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Das katholische Netzwerk: Fürst Fürstenberg und Kaiser Wilhelm II.
ОглавлениеLange bevor Carl Eduard zum Go-Between wurde, war ein anderer einflussreicher Adliger in dieser Rolle erfolgreich: Fürst Maximilian Egon II. zu Fürstenberg (1863–1941). Wie der Herzog von Coburg wurde auch Fürstenberg später zu einem begeisterteren Anhänger Hitlers.
Bevor Fürstenberg zu den Nazis überlief, war er der engste Freund Kaiser Wilhelms II. Schon das allein ist eine außergewöhnliche Leistung, denn Fürstenberg war Katholik und Österreicher, zwei Attribute, die man im engeren Freundeskreis von Wilhelm II. selten fand. Der Kaiser war ein vehementer Protestant und zeigte sich auch gegenüber seinem Bündnispartner Österreich-Ungarn oft misstrauisch. Es war Fürstenbergs Auftrag, das zu ändern. Fast zwanzig Jahre lang betätigte er sich als Geheimkanal zwischen Wien und Berlin und versuchte auf diesem Weg, den deutsch-österreichischen Zweibund zu stärken. Als das Deutsche Reich in der Julikrise 1914 Österreich-Ungarn zur Seite stand, hatten sich seine Träume erfüllt.
Max Egon Fürstenbergs Auftraggeber waren die Habsburger. Neben Fürstenberg werden in diesem Buch später noch zwei weitere Personen eine wichtige Rolle spielen, die die Habsburger als ihr großes Vorbild ansahen: Prinz Max zu Hohenlohe-Langenburg (1879–1968) und Prinzessin Stephanie zu Hohenlohe (1891–1972). Wie Fürstenberg wuchsen auch diese Adeligen in der Habsburger Monarchie auf und benutzten bis in die 1930er Jahre hinein die Methoden des Habsburger-Netzwerks. Genau wie das protestantische Netzwerk, dem Carl Eduard Coburg angehörte, genossen die Mitglieder des katholischen Netzwerks zahlreiche Vorteile: Zugang zu Ehepartnern mit hohem sozialen Status und ausgezeichnete Karrierechancen. Im Gegenzug erwartete man von allen Familienmitgliedern Gehorsam – die Interessen des „Hauses“ mussten immer die Wünsche des Einzelnen überwiegen. Jeder sollte hierfür seinen Teil beitragen und dazu gehörten auch Go-Between-Missionen.
Das Haus Fürstenberg hatte den Habsburgern seit Generationen als Diplomaten und Militärs gedient. Das Arrangement war für beide Seiten vorteilhaft und Max Fürstenberg wollte diese Tradition unbedingt fortsetzen. Anders als sein Bruder, der Diplomat wurde, entschied er sich jedoch dazu, hauptsächlich hinter den Kulissen zu arbeiten.
Um zu verstehen, warum Fürstenbergs Tätigkeit als heimlicher Helfer vor 1914 so wertvoll für die Habsburger war, müssen wir zunächst das Verhältnis des Deutschen Reiches zu Österreich-Ungarn etwas näher beleuchten. Wie konkurrenzbeladen diese Beziehung war, zeigt niemand besser als Robert Musil in seinem Roman Der Mann ohne Eigenschaften: Bei Musil beschließen 1913 patriotische österreichische Kreise eine „Vaterländische Aktion“. Um das 30-jährige Regierungsjubiläum von Kaiser Wilhelm II. zu übertrumpfen, will man Kaiser Franz Josephs 70-jähriges Jubiläum mit bombastischen Feierlichkeiten begehen.62 Das Fest soll den kulturellen und intellektuellen Reichtum Österreich-Ungarns demonstrieren, dem der Emporkömmling Deutschland wenig entgegenzusetzen hat. Man sucht nur noch nach einem Motto für die Feierlichkeiten – entweder soll es „österreichisches Jahr 1918“ lauten oder „weltösterreichisches Friedensjahr 1918“. Diese fiktive Szene in Musils Roman ist nicht nur ein ironischer Kommentar auf die Vorkriegsgesellschaft Österreich-Ungarns und ihre Fixierung auf den vergreisten Kaiser Franz Joseph, der schon 1916 sterben würde. Musils Österreicher irren sich nicht nur im Timing, sie scheinen auch den Realitäten der Weltpolitik komplett entrückt zu sein. Unter anderem ignorieren sie, dass Österreich-Ungarn sich in einer Allianz mit dem Deutschen Reich befand.
Fürst Fürstenberg verlor diese Tatsache niemals aus den Augen. Sein Ziel war es, die gemeinsame Allianz so weit wie möglich zu stärken.
Dass die Deutschen so lange am Zweibund festhalten würden, war bei seiner Entstehung 1879 nicht vorauszusehen. Doch da es Bismarcks Erben letztendlich nicht gelang, ein alternatives Allianzsystem aufzubauen, blieb das Deutsche Reich, gemeinsam mit Österreich-Ungarn, Teil des fragilen Zweibundes (und später, mit Italien, des Dreibundes). Dieses Allianzsystem ist diplomatiegeschichtlich bereits vorbildlich aufgearbeitet worden63 – was jedoch vernachlässigt wurde, ist ein Blick hinter die Kulissen, auf die inoffiziellen Kontakte. Welche Gruppen unterstützten den Zweibund? Mit anderen Worten: Wie viel wirkliches Leben steckte hinter der politischen Fassade? Auf den ersten Blick lautet die Antwort: ausgesprochen wenig.
Natürlich war ein Grund dafür die schwer zu überwindende Verbitterung nach dem Österreichisch-Preußischen Krieg von 1866. Zwischen 1867 und 1912 verzeichneten die Postämter zum Beispiel eine deutliche Abnahme der Korrespondenz zwischen den beiden Ländern.64 Das Verhältnis von Österreichern und Deutschen schien dem berühmten Bonmot von George Bernard Shaw zu entsprechen, sie blieben „durch eine gemeinsame Sprache getrennt“.
Natürlich gab es im Deutschen Reich nach wie vor ein Interesse an Österreich-Ungarn, aber es war schwer zu quantifizieren. Befürworter des Bündnisses vermutete man vor allem unter deutschen Katholiken, die sich allein schon aus religiösen Gründen Österreich nahe fühlten, sowie bei deutschen Intellektuellen und Künstlern, die die Stimulation des Wiener Kulturlebens suchten.
Die wichtigste Gruppe jedoch, die das deutsch-österreichische Bündnis während dieser Zeit unbeirrt unterstützte, war eine Handvoll „großdeutsch“ denkender Hochadliger.65 Unter ihnen befanden sich führende deutsch-österreichische Adelsfamilien wie die Häuser Fürstenberg, Hohenlohe, Thurn und Taxis sowie Oettingen-Wallerstein. Sie sahen sich als Angehörige des österreichischen wie des deutschen Hochadels. Die Familie Thurn und Taxis beispielsweise stand durch Ehebeziehungen nicht nur Österreich-Ungarn nahe, sondern auch Italien (und war damit im wahrsten Sinne des Wortes eine Verkörperung des Dreibundes).
Mental blieben diese Häuser enger mit der Habsburger-Dynastie verbunden als mit den Hohenzollern. Die Zeitungsabonnements des Fürst Oettingen-Wallerstein waren typisch für ein Leben zwischen Wien und München. Sein Diener notierte 1911: „Von Zeitungen liest der Herr Fürst die Neue Freie Presse, die Münchner Neuesten, einige Illustrierte Zeitschriften und mit besonderer Vorliebe die Wiener Sportzeitung.“66 Berliner Zeitungen waren ganz offensichtlich nicht darunter. Da diese Hochadeligen Untertanen zweier Kaiser waren, wird häufig erst aus dem Kontext ihrer Briefe ersichtlich, ob es sich beim erwähnten „Kaiser“ um Franz Joseph oder Wilhelm II. handelt. Als 1916 Kaiser Franz Joseph starb, schrieb zum Beispiel die schwäbische Hochadelige Therese Waldburg-Zeil an ihren Mann: „Der Tod des alten Kaisers geht mir sehr nahe, seit drei Generationen war er der Kaiser.“67 Obwohl sie im Deutschen Reich lebte, blieb „ihr“ Kaiser der alte Franz Joseph. Aufgrund dieser mentalen Landkarte war es für die großdeutschen Adeligen völlig natürlich, die Allianz zu unterstützen.
Darüber hinaus gab diese Allianz ihnen auch die Möglichkeit, politisch relevant zu bleiben. Vor allem Fürstenberg hatte ein besonders großes Interesse daran, relevant zu bleiben. Von 1899 bis 1918 „pendelte“ er zwischen Wien und Berlin. Was ihn zum idealen politischen Verbindungsmann machte, war seine intime Freundschaft mit Kaiser Wilhelm II. (Abbildung 2).
Abbildung 2: Wilhelm II. (1859–1941), deutscher Kaiser 1888–1918, und Fürst Max Egon II. zu Fürstenberg.
