Читать книгу Das Dorf Band 19: Zum Nether nochmal! - Karl Olsberg - Страница 4

Оглавление

2. Wo ist Ruuna?

Als Primo aufwacht, ist Willert bereits aufgestanden und hilft Golina in der Küche beim Brotbacken.

„Guten Morgen!“, sagt er schläfrig, streckt sich und steht auf. „Das riecht hier aber gut!“

Golina wirft ihm einen finsteren Blick zu.

„Wenn du mir öfter in der Küche helfen würdest so wie Willert, dann könnte ich auch häufiger Brot backen und es gäbe nicht immer bloß Pilzsuppe.“

„Na ja, ich bin es gewohnt“, beschwichtigt Willert. „Ruuna sollte man in der Küche besser nicht allein lassen.“

„Au ja!“, ruft Nano, der ebenfalls gerade aufsteht. „Ab jetzt hilft dir Papa ganz bestimmt immer! Dann müssen wir nicht immer diese scheußliche ...“

„Musst du nicht zu Birta in den Unterricht?“, unterbricht Primo seinen Sohn.

„Nein“, verkündet Nano. „Ich weiß nämlich schon alles!“

„Ach ja?“, sagt Primo. „Wie viel ist denn drei mal fünf?“

„Äh, also, das hatten wir noch nicht“, behauptet Nano.

Primo ist froh, dass Nano keine Antwort gegeben hat. Er hätte nicht überprüfen können, ob sie stimmt, denn er ist sich selbst nicht sicher, was das richtige Ergebnis ist.

„Los, Abmarsch in den Unterricht!“, befiehlt er.

„Aber ich habe noch gar nicht gefrühstückt“, jammert Nano.

„Na gut, das Brot dauert noch etwas, aber du kannst einen Teller kalte Pilzsuppe haben“, sagt Golina.

„Oh je, ich glaube, ich komme zu spät zum Unterricht!“, ruft Nano und stürmt aus dem Haus.

Golina sieht ihm stirnrunzelnd nach.

„Schmeckt meine Pilzsuppe wirklich so scheußlich?“, fragt sie.

„Aber nein, ganz und gar nicht“, widerspricht Willert, während Primo gleichzeitig sagt: „Sie ist vielleicht manchmal ein ganz klein wenig angebrannt.“

Golina blickt zwischen Willert und Primo hin und her. Dann lächelt sie Willert an.

„Du bist wirklich ein sehr höflicher Gast und weißt, wie man sich benimmt, ganz im Gegensatz zu gewissen männlichen Bewohnern dieses Hauses. Du kannst gerne bei uns bleiben, solange du möchtest.“

„Tut mir leid, aber ich muss zurück zu Ruuna“, erwidert Willert.

„Willst du nicht wenigstens vorher noch frühstücken? Wie gesagt, das Brot dauert noch, aber die Pilzsuppe ...“

„Nein, danke. Ich glaube, ich habe Ruuna schon viel zu lange alleingelassen.“

Golina macht ein betrübtes Gesicht. Primo ahnt, dass sie ihre schlechte Laune an ihm auslassen wird, sobald ihr Gast aus dem Haus ist.

„Was hältst du davon, wenn ich dich begleite, Willert?“, schlägt er vor. „Ich könnte euch beim Wiederaufbau eurer Hütte helfen.“

„Das ist nicht nötig“, erwidert Willert. „Ich schaffe das schon. Schließlich habe ich einige Übung darin.“

„Aber es würde mir wirklich nichts ausmachen“, meint Primo. „Seit wir aus Utopia zurück sind, ist nichts passiert, was meinen Einsatz als Dorfbeschützer erfordert hätte. Außerdem würde mir der Spaziergang im Wald sicher guttun.“

„Also schön, wie du meinst“, sagt Willert.

„Aber zum Mittagessen bist du wieder zu Hause!“, ermahnt ihn Golina.

„Aber natürlich, Linchen!“, sagt Primo und gibt ihr rasch einen Kuss.

„Du sollst mich nicht Linchen nennen!“, schimpft sie, doch sie scheint nicht ernsthaft böse zu sein.

Draußen kommt ihnen Paul entgegen.

„Komm mit!“, ruft Primo. „Du kannst im Wald Kaninchen jagen, wenn du willst.“

Das lässt sich der Wolf nicht zweimal sagen. Schwanzwedelnd folgt er den beiden.

Sie durchqueren den Fluss und marschieren eine Weile durch den Wald. Als sie die Lichtung erreichen, auf der Willerts Hütte stand, ist dort nur ein großer Krater im Boden zu sehen. Der Kugelwolf sitzt immer noch am Rand der Lichtung.

„Und das nennst du vorsichtig sein?“, krächzt Robinson, der auf Buddas Schulter sitzt. „Wenn wir keine Hütte haben, wo sollen wir denn dann schlafen?“

Paul schnüffelt an dem schwarz-weiß gefleckten Dschungeltier, das sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt.

„Die Tiere sind noch hier“, stellt Primo fest. „Sie kann nicht weit sein.“

„Ruuna?“, ruft Willert. „Ruuna, wo bist du?“

Er erhält keine Antwort.

Gemeinsam suchen sie den Wald rund um die Lichtung ab, finden jedoch keine Spur von Ruuna.

