Читать книгу Fördegeheimnisse - Karl-Heinz Biermann - Страница 4
2
Оглавление„Sehe ich dich morgen wieder?“
Der junge Mann nickte stumm.
„Bestimmt?“, wollte die Frau wissen.
„Ja, bestimmt“, sagte der junge Mann. „Ganz sicher.“
„Sei vorsichtig“, sagte die Frau. Sie sprach es leise, flüsterte fast, in ihren Augen lag Glanz. Sie legte zärtlich ihre Arme auf seine Schultern, aber dann umschlang sie stürmisch seinen Hals, drängte sich an ihn und sie küssten sich heftig.
„Ich muss los, Hanna“, sagte er, sich von der Frau lösend.
„Sei vorsichtig“, wiederholte sie besorgt.
„Wie immer, ich pass schon auf. Ich gehe den Uferweg zurück, dort läuft mir um diese Zeit keiner über den Weg.“ Der junge Mann ging zur Terrassentür, die Frau folgte ihm zögernd, stellte sich vor ihn, als wollte sie ihn nicht fortlassen, doch dann schob sie die schwere Glastür auf, einen Spalt nur, und schlang sich wieder um seinen Hals, zog seinen Kopf zu sich heran und küsste ihn lange, bis sie erneut voneinander ließen. Der Mann drückte sich durch die Enge der Türöffnung, winkte zum Abschied kurz mit der Hand, dann verschwand er in der Nacht.
Die Frau schob die Tür zu, verriegelte sie und stand noch eine Weile, als sei sie in Gedanken versunken, bis sie sich abwandte und die Treppe zum oberen Stockwerk hochstieg.
Derweilen erreichte der junge Mann in der absoluten Dunkelheit den Zaun, der das große Gelände des Gartens säumte, seine Orientierung führte ihn ohne Mühe dorthin, auf den abgeschiedenen Weg hinaus, den er so oft gegangen war. Bald hatte er die Stelle gefunden, an der das Gitter zu überwinden war, am immer selben Ort, und auch die Überwachungskamera wusste er in der Nähe installiert, doch er wusste auch, dass sie für ihn keine Relevanz hatte. Hanna würde sie für diesen Moment deaktiviert haben, wenn er das Gitter erklomm, was er auch gleich tat, leise, ohne Hektik. Auf der anderen Seite des Zauns ließ er sich herab; in der Schwärze der Nacht spürte er seine Füße den Boden berühren und wandte sich dann um, auf den ihm nur allzu gut bekannten Pfad zum Uferweg hinunter.
Der Schlag aus dem Nichts traf ihn frontal. Erstaunt nahm der junge Mann wahr, dass die Dunkelheit vor ihm den Weg versperrte, ihn nicht weitergehen lassen wollte, als sei er vor eine unsichtbare Wand gelaufen. Aber dann spürte er Schmerz, und als Nächstes bemerkte er feuchtes Laub in seinem Gesicht und die Dunkelheit der Nacht wurde noch schwärzer, und dann spürte er gar nichts mehr.