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3. Geographie und Politik

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Antike Staatsangelegenheiten waren mit geographischen Fragen eng verbunden.18 So wurden Feldzüge durch die Ausweitung der geographischen Horizonte angeregt und benötigten für die erfolgreiche Durchführung verlässliche geographische Informationen. Zugleich verbesserten diplomatische und militärische Erfolge die geographischen Kenntnisse und erweiterten sowohl physisch als auch begrifflich die Grenzen der bekannten Welt. Es ist deshalb kein Zufall, dass die Geschichte der Geographie in der Antike häufig mit Eroberungen verbunden wird. Allgemein gesagt nährten Geographie und Politik sich gegenseitig.

Die erste systematische griechische Beschreibung von Ländern und Nationen entstand im 5. Jahrhundert v. Chr. aus dem Wunsch Herodots, das Ausmaß des persischen Reiches zu beschreiben. Dieses Riesenreich setzte ihn in Erstaunen; es umfasste ja – aus einem griechischen Blickwinkel – unbekannte Völkerschaften. Das Projekt des Beschreibens machte es erstmals notwendig, systematische Informationen über Inder, Skythen, Ägypter, Äthiopier und ihre Länder zu bieten. Die Verbindung von politischer Expansion und geographischen Kenntnissen wird zum Beispiel offenkundig in Herodots Darstellung, wie Dareios I. den Verlauf des Indus-Flusses untersuchen lassen wollte (Herodot 4.44). Indem er Skylax von Karyanda mit dem Auftrag entsandte, stromabwärts zu fahren, brachte der König die 30-monatige Fahrt auf dieser Route über den Indischen Ozean ins Rote Meer und bis nach Ägypten in Erfahrung. Er eroberte dann Indien und sein Meer. Außerdem ließ Dareios überall im persischen Reich das Straßensystem verbessern und ermöglichte es so seinen Amtsträgern, aber auch Reisenden wie Herodot und späteren Autoren, geographische Informationen in ihre Darstellungen einzubeziehen (zu diesen Königsstraßen siehe Kapitel V 1).

Eine weitere bedeutende, nichtgriechische politische Kraft war Karthago (im heutigen Tunesien), das die Seewege im westlichen Mittelmeer kontrollierte. Der Beitrag Karthagos zur antiken Geographie ist wichtig, weil die Griechen die karthagischen Leistungen bewunderten und ihre Aufzeichnungen bewahrten, indem sie diese bereits bald ins Griechische übersetzten (siehe Kapitel II). Der Tradition zufolge soll um 500 v. Chr. der Karthager Hanno mit einer großen Expedition von Karthago durch die Straße von Gibraltar entlang der afrikanischen Atlantikküste bis in die Regionen gegenüber der Kanarischen Inseln gelangt sein und unterwegs karthagische Kolonien gegründet haben. Sein Zeitgenosse Himilko unternahm ein vergleichbares Abenteuer entlang der Atlantikküste Nordeuropas. In beiden Fällen zeigt sich dasselbe Muster: Eine Kombination von Befähigung, Bedürfnis und Wissbegierde veranlasste wirtschaftliche und militärische Kräfte, ihre geographischen Kenntnisse in der Hoffnung auf materiellen Gewinn, besonders auf Waren und Land, zu vergrößern.

Innerhalb der griechischen Welt kommen erste Anzeichen für eine Beziehung zwischen Politik und Geographie auf, als Interessen erscheinen, die über eine einzelne polis hinaus gehen. Die Athener, die im Attischen Seebund ein Bündnis führten, in dem sich mehrere poleis nach der Schlacht von Mykale 479 v. Chr. gegen die Perser verbündet hatten, gründeten mehrere Ansiedlungen und Garnisonen im Ägäis-Gebiet. Die Lage dieser Siedlungen war kein Zufall. Selbst wenn der offizielle Vorwand lokaler Streit oder das Misstrauen erweckende Verhalten der einheimischen Bevölkerung waren, enthüllt die Wahl der Stätten einen geopolitischen Gesichtspunkt: Skyros (476 v. Chr.), eine Insel im Zentrum des Ägäischen Meeres; Karystos (472 v. Chr.), eine polis an der Südspitze der Insel Euboia gegenüber von Attika; Naxos (um 468 v. Chr.), eine Insel in der südlichen, und Thasos (463 v. Chr.), eine Insel in der nördlichen Ägäis – alle diese Punkte waren strategisch wichtig und erleichterten die Kontrolle des Ägäis-Gebiets. Es kann kaum Zweifel daran bestehen, dass die Athener und ihre Anführer eine Route der für die Seefahrt wichtigen Orte im Sinne hatten und dass sie sich der strategischen Vorteile dieser Punkte bewusst waren.19