Bis heute hat man Fürstenbergs wichtige Rolle in der Vorkriegspolitik weitestgehend ignoriert. Es existiert keine Biographie über ihn und in der Literatur wird er in der Regel als „Jagdkumpan“ Wilhelms II. marginalisiert – ein Mann, der vor allem anzügliche Witze zum Besten gab. In Wirklichkeit war Max Egon sehr viel mehr als ein Witzeerzähler: Er war ein homo politicus, der mit Hilfe des Kaisers die deutsch-österreichischen Beziehungen beeinflussen wollte.68 Seine Zeitgenossen ahnten, dass die Freundschaft eines österreichischen Adligen mit dem deutschen Kaiser nicht völlig ungefährlich war. In der zeitgenössischen Publikation Rund um den Kaiser beschreibt Friedrich Wille Fürstenberg sogar als eine gefährliche Schlüsselfigur:
„Der deutsch-österreichische Grandseigneur und Multimillionär, ist die Macht hinter dem deutschen Throne. Kein Mann der höchsten Kreise hat den gleichen Einfluss; wenige haben jemals das Vertrauen Wilhelms II. in so ausgedehnten Maße genossen […]. Der Kaiser [bat] dem Vernehmen nach, seinen plutokratischen Busenfreund, Reichskanzler zu werden, die Rolle des treuen Freundes gegen die des ersten und verantwortungsreichsten Beraters der Krone zu vertauschen.“69
Letzteres war eine provokante Übertreibung, aber auch in seriösen Diplomatenkreisen fürchtete man Fürstenberg. Aus der Königlich Preußischen Gesandtschaft in Baden erreichte das Auswärtige Amt 1909 folgender Bericht:
„Von verschiedenen Seiten habe ich hier in neuerer Zeit bei urteilsfähigen Personen die Ansicht vertreten gefunden, dass das besondere Vertrauen und die Freundschaft mit welcher Seine Majestät der Kaiser und König den Fürsten zu Fürstenberg beehre, politisch nicht ganz erwünscht sei. Man behauptet, S. Durchlaucht wirke nicht selten in wenig nützlicherer, vielleicht sogar schädlicher Weise auf unseren allergnädigsten Herren ein, er sei allzu temperamentvoll, oft einseitig und politisch nicht maßvoll […]. Nur bei der Entwicklung unseres Verhältnisses zu Österreich habe er ohne Zweifel wohl im guten Sinne mitgeholfen. Ich kenne den Fürsten nur oberflächlich, kann deshalb eine eigene Meinung nicht äußern, möchte aber Eurer Exzellenz diesen hier anscheinend ziemlich verbreiteten Eindruck wenigstens im Vertrauen nicht verschweigen, umso weniger als bisweilen auch bei Hofe nicht gerade günstig über den politischen Einfluss des Fürsten gesprochen wird.“70
Die Quelle dieses Berichts war mit großer Wahrscheinlichkeit Luise Großherzogin von Baden, Tochter Kaiser Wilhelms I. Sie sah sich als die wichtigste Vermittlerin zwischen Preußen und Süddeutschland und duldete auf diesem Gebiet keine Rivalen. Luise war nicht die Einzige, die in Fürstenberg einen politischen Konkurrenten witterte. Reichskanzler Bernhard von Bülow verdächtigte Fürstenberg in seinen Memoiren, dem Deutschen Reich geschadet zu haben:
„Wilhelm II. hatte in der zweiten Hälfte seiner Regierung eine große Vorliebe für den Fürsten Max Egon Fürstenberg, der durch Erbschaft auch in Baden ansässig, aber von Geburt, durch sein Wesen, seine Traditionen und Neigungen ganz Österreicher war. Er besuchte Fürstenberg jedes Jahr, nahm ihn auf Reisen mit und, ähnlich wie den Earl of Lonsdale, auch auf die deutschen Manöver. Der deutsche Kaiser hatte keine Geheimnisse vor dem Österreicher Fürstenberg, weder persönliche noch politische, er zeigte diesem selbst sekrete Berichte, schimpfte vor ihm über seine eigenen Minister und über fremde Potentaten, ließ sich völlig vor ihm gehen. Kaiser Franz Joseph begriff solche Intimitäten nicht. ‚Ich kann mich nicht genug darüber wundern‘; bemerkte er zu einem anderen österreichischen Fürsten, der es mir wiedererzählte, ‚dass der Deutsche Kaiser ein solches Wesen aus dem Max Fürstenberg macht, der doch gar nichts gelernt hat und dem jeder Ernst fehlt. Warum er sich nur den Max Fürstenberg zu seinem Spezi ausgesucht hat? Nun mir kann es recht sein.‘ […] Fürstenberg bemühte sich, soweit sein Verstand und seine Geschicklichkeit reichten, am preußischen Hofe die österreichischen Interessen zu fördern. Er hat dadurch unsere Beziehungen zu Russland, auch zu Italien wiederholt ungünstig beeinflusst. Der österreichisch-ungarische Botschafter in Berlin, Graf Szögyenyi, hat mir proprio motu gesagt, dass Fürstenberg über alles politisch Interessante, was er am preußischen Hofe höre, nach Wien berichte. Das wäre begreiflich bei einem Österreicher, der durch Geburt wie durch Sympathien, durch seine Mutter und durch seine Frau Vollblut-Österreicher sei.“71
Bülow publizierte seine Memoiren in der Zwischenkriegszeit, aber Eingeweihte konnten von dieser an Rufmord grenzenden Passage kaum überrascht sein. Fürstenberg und Bülow kannten und misstrauten einander zutiefst. Beide waren durch Höflingstaktiken in den Orbit des Kaisers gelangt und beide hatten zu starke Instinkte der Revierverteidigung, um einander langfristig zu dulden. Wie wir später sehen werden, vermutete Bülow zu Recht, dass „der Österreicher“ eine Rolle bei seiner Entlassung gespielt hatte.
Aber wie hatte Fürstenberg so viel Einfluss erlangen können?
Max Egon Fürstenberg war in Böhmen aufgewachsen, das zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn gehörte, und er sprach Deutsch und Tschechisch. Er hatte in Prag eine deutsche Schule besucht und später im Deutschen Reich Rechtswissenschaften studiert. Mit gerade einmal 24 Jahren wurde er in den böhmischen Landtag, gewählt, wo er die Verfassungstreue Großgrundbesitzerpartei vertrat. Schon damals war er an einer engeren Verbindung mit dem Deutschen Reich interessiert gewesen, und als 1896 sein kinderloser Cousin Karl Egon zu Fürstenberg starb, erbte er ein großes Anwesen im süddeutschen Baden, das ihm fortan als wirtschaftliche und gesellschaftliche Machtbasis in Deutschland diente. Er war bereits in Böhmen ein wohlhabender Landbesitzer gewesen, und nun kamen noch einmal 40.000 Hektar Grundbesitz hinzu.72
Eine Karikatur der Jahrhundertwende zeigt Fürstenberg als einen Mann aus zwei Hälften: sein Torso steckt in einer Ritterrüstung, während er auf dem Kopf das Symbol des Bürgers trägt – einen Zylinder. Die Karikatur illustriert perfekt Fürstenbergs Leben zwischen den Welten. Wie so viele Hochadelige seiner Generation war er eine Mischung aus Modernität und Tradition. Das zeigte sich auch an seinen weit gespannten Geldanlagen. Als Großgrundbesitzer war seine Haupteinnahmequelle nach wie vor die Land- und Forstwirtschaft, aber er hatte bereits damit begonnen, seine Liegenschaften in Böhmen zu industrialisieren, um sich ein moderneres Portfolio aufzubauen. Seine neuen Unternehmen fasste er unter dem Namen Fürstentrust zusammen. Der Fürstentrust war ein Konglomerat aus Luxushotels, Restaurants, Theatern, Buslinien in Berlin und Hamburg, Kohlebergwerken und Kurbädern, inklusive Kasinos auf Madeira.
Abgesehen von Großprojekten war Fürstenberg durch seine erblichen Mitgliedschaften in der badischen und in der württembergischen Ersten Kammer und als erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses auch politisch ins Deutsche Reich eingebunden. Gleichzeitig war er Vizepräsident des Österreichischen Herrenhauses. Er hatte also starke wirtschaftliche und politische Gründe, in Go-Between-Missionen involviert zu werden. Um sein Engagement für beide Länder zu demonstrieren, begann er daher zu pendeln. Den Winter verbrachte er mit seiner Familie in Wien, Berlin und Prag, Frühjahr und Sommer im badischen Donaueschingen. Dies sollte eine Omnipräsenz für die Außenwelt verdeutlichen. Die Frage, zu welcher Nation er gehörte, verwirrte selbst seinen Standesgenossen Heinrich Prinz von Schönburg-Waldenburg. Er beschreibt in seinen Erinnerungen eine Wochenendeinladung in Donaueschingen:
„Max [hatte] bis zum Besitzantritt der Fürstenbergischen Primogenitur-Standesherrschaft die [österreichische] Nationalität besessen. Jetzt war er Badener geworden und damit Reichsdeutscher. Der Kaiser hatte ihm bei diesem Wechsel die Rittmeister-Uniform seines Regiments der Garde du Corps verliehen, während er in seinem k.u.k-Verhältnis noch als Oberleutnant eines Dragonerregiments geführt wurde. So sehr man sich darüber damals aufgeregt hatte, zu einer ernstlichen Verstimmung mit den Bundesgenossen hat es nicht geführt!“73
Dass Fürstenberg beides war, Österreicher und Badener, schien für die breite Öffentlichkeit jedoch suspekt. Das muss ihn darin bestärkt haben, seine deutsch-österreichische Go-Between-Rolle im Hintergrund auszuüben.
