Читать книгу So war das nicht geplant - Karen Sommer - Страница 7

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Einige Stunden später verabschiedete sich Anna von ihrer ältesten und besten Freundin und fuhr in die leere Wohnung in die Stadt zurück. Ein Post-it informierte sie, dass Frank die nächsten Tage auf Geschäftsreise wäre. Sie war froh darüber, die Wohnung für sich alleine zu haben. Über die Tage danach wollte Anna an diesem Abend nicht mehr nachdenken. Traurig beobachtete sie die Sonne, die hinter den Hochhäusern versank.

Sie telefonierte mit Marie, dass sie gut angekommen war.

„Frau Weber, bitte kommen Sie in die Direktion.“ Der Lautsprecher unterbrach Anna gerade in dem Moment, in dem sie mit ihren Kindern gerade versuchte, das Geheimnis des Halbierens von Zahlen zu ergründen.

„Frau Weber, Sie wissen, dass Sie hier eine Stelle als Karenzvertretung innehatten. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass die Kollegin im nächsten Jahr wieder an die Schule zurückkehrt, deshalb kann ich Ihnen keine weitere Verwendung anbieten. Ich weiß, es kommt etwas plötzlich für Sie und ich lege Ihnen nahe, sich möglichst sofort um eine neue Stelle zu kümmern …“

Den Rest verstand Anna nicht mehr. Kosteneinsparung. Rückkehr aus der Karenz. Unterstützung. Gutes Führungszeugnis.

Keine Stelle mehr. Das registrierte sie. Blindlings packte sie nach dem Unterricht ihre Tasche und flüchtete aus der Schule. Ziellos spazierte sie in dem kleinen Park in der Nähe der Schule herum. Sie setzte sich auf eine Bank neben dem künstlich angelegten Teich. Ihre Gedanken rasten. Da passte es doch bestens, ihre übervolle Mailbox abzuhören und die ungelesenen SMS zu öffnen.

„Anna, ich liebe dich. Komm zurück!“

„Anna, wo bist du? Melde dich!“

„Anna, das hat mir nichts bedeutet. Du bist meine Zukunft.“

Und so ähnlich klangen auch die anderen Nachrichten. Von besorgt über liebevoll bis hin zu fordernd. Vielleicht wäre es das Beste, es noch einmal mit Frank zu probieren. Im Grunde war er ja ein netter Kerl. Manchmal etwas sorglos. Aber nicht bösartig ihr gegenüber. Immer ein Gentleman. Schenkte Blumen zu Festtagen. Brachte Essen mit, wenn sie zu viel zu tun hatte. Sorgte sich um sie, wenn sie krank war. Sie war bereits 26 und ihr Leben zog dahin. Als Kind war sich Anna sicher gewesen, dass sie in diesem Alter bereits eine Familie umsorgen würde. Aber irgendwo hatte sie die Abzweigung zu diesem Wunsch versäumt.

Ihre Eltern wären von Frank begeistert, wenn sie noch leben würden. Ein Autounfall vor fünf Jahren hatte sie zu früh aus ihrem Leben gerissen. Noch heute belastete es Anna zutiefst, dass sie keine nennenswerte Familie mehr hatte. Einige entfernte Verwandte, irgendwo verstreut.

Franks einziges Manko war sein sorgloser Umgang mit dem anderen Geschlecht. Er mochte Frauen und er widerstand ihnen nur schwer. Aber er konnte sich bestimmt ändern. Und Anna wollte ihm noch eine Chance geben.

Anna wählte Franks Nummer und seufzte, als er bereits beim zweiten Klingeln abhob.

„Anna, endlich. Ich habe mir Sorgen gemacht. Wo warst du?“

„Bei Marie.“

„Das habe ich mir schon gedacht. Sie hat sicher wieder böse über mich gesprochen! Außerdem hat sie mich prompt angelogen, als ich angerufen und nach dir gefragt habe! Aber, Schwamm drüber. Ich verzeihe dir!“

Anna registrierte kaum, was um sie geschah. Das konnte doch nicht wahr sein! ER verzieh IHR!!!

„Ich komme morgen Abend wieder und dann gehen wir zu Pietro auf eine Pizza. Die hast du doch so gerne.“

Alles vergeben und vergessen? ER verzieh IHR? Anna schluckte schwer. Sie bemühte sich um einen lockeren Ton.

„Ja. Ich reserviere einen Tisch.“ Anna antwortete abwesend.

„Ich freue mich auf dich. Ich muss jetzt leider weiterarbeiten. Bussi. Ich hab‘ dich lieb.“

Vier kleine Worte. Aber irgendwie erreichten sie ihr Ziel bei Anna nicht so ganz. Niedergeschlagen machte sich Anna auf den Heimweg.

Wie oft hatte er diese Worte schon benutzt? Unzählige Male.

Sie auch. Aber scheinbar mit einer anderen Bedeutung.

Matthias hatte schon bemerkt, dass der blitzblaue Mini von Anna bereits wieder weg war. Er hatte es auch vorab bereits vermutet, da sie ja bestimmt wieder in die Schule musste.

Seine Gedanken kreisten seit zwei Tagen nur um Anna. Sie war so ein bezauberndes Geschöpf. Mit traurigen Augen. Irgendetwas belastete sie. Er wollte ihr so gerne helfen.

Dabei hatte er genug eigene Sorgen. Und wenn sie auch nur ein Fünkchen davon ahnte, wäre sie sicher eine Staubwolke. Sie war nicht für ihn bestimmt. Nur wollte er sie, wie noch keine Frau vor ihr. Nur sie.

„Morgen, Thomas. Kann ich mir deinen zweiten Anhänger für heute Nachmittag ausborgen?“

Eigentlich brauchte er den Anhänger nicht. Aber er hatte einen Vorwand gebraucht, um einfach so vorbeizuschauen. Thomas werkelte unter dem Traktor. Öl tropfte auf seine Brust.

„Sicher. Hol‘ ihn dir einfach. Du weißt, wo er steht. Alles in Ordnung bei dir? Du siehst so angespannt aus?“

„Ja, ja, alles in Ordnung. Ist euer Gast bereits abgefahren?“

„Die Schule rief. Und gegen zwanzig lärmende Kinder haben wir keine Chance.“ Thomas lachte vor sich hin.

„Ja, das kannst du ja ändern.“ Er schenkte seinem Freund ein schelmisches Grinsen. „Warum war sie eigentlich so überraschend hier?“

„Irgendwas mit ihrem Freund. Warum hast du so ein plötzliches Interesse an Anna?“

„Ich frag‘ ja nur. Sie hat irgendwie traurig gewirkt.“

„Das regelt sich bestimmt wieder. Obwohl Frank ja nicht gerade mein Fall ist. Aber scheinbar hat er andere Qualitäten.“

Matthias zuckte unmerklich zusammen. Davon wollte er bestimmt nichts wissen.

„Möchtest du mit reinkommen auf einen Kaffee? Marie hat Apfelkuchen gebacken.“ Das zog sonst immer.

„Nein, danke, ich muss wieder.“

Thomas schob sich irritiert unter dem Fahrzeug hervor, wischte sich die Hände an einem Putzfetzen ab, blickte seinem besten Freund stirnrunzelnd nach. Apfelkuchen und Kaffee waren noch nie verweigert worden. Nachdenklich ging er in die Küche zu seiner Frau.

„Marie, ich denke, wir müssen reden.“

So war das nicht geplant

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