Читать книгу Der Lifestyle Club - Kari Karaiti - Страница 5

Оглавление

DIE WETTE


COLTON

Colton parkte seinen Pick-up auf dem Gästeparkplatz des Clubs und ließ seinen Blick über die abgestellten Wagen gleiten. Er seufzte leise, denn er erblickte die Autos, die er erwartet hatte, die wenig überraschend immer hier standen. Es würde ein Abend wie jeder andere werden. Nicht, dass er die Abende im Club nicht genoss. Eigentlich fühlte er sich hier wohl und zu Hause. Es tat gut, nach einer anstrengenden Woche auf der Ranch einfach zu entspannen, sich vom Alltag abzulenken und alle Gedanken darüber zu vergessen, mit einer willigen sub zu spielen. Seit einiger Zeit jedoch quälte Colton eine gewisse Langeweile. Er sehnte sich nach Abwechslung. Die war in einer Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo selbst in einem solchen Club nicht zu finden. Es waren immer dieselben Leute hier, welche er prinzipiell schätzte, denn viele von ihnen nannte er seine engsten Freunde. Und obwohl die Vertrautheit sichere Spiele garantierten, fehlte das Abenteuer, der Kitzel des Neuen, Unbekannten. Sein ganzes Leben bestand aus dem immer gleichen Ablauf, auf der Ranch wie mittlerweile hier im Club, obwohl dieser die Eintönigkeit eigentlich brechen sollte. Der Kies knirschte unter seinen Stiefeln, als er mit großen Schritten auf den Eingang zuging. Er zog die schwere Tür auf und trat in den hell erleuchteten Eingangsbereich.

„Hey, Colton“, brummte Walter, nachdem er kurz aufgesehen hatte und, da er wusste, wer der Neuankömmling war, den Blick wieder in sein Buch senkte.

„Hey Walter, alles gut?“

„Wie immer“, antwortete der ältere Mann mit einem zufriedenen Schmunzeln.

„Ja, wie immer“, murmelte Colton, was ihm einen forschenden Blick des alten Mannes bescherte, der seine grauen Augenbrauen in seine gerunzelte Stirn hochzog. Walter war mit seinen über fünfundsechzig Jahren Typ Biker kräftig gebaut und als Türsteher mehr als geeignet. Ihn interessierte das Geschehen im Innenraum nicht, nicht die Geräusche, nicht die Praktiken. Ihm war egal, was drinnen passierte, und er verurteilte die sexuellen Vorlieben der Gäste nicht. Colton kannte niemanden, der vergleichbar gelassen wirkte, wenn man bedachte, dass er Türsteher eines exklusiven Clubs der besonderen Art war.

„Paisley fragte nach dir“, erklärte Walter, feuchtete kurz einen Finger und blätterte eine Seite um.

„Ach, tatsächlich?“, gab Colton zurück, während er seinen Halbmantel aufhängte.

Walter sah mit einer hochgezogenen Braue zu ihm auf. „Wirklich alles in Ordnung bei dir?“

Colton ließ ein Schmunzeln über seine Lippen gehen, starrte kurz vor sich auf den Boden. „Alles wie immer, nicht wahr?“, erwiderte er, woraufhin Walter ein wissendes Grunzen von sich gab.

„Gehe rein! Trink ein Bier! Quatsch ein wenig! Überwache das Geschehen! Vielleicht kommst du in Stimmung, Junge.“

Colton lachte. „Ja, das war der Plan.“

„Ach ja, Hunter brachte Besuch mit. Süße Maus, die Kleine! Wirkte eher unerfahren. Ich frage mich, weshalb er sie mitbrachte. Er schien angespannt, voll im Beschützermodus.“

Colton horchte auf. „Besuch? Wer sollte das sein?“

Walter zuckte mit den Schultern. „Habe sie noch nie im Ort gesehen. Vielleicht neu hergezogen oder zu Besuch hier. Ich rate dir, tue nichts, was Hunter triggern könnte.“

Colton lachte. Hunter gehörte zu seinen engsten Freunden. Er hatte weder erwähnt, dass er Besuch bekommen würde, noch dass er jemanden kennengelernt hätte. Daher neugierig, wen Hunter mitgebracht hatte, betrat Colton den Clubraum, der sich hier auf der unteren Etage zunächst in einen Barbereich öffnete. Um eine lange Theke mit Regalen voller Flaschen und Gläser, verteilten sich hohe Barhocker. Kleine Lampen warfen ihr schummriges Licht auf den Tresen. Ein paar Hochtische mit jeweils sechs Hockern trennten diesen von den Ledersofa- und -sesselgruppen tiefer im Raum, die darauf einstellten, was in diesem Club geschah. Colton ließ seinen Blick kurz durch den unteren Spielbereich schweifen, konnte Hunter aber nirgendwo entdecken. Einige Hochtische waren von Gästen besetzt, die sich unterhielten.

Auf einer Sofagruppe saßen ein paar subs – zwei davon angekettet, um zu symbolisieren, dass sie für jede Annäherung tabu waren. Auf einer anderen Gruppe konnte er Cameron, Adam und José erkennen, die entspannt zusahen, wie Natalie ihren blonden Lockenkopf mit auf dem Rücken fixierten Armen und entblößten Brüsten über Richards Schoß auf und ab bewegte, während er ihre Locken um seine Faust gewickelt hatte. Hinter den Sofaecken begann der eigentliche Spielbereich. Colton konnte Janna sehen, die William in der Dusche an seinen Handgelenken aufgehängt hatte, dass er gerade noch mit den Zehenspitzen auf den Boden kam, während sie den Duschkopf kontrollierte und ihn mit dem Wasserstrahl in den Wahnsinn trieb. Oft sah er den beiden fasziniert zu, denn die Dynamik des Paars war unglaublich. Er wollte nicht wissen, wie viel Kraft der drahtige, weibliche Körper aufbringen konnte. Des Öfteren hatte er sie mit zwei Bullenpeitschen gleichzeitig arbeiten sehen, dass ihm klar war, dass mehr in diesem kleinen Frauenkörper steckte, als man auf den ersten Blick vermutete. Für eine Präzision dieser Art bedarf es harten, körperlichen Trainings, wollte sie ihren sub nicht ernsthaft verletzen. Er hatte die beiden beobachtet, als Janna William vor dem Bett kniend an die Pfosten gekettet hatte, die Arme rechts und links ausgestreckt. Sie hatte mit den Peitschen kunstvolle Muster auf seinen Rücken gezaubert, ohne Blut fließen zu lassen, und ihn damit in den Subspace geschickt.

Draußen auf der Veranda saßen ein paar Leute im Whirlpool, darunter Paisley, die ihn nicht bemerkte, während sie mit anderen subs lachte. Colton wandte sich ab und ging auf die Bar zu, hinter der Hayden unermüdlich Getränke ausschenkte.

„Hey, Colton“, begrüßte er ihn. „Spät dran heute.“

„Ja, viel zu tun.“

„Ah ja, bei euch brennt die Hütte. Wie läuft‘s?“

Colton schnaubte. „Ein Therapeut ist kurzfristig abgesprungen. Familiennotfall! Er rief an und erklärte, dass er nicht zurückkommen würde. Jetzt ist die Stelle unbesetzt. Ein paar Pfeifen bewarben sich, aber die kann man nicht mit gutem Gewissen auf Pferde und Kinder loslassen. Ein weiterer Bewerber kam gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch. Mir sind Ende letzten Jahres Farmarbeiter weggebrochen, die wir noch nicht ersetzen konnten.“

„Scheiße“, brummte Hayden und schenkte ihm ein Bier aus.

„Ja, scheiße stressig! Wir bekamen bisher nicht viele hoffnungserweckende Bewerbungen auf die Therapeutenstelle. Das Zentrum kontaktiert uns, sobald Kandidaten gefunden wurden, und schickt sie zu uns hinaus. Wir haben noch nichts gehört. Du weißt, wie dringend der Ort einen Kindertherapeuten braucht.“

Hayden brummte erneut zustimmend. „Hast du heute besondere Pläne? Paisley fragte nach dir. Läuft da irgendetwas zwischen euch? Ihr spielt ziemlich regelmäßig miteinander.“

Colton schnaubte. „Wer spielt hier nicht regelmäßig miteinander?“

„Wohl wahr!“ Hayden lachte leise „Deswegen sind alle aufgeregt. Hunter brachte Besuch mit. Aber es sah nicht aus, als würde er jemanden an sie heranlassen. Gott, ich hatte das Gefühl, er will jedem Dom, der es wagt, sie anzusehen, die Augen ausstechen.“

„Walter sagte etwas von Beschützermodus.“

„Wenn du mich fragst, ist sie neu in der Szene. Wahrscheinlich vollkommen unerfahren und Hunter ist sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, sie herzubringen.“

„Wo sind sie?“, fragte Colton.