Trotz seiner deutschen Erbschaft hätte Fürstenberg nicht zwangsläufig eine wichtige Rolle in der österreichisch-deutschen Politik spielen müssen. Dazu kam es erst dank Wilhelm II. Genau wie Fürstenbergs unerwartete deutsche Erbschaft war die Freundschaft mit dem Kaiser einem Zufall zu verdanken. 1906 hatte der Journalist Maximilian Harden enthüllt, dass der engste Freund des Kaisers Fürst Eulenburg, homosexuell war.74 Die Presse schlachtete daraufhin Eulenburgs angeblich hochgefährlichen Einfluss auf Wilhelm II. aus. Das daraus resultierende Gerichtsverfahren war nicht nur für alle Beteiligten traumatisch, es schuf auch ein Machtvakuum am Hof. Die Position des Fürstenfreundes war jetzt vakant und Fürstenberg schien ideal für diese Rolle. Anders als Eulenburg war er kein effeminierter Minnesänger, seine Männlichkeit galt als unverdächtig. Es war auch bekannt, dass er Frauen liebte, inklusive seiner eigenen. Gleichzeitig beherrschte er, ähnlich wie Eulenburg, perfekt den höfischen Stil. Er kombinierte damit also all die weiblichen und männlichen Elemente die Wilhelm II. bei seinen Begleitern suchte. Wie hart Fürstenberg um diese Freundschaft buhlte, kann man in seinen Briefen an den Kaiser sehen. Sie dokumentieren eine immer intimer werdende Beziehung. Schon eine Postkarte des Kaisers konnte 1906 Begeisterungsstürme bei Fürstenberg auslösen: „Ich gehöre Eurer Majestät an mit Leib und Seele.“75 Im Krisenjahr 1908 – die Beziehung hatte an Tiefe gewonnen – gab Fürstenberg bereits psychologische Hilfestellungen: „Auf den Knien beschwöre ich Eure Majestät mit all der großen bewundernswerten Kraft, die ja doch euer Majestät eigen ist, gegen diesen schrecklichen Zustand der Depression anzukämpfen!“76
Inoffiziell war Fürstenberg seit 1908 der neue Kaiserfreund, offiziell bekleidete er am preußischen Hof das ornamentale Amt des Oberst-Marschalls. Da er keiner Hofkamarilla angehörte, blieb er an diesem Ort ein Einzelkämpfer, was ihn für den Kaiser interessant machte. Bülow und anderen Höflingen fehlten die Mittel und Möglichkeiten, Druck auf ihn auszuüben und sie versuchten, ihn daher wenigstens im „Alltagsgeschäft“ zu behindern. Man „übersah“, ihm eine Einladung zu den Manövern zukommen zu lassen, oder man „vergaß“, ihn während der kaiserlichen Mittelmeerreise zum Landgang mitzunehmen. Fürstenberg schilderte 1912 seiner Frau einen solchen Fall: „Ich lief schnell meinen Mantel holen, inzwischen fuhr der Kaiser ab und die anderen ‚reizenden Brüder‘ kümmerten sich nicht um mich und liessen mich zurück! Saubande! SM sei außer sich gewesen dass man mich vergessen hatte!“77
Tatsächlich war die unmittelbare Umgebung des Kaisers hin- und hergerissen zwischen der Angst, einen Konkurrenten dauerhaft in der Nähe zu haben, und dem Wunsch, mit Fürstenbergs Hilfe Wilhelm II. ruhig zu stellen. Ihnen war bewusst, wie sehr sie Fürstenberg brauchten, um die Stimmungsschwankungen des Kaisers zu mildern. Und von denen gab es viele. 1908 schrieb ein erschöpfter Fürstenberg an seine Frau, dass Wilhelm II ihm anvertraut habe: „Die Kaiserin ist eine gute Frau, aber schrecklich. Du kannst Dir denken, wie peinlich mir das war. Ich wusste nicht recht, was ich antworten solle. Er schüttete mir sein ganzes Herz aus, so dass es einem leid tat, der arme Herr.“78
Der Biograph Wilhelms II., John Röhl, hat gezeigt, wie klaustrophobisch die Ehe des Kaisers von Anfang an war. Die Kaiserin reizte Wilhelm weder intellektuell noch sexuell. Intellektuelle Stimulation fand er ersatzweise bei seinen Freunden, sexuelle bei diversen Damen. Nach außen hin wurde ein harmonisches Familienleben demonstriert, doch der Kaiser brachte einen Großteil seines Ehelebens damit zu, Ausreden zu erfinden, warum er nicht bei seiner Frau sein konnte. Mit den Jahren sollte Fürstenberg sich daher an Wilhelms Beschwerden über die Kaiserin gewöhnen und sie mit humoristischer Gelassenheit notieren:
„Kaiser hackt wieder Bäume, angeblich wegen des besseren Ausblicks. [Er] ist selig über das Weghacken, besonders weil, wie er sagt, die Kaiserin darüber entsetzt wäre!“79
Wilhelm II. fand nicht nur seine Frau schwer erträglich – er war auch der Ansicht, dass seine Söhne, vor allem der Thronfolger, eine undankbare Brut waren. Bei Abendessen im Kreise der Familie musste daher Fürstenberg häufig für eine entspannte Atmosphäre sorgen. Nicht nur Familienzusammenkünfte waren heikel. Fürstenbergs Charme war auch gefragt, wenn sich der Kaiser wieder einmal mit seinen Ministern überwarf. Im April 1912 beispielsweise kam es zwischen Wilhelm II. und Reichskanzler Bethmann Hollweg zu einer Kollision wegen der Haldane-Mission (einen gescheiterten Versuch, die deutsch-englischen Beziehungen zu verbessern). Nach einer hitzigen Diskussion stand ein gemeinsames Abendessen auf der Tagesordnung. Fürstenberg schrieb:
„Ich saß neben Bethmann und pumpte an der Conversation. Nach Tisch etwas steife Stimmung, dann öffnete ich alle Schleusen meines Witzes und meiner Beredsamkeit und brachte es zu einer ganz lustigen Stimmung, wofür mir […] alle Umgebung begeistert dankte. Sie beschworen mich, nicht eher wegzufahren ehe der Reichskanzler abreist – es gehe nicht ohne mich.“80
Auch wenn Fürstenberg nach außen hin den oberflächlichen Unterhalter gab, erfasste er den problematischen Charakter des Kaisers doch sehr gut. Wilhelm II. war in seinen Augen eine Mischung aus „Herzensgüte und Härte […] ein rätselhafter Charakter, den man nie zu Ende studieren wird.“81 Fürstenberg blieb trotzdem fest entschlossen, ihn so lange wie möglich zu studieren.
Tatsächlich hatte er dafür die Eigenschaften, die Norbert Elias zufolge für ein Leben am Hof entscheidend waren: Menschenbeobachtung, Selbstdarstellung und Affektkontrolle, gepaart mit großem Charme.
Fürstenberg konnte schnell die Grenzen und Möglichkeiten von Beziehungen einschätzen; er wusste immer sehr genau, wann und wo er sie effektiv nutzen konnte. Als perfekter Kaiserfreund war er in der Lage, sich seinem Herren chamäleonartig anzupassen. Innerhalb der Entourage des Kaisers war es obligatorisch, Wilhelms Leidenschaften für die Jagd, die Marine und technische Errungenschaften zu teilen. Fürstenberg konnte auf all diesen Gebieten reüssieren. Er war Ehrenpräsident des Zentralkomitees zur Schaffung einer österreichischen Luftflotte und bot dem Kaiser Zeppelinschauen in Donaueschingen (an seine Frau schrieb er darüber: „Der Kaiser ist furchtbar stolz auf Zeppelin, als ob er es erfunden hätte!“).82
Selbst sein Äußeres passte er dem Kaiser vollständig an. Bei alten Filmaufnahmen ist auf den ersten Blick nicht immer zu erkennen, wer der Kaiser und wer Fürstenberg ist. Beide wirken wie siamesische Zwillinge: sie gleichen sich im Haarschnitt, dem Schnurrbart und dem Gang. Abgesehen von diesen Äußerlichkeiten gab es auch charakterliche Gemeinsamkeiten. Beide konnten nur schwer allein sein und beide strebten nach ständiger Anerkennung. Max Egon liebte es wie Wilhelm, Uniformen, Auszeichnungen und Ehrenämter zu sammeln. Um an sein Ziel zu kommen, konnte er sehr beharrlich sein: „Mir kam es manchmal so vor“, schrieb die Tochter Wilhelms II., „als wenn der Fürst sich etwas zu häufig bei meinem Vater einstellte, dass er sich für unentbehrlich hielt. Ich glaube aber nicht, dass er sich dabei in den Vordergrund spielen wollte, mit Sicherheit kann ich sagen, dass er damit weder persönliche Vorteile noch gar politische Macht erlangen wollte.“83
Dies war ein reichlich naives Urteil für eine Fürstentochter. Bei Hof war das Private vom Beruflichen nicht zu trennen.
Ein Freund des Kaisers zu sein, bedeutete ständige Beziehungspflege und konnte viel Arbeit bereiten. Fürstenberg bezeichnet in einem seiner Briefe das Reisen mit dem Kaiser sogar als „seinen Beruf “.84
Tatsächlich lebte ein Kaiserfreund auf Abruf und musste häufig andere Verpflichtungen vernachlässigen. 1907 zum Beispiel konnte Fürstenberg nicht an einer Sitzung der badischen Ersten Kammer teilnehmen:
„Hatte bereits alles zum Erscheinen in Karlsruhe vorbereitet, als ich den Befehl seiner Majestät des Kaisers bekam, mich sofort in England einzufinden. Bedauere daher auf das Tiefste der feierlichen Eröffnung nicht anwohnen zu können.“85
Wie wir noch sehen werden, wäre es für alle Beteiligten besser gewesen, er hätte die Reise nach England abgesagt.