Dies ist vielleicht nicht überraschend: Solche geographischen Fortschritte können der seinerzeit schon alten Bekanntschaft athenischer Seeleute mit der Ägäis zugeschrieben werden. Die Kolonial-Horizonte der Archaischen Periode und die kommerziellen Unternehmungen der Griechen hatten bereits vor langer Zeit die Ägäis zum ‹Hinterhof› Griechenlands werden lassen. Auch archäologische Belege aus frühen Heiligtümern deuten darauf hin, dass die neuen athenischen Ansiedlungen und Garnisonen an Plätzen gegründet wurden, die einen Zugang zu wirtschaftlichen und insbesondere landwirtschaftlichen Ressourcen und zu freundlichen Küsten boten und dabei einen ‹religiösen› Raum bildeten, der frühe geographische Kenntnisse widerspiegelte.20 Der Umfang geographischer Kenntnisse von Festland-Griechen schloss wahrscheinlich die Ägäis und die Kykladen-Inseln, Kreta und die Westküste Kleinasiens ein. Zugleich gibt es Hinweise auf die Grenzen der geographischen Horizonte und auf die Unkenntnis von Gebieten außerhalb den Grenzen der Ägäis. So zeigt Thukydides (6.1.2; 7.44), dass die meisten gewöhnlichen Athener die Topographie Siziliens nicht kannten und sich deshalb übernahmen, als sie sich dafür entschieden, auf der Insel einzufallen. Diese Beispiele belegen, dass vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. geographische Kenntnisse in ihrem Umfang noch beschränkt waren und dass in einigen Fällen diese Unkenntnis auch politische Entscheidungen betraf.

In den Jahrzehnten nach dem Peloponnesischen Krieg, der mit dem Ende der athenischen Überlegenheit über die griechischen Gebiete im Mittelmeerraum schloss, spielten geographische Daten und Ideen in den Werken verschiedener Gelehrter wie Aristoteles, Ephoros und Timaios weiterhin eine Rolle. In jener Zeit bis zum Erscheinen der makedonischen Herrschaft gab es keine stabile Vorherrschaft in der griechischen Welt, und die gegenseitige Beziehung zwischen politischen Vorhaben und geographischen Ideen war weniger auffallend. Geographische Diskussionen wurden allerdings dennoch nicht vernachlässigt.

Dann aber erzeugten die Feldzüge Alexanders des Großen eines der sichtbarsten Zeugnisse in der Weltgeschichte für die Beziehung zwischen Geographie und Politik. Unter Alexander kam es nicht nur zu einer Expansion von beispiellosem Umfang, sondern zum ersten Mal zu einer absichtlichen und aktiven Suche nach neuen Horizonten. Während die Sehnsüchte von Alexanders Vater Philipp II., soweit man sie beurteilen kann, sich auf benachbarte Länder beschränkt zu haben scheinen, wandte Alexander seinen Blick zu fernen Horizonten, selbst wenn diese nachgerade phantastisch schienen. Es ist schwierig, in der Geschichte Alexanders des Großen Fakten und Fiktionen zu trennen, weil die späteren Leistungen des Königs zur Schaffung einer Figur mit starken mythischen Obertönen beitrugen. Doch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Unternehmungen Alexanders eng mit geographischer Erkundung verbunden waren. Er erreichte entfernte Punkte, von denen einige vor seiner Zeit von den Griechen gar nicht besucht worden waren, es sei denn sporadisch von Einzelpersonen. Einige antike Quellen präsentieren sogar das Image eines Königs, der seinen Wunsch nach politischer Macht mit wissenschaftlichen Interessen verband, und stellen ihn als König dar, der nicht nur erobern, sondern auch beobachten und lernen wollte und der deshalb seinen Leuten auftrug, die Eigenarten von unbekannten Gebieten zu registrieren.21 Sei dem, wie es sei: Diese Aufzeichnungen wurden zu einen eindrucksvollen Corpus von Belegen – selbst wenn sie gelegentlich übertrieben waren – über menschliche Gewohnheiten, Flora und Fauna, Topographie und Klima.