Hayden deutete auf den oberen Bereich. „Er führte sie herum. Sie sah sich alles mit großen Augen an. Verdammt, du weißt schon, diese großen, unschuldigen Augen voller Verwunderung, Schrecken und gleichzeitiger Neugier. Ich glaube, es gab niemanden, der bei ihrem Anblick nicht sofort hart wurde.“

Colton lachte auf. „Ich scheine, etwas verpasst zu haben.“

„Gehe oben nachsehen, ob er sie überreden konnte, das Inventar auszuprobieren. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, ob sie ihn überreden konnte.“

Mit amüsiertem Gesichtsausdruck wandte sich Colton ab und schlenderte auf die Treppen zu, die in den oberen Raum führten. Er ging an dem ersten Andreaskreuz, das sich an diesem Abend ungewöhnlicherweise unbenutzt zeigte, vorbei. Zwei Doms hatten Bella in der Liebesschaukel auf kunstvolle Weise drapiert und die Laute ihres Vergnügens ließen ihn schmunzeln. Dann fiel seine Aufmerksamkeit auf den Flaschenzug, vor dem sich eine kleine Traube gebildet hatte. Mehr als zehn Doms standen dort dicht gedrängt, dass sie den Blick auf das, was sich am Haken abspielte, verdeckten. Er konnte sie reden und leise lachen hören.

Dann erklang ein Signalton und Hunter rief: „Zeit um! Moment!“

Gemurmel brach aus, woraufhin Colton sich der Gruppe langsam näherte. Es waren hauptsächlich jüngere Doms, die sich das Spektakel ansahen, die er zum Teil aus den Kursen kannte, die Hayden anbot. Einzelne erfahrene Doms standen mit kritischem Blick und mit vor der Brust verschränkten Armen da und beobachteten das Geschehen. Colton wühlte sich durch die Gruppe, bis er neben Ryan stehen blieb und ihm kurz die Hand auf die Schulter legte, bevor er den nackten Frauenkörper am Flaschenzug erhaschte. Er atmete tief ein, während sein Blick die blasse Haut der dunkelhaarigen Frau entlangfuhr, die dort mit über dem Kopf ausgestreckten Armen am Haken hing. Eine Binde lag über ihren Augen, unter der ihre braunen, lockigen Haare hervorquollen und bis auf ihren Rücken fielen. Sie atmete tief, was ihre apfelgroßen Brüste hob und senkte, während ihre weiche Bauchdecke kaum die harte Muskulatur, die darunter lag, verbergen konnte. Sie war nicht dünn wie Paisley oder drahtig wie Janna. Aber die Weichheit ihrer Kurven ließ Coltons Hände kribbeln. Wie Venus persönlich räkelte sie sich an dem Haken, als verlangte sie, berührt zu werden. Beim zweiten Blick musste er allerdings zugeben, dass es das Gegenteil war, das sie unruhig von einer Zehenspitze auf die andere trippeln ließ. Hunter diskutierte mit Jack, der den Bereich überwachte und mit zusammengezogenen Augenbrauen seinen Blick auf der jungen Frau liegen hatte. Beide traten an sie heran und sprachen mit ihr, redeten auf sie ein, doch sie schüttelte den Kopf.

„Sie fühlt sich mehr als unwohl“, hörte Colton Ryan neben sich knurren. „Und ich spreche nicht von dem gewissen Unwohlsein, das mancher hier anstrebt.“

„Was macht Hunter?“, fragte Colton. „Wieso bricht er die Szene nicht ab?“

Ryan schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht genau, was da passiert, da ich eben erst dazukam. Michael drückte mir ein Los in die Hand. Er sagte, ich sollte zusehen, dass ich sie überrede, anderweitig spielen zu gehen, wenn diese Nummer hier gezogen wird. Aber Hunter sieht nicht zufrieden aus. Ich würde an dieser Stelle abbrechen.“

Doch Letzterer wandte sich zum Rad um und drehte es mit verkniffenem Gesichtsausdruck. Als es auf einer Zahl stehenblieb, trat ein junger Dom vor, gab sein Los ab und stellte sich so neben die Frau, dass er den Blick auf sie nicht versperrte, während seine Hand zielstrebig zwischen ihre Beine ging und er nahe ihrem Ohr sprach. Sie ließ den Kopf hängen und Colton konnte sehen, wie sich ihr Kiefer verhärtete, als sie die Zähne aufeinanderpresste.

„Ich werde Jack fragen, weshalb er nicht eingreift.“ Langsam ging er auf Jack zu. Hunter beobachtete den jungen Dom mit einem Blick, der Mord und Totschlag schrie, doch er ließ ihn gewähren.

„Jack!“

„Colton“ seufzte dieser tief.

„Was soll das?“ Colton deutete mit der Hand auf die unsägliche Szene, die sich vor ihnen entfaltete.

„Es ist eine Wette.“

„Eine Wette?“

„Sie sind seit Ewigkeiten befreundet, platonisch.“

„Ich sehe nichts Platonisches hier heute Abend“, warf Colton ein, während der junge Mann ihre Beine mit seinen Füßen öffnete, direkt zwei Finger in sie einführte und ihr Körper zusammenzuckte.

„Sie besucht ihn und fand seine Spieltasche, die er leichtsinnigerweise herumliegen ließ. Sie befragte ihn dazu und nach dem Abendessen und einer Flasche Wein neckte sie ihn, bis er sagte, dass sie keine zehn Minuten in einer Szene durchhalten würde. Sie fühlte sich provoziert und Hunter malte diese Szene hier aus, um sie abzuschrecken. Doch sie ließ sich nicht abschrecken und forderte ihn zu einer Wette heraus. Er dachte, sie würde am nächsten Morgen davon zurücktreten. Wie du siehst, tat sie das nicht.“

„Worum wetteten sie?“

„Er erklärte ihr, dass er sie festketten, öffentlich zur Schau stellen und zwei Minuten mit ihr an die Doms verlosen würde. Sie hätte in diesen zwei Minuten die Wahl, ihr Safe-Word zu benutzen, die Zeit durchzuhalten und auf den nächsten zu warten oder einen Dom auszuwählen und damit diese Szene zu beenden und mit ihm anderweitig weiterzumachen. Wenn sie zehnmal zwei Minuten durchhält oder einen der Doms auswählt, hat sie die Wette gewonnen. Benutzt sie ihr Safe-Word, verliert sie.“

Colton ließ stöhnend den Kopf hängen. „Hast du nicht versucht, das Ganze zu beenden?“

„Natürlich habe ich das. Sie besteht darauf, es durchzuziehen. Was soll ich machen?“

„Warum sind ihre Augen verbunden?“

„Sie bat darum. Es beruhigt sie, sagte Hunter.“

„Verdammt! Er sieht aus, als wollte er die Grünschnäbel eigenhändig umbringen.“

Jack nickte. „Sie starren sie an wie hungrige Wölfe ein verletztes Lamm.“

„Hast du ein Los gezogen?“, fragte Colton.

„Nachdem sie stur darauf besteht, dieses Spektakel über sich ergehen zu lassen, ja. Ich hoffe, wenn das Rad auf meiner Zahl landet, das Spiel zu beenden.“

„Wer noch?“

„Ryan, Michael, Carson – aber wir haben kein Glück.“

„Ich werde auch eine Nummer ziehen.“ Colton trat an den Behälter mit den Losen und zog ein Stück Papier heraus, was ihm einen scharfen Blick von Hunter bescherte. Konnte sein Freund sich nicht vorstellen, weshalb er das tat? Konnte er sich nicht denken, dass er die Qualen, die ihm dieses Spiel zufügte, beenden wollte?

Der Signalton erklang und Hunter knurrte: „Zeit um!“

Der junge Dom zog seine Finger aus ihrem Körper und wollte sie ihr an die Lippen halten, doch Hunter deutete ihm, zurückzutreten. Erneut sprach er mit ihr, aber sie schüttelte trotzig den Kopf, woraufhin er sich seufzend umdrehte und mit einer frustrierten Geste das Rad in Schwung setzte.

„Der Wievielte war das?“, fragte Colton an Jack gerichtet.

„Erst der Dritte! Wir zögerten das Ganze dadurch heraus, dass wir versuchten, es ihr auszureden.“

Colton presste die Lippen aufeinander, als das Rad knapp an seiner Zahl vorbeilief und stehenblieb. Jack fluchte und Ryan, Michael und Carson signalisierten, dass ihre Nummern ebenfalls nicht gezogen worden waren.

Der nächste Mann, der vor sie trat, wickelte sofort ihre Haare um seine Faust, zog ihren Kopf zurück und presste seine Lippen auf ihre. Sie schrumpfte in sich zusammen, hätte sich weggedreht, wenn er ihr die Möglichkeit gegeben hätte. Doch er fixierte sie, ließ seine Hand über ihre Brust fahren und seine Finger mit ihrem Nippel spielen. Er rollte ihn zwischen Zeigefinger und Daumen, bis er zukniff und ihr ein Schmerzenslaut aus der Kehle drang. Er ließ von ihren Lippen ab, musterte sie prüfend, ob sie ihr Safe-Word sagen würde, doch sie schwieg. Plötzlich ertönte das Geräusch einer Hand auf Haut, als seine Handfläche auf ihre Pobacke klatschte. Sie gab einen unwilligen Laut von sich und er schlug ihr erneut auf den Hintern. Nein, sie konnte dem nichts abgewinnen, doch sie schwieg beharrlich.