In vielen Briefen an seine Frau klagte Fürstenberg über die anstrengende Zeit mit dem Kaiser und „zählte die Tage“, bis er von seinen Kreuzfahrten wieder heimkehren durfte. Als er einmal tatsächlich vorzeitig abreiste, wurde ihm dies von Wilhelm lange nicht verziehen. Fürstenberg zitierte den Wutausbruch des Kaisers wörtlich:
„Ja du hast mich schnöde verlassen im vorigen Jahr, dass mir das nicht wieder vorkommt mein lieber Oberstmarschall, verstanden!“ (Unterstreichung Fürstenberg)
Fürstenberg hatte bereits geplant, wieder vorzeitig abzureisen, und schrieb nun angstvoll an seine Frau:
„Ich war erschüttert und sagte zu ihm etwas wie, wie viel ich zu thun habe, woraufhin der Kaiser sagte: ‚Ja, ja Ausreden‘. Ich war ganz gebrochen und weiss jetzt nicht was mit mir geschieht, denn er sagte es in einem eigentümlichen sehr ernsten Ton, als ob er einen Ausreisser meinerseits [verhindern] wollte! Ich hatte noch keiner Seele meine Pläne mitgeteilt, aber der Kaiser ist manchmal unheimlich. Er sieht einem in den Bauch hinein und macht mir oft den Eindruck eines Gedankenlesers! Ich bin wirklich ganz gebrochen, nicht früher fort zu können. Denn alles hat seine Grenzen! Man muss sich die Sache entwickeln lassen. Kommt Zeit kommt Rat.“86
Die Kreuzfahrten mit dem hyperaktiven Kaiser waren eine enervierende Vollzeitbeschäftigung, der offensichtlich auch eine starke Persönlichkeit wie Fürstenberg nur phasenweise gewachsen war.
Die Frage stellt sich daher: War es das alles wert? Welche persönlichen Vorteile zog Fürstenberg tatsächlich aus dieser Beziehung? Und wie konnte er sie für seine Go-Between-Arbeit nutzen?
Tatsächlich überwogen die Vorteile die „Strapazen“. Mit dem deutschen Kaiser befreundet zu sein, stärkte Max Egons Position in Österreich und im Deutschen Reich. Auch wenn das Haus Fürstenberg seit jeher in der Wiener Gesellschaft in hohem Ansehen stand, musste doch jede Generation sich bemühen, den Ruhm der Familie weiter zu mehren. Fürstenbergs Freundschaft mit dem Kaiser half auch seinem Haus. Es beschleunigte die Karriere seines jüngeren Bruders, des Diplomaten Karl Emil,87 und erhöhte die Ehechancen seiner Töchter. Eine Verbindung mit dem Hause Fürstenberg galt als besonders wünschenswert. Eine Exklusion jedoch war gesellschaftlich gefährlich, wie ein kleines Beispiel von 1912 zeigt. Der Fürst hatte seinem Sohn „Kari“ den Umgang mit dem Botschaftsattaché Magy Apponyi verboten. Dieses Verbot wurde bekannt und Apponyi sah hierdurch seine Reputation in höchster Gefahr. Er schrieb Fürstenberg einen Beschwerdebrief, dessen Stil an ein Theaterstück von Arthur Schnitzler erinnert:
„Wenn der Fürst Fürstenberg sagt in Berlin, von jemanden mit dem er viel zusammen war, er sei ein schlechter Umgang, und er werde Schritte machen um ihn zu entfernen, so ist das doch genug um mich bei sehr vielen Leuten in das aller schlechteste Licht zu stellen. Natürlich meine Freunde die mich gut kennen, werden es nicht im Geringsten empfinden, aber ich empfinde es sehr, sehr. Denn gerade so ein lustiger Mensch wie ich hat am meisten Empfinden! […] Das Du mich in diesem Moment […] dropst.“88
Schnitzlers Leutnant Gustl hätte seine verlorene Ehre nicht besser beklagen können.
Abgesehen von dem gesellschaftlichen Einfluss erwies sich die Freundschaft mit dem Kaiser in Krisensituationen als besonders nützlich. Max Egon war ein Mann, der beinahe die „Familienbank“ zugrunde richtete. Doch obwohl sein Fürstentrust kollabierte, konnte er diese Verluste letztendlich leichter wirtschaftlich und gesellschaftlich überwinden als sein Geschäftspartner Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen, der sich als ruiniert bezeichnete. Ein Unterschied zwischen den beiden war, dass Fürstenbergs Vermögen größer gewesen war. 1913, vor dem Zusammenbruch seines Trusts, wurde er auf 300 bis 400 Mio. Reichsmark geschätzt; davon verlor er ca. 18 Mio. Für den „nur“ auf 200 Mio geschätzten Hohenlohe-Oehringen führte der Zerfall des Fürstentrusts jedoch zum Verkauf großer Besitzungen und Ehrverlust unter seinen Standesgenossen.89
Entscheidend war, dass Kaiser Wilhelm, Hohenlohe-Oehringen die Verantwortung an dem ganzen Debakel gab und an die Unschuld seines „Max“ glaubte. Folglich schlug sich der Rest der Gesellschaft auch auf Fürstenbergs Seite. Seine Ehre und sein Ruf blieben intakt.
Die Freundschaft mit dem Kaiser hatte noch einen weiteren unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil: Sie half Fürstenberg, eines seiner erfolgreicheren Unternehmen zu bewerben – das Bier der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei (einer Marke, die in Süddeutschland heute noch sehr beliebt ist). Fürstenberg hatte das Rezept aus Böhmen importiert und nutzte seine Verbindung zum Kaiser, um es zu bewerben: Das Fürstenberg Pilsener wurde mit großem Erfolg als „Tafelgetränk Seiner Majestät des Kaisers“ verkauft.
Wenn Fürstenberg behauptete, den Kaiser zu lieben, dann liebte er profitabel.
Neben den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorteilen brachte seine „Freundschaft“ zum Kaiser Fürstenberg auch seinem ehrgeizigen politischen Ziel näher – der Stärkung des Zweibundes. Der Erfolg dieses Unternehmens hing jedoch davon ab, wie viel Einfluss der Kaiser tatsächlich auf die deutsche Außenpolitik hatte. Bis heute ist dieser Punkt umstritten: Für seine Zeitgenossen galt der Kaiser als die entscheidende Figur in der deutschen Politik: Je nachdem, wo man politisch stand, verabscheute, bewunderte, fürchtete oder verehrte man ihn – aber man war sich auf jeden Fall einig, dass er die Entscheidungen traf. Tatsächlich war die Situation um einiges komplizierter.
Das Deutsche Reich war wie Großbritannien eine konstitutionelle Monarchie, auch wenn der deutsche Kaiser sehr viel mehr Einfluss besaß als der britische Monarch. Man hat die deutsche Verfassung verschiedentlich als „System umgangener Entscheidungen“ bezeichnet. Tatsächlich bestand sie aus vielen vagen Kompromissen. Das Gesetzgebungsverfahren und das Budgetrecht (mit Einschränkungen der Militärausgaben) lagen beim Reichstag, wobei der Monarch hier kein Vetorecht hatte (anders als in den Königreichen Belgien, Italien oder Rumänien). Das Gegengewicht zu dem zunehmend selbstbewusst agierenden Reichstag war jedoch der vom Kaiser bestimmte Reichskanzler, der gleich drei Funktionen ausfüllte: Er war Reichskanzler des Deutschen Reiches, preußischer Ministerpräsident und preußischer Außenminister in Personalunion. Auf Reichsebene vertrat der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes die Außenpolitik des Deutschen Reiches. Dieses komplizierte System war eigens für (und von) Reichskanzler Bismarck eingerichtet worden (der seines Zeichens nie Führer einer politischen Partei war). Seinen Nachfolgern bereitete es ganz offensichtliche Probleme. Da der Reichskanzler nicht von der Mehrheitspartei im Reichstag gewählt, sondern vom Kaiser berufen wurde, war er in erster Linie vom Wohlwollen Wilhelms II. abhängig. Doch obwohl der Reichstag ihn nicht absetzen konnte, war es einem Reichskanzler auf die Dauer auch nicht möglich, gegen den Willen des Reichstags zu regieren.
Das Recht, den Reichskanzler zu bestimmen, gab Wilhelm II. also eine große Machtfülle. Darüber hinaus hatte der Kaiser einen weiteren entscheidenden Einflussbereich: seine Stellung als Oberbefehlshaber von Armee und Marine. Wie John Röhl gezeigt hat, war der kaiserliche Hof eine Art „Miniaturstaat im Staat“, mit einem eigenen zivilen Kabinett, einem Militär- und einem Marinekabinett, denen insgesamt 2000 Personen angehörten. Das Militärkabinett war verantwortlich für Posten und Beförderungen und besaß schon deshalb einen enormen Einfluss, weil in Deutschland Wehrpflicht herrschte. Alle Familien mit einem diensttauglichen Sohn waren von seinem Wohlwollen abhängig.90 Dass Kaiser Wilhelm diese vielseitigen Machtinstrumente besaß, bedeutete natürlich nicht automatisch, dass er sie auch immer nutzte.
