Читать книгу Worte verletzen ... und Schweigen tötet - Karin Waldl - Страница 7
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Prolog
Ich versuchte, meine geröteten und verweinten Augen zu öffnen, es gelang mir aber nicht, zu viel erdrückende Schwere lag auf ihnen. Das grelle Licht blendete mich zusätzlich schmerzhaft, ich konnte rein gar nichts sehen. Ich wollte mich bewegen, ich sollte bereits weit weg von hier sein, scheiterte abermals kläglich bei dem Versuch, vom Fleck zu kommen.
Ich war bei meiner Flucht durch den Wald gestolpert. Die peitschenden Äste der Bäume schlugen nach mir, ich war den Hang hinuntergestürzt, hatte mich mehrfach überschlagen, ehe ich hier verletzt zum Liegen kam. Mein Körper war am Ende, ich konnte nicht mehr weiter, sosehr ich es auch versuchte. Jeder Muskel meines Körpers tat mir weh, sie versagten mir ihren Dienst, ich kam nicht wieder in die Höhe.
Beklemmende Verzweiflung machte sich wie ein dunkler Schatten in mir breit, kroch mir eiskalt in mein verkrampftes Herz. Panisch versuchte ich es immer noch, zu fliehen, aber meine Beine gehorchten mir einfach nicht. Ich war nicht mehr Herr über mich selbst, musste mich meinem unausweichlichen Schicksal demütig fügen. Ich hörte bereits die bellenden Hunde, sie waren unaufhaltsam hinter mir her. Sie kamen, um mich zu holen, durch meine Hilflosigkeit hatten sie leichtes Spiel. Ich war ihnen schutzlos ausgeliefert. Sie würden mich hier wegbringen, einsperren und mich nie wieder freilassen. Hinter dicken Eisengittern würde meine klägliche Existenz in Zukunft verborgen bleiben.
Denn sie würden niemals fühlen, was ich fühlte. Sie würden alles, was ich sage, rücksichtslos ignorieren. Ich wusste, sie hatten kein Mitleid mit mir, keiner konnte verstehen, was in mir vorging. Keiner würde erahnen, wie es tief in mir aussah. Wer konnte schon nachempfinden, welch unerträglichen Weg ich hinter mir hatte?
Die Panik ließ neuen Lebensmut in mir aufsteigen, ich musste, so schnell es ging, weg von hier. Mich im verborgenen Schatten der Menschheit verstecken, da, wo mich keiner fand, für immer. Aber meine Verletzungen vom Sturz waren zu schwer. Die letzten Tränen waren bereits geweint über meine endgültige Situation. Sie waren bereits da, ich konnte ihren Atem hören. Wie dunkle Herrscher standen sie mit ihren Hunden um mich herum, ihre Köter gierten nach meinem Blut, aber sie wurden zurückgehalten. Fast erwartete ich, dass sie die wolfsähnlichen Tiere doch losließen und sich ihre Zähne schmerzhaft in mein Fleisch dringen würden wie scharfe Messerstiche. Aber es geschah nicht, mein Körper gab das letzte Bewusstsein auf, ich fiel in die unendlichen schwarzen Tiefen einer Ohnmacht. Dumpf hörte ich noch die Worte, die sie sagten: „Wir haben die Bestie gefangen.“
Dann hüllte mich die Schwere der Dunkelheit endgültig ein. Ich hatte das Spiel verloren. Gewinnen war in meinem Leben nicht so vorgesehen, wie es die Gesellschaft mit ihren Normen und ihrer Moral vorgab. Es war gut, dass sie nichts wussten von meinem wahren Gewinn. Stolz erreichte mich in Gedanken die unmittelbare Erinnerung, die mich in die Flucht trieb, ich blickte auf meine blutverschmierten Finger und wusste nur zu gut, dass es nicht mein eigenes Blut war, das an meinen Händen klebte.