„Stures Stück!“, fluchte Jack neben ihm.

Erleichtert hörte Colton den Signalton. Wenn das so weiterging, würde sie noch heute Nacht mit wehenden Fahnen den Ort verlassen. Wahrscheinlich würde Hunter nie wieder von ihr hören.

AVA

„Drehe das verdammte Rad!“, zischte Ava, bevor Hunter sie erneut beschwören konnte, das Safe-Word zu sagen, oder ihr zugestand, dass sie die Wette gewonnen hatte. Nur über ihre Leiche! Er hatte so viele Wetten in den letzten Jahren gewonnen, da er immer um Dinge mit ihr gewettet hatte, von denen er sicher war, dass sie ihre Komfortzone so weit dehnten, dass sie kneifen würde. Dieses Mal nicht, hatte sie sich geschworen. Dieses Mal würde sie ihm zeigen, worauf er sich eingelassen hatte. Dumm nur, dass es ihre Pobacke war, die brannte. Was fanden Menschen an dieser Sache, fragte sie sich. Was sollte hieran erregend sein? Ein Haufen notgeiler Bastarde, die sie zum Glück nicht sehen konnte, geilte sich daran auf, dass sie hilflos hier stand und sich begrapschen lassen musste. Na gut, nicht musste, sie konnte ihr Safe-Word benutzen und Hunter gewinnen lassen. Oder sie nahm sein Angebot an, dass sie die Wette gewonnen hatte. Doch sie hatte sich geschworen, das diesmal nicht zuzulassen.

Noch sechs Männer, dachte sie, dann hatte sie es überstanden und konnte den Club verlassen. Gott! Sie hoffte, sie würde niemanden außerhalb des Clubs wiedersehen. Wie peinlich wäre das? Sie würde Hunter bitten, sie mit verbundenen Augen in die Umkleidekabine zu bringen, damit sie unerkannt fliehen konnte. Und er? Niemals hätte sie gedacht, dass sie sich vor ihm ausziehen würde, dass sie ihm erlauben würde, ihre Hände weit über ihren Kopf ausgestreckt an einen Haken zu binden, mit einem Flaschenzug zu strecken und dabei zusehen zu lassen, wie fremde Männer sie anfassten, ihre Finger in sie steckten oder ihr den Hintern versohlten. Zugegeben, sie hatte ihn immer attraktiv gefunden, war anfangs, als sie ihm am College begegnet war, in ihn verliebt gewesen. Doch da er damals nicht verfügbar gewesen war, hatte sich zwischen ihnen eine unvergleichliche Freundschaft entwickelt. Was bedeutete dieser Abend für ihre Freundschaft? Würde sie ihm noch in die Augen blicken können? Gott, sie wollte nicht auf diese Freundschaft verzichten. Mit niemandem konnte sie reden wie mit ihm. Er kannte all ihre dunklen Geheimnisse. Wer hatte ahnen können, dass sie nicht von all seinen wusste? Dass er ihr einen nicht unerheblichen Teil seiner Persönlichkeit vorenthalten hatte? Das Rattern des Rades unterbrach ihre Gedankengänge und sie atmete tief ein, bereitete sich auf den nächsten Angriff auf ihren Körper vor.

Sie hörte Schritte, die sich ihr näherten, spürte die Hitze des anderen Körpers, als er nah vor ihr stehenblieb, und spannte ihre Muskeln in Erwartung auf die Hände, die sie jeden Moment berühren würden, an. Doch es passierte nichts.

„Eine Wette, Süße?“, erklang eine tiefe, leise Stimme nahe ihrem Ohr. Ein Schauer fuhr durch ihre Glieder. Gott, diese Stimme! Sie schwieg, ließ den Kopf hängen. Warme Hände umfassten ihre Wangen und sie glaubte, jeden Moment würden erneut Lippen auf ihren Mund gepresst. Doch sie spürte nur heißen Atem nah ihrem Ohr. „Du willst das hier nicht. Deine ganze Körpersprache sagt eindeutig, dass du nichts lieber tun würdest, als dein Safe-Word herauszuschreien und wegzulaufen. Aber du schweigst wegen einer verdammten Wette. Weißt du, wie sehr Hunter leidet?“ Sie schnaubte verächtlich. „Ihr scheint eure Geschichte zu haben, die dich zu dem hier treibt. Aber das hier ist nicht deins, Süße. Beende es!“

„Niemals!“

Sein tiefes Schmunzeln nahe ihrem Ohr jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper. „Du hast nicht nur die Wahl zwischen Safe-Word und Durchhalten. Es gibt eine weitere Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die Wette zu gewinnen.“

„Ich soll einen dieser kranken Typen auswählen?“ Sie wusste nicht, ob sie es ausgesprochen hatte. Das Grinsen, das sich spürbar über seine Lippen zog, ließ sie wissen, dass er sie gehört hatte.

„Nicht irgendeinen dieser kranken Typen“, antwortete er. „Wenn du mich lässt, werde ich dich aus dieser Zurschaustellung befreien. Ich nehme ihnen jede Sicht auf dich und es ärgert sie, dass sie nicht beobachten können, was zwischen uns passiert. Wenn du mich lässt, Süße, werde ich dich unten in den Sofabereich bringen – privat und gleichzeitig öffentlich genug, um dir Sicherheit zu geben, ohne dich vorzuführen.“

„Und dann?“

„Dann werde ich dir zeigen, weshalb das hier eine dumme Idee war. Verstehe mich nicht falsch, ich werde dich anfassen, einfach weil ich dich berühren will. Ich werde dir zeigen, dass Hunters Vorlieben nicht dem entsprechen müssen, was du hier erlebst – wenn du mich lässt.“

Seine Hand fuhr von ihrer Wange in ihr Haar und er wickelte eine Strähne ähnlich um seine Hand wie der Mann zuvor. Doch er zog ihren Kopf nicht zurück, hielt seine Hand nur in ihren Haaren, während sich seine Lippen auf ihr Ohr legten. „Bitte, lass mich!“, flüsterte er. „Sag ja, bevor die zwei Minuten rum sind!“

Ihr Herz raste und schlug heftig in ihrer Brust, dass sie glaubte, alle müssten es hören. Sollte sie das hier beenden und mit einem fremden Mann in einer Sofaecke rummachen? Hiernach würden fünf weitere Männer über sie herfallen, sie öffentlich begrapschen. Was konnte schlimmer sein? Er bot ihr eine Möglichkeit, die Wette zu gewinnen, ohne sich wie eine skurrile Sensation in einem Zirkus zu fühlen.

„Die Zeit ist gleich um“, riss er sie aus den Gedanken.

Sie atmete tief ein und öffnete den Mund. „Ja!“, stieß sie aus und erschrak, wie rau es klang. Der Signalton erklang und Gemurmel brach aus.

„Bist du dir sicher?“, hörte sie Hunter neben sich.

„Ja!“, wiederholte sie.

„Du willst diese Wette unbedingt gewinnen, oder?“, fragte er und es klang frustriert.

„Sie nahm mein Angebot an“, erklang die Stimme des anderen Mannes. „Befreien wir sie von den Fesseln.“

„Willst du das wirklich?“, fragte Hunter.

„Nicht länger als zehn Minuten“, sagte sie und die Hände, die die Cuffs um ihre Handgelenke lösen wollten, schlossen sich stattdessen darum.

„Du willst verhandeln?“, fragte der Mann amüsiert.

„Ich hätte noch fünf mal zwei Minuten durchhalten müssen.“

„Zur Schau gestellt mit fünf verschiedenen Männern oder deinem Safe-Word.“

„Okay, zwanzig Minuten.“

„Dreißig! Dreißig Minuten oder ich trete von meinem Angebot zurück.“

Ein unangenehmes Kribbeln fuhr durch ihren Magen bei dem Gedanken daran, weiterzumachen. Sie biss sich auf die Unterlippe, spürte ihre Pobacke brennen, dann nickte sie. „Abgemacht!“ Hunter stöhnte, aber sie wurde von dem Haken losgebunden.

„Das war’s“, ertönte eine weitere männliche Stimme. „Die Show ist vorbei.“

Ihre Schultern schmerzten, als sie die Arme fallen ließ und sie sackte in sich zusammen, wäre zu Boden gegangen, wenn sich nicht sofort ein Arm um sie geschlungen hätte. „Gib mir eine Decke“, sagte der Mann, dem sie gerade ihren Körper für dreißig Minuten versprochen hatte.

Was war los mit ihr? War die Wette so wichtig, dass sie sich auf solch ein verrücktes Spiel einlassen musste? Vielleicht sollte sie dieses Wort einfach sagen, einsilbig und laut, und zugeben, dass Hunter wieder einmal Recht gehabt hatte. Sie hätte ihn nicht aufziehen sollen, als sie die Utensilien in seiner Tasche gefunden hatte. Es war ja nicht so, als hätte sie noch nie von dieser Art sexueller Vorliebe gehört, als hätte sie nie Fesselspielchen gespielt oder einen Vibrator in der Hand gehalten. Aber die Vorstellung, dass Hunter ... Sie brach den Gedanken ab, als die Stimme des Mannes, der sie fest in seinem Arm hielt, nah ihrem Ohr erklang.

