Читать книгу Fördegeheimnisse - Karl-Heinz Biermann - Страница 7
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ОглавлениеVor dem Gelände des Betriebes angekommen, sprang ihm der englisch geschriebene Namenszug ins Auge, hoch an einem Gebäude angebracht. Soll wohl eine Art Globalismus der Firma hervorheben, spöttelte er. Der Name sagte ihm allerdings nichts, obwohl er in Friedrichsort einige Industrieunternehmen ansässig wusste.
Im Empfangsbereich nannte er dem Pförtner den Namen des Mordopfers und verlangte die Kollegen des Toten zu sprechen, dabei hielt er dem Mann hinter dem Tresen seinen Dienstausweis hin. Der schaute ungerührt, verpasste dem Kommissar sogleich selbst einen Ausweis, einen Tagespassierschein. Danach griff er zum Telefonhörer, offenbar um den Kieler Kripobeamten bei irgendjemanden anzumelden.
Kommissar Brandt sah sich in dem großzügigen Empfangsgebäude um, sah nach draußen, so weit es möglich war; das Betriebsgelände schien sich tatsächlich zumindest räumlich als groß zu erweisen.
„Ich darf Sie bitten mir zu folgen“, hörte er eine weibliche Stimme hinter sich.
Er sah sich einer adretten Frau gegenüber, als er sich umdrehte. Ihre folgenden Gebaren, die ihn aufforderten mitzukommen, und wie sie dann vor ihm her stolzierte, fand er aber dann als sehr steif. Die Frau ließ sich herab, sich als Chefsekretärin vorzustellen, wies ihn an zu warten, offensichtlich hatte sie ihn in ein Vorzimmerbüro geführt. Gleich trat auch schon ein Mann ins Büro, stellte sich als Personalleiter der Firma vor.
Der Kommissar trug noch mal sein Anliegen vor, die Kollegen des Mitarbeiters sprechen zu wollen, ohne mitzuteilen, dass dieser ermordet worden war.
„Sie sollten wissen“, sagte daraufhin der Personal-leiter, „das dies ohne Anordnung von höherer Stelle nicht geht.“
„Was wollen Sie denn damit sagen?“ Kommissar Brandt war perplex.
„Ich brauche Ihnen gar nicht viel erklären, so viel sei Ihnen gesagt: Wir sind ein Unternehmen in der Rüstungsindustrie, Sie sollten verstehen, dass unsere Mitarbeiter der strengsten Geheimhaltung unterliegen.“
„Ich ermittle in einem Mordfall …“
„Tut mir leid“, fiel der Personalleiter ihm ins Wort. „Sie können die Mitarbeiter nicht befragen, bitte verstehen Sie.“
„Ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihr besagter Mit-arbeiter ermordet wurde“, konfrontierte der Kommissar ihn jetzt mit dem Tötungsdelikt. „Haben Sie sich keine Gedanken über das Fernbleiben von Herrn Mosbacher gemacht? Ihnen als Personalleiter müsste doch so etwas nicht verborgen bleiben. Ich will den Chef dieser Firma sprechen“, erzürnte er sich.
„Das geht leider auch nicht.“
„Dann machen wir es so“, der Kommissar sprach es süffisant, „Ihr Chef bekommt eine Aufforderung, sich umgehend im Polizeipräsidium einzufinden, und Sie kommen auch und bringen die Kollegen des Mord-opfers gleich mit. Dort werden wir uns weiter unter-halten.“
Der Personalleiter zuckte mit den Schultern. „Dann tun Sie’s“, sagte er.
Kommissar Brandt dachte daran, dass ihm noch die Privatadresse des Firmeninhabers fehlte. Diesen Lackaffen brauchte er gar nicht erst danach fragen, der würde stur bleiben und keine weiteren Auskünfte geben. Er tippte zum stummen Gruß mit zwei Fingern an seine Stirn und ließ ihn hinter sich.
Draußen vor dem Firmeneingang sah er wieder hoch zum Namenszug. Immer diese englischen Schreibweisen, dachte er abfällig, wir sind doch in Deutschland. Die tun hier so, als seien sie mondial, sind aber nicht einmal bereit, einem Beamten des deutschen Staates Rede und Antwort zu stehen. Er würde ihnen sein Recht schon abfordern.
Im Polizeipräsidium forschte er sogleich danach, ob ihm nun endlich jemand von den Kollegen zur Seite gestellt werden konnte, doch waren sie immer noch mit ihren eigenen Fällen beschäftigt, niemand hatte eine freie Hand. Den Chef dieses Rüstungsbetriebs würde er nie und nimmer aufs Präsidium bekommen, soviel war sicher.
Es wütete in seinem Kopf, immer noch ungehalten über die vorhin erlittene Abfuhr bei diesem Personalheini, und er war ärgerlich über seine Kollegen, die ihm nicht helfen wollten. Er musste zum Staatsanwalt, nur der konnte eine Verfügung erlassen, mit der man an den Firmenchef und seine Mitarbeiter herankam. Die würde er sich dann vornehmen und dann würde man schon sehen, ob sie sich ihm weiterhin verweigerten.
Noch am selben Tag bekam der Kommissar einen Termin beim Staatsanwalt, dem er sein Anliegen
bereits vorher schon über seinen Computer gemailt hatte.
Der Staatsanwalt reichte ihm eine Mappe über den Schreibtisch. Kommissar Brandt klappte sie auf und fand zu seinem Erstaunen nur ein einziges Blatt darin vor. Er las den Namen der Firma und deren Adresse, sonst stand nichts auf dem Papier.
„Anfragen zu diesem Unternehmen sind ausschließlich beim Bundeskriminalamt zu stellen, wegen der Geheimhaltung“, sagte der Staatsanwalt, „und das auch nur über den Generalstaatsanwalt“, fuhr er gewichtig fort.
Kommissar Brandt klappte die dünne Mappe zu, das war’s dann, dachte er.
„Eine Rüstungsfirma, die speziell für den U-Boot-Bau hier in Kiel tätig ist, mehr kann ich Ihnen auch nicht mitteilen“, erklärte der Staatsanwalt.
„Ist das nicht schon ein bisschen zuviel? Ich meine wegen der Geheimhaltung.“
„Nun werden Sie mal nicht ironisch.“
„Immerhin konnte ich bis zum Personalleiter dieser Firma vordringen.“ Der Kommissar ließ nicht von seiner Polemik ab. „Was glauben Sie, wie der sich aufgeführt hat. Wie soll ich den Fall lösen, wenn man mir Knüppel zwischen die Beine wirft?
„Wie ich es schon sagte, die müssen Ihnen nichts erzählen. Aber“, sagte der Staatsanwalt, und er sagte es mit verschmitztem Gesichtsausdruck, „Sie dürfen zwar nicht auf dem Betriebsgelände ermitteln, aber Sie können dem Firmenchef privat einen Besuch abstatten. Das wissen Sie doch! Er ist allerdings nicht verpflichtet, Ihnen Auskünfte zu geben, nicht über seine Firma, über Privates ja“, betonte er. „Ob er das tut, ist eine andere Frage“, fügte er an.
„Ja, ja, das weiß ich doch alles.“ Kommissar Brandt reagierte brummig auf die, wie er meinte, anmaßende Belehrung des Staatsanwalts. „Dann besorge ich mir seine Privatadresse, dazu muss ich aber den Namen dieses Herrn Firmenchefs wissen.“
Der Staatsanwalt nickte. „So wie ich Sie kenne, kriegen Sie ihn raus“, sagte er.