Brust. „Und wenn du das tust, Casanova, dann werde ich dir die Hölle heiß machen, so dass du dir wünschen wirst, selbst noch Jungfrau zu sein. Klar?“

„Okay. Aber dafür schuldest du mir was.“

„Warum? Ich sorge dafür, dass du eine heiße Nacht hast.“

„Das kann ich auch alleine.“

Sie zog die Unterlippe zwischen die Zähne und sah ihn kritisch an. „Na schön. Aber übertreib es mit deinen Wünschen nicht. Klar? Und Kim hat Morgen ausgesprochen gute Laune und schwebt mindestens zehn Zentimeter über dem Boden.“

Er hob die Hände und zeigte ihr grinsend seine Handflächen. „Kein Problem.“

Nicole hakte sich bei ihrem zukünftigen Geschäftspartner ein und lenkte ihn unauffällig an der Bar entlang Richtung Ausgang. Schon von weitem konnte sie Kim sehen. Sie trug ein nach allen Richtungen freizügiges, ultrakurzes Kleid in leuchtendem rot, die blonden Haare zu einer offenen Mähne toupiert. Ein Vamp, wie er im Buche stand.

Nicole blieb hinter ihr stehen, tippte ihr auf die Schulter und umarmte sie. „Hallo, Kim. Jonathan, du erinnerst dich an ...“

„Kim“, unterbrach er sie, nahm Kims Hand in seine und gab ihr galant einen Handkuss. Nicoles Augenbrauen zuckten hoch, als Kim förmlich dahinschmolz. Ihre Augen leuchteten und sie war sprachlos, fiel ja fast vom Barhocker. Jonathan schenkte ihr sein verführerischstes Lächeln, sah ihr tief in die Augen und behielt ihre Hand in seiner, als könnte er sich gar nicht trennen. „Ist es wirklich schon so lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?“, meinte er.

Nicole verdrehte die Augen. Himmel, soviel Schmalz vertrug doch kein Mensch. Aber wenn sie sich ihre Freundin mal genauer ansah, war es genau das, was sie abheben ließ. Kim schwebte im 7. Himmel und nahm nichts mehr um sich herum wahr außer diesem Mann, der es auf unverschämte Weise einfach hatte. Aber okay, der Abend war gerettet und Kim der glücklichste Mensch der Welt. Was wollte sie mehr? „Ihr entschuldigt mich bitte? Ich fahre nach Hause“, verkündete sie, wartete die Antwort gar nicht erst ab und verließ das Restaurant. Draußen warteten immer noch einige Reporter, hatten ausgeharrt und vielleicht sogar gehofft, dass sie und Jonathan das Restaurant gemeinsam verließen. Fehlanzeige, Freunde. Ihr solltet mich mittlerweile besser kennen. Nein, ein Interview gab es auch nicht, nur ein kleines Lächeln für die Kameras und ein leises Knurren von Rico, als einer der Reporter zu aufdringlich wurde.

Den restlichen Abend vergnügte sie sich mit den Akten aus dem Büro. Kurz nach Mitternacht drehte sie ihre letzte Runde mit dem Hund, gähnte herzhaft und war ausnahmsweise froh, in ihr Bett krabbeln zu dürfen. Der Alkohol hatte sie müde und träge gemacht und entfaltete Dank der frischen Luft seine volle Wirkung.

Der Traum war einfach atemberaubend und bar jeglicher Realität, wie es Träumen nun einmal eigen war. Sie hatte zwanzig Termine an einem Tag, brachte jeden erfolgreich nach Hause und noch vor dem Feierabend verkündete Jonathan Dunmore, dass er wieder abreisen würde und ihr das Management überließ. Oh wie schön.

Geliebt wird anders

Подняться наверх