„Ich werde dir die Augenbinde abnehmen. Das Licht könnte erst einmal unangenehm sein.“

„Nein!“, entfuhr es ihr direkt. „Nein, nicht abnehmen, bitte!“

Der Mann stutzte, doch er schwieg. Im nächsten Moment wurde sie in eine angenehm weiche Decke gehüllt und hochgehoben. Ihr Kopf fiel an eine harte Brust, als er sie brautmäßig die Treppe hinuntertrug, und sie spürte verwirrt in ihren Körper. Sie war erschöpft und doch fühlte sie sich, als sei sie mit einem Starkstromkabel aufgeladen worden, während sie auf dem Arm eines fremden Mannes blind durch einen Raum voller fremder Menschen und seltsamer Apparaturen getragen wurde. Geräusche, die sie außer in einem Film, nie geglaubt hatte, einmal wahrzunehmen, drangen an ihre Ohren. Leder, das auf Haut klatschte, Schmerzenslaute, die verdächtig begierig klangen. Sie verlor jede Orientierung, und das Gefühl, dass sie mit der Augenbinde darauf vertrauen musste, dass dieser fremde Mann sich an das hielt, was er ihr zuvor versprochen hatte, ließ sie sich plötzlich verletzlich fühlen. Sie zog die Decke fester um sich, als sie auf ein Sofa gelegt wurde.

„Ava“, sagte Hunter nah neben ihr.

„Was?“

„Du musst das nicht tun.“

„Oh nein! Diese Wette, Hunter, diese Wette gewinnst du nicht. Wo bin ich hier?“

„Erinnerst du dich an die Bar, als wir reinkamen? Das hier ist eine Sofagruppe, ganz in der Ecke. Das Sofa steht vom Raum abgewandt.“

„Ähm, sind wir allein?“

„Im Augenblick, ja!“ Seine Hand fuhr über ihr Haar und sie spürte, dass sie trotz der Decke zitterte. „Ava, bitte, es tut mir leid. Ich hätte mich niemals auf diese Wette einlassen sollen. Ich dachte, du würdest es nicht ernst meinen. Einigen wir uns darauf, dass du gewonnen hast, und beenden das Ganze hier.“

„Damit du mir das bei der nächsten Wette unter die Nase reiben kannst? Niemals! Das hier ist eine Wette wie jede andere bescheuerte Wette, die wir jemals abgeschlossen haben. Und ich werde sie gewinnen. Und zwar richtig, nicht gemogelt!“ Er schnaubte, ließ seine Hand von ihrem Kopf fallen. „Sag mir lieber, ob er sich an das halten wird, was er mir erklärte. Kennst du ihn?“

„Ja, Ava, er ist einer meiner engsten Freunde. Er ist vertrauenswürdig.“

„Passt du auf mich auf? Du sagtest, Sicherheit sei wichtig.“

„Sicher und einvernehmlich!“ Sein Ton klang beschwörend.

„Es ist einvernehmlich. Ist es sicher?“

„Ja, es ist sicher.“

„Dreißig Minuten, Hunter!“

„Kann ich dich nicht umstimmen?“

„Nein!“

„Ich passe auf dich auf“, sagte er leise und im nächsten Moment legten sich seine Lippen auf ihre Stirn. Sie hörte, dass er sich zurückzog und sich ihr andere Schritte näherten, hörte Glas, das auf den Tisch gestellt wurde. Dann fuhren Arme unter ihre Schultern und Kniekehlen und sie wurde erneut hochgehoben, bevor sie auf einen Schoß gesetzt wurde. Ein Arm schlang sich fest um sie und im nächsten Moment legte sich ein Glas an ihre Lippen.

„Trink!“, sagte der Mann. Sie öffnete den Mund und nahm einen Schluck von dem Getränk. Es war Tafelwasser. „Warum die Augenbinde?“

„Ich ...“ Sie stockte, schüttelte den Kopf. „Egal!“

„Nein, nicht egal“, antwortete er. „Ich stellte eine Frage und ich erwarte eine ehrliche Antwort. Ich brauche deine offene Ehrlichkeit, um dich einschätzen zu lernen.“

„Für dreißig Minuten?“, fragte sie zurück. Als Retoure fuhr seine Hand unter die Decke und kniff ihr in ihre empfindliche Pobacke. „Was zur Hölle?!“, entfuhr es ihr.

„Ich sagte dir, dass ich dir Hunters Welt zeigen würde“, erklärte er und seine Hand strich in festen Zügen über die Stelle, die er gekniffen hatte. „Also antworte mir! Warum die Augenbinde?“

„Damit ich nichts sehen muss“, antwortete sie, presste die Lippen aufeinander. Er nahm seine Hand mit einem letzten Zug seiner Handfläche über ihre Haut von ihrem Hintern und im nächsten Moment legte sich erneut das Glas an ihre Lippen. Sie trank, dann seufzte sie. Ihre Kehle fühlte sich rau an, als hätte sie geschrien. Dabei hatte sie alles getan, möglichst keinen Ton von sich zu geben.

HUNTER

Hunter ließ sich an der Bar nieder und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Hätte er geahnt, dass Ava dermaßen bockig sein würde, hätte er es nicht so weit kommen lassen. Er war überzeugt gewesen, dass sie spätestens in dem Moment, in dem er ihr befahl, sich vor ihm auszuziehen, einen Rückzieher machen würde. Niemals wäre er mit ihr hier heute aufgetaucht, außer, um ihre Neugierde, ihre Fragen zu seinem Lebensstil zu stillen, hätte er ansatzweise geglaubt, dass sie diese bescheuerte Wette durchziehen würde. Wie hatte es so weit kommen können? Sie hatte ihn aufgezogen, hatte gelacht und ihm klischeehafte Sprüche gedrückt. Nichts, was sie sich nicht regelmäßig gegenseitig antaten. Und doch war es diesmal anders gewesen. Er hatte diesen Teil seines Lebens immer vor ihr verborgen gehalten, aus Angst, sie würde ihn dafür mit anderen Augen sehen, verurteilen sogar. Er hatte sich in der Defensive gesehen, mit dem Rücken an der Wand, da er jahrelang versucht hatte, vor ihr zu verbergen, dass er sexuelles Vergnügen dadurch empfand, Kontrolle auszuüben, darin fand, dass sich jemand ihm überließ und er seine Partnerin an ihre Grenzen brachte. Und aus dieser Defensive heraus hatte er sie aus diesem Bereich seines Lebens schnell herausstoßen wollen.

Er hatte geglaubt, wenn er ihr ein Szenario schilderte, das für sie undenkbar war, vielleicht abstoßend auf sie wirkte, dass er sie hätte einschüchtern und damit ihre frechen Sprüche hätte beenden können. Und in einem kleinen, hinterhältigen Teil seines Gehirns, das musste er zugeben, hatte er ihren Gesichtsausdruck genossen. Die weit aufgerissenen vom Wein glänzenden Augen, mit denen sie ihn angestarrt hatte, als er ihr in möglichst dreckigen Worten erklärt hatte, was er ihr hier antun würde. Er hatte das Schaudern gesehen, aber hatte unglücklicherweise ignoriert, dass sie sich kurz erwartungsvoll auf die Unterlippe gebissen hatte. Oh, er hatte sie in diesem Moment greifen und über sein Sofa beugen wollen. Er hatte ihre Hände in seine Handfesseln schließen, ihre Fußgelenke, die Beine weit gespreizt, an den Ecken seines Sofas fixieren und ihr gleich vor Ort zeigen wollen, worüber sie lachte, dass ihr das Lachen im Halse stecken bleiben würde.

Aber sie war Ava, seine beste Freundin, seine Vertraute. Nicht, dass sie nicht schon immer eine große Rolle in seinen Fantasien gespielt hätte. Doch er hatte nicht geplant, diese Fantasien jemals mit ihr auszuleben. Sie war Ava, seine Collegefreundin, deren Exfreund er die Nase gebrochen hatte, als dieser gewagt hatte, ihr Selbstwertgefühl mit Füßen zu treten. Der Dreckskerl hatte sie fast geschwängert und dann mit ihr Schluss gemacht. Sie war Ava, die er nach dem Abend, an dem sie ihre Erleichterung, dass sie nicht schwanger war, und all ihren Frust in Cocktails ertränkt hatte, mit in sein Wohnheimzimmer genommen und in sein Bett gepackt hatte, bis sie ihren Rausch ausgeschlafen hatte. Ava, deren Kater er am nächsten Morgen mit Aspirin versorgt und sie erst hatte gehen lassen, als er sicher gewesen war, dass sie allein zurechtkommen würde. Sie hatten unzählige Filmnächte miteinander verbracht und genauso unzählige Nächte durchgequatscht. Verdammt! Er hätte sogar Vater für das Kind eines anderen gespielt, wenn die Flachzange von Exfreund sie geschwängert hätte. Er hätte sie niemals damit allein gelassen.