Sowohl zu Lebzeiten Alexanders des Großen als auch später wurde die Geschichte seiner Leistungen ausgeweitet und durch geographische Mittel übertrieben. Es war zum Beispiel bereits in der Antike bekannt, dass Stätten ‹verlegt› worden waren, um den Erfolg Alexanders noch eindrucksvoller werden zu lassen:

Und auch wenn in dem, was zu seinem Ruhm erzählt wird, alle sich einig sind, dann waren dessen Erfinder doch mehr auf Schmeichelei als auf Wahrheit bedachte Leute, wie zum Beispiel damit, dass sie den Kaukasos von den Bergen oberhalb von Kolchis und dem Schwarzen Meer nach den indischen Bergen und dem ihnen benachbarten östlichen Meer verlegten … (Strabon 11.5.5)

Geographie wurde hier zu politischen Zwecken eingesetzt, um zum großartigen Image des Königs beizutragen.

Als Alexander den oberen Indus-Fluss (im heutigen Pakistan) erreichte, weigerten sich seine Soldaten, noch weiter nach Osten zu ziehen: Sie waren müde und konnten kein klares Ziel erkennen. Ob Alexander selbst immer wusste, wohin er zog, ist schwierig zu klären. Anscheinend wurde der König getrieben von einem intensiven Drang, zu unbekannten Grenzen der oikumene zu ziehen; vielleicht war er durch die mythischen Züge des Herakles beeinflusst, der angeblich sein Vorfahr war, und durch die Züge der assyrischen Königin Semiramis.22

Ein paar Jahrzehnte später stellte das Wachstum des römischen Staates, beginnend mit den militärischen Erfolgen und Landgewinnen aus den Punischen Kriegen gegen Karthago, Rom auf die Bühne der Weltmächte. Die Annexion Siziliens am Ende des Ersten Punischen Krieges (241 v. Chr.) erweiterte die römische Macht außerhalb der italienischen Halbinsel, und so kam (wie im Fall anderer Reiche sowohl zuvor als auch später) ‹der Appetit beim Essen›. Dieses Wachstum beruhte auch auf der römischen Bereitschaft, kulturelle Elemente der hellenistischen Welt – einschließlich eines intellektuellen Interesses an Geographie – zu absorbieren.23 Rom wurde bald zur Herrin über alle Gebiete rings um das Mittelmeer, das später als ‹unser Meer› (mare nostrum) beschrieben wurde (z.B. Plinius, Naturkunde 6.142).24

Dieses schnelle und beispiellose Phänomen verlangte eine Erklärung, und mehrere antike Gelehrte – größtenteils Griechen – versuchten, eine solche anzubieten. Polybios (6.11–42), der die römische Expansion im frühen 2. Jahrhundert v. Chr. selbst erlebte, meinte, Roms Mischverfassung und effiziente Armee seien die Basis für seine Macht gewesen.25 Etwa 150 Jahre später, als das Römische Reich unter Augustus größer war als je zuvor, bot Strabon (6.4.1) eine geographische Erklärung an: Rom beherrsche die Welt, weil es in ihrem Zentrum liege, und die natürlichen Charakterzüge der Stadt prädestinierten sie zur Herrschaft.26 Geographische Vorteile und politische Macht wurden so direkt verbunden.