John Röhl wird folglich eine Überschätzung monarchischer Macht vorgeworfen, während er seinen Gegnern zu Recht erwidert, dass es unmöglich ist, die Partie ohne die Figur des Kaisers zu spielen. Tatsächlich muss man den Einfluss von Wilhelm II. in der Außenpolitik in verschiedenen Phasen seiner Regentschaft einzeln betrachten. Christopher Clark hat gezeigt, dass der Einfluss des Kaisers während der Reichskanzlerschaft seines Onkels Chlodwig Hohenlohe-Schillingsfürst z.B. größer war als zu Regierungszeiten Bülows. Hier konnte Wilhelm nur kurzzeitig Schlüsselpositionen mit seinen Favoriten besetzen, die auch nicht von Dauer waren. Da der Kaiser nicht in der Lage war, einen ganzen Arbeitstag durchzustehen und obendrein für seine erratischen Entscheidungen bekannt war, konnte ein geschickter Reichskanzler ihn relativ leicht manipulieren.91 Gleiches galt für Wilhelms Militär- und Marineberater. Der Einfluss, den zum Beispiel Admiral Tirpitz auf Wilhelm ausübte, spielte bekanntermaßen eine verheerende Rolle im englisch-deutschen Flottenwettrüsten.
Wilhelm II. wurde in seiner Entscheidungsgewalt nicht nur von der Macht seiner Reichskanzler eingeschränkt – ein weiterer Faktor war die Tatsache, dass sich das Deutsche Reich zu einer polykratischen Gesellschaft entwickelte, in der es verschiedene Machtzentren gab.
Trotz all dieser Einschränkungen erweckte der Kaiser zumindest gerne den Anschein, er habe alles unter Kontrolle. Fürstenberg gegenüber prahlte er damit:
„Man sagt nicht mehr wie früher der Bismarck oder der Minister hat gesagt, sondern der Kaiser hat gesagt. […] Mir sagte Hinzpeter, mein Erzieher als ich 11 Jahre alt war, ich möge mir immer vor Augen halten, dass der Kaiser wie in einem Ponywagen kutschiert – während die Minister mit gekreuzten Armen […] hinten zu sitzen haben. Das habe ich mir auch gemerkt!“92
Der Kaiser versuchte daher immer wieder, in der Außenpolitik den Ton angeben. Zu diesem Zweck betrieb er den Aufbau eines eigenen privaten Kommunikationssystems, das unabhängig vom Reichskanzler agierte. Dieses Parallelinstrument bestand aus Kontakten, die niemand anderes als der Kaiser kontrollieren konnte. Das war natürlich kein neues Konzept. Historiker haben schon für die Frühe Neuzeit festgestellt, dass bei Hofe die Zahl der „Favoriten“ anwuchs, sobald ein Herrscher um seine Macht fürchtete. Für Kaiser Wilhelm wurde Fürstenberg daher sein „Mann in Wien“, ein zuverlässiger Kommunikationskanal zum österreichischen Kaiserhof, dem Herrenhaus und dem Außenministerium. Das war umso wichtiger, als die alten Eliten im Habsburgerreich immer noch eine sehr viel stärkere politische Vormachtstellung als im Deutschen Reich besaßen. Zeitgenossen wussten, dass ein privilegierter Zugang zum Habsburgerhof nur über ausgezeichnet vernetzte Persönlichkeiten möglich war. Niemand anderes als ein einheimischer Hochadeliger konnte die Zeichen und Codes dieser Machtzentrale verstehen. Selbst versiertesten Botschaftern fiel es schwer, das österreichische Labyrinth der Cliquen und der sie leitenden Motive zu durchschauen. Der zeitgenössische Habsburgkritiker Robert Scheu beschrieb den Wiener Hof als eine „unerhörte Machtquelle […]. Ein Netz von Gunst und Pfründen, eine Geheimsprache mit Parolen und Losungsworten, in welchem sich jeder von frühauf seine Route, seine Sinecure beizeiten sichert, wo jede Beziehung von der Wiege bis zum Grabe unter dem Gesichtspunkt gepflegt wird, wie man sicher zu den Eutern gelange und in den Geheimbund der Begnadeten aufgenommen werde […]. Diese Durchdringung einer ganzen Bevölkerung mit den Hofinteressen und Hofsitten, diese Bezogenheit aller Lebensäußerungen und Lebensinhalte auf den einen Punkt geht schließlich so weit, dass der Masse und jedem Einzelnen gar nicht zum Bewusstsein kommt, woher sie ihre Meinungen, Urteile, ihre Haltung, Sprache, ihren Akzent und ihre Gesten haben, wie sehr sie schon ein Zuchtprodukt dieser Tradition sind.“93
Es konnte zur Lebensaufgabe werden, die einzelnen Gruppierungen zu verstehen.94 Fürstenberg war ein Kenner des Hofes, der niemals dieser Spiele müde wurde. Das machte ihn zum idealen Go-Between.
Fürstenbergs allererste Mission als heimlicher Helfer fand im Jahr 1899 statt. Der österreichische Botschafter in Berlin, Ladislaus Graf von Szögyenyi-Marich, benutzte ihn, um ein ‚Missverständnis‘ zwischen Erzherzog Franz Ferdinand und Wilhelm II. zu beheben. Es war ein relativ banaler Einsatz, der schnell erledigt werden konnte. Ein Jahr später wurde Fürstenberg jedoch nach Berlin geschickt, um ernsthafte Spannungen zu bereinigen, die im Anschluss an die Dreyfus-Affäre entstanden waren. Als Folge dieser Fürstenbergischen „Charmeoffensive“ konnte Kaiser Franz Joseph zu einem Treffen in Berlin überredet werden.95 Der österreichische Politiker Baernreither war von diesem Erfolg besonders beeindruckt: „Aufgrund seiner Position in Deutschland und Österreich ist Fürstenberg geradezu prädestiniert dafür, für uns wichtige Dienste zu leisten. Dass unser Kaiser diese Reise nach Berlin unternimmt, ist größtenteils auf Fürstenbergs Vermittlung zurückzuführen.“96
Zu Beginn seiner Go-Between-Arbeit musste Fürstenberg hauptsächlich persönliche Auseinandersetzungen zwischen den Höfen schlichten. Da er wusste, wie sensibel Wilhelm II. war, schrieb er ihm beruhigende Briefe wie diese:
„Ich bin nämlich trotz allem überzeugt, dass irgendein Missverständnis vorliegt, welches das Verhalten an dem, ich muss es sagen: höchst sonderbaren Benehmen seiner Kaiserlichen Hoheit [Franz Ferdinands], trägt.“97
Zu diesem besonderen „Missverständnis“ war es gekommen, weil der Thronfolger Franz Ferdinand 1907 ‚vergessen‘ hatte, Wilhelm II. zu einem Jagdausflug einzuladen.98 Zu jener Zeit war der Kaiser besonders auf sein öffentliches Bild bedacht. Es ging ihm dabei nicht in erster Linie um das Erlegen eines Hirschen, sondern um eine symbolische Geste seitens des österreichischen Hofes. Fürstenberg war in der Lage, als eine Art „Frühwarnsystem“ derartige Missverständnisse zu klären, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfuhr.
Das war vor allem ein Jahr später wichtig. Die österreichische Annexion von Bosnien und Herzegowina hatte die deutsch-österreichische Allianz schwer belastet und Fürstenberg musste als Go-Between die Nerven aller Beteiligten beruhigen. Auf österreichischer Seite war bei diesen Unternehmungen vor allem Erzherzog Franz Ferdinand zur Schlüsselfigur geworden.
Seit 1906 übertrug Kaiser Franz Joseph immer mehr Befugnisse an seinen Nachfolger. Franz Ferdinand konnte daher häufiger im Militär und in der Diplomatie seine eigenen Entscheidungen durchzusetzen. Er war der kommende Mann und seine Nähe zu suchen, galt als nützlich. Allerdings war dies alles andere als einfach. Der Erzherzog galt als schwer zugänglich und er war berüchtigt für seine Launen. Dennoch gelang es Fürstenberg, sein Vertrauen zu gewinnen. Um diese Verbindung am Leben zu erhalten, benutzte er eine sehr eigene Form von Reise- und Gesprächsdiplomatie. Unermüdlich pilgerte er zwischen Wilhelmstraße und Ballhausplatz hin und her. Er wollte überall präsent sein, um jederzeit „politische Besuche“ absolvieren zu können. Da Fürstenberg sich äußerst diskret verhielt und seine Vermittlungsgespräche grundlegend vertraulicher Natur waren, sind viele davon nicht schriftlich niedergelegt worden. Was auffindbar ist, zeigt jedoch, welche Position er sich über die Jahre erarbeitete. Zu seinen Gesprächspartnern gehörten fast alle führenden Personen der deutschen und der österreichischen Politik seiner Zeit: der österreichische Außenminister Aehrenthal, der Ministerpräsident Clam-Martinic und Außenminister Czernin. Auf deutscher Seite pflegte er Freundschaften mit unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Jagow und Reichskanzler Bethmann Hollweg. Um sich etwa den Staatssekretär des Äußeren, von Jagow, gewogen zu halten, informierte Fürstenberg ihn regelmäßig über seine Gespräche mit beiden Kaisern. Auf diese Weise fühlten deutsche Diplomaten sich nicht durch Fürstenberg bedroht, sondern sahen ihn vielmehr als nützliche Quelle. Ein Beispiel für diesen inoffiziellen Austausch ist ein Brief den Fürstenberg 1913 an Jagow schrieb:
„Lieber Freund, […]. Ich wollte Dir vor allem vertraulich mitteilen, dass mir S.M. [Kaiser Wilhelm II.] nochmals Anspielungen machte, er würde mir vielleicht einen Brief an den Thronfolger [Erzherzog Franz Ferdinand] mitgeben, um denselben über die Situation zu informieren. Ich glaube recht darin zu tun, ihm einstweilen davon abzuraten. Er kam auch nicht mehr auf die Sache zurück. […] Kaum [in Wien] angekommen, lies mir der Thronfolger sagen, er wünsche demnächst dringend mit mir zu sprechen. Ich erwarte diesbezüglich weitere Befehle von ihm und werde, wenn ich glaube, dass es Dich interessiert, Dir über meine Audienz berichten.“99
Wie üblich vermied Fürstenberg, zu viele Details zu Papier zu bringen.