Natürlich hatte er ihr direkt angeboten, dass sie bei ihm wohnen konnte, bis sie wusste, ob sie den Job bekommen würde, auf den sie sich beworben hatte, oder ob sie nach Hause zurückkehren würde. Niemals hätte er sie in das Hotel gehen lassen. Er hatte sich gefreut, als sie ihm erzählt hatte, dass zufälligerweise in seiner Umgebung ein interessanter Job angeboten wurde. Er hatte sie ermutigt, sich zu bewerben, denn, er musste es zugeben, er hatte sie egoistischerweise in seiner Nähe haben wollen. Die vielen Telefonate und Chats konnten ihre gemeinsamen Abende nicht ersetzen. Er hatte sie vermisst, als es ihn in seine Heimat gezogen hatte und er sie damit zurückgelassen hatte. Nun war sie hier.

„Du siehst aus, als bräuchtest du etwas Härteres“, hörte er Hayden sagen, hob den Kopf und nickte. Wortlos schob er ihm ein Glas Whiskey über den Tresen. Jack trat neben ihn und sah ihn vorwurfsvoll an.

„Sagt nichts! Ich bin ein Idiot“, murmelte er, bevor einer seiner Freunde den Mund öffnen und ihn für seine Idiotie tadeln konnte.

„Ich wollte nichts sagen. Ich ging davon aus, dass du dich unaufgefordert erklären würdest.“

Hunter schüttelte den Kopf. „Was soll ich erklären? Das ist Ava.“

„Ich fragte nicht nach ihrem Namen“, entgegnete Jack scharf. Oh, er war verärgert.

„Der steht auf dem Besucherformular, das sie unterschrieb“, warf Hayden ein.

Hunter schnaubte. „Ich unterschätzte sie, das ist passiert. Nach all den Jahren, die ich sie kenne, unterschätzte ich sie schlichtweg. Glaubt mir, ich hätte sie nicht hergebracht, wenn ich mir nicht zu hundert Prozent sicher gewesen wäre, dass sie einen Rückzieher machen würde, bevor wir anfangen. Ich dachte, sie würde in dem Moment kneifen, in dem ich von ihr verlange, dass sie sich vor mir auszieht.“

„Offensichtlich nicht“, sagte Jack.

Hunter nahm einen großen Schluck Whiskey, drehte sich um und sein Herz begann zu rasen, als Colton die Decke öffnete, die sie bedeckte. Er hielt sie vor den Blicken aller dadurch geschützt, dass er ein Sofa gewählt hatte, das dem Raum abgewandt stand und er sie zum großen Teil mit seinem Rücken abschirmte. Dennoch saß Hunter nah genug, um zu erkennen, dass Coltons Hand zu ihren Brüsten hochfuhr, während er nahe ihrem Ohr sprach.

„Sieh ihn nicht so an! Du solltest ihm dankbar sein, dass er die Szene beendete.“

Er hörte Ava aufstöhnen und kniff die Augen zusammen. Er wollte sich die Ohren zuhalten wie ein kleiner Junge und laut singen, um sie nicht stöhnen zu hören. Die einzigen Augenblicke, in denen er Ava so stöhnen gehört hatte, war im Fitnessraum des Wohnheims gewesen, wenn sie gemeinsam trainiert hatten. Und schon damals hatte ihre Stimme in jedem Stöhnen, mit dem sie die Luft beim Bauchmuskeltraining ausgestoßen hatte, ihn hart werden lassen und dreckige Gedanken waren ihm durch den Kopf geschossen. Bilder, wie er sie an diese Bank fesselte, dass sie ihren Oberkörper nicht mehr bewegen konnte, dass er ihre Beine geöffnet und in dieser Position fixiert hatte, dass sie ihm ausgeliefert gewesen wäre. Er hatte sich mit jedem Stöhnen ausgemalt, wie er diese Laute aus ihrer Kehle lockte, wie er ihre Brüste knetete, an ihren Nippeln saugte, seinen Kopf zwischen ihre Beine senkte, ihre Lippen öffnete und sie leckte, bis sie, statt mit jedem Atemzug zu stöhnen, seinen Namen schreien würde. Er hatte sich ausgemalt, womit er sie penetrieren würde, von der Handhantelstange über die Bio-Gurke in ihrer Tasche bis zu seinem Schwanz. Niemals hätte er sich ihr auf diese Weise genähert, denn sie war Ava. Aber ein Mann durfte träumen. Jetzt war es Colton, der diese Träume in die Tat umsetzte, und Hunter hasste ihn dafür.

„Ava ist meine beste Freundin – seit dem College“, erklärte er seinen Freunden mit leiser Stimme. Kurz überlegte er, hinzuzufügen, dass sie für ihn wie eine Schwester war. Doch das wäre gelogen. Nichts an Ava war für ihn geschwisterlich, außer vielleicht die Vertrautheit, die Nähe, die er zu ihr empfand. Verdammt! Hoffentlich hatte er an diesem Abend nicht alles zerstört. Er fuhr sich erneut mit den Händen durch die Haare. „Könnt ihr bitte ein Auge auf die beiden halten? Ich kann mir das nicht ansehen“, murmelte er frustriert. „Ich versprach ihr, auf sie aufzupassen.“

„Du weißt, dass du Colton vertrauen kannst“, gab Hayden zurück.

„Und im Moment sieht es nicht aus, als wollte sie beschützt werden“, fügte Jack hinzu.

Kurz wandte er sich zu den beiden um. Doch er konnte nicht zusehen, wie Colton ihre Hände unter ihren Körper schob, dass sie sie mit ihrem eigenen Gewicht in das Leder drückte, aber jeder Zeit befreien konnte. Normalerweise hätte Colton ihre Handgelenke in dieser Position über ihrem Kopf mit seiner Hand fixiert. Anscheinend wollte er ihr die Kontrolle über ihren Körper nicht gänzlich rauben, nahm Rücksicht darauf, dass ihre Schultern sich in den Fesseln am Flaschenzug verkrampft hatten. Er hielt eine ihrer Brüste in einer Hand, während er seine Lippen um ihren Nippel schloss und seine andere unter der Decke verschwand, die ihren Unterleib immer noch bedeckte.

„Scheint, als fühlte sie sich in einer geschützteren Ecke direkt wohler. Ich mag die Geräusche, die sie macht“, murmelte Jack.

„Könntest du die Schnauze halten?“, fuhr Hunter ihn an. „Das ist Ava.“

Sein Freund lachte zynisch. „Die du in die Höhle des Löwen brachtest und der Meute zum Fraß vorwarfst. Sieht aus, als gefiele ihr jedoch, was Colton zu bieten hat.“

„Pass auf, ich bin ein Idiot, okay? Ich habe es begriffen. Sprecht mir ein Clubverbot für drei Monate dafür aus, das kann ich akzeptieren. Aber, bitte, sprich nicht so von Ava!“

„Was ärgert dich daran?“, fragte Hayden. „Jack sagte nichts Abschätziges, nicht einmal etwas Dreckiges, wie ich es von ihm erwartet hätte.“

Jack hielt ihm grinsend die Bro-Faust über den Tresen hin, die Hayden erwiderte. „Sie ist heißes Material. Wenn du das nicht siehst, bist du entweder blind, oder ihr seid so tief in der Friendzone, dass du es nicht sehen kannst“, erklärte Jack, woraufhin Hunter den Kopf schüttelte.

„Oh! Ich verstehe“, stieß Hayden plötzlich aus. „Du siehst es sehr wohl. Aber du zwingst dich, es zu verdrängen. Deswegen pisst es dich an, dass Colton sich nimmt, was du nicht haben kannst.“

„Werft bitte ein Auge auf die Zwei! Ihr Safe-Word ist Rot. Ich muss zur Toilette.“

Er hörte seine Freunde hinter sich lachen, als er sich vom Barhocker erhob und zielstrebig auf die Herrentoilette zusteuerte.

COLTON

Colton liebte, wie sie auf seine Berührungen reagierte. Hatte sie sich zuvor verspannt und versucht, sich vor allem zu verschließen, lag sie jetzt über seinem Schoß ausgestreckt da, immer einen überraschten Unterton in ihren Seufzern. Bisher hatte er sie nicht weiter gepusht, als die Tatsache, dass er auf seine dreißig Minuten mit ihr bestehen würde, solange sie nicht ihr Safe-Word nutzte. Die Augenbinde ließ sie vergessen, dass sie sich in einem Club befand, dass sie einem für sie Fremden erlaubte, sie für jeden jederzeit sichtbar zu berühren. Hunter hätte ihr nur die Augenbinde verwehren müssen und sie hätte die ganze Szene beim Anblick der Doms, die sich vor ihr aufgebaut und sie angestarrt hatten, abgebrochen. Doch so war Hunter nicht. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, er könnte sie derart vorführen, sie bei ihrem ersten Besuch in einem solchen Club derart entblößen und sie gleichzeitig die geballte Aufmerksamkeit spüren lassen. Colton stellte sich die weit aufgerissenen Augen vor, von denen Hayden erzählt hatte, stellte sich vor, wie sich ihre Wangen in Scham röteten. Nein, wahrscheinlich wäre es nicht bei Scham geblieben, wie er sie oft bei so manchen subs beobachtet hatte. Sie hätte sich ausgeliefert, erniedrigt gefühlt. Eine Erniedrigung, die vielleicht eine Panikattacke hätte hervorrufen können. Und deswegen hatte Hunter ihr die Augenbinde gewährt.