Auch wenn sich moderne Interpretationen der Motivationen für die römische Expansion voneinander unterscheiden, ist offenbar, dass die Republik immer mehr von individuellen Politikern abhängig war, deren persönliches Streben nach Weltherrschaft eine bedeutende Rolle im Anwachsen der Macht Roms spielte. In diesem Zeitalter der Expansion wurde die geographische Bedeutung der Eroberung in geographischen cognomina (Beinamen) ausgedrückt:27 Eine Gruppe von lateinischen cognomina wurde aus geographischen Begriffen gebildet, meist Völkern, Stämmen, Gebieten und Städten, ferner auch Bergen und Flüssen. Schon im 6. Jahrhundert v. Chr. registrierten die cognomina des römischen Adels die Herkunftsorte ihrer Träger, und zu jener Zeit gab es noch keine Beispiele für Beinamen, die auf fremde Völkerschaften verwiesen. Vom 3. Jahrhundert v. Chr. an, als Eroberungen bedeutend wurden, wurden cognomina auch auf eroberte Städte und Völker zurückgeführt, freilich nur in der Adelsschicht. Dies waren Ehren-cognomina, die Siegern beigegeben wurden, etwa Africanus, Asiaticus, Macedonicus, Ponticus und Balearicus. Die geographische Bedeutung von Eroberungen förderte so die weitere Expansion, indem sie zur politischen Reputation der einzelnen Amtsträger beitrug.

Gnaeus Pompeius, Gaius Iulius Caesar und Augustus strebten – jeder auf seine eigene Weise – danach, Gebiete zu erobern, die nie zuvor erreicht worden waren.28 Die Idee von Rom als dominierender Weltmacht fand häufig ihren Ausdruck in der Literatur, die den römischen Staat als den Herrscher des ganzen Erdkreises (orbis terrarum) und als Eroberer aller Völkerschaften bezeichnete.29 Zugleich strebten einzelne Führungspersönlichkeiten danach, das Staatsgebiet zusammen mit ihrem eigenen Ruhm zu erweitern. Ihre Bestrebungen wurden dabei oft bewusst von den legendären Eroberungen Alexanders des Großen abgeleitet.30 So werden in den Quellen die Feldzüge des Gnaeus Pompeius im Osten mit einer beispiellosen und sogar übertriebenen Terminologie beschrieben, die seine außergewöhnlichen geographischen Leistungen betont:31

Auf vorangetragenen Tafeln waren die Länder und Völker verzeichnet, über die er triumphierte. Es waren die folgenden: Pontos, Armenien, Paphlagonien, Kappadokien, Medien, Kolchis, die Iberer, die Albaner, Syrien, Kilikien, Mesopotamien, Phönizien und Palästina, Judäa, Arabien und die Gesamtheit der Seeräuber. … In diesen Ländern waren nicht weniger als 1000 feste Burgen und nicht viel weniger als 900 Städte erobert worden, die Zahl der genommenen Seeräuberschiffe betrug 800, die der neu angelegten Städte 39. … Den höchsten Gipfel des Ruhmes aber, den noch niemals ein Römer erreicht hatte, bezeichnete es, dass er seinen dritten Triumph über den dritten Erdteil feierte, denn Männer, die dreimal triumphierten, hatte es schon andere vor ihm gegeben. Er aber, der den ersten Triumph über Afrika, den zweiten über Europa und nun diesen letzten über Asien einher führte, schien mit seinen drei Triumphen gewissermaßen die ganze bewohnte Erde unter sein Joch gezwungen zu haben. (Plutarch, Pompeius 45)

Auch Gaius Iulius Caesar strebte danach, den Römern neue Horizonte zu eröffnen, wie aus seiner Darstellung des Krieges in Gallien offenbar ist, und Augustus brachte in seinem Tatenbericht (Res Gestae 25–33) ausdrücklich dieselbe Idee vor, wenn er etwa angab:

Bei allen Provinzen des römischen Volkes, denen Völkerschaften benachbart waren, die unserem Spruch nicht gehorchten, habe ich die Grenzen erweitert. … Meine Flotte segelte über den Ozean von der Mündung des Rheins weg in östliche Gegenden bis zu den Ländern der Kimbern, wohin weder zu Lande noch zu Wasser irgendein Römer bis zu diesem Zeitpunkt je gelangt war. (Augustus, Res Gestae 26)

Die Kaiser nach Augustus verfolgten ähnliche Ideen. Nach seinem Britannien-Feldzug 43 n. Chr. setzte Claudius (mit dem Beinamen ‹Britannicus›) auf den Giebel des Palasts eine Meereskrone neben die Stadtkrone als Zeichen dafür, dass er den Ozean überquert und gleichsam unterworfen hatte (Sueton, Claudius 17), während Traian (‹Dacicus›) zur Feier seiner Siege über Dakien (101–106 n. Chr.) eine kolossale Säule auf dem Forum aufstellte, deren Reliefband seine Feldzüge darstellte. Solche Gefühle hatte bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. der Historiker Dionysios von Halikarnassos beeindruckt kommentiert:

Der Staat der Römer gebietet, soweit sie nicht unzugänglich ist und von Menschen bewohnt wird, der ganzen Erde, beherrscht das ganze Meer, nicht nur das innerhalb der Säulen des Herakles, sondern auch den Ozean, soweit er schiffbar ist, und machte – nach der Kunde aller Zeiten – zuerst und allein den Aufgang und Niedergang (der Sonne) zu den Grenzen seines Reiches. … Seitdem die Stadt Rom ihre Herrschaft über den ganzen Erdkreis auszudehnen sich erkühnt …, hat sie kein Volk mehr – weder unter den Barbaren noch unter den Griechen – zum Gegner. … Es ist kein einziges Volk, das ihr die allgemeine Obergewalt streitig macht. (Dionysios von Halikarnassos, Römische Altertümer 1.3.3–5)

Diese gewaltigen Eroberungen erzeugten zusammen mit der ‹Befriedung› feindlicher Völkerschaften und der Ausrottung der Piraterie den ‹römischen Frieden› (pax Romana) ein Riesenreich, dessen Grenzen sich mit denen der oikumene überlappten.32 Diese geopolitische Wirklichkeit wurde weiter genutzt, um politische Absichten durchzusetzen. Römische Dichter besonders der Augusteischen Zeit hatten besondere Freude und Stolz bei der Aufzählung unterworfener Völker und fremdartiger neuer Toponyme. Auf diese Weise drückten sie ihr Entzücken über das Wachstum und die Stärkung des Reiches aus, das direkt mit dem Charakter des Kaisers verbunden wurde, während geographische Namen eine emotionale Wirkung auf das Publikum entfalteten.33 Außerdem spielte das geographische Vokabular im öffentlichen Diskurs eine Rolle: Personifizierungen von überwundenen Nationen auf Denkmälern wie Triumphbögen und Münzen und Inschriften mit Listen von Gebieten und Stämmen spiegelten die Erfolge des Reiches und förderten das Prestige einzelner Männer, aber auch den Ruhm und den Stolz des römischen Volkes.

In der Antike scheinen politische Erfolge mit Bezug auf die territoriale Expansion und auf die Zahl unterworfener Personen bewertet worden zu sein. Ruhm erlangte man durch die Expansion von räumlichen Grenzen, insbesondere für die Eroberung von bewohntem oder fruchtbarem Land, das Landwirtschaft und Siedlungen ermöglichte. Selbst wenn Namen von Nationen und Stämmen genannt wurden, scheinen sie für natürliche Räume zu stehen. Augustus (in seinem Tatenbericht) und andere römische Führungspersönlichkeiten prahlten nicht mit der Zahl überwundener Personen, sondern – wenn sie überhaupt Gefangene erwähnten – mit deren Rang: Je höher gestellt die Kriegsgefangenen waren, desto großartiger war der Erfolg. Ferne Völkerschaften – insbesondere diejenigen an den Rändern der Welt (Inder, Britannier, Skythen) zählten als besonders wertvolle Erfolge, und exotische und fremde Namen, Gewohnheiten und Naturphänomene erhöhten die Aura außerordentlicher Leistungen.

Zum Schluss: Sobald geographische Horizonte erweitert werden, wird Wissbegierde befriedigt, aber auch geweckt. Diese treibende Kraft wird besonders in kriegerischen Gesellschaften, die zur politischen und territorialen Expansion neigen, zum Motor für die Erweiterung der Macht: Das Wissen von einem Gebiet schafft den Willen, es zu erobern, und die Eroberung eines Gebiets erhöht das Wissen über es. ‹Wissen ist Macht›, und dies in einem ganz praktischen Sinn, weil geographisches Wissen militärische Siege und Eroberungen erleichtert, aber auch geistige Wirkung hat: Geographische Kenntnisse schaffen mächtige Herrscher, weil sie zu Propaganda-Zwecken genutzt werden und so zur weiteren Ausdehnung der Macht beitragen.

Geographie in der antiken Welt

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