Tatsächlich ging es in diesem Fall um die Beziehungen zu Rumänien, und in einer Audienz mit Franz Ferdinand erfuhr Fürstenberg einen Tag später, dass Österreich sein Bestes tun werde, um die Rumänen als „Bundesgenossen“ zu erhalten.
Hin und wieder erinnert Fürstenbergs Tätigkeit an eine Partie „Stille Post“. Baernreither schrieb 1913 in sein Tagebuch: „Ich erzählte Max Fürstenberg von meinen Gespräch mit Krobatim [dem österreich-ungarischen Kriegsminister]. Fürstenberg erzählte es dem Deutschen Kaiser, der es unserem [österreichischem] Botschafter in Berlin erzählte, der es Berchtold erzählte, der es unserem Kaiser erzählte der daraufhin nach Krobatin schickte.“100 (der natürlich alles andere als erfreut war, dass seine vertraulichen Informationen weitergegeben wurden).
Fürstenbergs Stärke lag vor allem darin, seinen Gesprächspartnern die persönliche Komponente einer Lage zu erklären:
„Den Bulgarenkönig hasst [der Erzherzog Franz Ferdinand] und wünscht alles zu veranlassen, damit er nicht mächtiger werde. Darin begegnet er sich vollkommen mit dem Deutschen Kaiser. Überhaupt ist das Verhältnis zwischen den zwei hohen Herren ein vorzügliches. Sie korrespondieren eifrig miteinander und sprechen einer vom anderen nur in Worten der größten Freundschaft und Hochachtung.“101
Fürstenbergs Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass es so blieb.
Mittlerweile hatten Fürstenbergs Berichte im Auswärtigen Amt hohe Priorität und wurden oft direkt an den Reichskanzler weitergeleitet. Wenn Fürstenberg zu beschäftigt war, um nach Berlin zu reisen, suchte er die deutsche Botschaft in Wien auf, um seine Informationen weiterzugeben. Seine Berichte waren stets schillernd – eine Mischung aus Klatschgeschichten und knallharten politischen Fakten.102 Wilhelm II. liebte diesen Stil und er verdrängte dabei, dass sein Freund noch andere Loyalitäten besaß. 1908 erklärte er Fürstenberg: „Franz Thun sagte mir neulich vorwurfsvoll, dass ich Dich ganz an mich heranzöge und dass du dadurch dem politischen Leben in Österreich leider sehr entzogen würdest, dass sei schade da [Du] zu vielem und bedeutendem in Österreich berufen [wärst]. Ich antwortete dem Thun: das ist mir einerlei, ich bin darin Egoist – ich will eben meinen Max für mich haben.“103
Das war ein naiver Wunsch. Die deutsch-österreichischen Beziehungen waren wie die Freundschaft von Fürstenberg und Wilhelm II. eine Mischung aus „Kalkül und Emotion“, wobei das Kalkül auf Fürstenbergs Seite dominierte. Für Außenstehende wirkte es, als ob Fürstenberg wie in Carlo Goldonis Komödie als Diener zweier Herren agierte. Doch sein wichtigster ‚Herr‘ blieben die Habsburger, eine Tatsache, die Wilhelm II. standhaft ignorierte. Der Kaiser erwartete, dass „sein Max“ in erster Linie gute Arbeit für das Deutsche Reich leistete. Die Liste der Wünsche des Kaisers an Fürstenberg war daher ausgesprochen lang. Unter anderem verlangte er von „Max“, sein Möglichstes zu tun, eine Reform des österreichischen Militärs zu bewirken und eine Erweiterung der österreichischen Flotte voranzutreiben. Am Ende einer gemeinsamen Urlaubsreise ermahnte Wilhelm II. seinen Max noch einmal, er „solle wirken, dass die Armee in Österreich in Ordnung käme“. Ein Satz, den Fürstenberg in seinem Tagebuch mit den Worten kommentierte: „Der liebe Herr hat manchmal merkwürdige Ansichten darüber, was man so leisten kann.“104
Dennoch nahm Fürstenberg die kaiserlichen Aufträge ernst und tat sein Bestes, sich stärker mit der österreichischen Marine zu befassen. Bei seiner nächsten Reise mit dem deutschen Kaiser war er daher besser vorbereitet:
„[SM spricht] sehr eingehend mit mir über die österreichische Flotte, welche nun auch 3–4 Dreadnoughts bauen wird und erzählte das sich die Regierung mit ihm in Einvernehmen gesetzt hat! Er ist sehr beschäftigt mit dieser Sache, die ihn ungemein interessiert. Um I ½ Uhr lässt er mich kommen und liest mir einen diesbezüglichen Brief an Erzherzog Franz vor und zeigt mir geheime Flottenpapier und Zeichnungen. Sehr interessant. Ich soll den Brief nach Wien schicken, damit niemand etwas davon weiß!“105
Die deutsche Seite hatte eine schlechte Meinung von der italienischen Marine, hoffte aber auf eine Erweiterung der österreichischen.106 Diese Einschätzung wurde auch Fürstenberg vermittelt und trug dazu bei, sein Engagement zu verstärken. In den Jahren von 1909 bis 1913 versuchte Österreich, die Italiener einzuholen, die 1903 schon 18 Vormodelle der Dreadnoughts gebaut hatten. Des Kaisers liebstes Spielzeug wurde nun auch zu Maxens Leidenschaft. 1911 sorgte er dafür, dass es zu einer Begegnung deutscher und österreichischer Geschwader auf hoher See kam.
Damit sollte auch demonstriert werden, wie eng das deutsch-österreichische Verhältnis entgegen allen Augurenmeldungen war. Am 28. März 1911 schrieb Fürstenberg begeistert an seine Frau über die „Begegnung“ in Brioni:
„[Wir] sichten das österreichische Geschwader […] alle sind gespannt und auf die Begegnung gut vorbereitet. Kaiser an Deck (man hat die österreichische Flagge gehisst) grosse Stimmung […] es war unvergesslich ergreifend und schön. Mich würgte es und ich war recht, recht stolz. Sonne – ein unvergessliches Bild. SM ergriffen und hochbefriedigt, drückte mir die Hand, sagte es wäre ein denkwürdiger Augenblick, da zum ersten Mal ein Thronfolger von Österreich auf der Commandobrücke seiner Schiffe den Deutschen Kaiser auf hoher See begrüßte! Dann entwarf ich noch ein Dankestelegramm an unseren alten Kaiser, dem auch SM eigenhändig hinzufügte und schrieb, er sei ergriffen von dem herrlichen Anblick der ein denkwürdiger sei und ihn mit Dank erfülle. Du [Irma Fürstenberg] kannst Dir denken wie tief befriedigt ich über mein Werk war.“107
Der Kaiser war hochzufrieden und teilte Fürstenberg mit, er hoffe, dass sich die Italiener über diese deutsch-österreichische Demonstration ärgern würden:
„Vor dem Schlafengehen ruft mich SM, überreicht mir Photos und Brief für Erz. Franz und Bilder für Kaiser von der Elisabethstatue. Den Brief an den Erzherzog lese ich, er ist sehr gut geschrieben, spricht von der prachtvoll gelungenen Flottenzusammenkunft und sagt die österreichische Marine, welche [dem Erzherzog] den Aufschwung verdankt, war gewiss stolz gewesen.“108
Um den Kaiser noch näher an Österreich-Ungarn heranzuführen wurde es immer wichtiger, Begegnungen zu arrangieren, die für die Außenwelt zwanglos erschienen. Fürstenberg war, wie viele Grandseigneurs, ein Meister der Inszenierung. Er machte seinen Besitz in Baden zu einem „geschützten Ort“ der deutsch-österreichischen Beziehungen – weitab von den Augen der Öffentlichkeit. Vordergründig ging es bei seinen Wochenendeinladungen darum, dem Kaiser ein gutes Unterhaltungsprogramm zu bieten. Doch neben Musik, Theaterdarbietungen und Feuerwerk gab es in Donaueschingen – ganz nach englischer Tradition – ergebnisorientierte Countryhouse-Politik. Aus Österreich reisten hierfür zahlreiche von Fürstenbergs engsten Freunden an: Joseph Baernreither (1848–1925), Erwein Graf Nostitz (1863–1931), Alain Rohan (1853–1914) und Ottokar Graf Czernin (1872–1932).
Sie waren fast alle Mitglieder der pro-deutschen Verfassungstreuen Großgrundbesitzerpartei und verstanden sich prächtig mit dem deutschen Kaiser. Wilhelm II. bevorzugte „geschützte Orte“ wie Donaueschingen. Auch seine Yacht Hohenzollern bot Gelegenheit für vertrauliche Gespräche. Auf ihren Mittelmeer-Kreuzfahrten unterhielten sich Fürstenberg und der Kaiser ständig über Politik. Ungehindert von seiner Frau und der Berliner Gesellschaft konnte Wilhelm sich hier am besten entspannen. Auf seiner Yacht erschuf er sich eine Peter-Pan-Existenz und genoss einen durch und durch hedonistischen Lebensstil. An Bord wurde Politik zum Gesellschaftsspiel, und ein guter Zuhörer konnte sich nützliche Informationen beschaffen. Fürstenberg war ein eifriger Zuhörer.