Coltons Zunge fuhr um ihren harten, rosigen Nippel herum, während er ihren Duft einatmete und er seine Finger durch ihre mittlerweile durchtränkten Hautfalten gleiten ließ. Sie war langsam feucht geworden, als er seine Hand zwischen ihre Beine gebracht hatte. Er fragte sich, ob dem jungen Dom aufgefallen war, dass er seine Finger gegen jede Abwehr ihres Körpers in sie eingeführt hatte. Von dieser Abwehr war nichts mehr zurückgeblieben und er liebte die Geräusche, die jede seiner Handbewegungen verursachte. Langsam fuhr er zu ihrem Eingang und glitt mit den Fingern in sie. Ihre Hitze umfing ihn und ihr Beckenboden zuckte, als wollte er seine Finger tiefer hineinsaugen. Er löste seine Lippen von ihrer Brust, beugte sich über sie, während er seine Finger hin und her gleiten ließ, bevor er sie herauszog und sie betrachtete. Leider konnte er das Spiel ihrer Augen nicht sehen, konnte nur erahnen, dass sie die Brauen ob des Verlustes seiner Berührungen zusammenzog.

„Du hast nicht versucht, deine Hände unter dem Körper hervorzuziehen, das freut mich“, sagte er nahe ihrem Ohr. „Normalerweise würde ich einen Schritt weitergehen. Aber Hunter beobachtet die Uhr genau und ich bin mir sicher, dass er uns in wenigen Minuten trennen wird.“ Sie gab einen unwilligen Laut von sich, der ihn schmunzeln ließ. „Tut mir leid, Süße, du bestandst auf einer zeitlichen Begrenzung.“ Sie antwortete nicht, zog ihre Hände unter ihrem Körper hervor. Sofort griff er ihre Handgelenke, streckte ihre Arme über ihrem Kopf aus, presste sie in das Leder des Sofas. „Ich habe dir nicht erlaubt, dich zu bewegen“, sagte er mit leicht drohendem Ton und sie erstarrte. Sie wehrte sich kurz gegen seinen Griff, dann ließ ihre Gegenwehr mit einem tiefen Atemzug nach und sie lag vor ihm ausgestreckt da und wartete auf das, was er als Nächstes tun würde. „Wir haben noch ein paar Minuten. Glaube nicht, dass ich auch nur eine davon verschenken werde.“

Er öffnete die Decke, dass er ihren Körper endlich entblößte, und ließ seinen Blick über sie fahren. Sie war perfekt, der runde Hintern, die weichen Kurven ihrer Hüften und Schenkel. Er wollte sich dazwischen vergraben und in der Hitze ihres Körpers versinken. Seine freie Hand griff ihr Bein und hob es über ihn hinweg, während er sich drehte, dass sie von seinem Schoß auf das Sofa rutschte. Ihre Schenkel klemmten seine Hüften zwischen sich ein, als er seine in Jeans gekleideten Lenden an sie drückte, dass sich ihr Saft darauf verteilen würde. Er ließ sie spüren, was ihr vor ihm entblößter Körper mit ihm anstellte, als er die Schwellung hinter dem Reißverschluss an ihr rieb. Ihr Kopf fiel zurück und er legte seine Lippen auf ihren Hals, saugte an der blassen Haut, dass er dort ein Mal hinterließ, das am nächsten Tag an ihn erinnern würde.

Ihr Atem ging flacher, als er sie mit seinem ganzen Körper auf das Sofa presste, ihre Handgelenke fester in seiner Hand zusammendrückte. Ein Schatten legte sich über ihn und sagte ihm, dass die Zeit um war, dass er sie gehen lassen musste. Mit Mühe unterdrückte er das unwillige Knurren in seinem Hals, richtete sich auf und gab sie plötzlich frei, dass ihr ein überraschter Laut entrann.

„Zeit ist um, Süße“, sagte er und zwang sich ein Grinsen ins Gesicht, dass Hunter nicht erkennen konnte, wie sehr er bereute, dass er der zeitlichen Beschränkung zugestimmt hatte. Als er aufsah, stand jedoch nicht Hunter vor ihm, sondern Jack, der mit dem Kinn zur Bar deutete. Colton verstand, dass sein Freund nicht über sich brachte, ans Sofa zu treten. Er würde sie ihm wieder in die Decke gehüllt an der Bar übergeben und ein Gespräch mit ihm war nach diesem Abend unausweichlich. Er nickte Jack zu, der daraufhin auf die nackte, vor Erregung zitternde Frau hinunterblickte, und Colton erkannte, dass auch er bereute, sie so ziehen lassen zu müssen. Seine Augen fuhren voll Bewunderung über ihren Körper, dann legte er ihm kurz die Hand auf die Schulter und wandte sich ab. Sie richtete sich ungelenk auf. Colton griff nach der Decke und wickelte sie darin ein.

„Ich werde dir die Augenbinde abnehmen“, erklärte er, doch sie zog den Kopf zurück und schüttelte ihn leicht.

„Nein“, erwiderte sie schnell. „Bitte, nicht abnehmen!“

Er musterte sie einen Augenblick, bevor er nickte, obgleich sie das nicht sehen konnte. „Okay“, sagte er leise, dann fasste er sie an ihren Schultern und half ihr, sich vom Sofa zu erheben. Ihre Beine zitterten und sie schwankte leicht, weshalb er schnell seinen Arm um sie legte. Es tat ihm in der Seele weh, sie ziehen zu lassen, sie zuvor nicht unzählige Male zum Höhepunkt gebracht zu haben. Doch selbst, wenn sie vor ihm auf die Knie gehen und ihn anbetteln würde – sie hatte das zeitliche Limit gesetzt, und sie sollte die Konsequenzen tragen. Oh, er wollte so viel mehr mit ihr anstellen als das, was ihm heute möglich gewesen war. Er wollte sie vor sich auf dem Boden knien sehen, wollte sie berühren und schmecken, sie in seinen Fesseln fixieren, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, dass sie allem, was er mit ihr anstellte, ausgeliefert war. Aber an diesem Abend blieb ihm nichts anderes übrig, als sie zu Hunter zurückzuführen und sie in seine sichere Obhut zu übergeben. Er legte seine Hand auf ihre Wange, fuhr damit in ihr Haar, griff ein Büschel und zog ihren Kopf daran zurück, dass sie ihm ihre Lippen bot. Langsam senkte er seinen Kopf, hauchte seine Lippen leicht über ihre und ein leises Winseln ließ ihn schmunzeln. Er küsste sie flüchtig, dann lehnte er seine Wange an ihre Stirn.

„Wenn du mehr willst, wirst du wiederkommen müssen, Süße. Und dann gehörst du mir. Hunter wartet.“

Damit führte er sie mit sicherem Griff auf die Bar zu. Unglaublich, wie widerstandslos sie sich von ihm durch den Raum geleiten ließ, wie sie ihm blind, im wahrsten Sinne des Wortes, vertraute. Oder war es blindes Vertrauen in Hunter? Egal! Er genoss die letzten Berührungen mit ihr, bevor er vor seinem Freund stehen blieb und sie in seine Arme drückte. Sofort atmete sie tief ein und kuschelte sich an ihn, erkannte ihn wahrscheinlich am Geruch. Hunter strich ihr zärtlich über das Haar.

„Soll ich dir die Augenbinde abnehmen?“, fragte er, doch sie schüttelte wieder den Kopf.

Was hatte es mit dieser Augenbinde auf sich? Dass sie darauf bestanden hatte, als sie sich entblößt und zur Schau gestellt gefühlt hatte, konnte er verstehen. Dass sie blind hatte aus der Situation geführt werden wollen, auch. Doch weshalb bestand sie selbst jetzt ängstlich darauf, die Binde zu tragen?

„Hast du ihre Kleidung?“, fragte Colton, woraufhin Hunter mit zusammengepressten Lippen nickte.

„Wir fahren nach Hause, okay?“, fragte er sie und sie nickte leicht. „Komm!“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sich Hunter mit ihr in seinen Armen um und führte sie zu den Umkleiden. Oh, ein Gespräch zwischen ihnen war unvermeidbar, am besten so schnell wie möglich. Erst, als sie durch die Tür verschwanden, wandte sich Colton Hayden zu und sah ihn seufzend an.

„Whiskey?“, fragte dieser schmunzelnd.

„Oh ja!“

„Und nun?“, fragte er, als er das Glas vor ihm abstellte.

„Ich werde mit ihm reden müssen“, antwortete Colton. „Vor allem, da ich hoffe, dass sie zurückkehren wird. Ich glaube es nicht, aber ich schwöre dir, wenn sie wiederkommt, gehört sie mir.“

Hayden lachte. „Du bist nicht der Einzige, der ein Auge auf sie geworfen hat.“

Colton schnaubte. Niemals würde er zulassen, dass sich ihr jemand anderes näherte, solange er nicht beendet hatte, was sie heute Abend begonnen hatten. Diese dreißig Minuten, in denen außer ein paar Worten und ein paar zahmer Berührungen nicht viel passiert war, hatten ihn mehr berührt als alle wilden Szenen der letzten Wochen.