„Such, Paul!“, ruft Primo. „Such Ruuna!“

Der Wolf bellt und rennt schwanzwedelnd los. Immer wieder schnüffelt er am Boden und ändert hin und wieder die Richtung. Primo und Willert hetzen hinter ihm her.

Schließlich bleibt Paul vor einem Loch im Boden stehen und bellt.

Primo kniet sich neben das Loch und ruft: „Ruuna, bist du da drin?“

„Das kannst du dir sparen“, meint Willert. „Das ist bloß ein Fuchsbau.“

Primo wirft Paul einen finsteren Blick zu.

„‚Such Ruuna‘, hatte ich gesagt“, schimpft er. „Nicht ‚such den Fuchs‘!“

Paul sieht ihn fragend an.

„Der Wolf kann nichts dafür“, seufzt Willert. „Das ist alles meine Schuld. Ich hätte Ruuna nicht die ganze Nacht allein lassen dürfen. Was, wenn ihr etwas passiert ist? Sie ist doch so unvorsichtig!“

„Ach was“, versucht Primo ihn zu beruhigen. „Ruuna ist doch schon öfter verschwunden. Sie taucht bestimmt bald wieder auf.“

„Ja, aber was, wenn nicht? Was, wenn ihr diesmal wirklich etwas zugestoßen ist? Ohne sie würde ich mein Leben lang nicht mehr glücklich werden!“

„Wir finden sie schon. Komm, wir suchen einfach weiter.“

Sie marschieren kreuz und quer durch den Wald und rufen immer wieder den Namen der Hexe, doch Ruuna bleibt verschwunden.

Schließlich stehen sie wieder auf der Lichtung.

„Im Wald scheint sie nicht zu sein“, stellt Primo fest. „Hast du eine Idee, wo sie sonst sein könnte?“

Willert schüttelt den Kopf.

„Nein. Das heißt ...“

Er stockt, so als fiele es ihm zu schwer, seinen Gedanken auszusprechen.

„Das heißt was?“, hakt Primo nach.

„Vielleicht ... war ich zu grob zu ihr“, überlegt Willert. „Ich war wütend auf sie, weil sie die Hütte schon zum dritten Mal in die Luft gesprengt hat, seit wir aus Utopia zurück sind. Ich fürchte, ich habe sie angebrüllt. Vielleicht ... hat sie mich jetzt nicht mehr lieb. Vielleicht ist sie zurück in ihre Hütte im Sumpf gegangen, weil sie mich nie wiedersehen will.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen“, erwidert Primo. „Ruuna ist manchmal unzuverlässig, vergesslich, tollpatschig, verwirrt, vorlaut, leichtsinnig, chaotisch, unbekümmert, eigensinnig, sorglos, unordentlich und hin und wieder ein bisschen durcheinander. Aber sie ist ganz bestimmt nicht nachtragend.“

Willert nickt. „Du hast recht. Aber wo kann sie nur sein?“

„Vielleicht ist sie in der Schleimhöhle“, spekuliert Primo. „Du weißt schon, die Höhle im Gebirge, wo sie den Riesenschleim gezüchtet hat, den sie damals aus dem Sumpf mitgebracht hat.“

Willert schlägt sich an den Kopf.

„Natürlich! Warum habe ich nicht gleich daran gedacht! Sie war zwar schon länger nicht mehr dort, aber es ist gut möglich, dass sie die Nacht in der Höhle verbracht hat.“

Sie eilen nach Norden, bis sie einen Fluss erreichen, der am Fuß des großen Gebirges verläuft. Nachdem sie ihn durchquert haben, klettern sie eine steile Felswand empor, bis sie die Höhle erreichen, in der Ruuna ihr Schleimexperiment gemacht hat. Doch von der Hexe finden sie auch dort keine Spur.

„Sie ist wohl doch zurück in den Sumpf gegangen“, sagt Willert mit hängendem Kopf. „Wäre ich doch bloß netter zu ihr gewesen! Ich wollte sie zur Vernunft bringen, aber das war dumm von mir. Ruuna kann man nicht zur Vernunft bringen. Und eigentlich will ich das auch gar nicht. Ich will, dass sie genau so bleibt, wie sie ist.“

„Auch, wenn sie hin und wieder die Hütte in die Luft sprengt?“

„Auch dann. Schließlich ist es ja nicht so schlimm. Ich baue die Hütte einfach noch mal neu und alles ist wieder gut. Hach, ich vermisse sie so sehr!“

„Und was willst du jetzt tun?“

„Ich werde nach Norden gehen und sie suchen. Wenn sie wirklich zu ihrem Sumpf zurückgekehrt ist, muss sie am Wüstendorf vorbeigekommen sein. Ich werde Caro fragen, ob sie sie gesehen hat.“

Primo zeigt in den Himmel, der sich bereits orange färbt.

„Komm erstmal mit zurück ins Dorf“, schlägt er vor. „Du kannst dich bei uns ausruhen und morgen früh aufbrechen. Dann kannst du auch etwas von Golinas Pilzsuppe mitnehmen, die du so gerne magst. Als Reiseproviant.“

Willert guckt skeptisch, aber er widerspricht nicht. „Einverstanden.“

Auf dem Weg zurück ins Dorf rufen sie immer wieder Ruunas Namen, erhalten jedoch nur das Unngh der Nachtwandler zur Antwort, die jetzt, bei Sonnenuntergang, aus ihren Verstecken kommen.

Das Dorf Band 19: Zum Nether nochmal!

Подняться наверх