Seine gesamte Go-Between-Arbeit hatte eine stark anti-englische Komponente. Der erste Vorfall, bei dem er hier eine unheilvolle Rolle spielte, war die Daily-Telegraph-Affäre: Im November 1907 hatte der Kaiser einen Staatsbesuch in Großbritannien absolviert. Zu jener Zeit erholte er sich gerade erst von den Presseenthüllungen, dass Angehörige seines engsten Kreises, nicht zuletzt sein Freund Eulenburg, homosexuell waren. Wilhelm II. hatte sich zuerst geziert, wieder in der Öffentlichkeit aufzutreten, aber zu seiner großen Überraschung wurde die Reise ein Erfolg. Seine Begeisterung für Großbritannien war damit wiedererwacht, und er entschloss sich spontan für einen Anschlussurlaub. Fürstenberg wurde angewiesen, ihm nachzureisen und Gesellschaft zu leisten. Der Kaiser mietete sich und sein Gefolge in Highcliffe Castle ein, dem Schloss von Colonel Edward Montagu-Stuart-Wortley. Die beiden Männer freundeten sich an, und Wilhelm führte lange Gespräche mit seinem trinkfreudigen Gastgeber, wobei sein Redefluss wieder einmal keine Grenzen kannte. In Anwesenheit von Fürstenberg zählte er gegenüber Stuart-Wortley alle Fehler auf, die die Briten seiner Ansicht nach in den vergangenen Jahren begangen hatten. Er fügte auch hinzu, wie unbeliebt die Engländer in Deutschland seien, und dass er der einzige Freund wäre, den Großbritannien im Moment noch habe. Weder Fürstenberg noch Stuart-Wortley widersprachen ihm, und der Kaiser verließ England zufrieden und erfrischt. Für ihn war die Bekanntschaft mit Stuart-Wortley ein netter „Urlaubsflirt“ gewesen und wie bei so vielen Urlaubsflirts schnell vergessen. Stuart-Wortley jedoch fasste die Gespräche mit Wilhelm in einem Zeitungsartikel zusammen und fragte beim Kaiser an, ob er den Artikel veröffentlichen dürfe. Zurück in Berlin, war sich Wilhelm da nicht mehr so sicher. Er befolgte das korrekte Prozedere und ließ den Artikelentwurf zur Genehmigung an Reichskanzler Bülow schicken. Später sollte Bülow behaupten, er habe den betreffenden Artikel nicht gelesen, sondern stattdessen ans Auswärtige Amt geschickt. Der Staatssekretär des Äußeren befand sich zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht in Berlin, und die rangniederen Beamten wagten nicht, am Inhalt des Artikels Kritik zu üben. Am Ende wurde er ohne Änderung zur Veröffentlichung freigegeben.
Auf beiden Seiten des Kanals brach daraufhin ein Sturm der Entrüstung los. Wilhelm schaffte es, fast jeden zu beleidigen: die Briten, die Franzosen, die Russen, die Japaner und sogar seine eigenen Landsleute (er betonte, die Briten im Burenkrieg unterstützt zu haben, entgegen der deutschen öffentlichen Meinung). Besonders verwirrend waren die vielen Widersprüche.
Der Artikel erinnert an ein außergewöhnlich unzusammenhängendes Kneipengespräch. Der Gedankenaustausch hatte über mehrere Abende verteilt stattgefunden und Wilhelm schien jeden Abend seine Meinung geändert zu haben. Einerseits behauptete er, der einzige Freund zu sein, den Großbritannien noch habe, dann wiederum nannte er alle Briten „verrückt, verrückt, verrückt wie die Märzhasen“. Ein interessanter Punkt bei alldem war jedoch, dass es ein Land gab, das der Kaiser nicht beleidigte: Österreich-Ungarn. Sicherlich hatte dies etwas damit zu tun, dass Fürstenberg anwesend war. Und er schritt auch zu keinem Zeitpunkt ein, um Wilhelm von seinen Tiraden abzuhalten. Aus politischen wie auch aus persönlichen Gründen hatte Fürstenberg wenig für Großbritannien übrig. Politisch wollte er die deutsch-österreichische Allianz stärken, und das bedeutete, jede Annäherung zwischen Berlin und London zu verhindern. Persönlich fühlte er sich unwohl in englischer Gesellschaft. Er sprach nur schlecht englisch und die Briten waren ihm wesensfremd. Darüber hinaus irritierte ihn immer wieder die plötzliche Charakterveränderung, die den Kaiser ergriff, wenn er in eine englische Umgebung kam. Als sie zum Beispiel 1908, während einer Mittelmeerreise, einen Besuch auf einem englischen Schiff machten, lebte der Kaiser auf, wie Fürstenberg notierte, aber: „kaum ist er zu Hause [seinem Besitz auf Korfu] wird er wieder grantig.“109
Die Publikation des Daily-Telegraph-Interviews erwies sich in doppelter Hinsicht als fatal. Im Deutschen Reich griff die Presse den Kaiser wochenlang an und im Dezember 1908 kam es zu einer hitzigen Debatte über die Affäre im Reichstag. Auch der Eindruck, den der Artikel auf den Rest der Welt machte, war katastrophal. Der Kaiser wurde als das offizielle Sprachrohr des Deutschen Reiches wahrgenommen und seine Angriffe führten daher zu erneuten Spannungen im deutsch-britischen Verhältnis. In Relation dazu wuchs die Abhängigkeit des Deutschen Reiches von Österreich-Ungarn. Für Fürstenberg bedeutete dies also eine durchaus willkommene Entwicklung, und noch eine weitere Folge der Affäre kam ihm entgegen: Wilhelm überwarf sich mit seinem Reichskanzler von Bülow.110
Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte Bülow den Entwurf des Daily-Telegraph-Interviews gelesen und den politischen Sprengstoff erkannt. Er sah darin wohl die Möglichkeit, dem Kaiser eine Lektion zu erteilen und sich selbst als unentbehrlich darzustellen. Auf jeden Fall stand er Wilhelm II. in der folgenden Debatte im Reichstag nicht zur Seite, sondern konzentrierte sich darauf, seinen eigenen Ruf zu retten. Er verschlimmerte die Lage noch, als er dem Kaiser dazu riet, zu einer Vergnügungsreise aufzubrechen. Und so verbrachte der desorientierte Wilhelm, während der politische Sturm tobte, sieben Tage bei Fürstenberg in Donaueschingen. Zwischen den tränenreichen Gesprächen mit Fürstenberg erging sich der Kaiser in der üblichen Weltflucht. Es gab eine Fuchsjagd, und es wurde eigens ein Cabaret aus Frankfurt zur Unterhaltung engagiert.111 Unglücklicherweise erlitt der Chef von Wilhelms Militärkabinett einen Herzinfarkt, während er eine besonders gewagte Tanzeinlage im Tütü darbot. Ein Transvestiten-Skandal war das Letzte, was der Kaiser brauchen konnte, doch am Ende drang auch das an die Öffentlichkeit.
Trotz allem festigten die Skandale des Jahres 1908 die Beziehung zwischen Fürstenberg und Wilhelm. Am Weihnachtsfest 1908 dankte der Kaiser ihm für seine Unterstützung:
„Mein lieber Max, zu den Büchern welche ich Dir als Weihnachtslektüre sende, füge ich noch einige Zeilen hinzu, um nochmals Dir von Herzen zu danken für alles was Du mir im verlaufenden Herbst gewesen bist und für mich getan hast. Du hast mir nach all den vielen Enttäuschungen und Kümmernissen, die ich von anderen Menschen erleben musste, gezeigt, was mir ein wirklicher Freund tun und leisten kann. Gott lohne es Dir und Irma, ich werde es nie vergessen. Ich bin wirklich hart mitgenommen worden. 1907 Kuno Moltke, Hoffmann und das ganze Jahr über die Eulenburgaffäre, die bis ins Frühjahr 1908 spielt. 1908 die uns bekannten Ereignisse! Das ist doch ein bisschen reichlich für ein empfindsames Gemüth.“112
Dass Wilhelm sich selbst als empfindsam beschrieb, hätte viele Zeitgenossen überrascht.