„Vielleicht solltest du zur Entspannung ein wenig mit Paisley spielen. Ich glaube, sie spuckte Gift und Galle, als sie dich mit der Maus auf dem Sofa sah. Zumindest wirkten ihre Blicke, als spuckte sie Gift und Galle.“

Colton lachte leise. „Soll sie weiter spucken. Ich werde den oberen Bereich für eine Stunde überwachen und dann fahre ich heim.“ Er kippte den Whiskey herunter, zwinkerte einem amüsiert grinsenden Hayden zu und verschwand die Treppen hinauf, bevor Paisley ihre Krallen in ihn bohren konnte.

AVA

Ava kuschelte sich im Auto in ihre Jacke, zog die Beine an und starrte aus dem Fenster auf die vorbeigleitenden Fassaden, während Hunter schweigend fuhr. Er hatte sie im Umkleideraum allein gelassen, nachdem er ihr dort die Augenbinde abgenommen hatte, hatte direkt vor der Tür auf sie gewartet. Dann hatte er sie am Arm gegriffen und zum Auto geführt. Kein Wort war zwischen ihnen gefallen. Sie zwinkerte mit den Augen, die sich von dem Druck der Augenbinde seltsam anfühlten.

„Ava, rede mit mir!“, flehte er, als sie an der wahrscheinlich einzigen Ampel dieses kleinen Ortes hielten.

Sie schluckte, starrte weiter aus dem Fenster, denn sie wusste nicht, ob sie ihn ansehen konnte. „Was soll ich sagen?“

Er atmete geräuschvoll ein. „Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun sollen. Ich hätte mich auf diese bescheuerte Wette nicht einlassen sollen. Es war nur so ...“

„Wie immer?“, unterbrach sie ihn.

„Ja“, antwortete er, dann schüttelte er den Kopf. „Nein! Doch, anfangs schon! Es begann wie all unsere Wetten: deine Provokationen, meine Einschüchterungsversuche, du schlägst die Wette vor. So läuft es immer.“

„Ja!“

„Aber es war nicht wie immer“, fuhr er fort. „Unsere Wetten hatten nie diesen Charakter.“

„Was meinst du?“

„Sexuell“, sagte er knapp. Sie presste die Lippen aufeinander. „Es waren Mutproben. Dinge, von denen wir dachten, der andere würde sie nicht tun.“

„Das war es diesmal auch“, murmelte sie leise.

„Wir wetteten nie auf dieser Ebene, Ava“, widersprach er. „Und ich bin kein Greenhorn in der Szene. Ich hätte wissen müssen, dass es zu weit gehen würde. Ich hätte dich niemals mit in den Club nehmen dürfen.“

„Warum hast du es mir nie erzählt?“, fragte sie und warf ihm einen schnellen Blick zu, bevor sie sich wieder den vorbeirauschenden Fassaden zuwandte.

„Was?“

„Was du machst, dass du darauf stehst, anderen den Hintern zu versohlen.“

„Ava“, seufzte er resigniert.

„Entschuldige, das war unsensibel. Ich bin nur etwas ...“

„Was?“, fragte er und sah sie alarmiert an, als sie nicht weitersprach.

„Verwirrt“, antwortete sie knapp.

Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Unterlippe. Mein Gott, wie hatte sie es all die Jahre geschafft, ihn unbeeindruckt in die Schublade mit der Aufschrift „bester Freund“ zu packen? Sie kannte die Antwort. Aus der Not geboren hatte sie ihn dort hineingesteckt, zugeschlossen und den Schlüssel weggeworfen. Direkt, bevor der Schmerz, dass sie ihn nicht haben konnte, sie zerfressen hätte. Er war damals in einer Beziehung gewesen, hatte eine Freundin gehabt, die Ava gemocht hatte. Und damit war er tabu gewesen. Dennoch hatte sie Tag und Nacht an ihn gedacht, hatte seine Nähe gesucht, der sie durch die gemeinsamen Freunde nicht hatte entkommen können. Also hatte sie ihn streng gefriendzoned. Und als dann die Beziehung mit Jessie in die Brüche gegangen war, hatte sie ihn dort belassen. Er hatte es ihr nicht erzählt, aber sie kannte den wahren Grund für die Trennung. Jessie war nach dem Gespräch mit Hunter direkt zu ihr gekommen und hatte ihr vorgeworfen, dass sie die Beziehung zerstört hätte, dass es ihre Schuld gewesen wäre. Jessie hatte immer getan, als hätte sie die Freundschaft zwischen Ava und Hunter akzeptiert. In Wirklichkeit hatte sie ihn vor die Wahl gestellt. Und er hatte sich gegen die Beziehung und für die Freundschaft mit ihr entschieden. Er hatte Ava irgendeinen belanglosen Grund geliefert: verschiedene Lebensvorstellungen, auseinandergelebt, blabla. Aber sie hatte den wirklichen Grund gekannt, es ihm nie erzählt. Meine Güte, was sie alles geheim hielten.

„Wir sollten aufhören, Geheimnisse voreinander zu haben“, sagte sie nach einer Zeit des Schweigens.

„Mit so einer Sache fällt man nicht ins Haus, weißt du? Es spielte nie eine Rolle zwischen uns, was der andere sexuell macht.“

„Autsch!“

„Du weißt, wie ich das meine. Was hast du außerdem erwartet? Dass ich an einem unserer Filmabende zu dir sage: Pass auf, Ava, ich stehe auf Dominanz und Unterwerfung. Ich lege meine Sexpartner in Ketten, bevor ich sie besinnungslos ficke?“ Ava schnaubte amüsiert durch die Nase. „Ja, du lachst. Aber das ist das, was ich tue.“

„Ja!“

„Was?“

„Ja, das hättest du mir sagen können. Zum Beispiel, als ich zu dir kam, und dir erzählte, dass ich irritiert wäre, dass Tom seinen Mitbewohner dazu nehmen wollte. Oder als ich dir erzählte, dass Jeff nur an exotischen Orten konnte. Oder als dieses verdammte Kondom gerissen war. Ich erzählte dir immer von solchen Dingen.“

Hunter schluckte. „Ich weiß“, murmelte er fast stimmlos.

Sie musterte ihn von der Seite, als er in die Garage unter seiner Wohnung fuhr und den Motor ausmachte, während das Garagentor hinter ihnen herunterfuhr. „Wie, ich weiß?“, fragte sie.

Er wandte sich ihr zu und sah sie mit einem intensiven Blick an, dass ihr schauderte. „Ich hatte Angst, okay?“, begann er erneut und musterte sie weiterhin. „Ich hatte Angst, ich könnte dich damit verschrecken. Ich hatte Angst, du könntest mich in einem anderen Licht sehen, mich verurteilen, mir nicht mehr vertrauen, wie du es tatst.“

Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie seinen Blick erwiderte. Er war immer gutaussehend gewesen. Seit er die dreißig überschritten hatte, war eine Männlichkeit hinzugekommen, die ihn schier umwerfend machte. Seine hellbraunen Haare klemmten leicht gewellt hinter seinen Ohren. Sein Bartansatz, der den kräftigen Kiefer bedeckte, gab ihm eine Strenge, die der Wärme seiner braunen Augen widersprach.

„Als ob!“, schaffte sie, herauszupressen, während sie sich im Auto sitzend anstarrten.

„Ava, das, was heute Abend passierte, war der größte Fehler meines Lebens“, sagte er leise.

„Es war nicht allein deine Schuld, weißt du?“, widersprach sie. „Ich war diejenige, die die Wette vorschlug.“

„Und ich hätte sie ablehnen müssen, statt dich herauszufordern.“

„Vielleicht wollte ich das ja.“

„Wie meinst du das?“

„Ich war neugierig. Glaubst du, ich habe noch nie von solchen Clubs gehört? Man liest Dinge darüber, weißt du? Ich wollte diese Art Club sehen, so ganz in echt.“

„Okay“, sagte er leise, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Aber dabei hätte es bleiben sollen. Ich hätte dich mitnehmen, dir den Club zeigen sollen. Du hättest dir die ein oder andere Szene ansehen können und dann wären wir wieder gefahren. Ich hätte dich nicht in den Mittelpunkt zerren dürfen, aber ich dachte ...“ Er seufzte resigniert „Ich dachte nicht, dass ich dich an diesen Haken hängen würde. Ich rechnete nicht einmal damit, dass du dich vor mir ausziehen würdest. Gott, dass ich das jemals zu dir sagen würde!“ Er schüttelte den Kopf, als versuchte er, ein Bild zu verdrängen. „Ich rechnete zu hundert Prozent damit, dass du einen Rückzieher machen würdest.“

Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Weil du immer gewinnst!“, fauchte sie und bereute es sofort, da es biestiger geklungen hatte als beabsichtigt. Sein Entsetzen darüber, dass sie sich vor ihm ausgezogen hatte, verletzte sie.

„Verdammt, Ava!“ Seine Hand griff ihre und er sah sie mit Bedauern im Gesicht an. „So war das nicht gemeint. Es ist nur ... du bist mir zu wichtig. Wir beide, wir sind ein Team, immer entspannt, alles zwischen uns ist easy. Es gibt niemanden, mit dem ich so ungezwungen und natürlich reden kann, wie mit dir. Ich ... ich will das nicht zerstören.“

Sie seufzte. „Hat es etwas zerstört?“

„Ich weiß nicht. Sag du es mir!“, erwiderte er. „Ich warf dich dort diesen Männern zum Fraß vor.“

„Du wolltest es stoppen, mehrfach. Aber ich war dickköpfig“, murmelte sie. „Ich hätte es einfach sagen können, dieses Wort. Rot! Nicht so schwer, oder? Rot! Aber es wollte nicht über meine Lippen. Und dein Angebot, ich hätte die Wette gewonnen? Ich wollte nicht wieder diejenige sein, die den Rückzieher macht. Diesmal nicht!“

Als sie sich ihm zuwandte, ging Schmerz über sein Gesicht. Er streckte die Hand nach ihr aus und wischte mit dem Daumen eine Träne von ihrer Wange. „Ava“, hauchte er mit heiserer Stimme. „Was habe ich dir angetan?“

HUNTER

Es zerriss Hunter, sie so zu sehen. Oh Gott, was hatte er getan? Er hätte alles stoppen müssen, Safe-Word und ihre Proteste hin oder her. Er hätte ihr sagen sollen, dass sie die Wette gewonnen hätte, sie wie ein Höhlenmensch über seine Schulter werfen und aus dem Club tragen sollen. Stattdessen hatte er sie den unerfahrenen Doms zum Fraß vorgeworfen. Er hatte nicht hinsehen wollen, als sie sie angefasst hatten. Und zugleich hatte er sie anstarren müssen, um zu verhindern, dass sie zu weit gingen. Mit jedem Mal, dass er das Rad gedreht hatte, hatte er gebetet, dass es einer der fünf erfahrenen Doms sein würde, den das Glücksrad auswählte. Und gleichzeitig hatte er sie dafür gehasst, dass sie an dem Spiel teilgenommen hatten. Zu ihrer Verteidigung musste er zugeben, dass er ihnen an den Gesichtern angesehen hatte, dass sie das nur getan hatten, um diese Farce zu beenden. Niemals würde er die Erleichterung vergessen, als Colton vorgetreten und ihm sein Los mit strafendem Blick vor die Füße geworfen hatte. Und dann war ihm kalt geworden, als er gesehen hatte, wie er sich ihr genähert hatte. Und ihm war erneut ein eiskalter Schauer durch die Glieder gefahren, als sie mit heiserer Stimme ja gesagt hatte, Sekunden, bevor der Timer abgelaufen war.

„Nichts, hast du mir angetan“, antwortete sie und eine weitere Träne lief über ihr Gesicht. „So sind wir zwei halt.“

Er öffnete seufzend die Fahrertür, stieg aus und ging zügig um das Auto herum. Sie stieg bereits aus, als er neben sie trat. „Komm her!“, sagte er mit heiserer Stimme, griff ihre Hand und zog sie aus dem Wagen in seine Arme. Ihr Kopf legte sich an seine Schulter und ihr ganzer Körper drückte sich an ihn, während er sie eng umschlungen hielt.

Nach Minuten, in denen sie schweigend dort gestanden hatten, führte er sie in seine Wohnung, wo sie verkündete, dass sie schnell duschen würde. Er goss sich Whiskey in ein Glas und trank es am Fenster stehend und hinaus in die Nacht starrend. Hoffentlich, dachte er, hatte er diese Freundschaft nicht zerstört. Hoffentlich hatte er sie nicht getrübt. Er würde sich niemals verzeihen, wenn dieser Abend negative Folgen für Ava haben würde. Langsam krabbelte der Whiskey seinen Hals hinunter und hinterließ ein angenehmes, warmes Brennen. Er hörte, dass das Wasser der Dusche ausging, hörte sie sich im Bad bewegen, bis sie die Tür öffnete und ihre Schritte sich im Flur dem Wohnzimmer näherten.

„Hunter?“, ertönte ihre Stimme hinter ihm.

Er drehte sich zu ihr um und konnte nicht verhindern, dass sein Blick schnell über sie fuhr. Sie trug zartrosa Shorts und ein weites, hellgraues T-Shirt. Ihre dunklen Haare vielen frisch gebürstet in Wellen auf ihren Rücken und rahmten ihr süßes, rundes Puppengesicht. Sie rieb ihre Hände vor ihrem Bauch und sah ihn mit großen Augen an. „Kann ich bei dir schlafen?“

Er atmete tief ein. Sie konnte sich nicht vorstellen, was diese simple Frage in ihm auslöste. Sorge, dass der heutige Abend in ihr etwas getriggert hatte, das ihr das Gefühl bescherte, nicht allein schlafen zu wollen. Und gleichzeitig die Erleichterung, die Freude, dass sie seine Nähe suchte, dass sie sich nicht von ihm zurückzog, dass sie sich nach wie vor bei ihm geborgen fühlte.

„Ja, klar“, antwortete er, kippte den restlichen Whiskey in sich und ging auf sie zu. „Leg dich hin, ich gehe schnell ins Bad“, sagte er, strich ihr zärtlich über den Kopf und sah ihr hinterher, als sie durch den Flur auf sein Schlafzimmer zuging.

Als er zu ihr ins Bett krabbelte, drehte sie sich sofort in seinen Arm und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

„Hunter?“

„Ja?“

„Er sagte, wenn ich mehr wollte, müsste ich wiederkommen.“

Hunter schluckte. „Sagte er das?“

„Ja!“ Sie schwieg eine Zeit, dann räusperte sie sich. „Er sagte, wenn ich wiederkäme, würde ich ihm gehören.“

Eine heiße Welle rollte durch seinen Körper. Natürlich sagte Colton das! Ihm waren die Blicke seiner Freunde aufgefallen, die Blicke, mit denen sie sie verschlungen hatten, als sie nackt an dem Haken gehangen hatte. Blicke, die er ihnen nicht verübeln konnte, denn er hatte sie ihnen präsentiert. Und er hatte sie genauso verschlungen. Er würde den Moment, in dem sie ihn mit weit aufgerissenen Augen angestarrt hatte, als er ihr vor dem Flaschenzug stehend befohlen hatte, sich auszuziehen, nie vergessen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie seine Überzeugung, dass sie die Wette beenden würde, bevor sie begann, zerstört, indem sie angefangen hatte, sich vor ihm zu entkleiden. Es hatte ihn große Mühe gekostet, zu wirken, als ließe es ihn kalt, dass sie ein Kleidungsstück nach dem nächsten vor ihm abgelegt hatte. Er hatte schlucken müssen, als sie mit geröteten Wangen die Träger ihres Büstenhalters ihre Arme hinuntergeschoben und die Haken im Rücken geöffnet hatte, ohne ihn anzusehen. Und dann war sein Blick zum ersten Mal auf die Rundungen ihrer perfekten Brüste gefallen. So oft hatte er sie sich in seinen Fantasien nackt vorgestellt. Doch seine wildesten Vorstellungen hatten nicht ansatzweise an das Original heranreichen können. Er erinnerte sich daran, wie sie ihr Spitzenhöschen über ihren Hintern und ihre Beine abgestreift hatte, und sein Herz war fast stehengeblieben.

Wie er es geschafft hatte, sie an dem Haken zu fixieren, ohne sie anzufassen, ohne seine Hände über ihre Kurven fahren zu lassen, ohne seine Lippen auf ihre blasse Haut zu legen, seine Zunge darüberfahren zu lassen, konnte er im Nachhinein nicht verstehen. Es müssen die Jahre ihrer intensiven Freundschaft gewesen sein, die ihn daran gehindert hatten. Allein die Erinnerung an ihren nackten Körper, ließ ihn auf der Stelle hart werden.

„Hunter?“, riss sie ihn aus den Gedanken.

„Keine Sorge, Ava, du wirst nicht wiederkehren.“

„Mhm!“

„Warum die Augenbinde?“, fragte er nach einer Zeit des Schweigens.

„Ich empfand es als beruhigend, nicht sehen zu müssen, wie viele Leute mich anstarren.“

„Das ist mir klar. Ich frage mich, wieso du auf die Augenbinde bestandst, bis ich dich in den Umkleideraum gebracht hatte.“

Sie atmete tief ein, antwortete nicht sofort. „Ich dachte, ich wäre aufgrund der Augenbinde nicht wiederzuerkennen.“, erklärte sie. „Was, wenn ich jemanden morgen oder übermorgen hier im Ort sehe? Ich würde im Boden versinken, wenn sie mich erkennen würden.“

Er stutzte. „Das war deine Sorge?“, fragte er überrascht.

„Ich will hier einen Job als Therapeutin in dem Therapiezentrum annehmen“, erklärte sie lautlos. „Wer würde mich ernst nehmen, wenn er mich heute Abend sah, vielleicht sogar anfasste?“ Ein Schaudern ging durch ihre Glieder und er schloss seinen Arm fester um sie.

„Was im Club passiert, bleibt im Club, Ava.“

Der Lifestyle Club

Подняться наверх