Auf keinen Fall konnte der Kaiser Bülow seinen Mangel an Loyalität verzeihen. Bülow ahnte die drohende Gefahr und setzte alles in Bewegung, um sein Amt zu retten. Fürstenberg schrieb seiner Frau, der Reichskanzler habe dazu sogar seine alte Schwiegermutter auf ihn angesetzt, die einflussreiche Donna Laura Manghetti:
„Neben mir sitzt Donna Laura Manghetti, 82 Jahre alt, die mir unter anderem sagt: ‚Sie müssen schwere Zeiten mit dem armen Kaiser durchgemacht haben. Gottlob dass der Kaiser mit Bernhard jetzt wieder gut ist. Der Reichskanzler hat mir wiederholt gesagt, dass er an ihnen einen teueren Freund habe, er wisse was er ihnen alles verdanke!‘ Ein falscher Hund der seine Schwiegermutter dressiert hat, mir das zu sagen. Ich sitze dem Kerl nicht auf!“
Im Gegenteil – Fürstenberg verstärkte seine Kampagne gegen Bülow:
„[ich sagte dem Kaiser] dem Bülow sei nicht zu trauen. Er hätte einen so falschen Blick und sehe einem nie in die Augen. Er würde auch wieder alle Gnade und Verzeihung vergessen, denn er hätte ein kaltes und falsches Herz! Das scheint Eindruck gemacht zu haben.“113
Am Ende wurde Bülow 1909 wegen seiner Niederlage in der Reichsfinanzreform entlassen. Aber kaum jemandem blieb verborgen, welche Rolle Fürstenberg dabei gespielt hatte. Auch Bülow gab ihm die Schuld an seinem Karriereende. In seinen Memoiren zitiert er einen Brief des in Ungnade gefallenen Philipp Eulenburg: „Ein gewisser Max zu Fürstenberg ist hauptsächlich für die gegenwärtigen Entwicklungen verantwortlich, soweit diese Sie selbst [Bülow] betreffen.“114
Der Fall Bülow war für den Rest des kaiserlichen Gefolges ein deutliches Signal. Von nun an wagte niemand mehr, es sich mit Fürstenberg zu verscherzen – und das galt auch für das Auswärtige Amt. Der neue Reichskanzler Bethmann Hollweg und sein Außenminister Alfred von Kiderlen-Wächter achteten darauf, Fürstenberg regelmäßig zu konsultieren und begegneten ihm mit ausgesuchter Höflichkeit.
Doch sie mochten ihn noch so zuvorkommend behandeln: Fürstenberg hatte keinerlei Interesse daran, Bethmann Hollweg darin zu unterstützen, das Verhältnis zu London wieder zu verbessern. Das deutsche Flottenwettrüsten mit Großbritannien war Fürstenberg äußerst willkommen, genauso wie das Scheitern der Haldane-Mission von 1912: Während Reichskanzler Bethmann Hollweg versucht hatte, sich mit London zu verständigen, plante Admiral von Tirpitz, die deutsche Flotte weiter auszubauen. Dieser Plan gefährdete die Verhandlungen mit Viscount Haldane. Am Ende setzte sich Tirpitz gegen Bethmann Hollweg durch – das Flottenwettrüsten ging weiter und jede Aussicht auf eine Verständigung mit England wurde obsolet. Fürstenberg wusste über alle Interna Bescheid:
„Der Kaiser ließ mich auf die Terrasse kommen und gab mir ein großes Heft streng geheimer Actenabschriften zu lesen, welche die ganze Korrespondenz von Anfang Februar bis 21. März, die Besprechungen mit Haldane, Kampf mit dem Reichskanzler und Kiderlen, die Flottennovelle betreffend, enthalten. Fabelhaft interessant. Es ist unglaublich wie die Leute SM bei der Nase herumführten! […] Man ersieht daraus wie recht SM hatte, dass die Engländer schließlich sich infam benahmen, den Reichskanzler und Kiderlen aufsitzen ließen und alles was sie versprochen hatten glatt ableugneten. Das ‚agreement‘ ist begraben! Schade, aber man sieht das es nie Ernst gemeint war, wieder bloß ein Bluff war uns zu hindern, unsere Armee und Flotte auf den richtigen Stand zu setzen. Wirklich unverschämt. SM ist sehr Ernst gestimmt und wütend über Kanzler, Kiderlen und Metternich!“115
Obwohl Fürstenberg vorgab, vom Scheitern der Haldane-Mission enttäuscht zu sein, war dieses Desaster doch ganz in seinem Sinne.
Ein weiteres Anliegen war es ihm, die Probleme auf dem Balkan als „deutsche Probleme“ darzustellen. Ein Go-Between wie Fürstenberg wurde umso wichtiger, je stärker die Beziehung belastet war. Die Balkankriege hatten innerhalb der österreichischen Führung die Angst geschürt, dass vom deutschen Partner letztendlich keine Unterstützung zu erwarten sei. Als Deutschland 1912 während des ersten Balkankrieges Österreich-Ungarn von einer kriegerischen Reaktion abhielt, führte dies zu ernsthaften Verstimmungen. In Österreich wurde die Frage gestellt, inwieweit die Deutschen ihre Allianzverpflichtungen erfüllen würden. Fürstenbergs Freunde (Heinrich Clam, Erwein Nostitz, Ottokar Czernin und Fürst Karl Schwarzenberg) forderten, Berlin müsse „Farbe bekennen“. Würde Deutschland im Krisenfall noch Unterstützung bieten?116
Fürstenberg hatte immer daran gearbeitet, dass die deutsche Öffentlichkeit die Probleme auf dem Balkan auch als eine deutsche Zuständigkeit erkennen sollte. Zu diesem Zweck unterstützte und „inspirierte“ er auch die Presse. An den Autor eines Artikels in der Frankfurter Zeitung schrieb er 1913 voller Begeisterung:
„Niemand weiß es besser wie ich, wie falsch in Deutschland über die Balkan Angelegenheiten geurteilt wird, insbesondere darüber, inwieweit Deutschland daran interessiert sei und ob nicht die ganze Balkansache eine österreichische Privatangelegenheit sei, wegen welcher sich Deutschland nicht aufzuregen brauche. Ihre Worte werden in ihrer Klarheit und in ihrer logischen Entwicklung eminent aufklärend wirken und jeder der es mit der Deutsch-Österreichischen Freundschaft gut meint, muss ihnen wärmsten Dank wissen.“117
Er versprach dem Autor des Artikels, einem Dr. Rudolf Sieghahn, bei der Beeinflussung der richtigen Leute in Berlin zu helfen – dazu gehörte natürlich auch der Kaiser.
Fürstenberg hatte allen Grund, sich Sorgen zu machen. Zu Beginn des Jahres 1913 stellte Baernreither fest: „Kaiser Wilhelm hat Fürstenberg ausdrücklich mitgeteilt, dass er sich der Allianz gegenüber selbstverständlich loyal verhalten werde; er könne die Allianz allerdings nicht so interpretieren, dass sie bedeute, seine eigenen Soldaten müssten sich erschießen lassen, um Österreichs Interesse an Serbien zu stützen.“118 Und im März 1913 betonte der Kaiser Fürstenberg gegenüber noch einmal, dass „er aus zuverlässiger Quelle wisse, dass, marschiere Österreich gegen Serbien, Russland sofort handeln werde, ansonsten werde es an Ansehen einbüßen. Dem stimmte Fürstenberg zu.“119 Beide Männer wussten also bereits 1913, dass ein möglicher Krieg gegen Serbien kein lokal begrenzter Konflikt bleiben würde.
All dies zeigte, was für ein fragiles Gebilde der Zweibund geworden war. Im Mai 1914 notierte auch der deutsche Botschafter in Wien, „ob es wirklich noch lohnt, uns so fest an dieses in allen Fugen krachende Staatengebilde [Österreich-Ungarn] anzuschließen und die mühsame Arbeit weiter zu leisten, es mit fortzuschleppen.“120
Fürstenberg wusste, wie weitverbreitet eine solche Einstellung geworden war. Es blieb völlig offen, ob das Deutsche Reich Österreich-Ungarn in einem potentiellen Krieg gegen Serbien unterstützen würde. In dieser Frage hatte sich Wilhelm II. in der Vergangenheit eher zurückhaltend gezeigt und Österreich-Ungarn empfohlen, die Serben mit „Geldgeschenken“ zu besänftigen. Als er sich im Juni 1914 mit Erzherzog Franz Ferdinand zum (wie sich herausstellen sollte) letzten Mal traf, wollte er das Thema Serbien gar nicht erst ansprechen. Nach der Ermordung Franz Ferdinands war Wilhelm II. zwar schockiert, aber es blieb zuerst unklar, wie die deutsche Politik reagieren würde.
Die Julikrise von 1914 ist bereits vielfach ausführlich analysiert worden, auch was die Haltung des deutschen Kaisers betrifft. Wir wissen, dass Wilhelm II. vom Reichskanzler in seine alljährliche Sommerfrische geschickt wurde. Als er seine Kreuzfahrt am 27. Juli schließlich doch abbrach, stellte ihn dieser vor vollendete Tatsachen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass es kein lokaler Konflikt mehr blieben würde. Daran konnte auch Wilhelms anschließende hektische Korrespondenz mit dem russischen Zaren nichts mehr ändern. Er war entsetzt, als er erkennen musste, dass der Krieg, den er selbst so oft herbeigeredet hatte, ausgebrochen war. Als ihm die ganze Ungeheuerlichkeit der Situation bewusst wurde, erlitt Wilhelm eine Panikattacke und bezichtigte dann kurz darauf Frankreich, Russland und Großbritannien der Umzingelung Deutschlands. Diese Haltung wurde auch der deutschen Öffentlichkeit vermittelt – man war von Feinden umzingelt worden, der Krieg war ein Verteidigungskrieg.
Fürstenberg erlitt keine Panikattacke. Im Gegenteil. Er blieb äußert gelassen. Die Ereignisse vom Juli 1914 hatten ihn von seiner größten Sorge befreit: dass die deutsch-österreichische Allianz zerbrechen könnte. Nachdem das Deutsche Reich sich auf die Seite Österreich-Ungarns gestellt hatte, war die Allianz stärker als je zuvor. Doch Fürstenbergs Freude darüber war verfrüht. Denn wie Oscar Wilde schon wusste: „Es gibt nur zwei Tragödien im Leben. Die eine besteht darin, dass man nicht bekommt, was man sich wünscht, und die andere darin, dass man es bekommt.“121