Читать книгу Das Dorf Band 19: Zum Nether nochmal! - Karl Olsberg - Страница 6
Оглавление4. Geschwänzt
Eine Stunde zuvor, während Primo und Willert noch bei Golina in der Schmiede sind, stapft Nano missmutig die Dorfstraße entlang auf Birtas Haus zu. Er hasst den Unterricht bei Magolus’ Gehilfin, denn sie ist streng und total ungerecht. Sie bestraft ihn dauernd, obwohl er so gut wie nie Unsinn macht, außer, wenn ihm langweilig ist, und das passiert in Birtas Unterricht ziemlich oft.
Leider weiß sie immer sofort, dass es Nano war, der ihre Bücher unter dem Bett versteckt oder ein Schwein an die Wand gemalt oder ihr ein Ei auf den Stuhl gelegt hat, so dass sie sich reinsetzt, und dann kriegt er eine Menge Ärger.
Daran ist bloß Maffi schuld! Nicht, dass sie Nano verpetzen würde, aber sie macht nie Unsinn, und deshalb wird immer nur er bestraft. Das ist total unfair! Und jetzt ist Maffi auch noch mit ihren Eltern im Wüstendorf und muss nicht zum Unterricht und das ist noch ungerechter! Vor allem, weil Birta dann die ganze Zeit auf Nano achtet und er überhaupt keinen Blödsinn machen kann.
Kurz, bevor er Birtas Haus erreicht, kommt Nano ein Gedanke: Sobald er an ihre Tür klopft und sie öffnet, lässt sie ihn nicht mehr aus den Augen. Wenn er also heute Morgen noch Blödsinn machen will, dann sollte er es besser jetzt gleich tun!
Er sieht sich um und überlegt, welchen Streich er spielen könnte. Hakuns Hühner durchs Dorf scheuchen? Olum heimlich einen alten Schuh an seine Angel binden? Priester Magolus, der um diese Zeit immer in seiner Kirche schläft, die Decke wegziehen? Aber irgendwie macht das alles nur halb so viel Spaß, wenn Maffi nicht dabei zusieht und kichert.
Wenn sie jetzt hier wäre, könnte er mit ihr im Wald verstecken spielen. Aber allein macht auch das keinen Spaß. Andererseits: Maffi ist zwar nicht da, aber er könnte sich ja trotzdem im Wald verstecken. Dann müsste er jedenfalls nicht in die Schule, und vielleicht würden die Erwachsenen gar nichts merken und er bekäme keinen Ärger. Birta könnte er morgen einfach sagen, er sei krank gewesen.
Nano grinst. Das ist die perfekte Idee! Auf diese Weise kann er Blödsinn machen, muss nicht zur Schule und wird nicht dafür bestraft!
„Hallo, Nano!“, sagt in diesem Moment der alte Lausius, der gerade aus der Bibliothek kommt. „Musst du nicht in die Schule?“
„Äh, nein“, stammelt Nano und blickt rasch zu Boden, damit Lausius nicht sieht, wie er rot wird. „Ich ... ich muss in den Wald, Pilze suchen, für Mama.“
„Was stehst du dann noch hier herum? Beeil dich! Oder glaubst du, die Pilze kommen von selbst angelaufen?“
„Nein“, erwidert Nano und läuft rasch zum Fluss.
Als er das Ufer erreicht, blickt er sich um. Der alte Lausius steht auf der Straße und beobachtet ihn.
Nano durchquert das Wasser und betritt den düsteren Wald. Auf einmal hat er ein flaues Gefühl im Bauch. Nicht, dass er Angst vor Monstern hätte – schließlich ist er schon ein richtiger Abenteurer und war sogar schon im Nether. Aber ein bisschen unheimlich ist es trotzdem.
Sicherheitshalber geht er nicht zu tief in den Wald hinein, sondern bleibt am Rand in der Nähe des Flussufers. So kann er sich wenigstens nicht verirren.
Eine Weile freut er sich, dass er so schlau ist und Birta ein Schnippchen geschlagen hat. Doch dann sieht er auf einmal seinen Vater zusammen mit Willert und Paul aus dem Dorf kommen. Sind sie etwa seinetwegen hier?
Er versteckt sich hinter einem Baum und beobachtet, wie die drei den Fluss durchqueren. Doch sie laufen an Nano vorbei. Vielleicht wollen sie zu Ruuna.
Erleichtert atmet er auf. Das war knapp!
Er überlegt, was er jetzt tun soll. So ganz allein im Wald ist es eigentlich ziemlich langweilig. Aber er kann jetzt nicht mehr zu Birta gehen, ohne Ärger zu bekommen, weil er viel zu spät zum Unterricht erschienen ist. Und nach Hause kann er erst recht nicht.
Nach einer Weile hört er in der Ferne Rufe. Offenbar suchen Willert und Papa nach Ruuna. Die Rufe werden lauter, als sie näherkommen. Wenn sie Nano hier finden, bekommt er eine Menge Ärger.
Er sieht sich erschrocken um. Es gibt hier am Flussufer keine gute Versteckmöglichkeit, auf der anderen Seite des Flusses ebenso wenig. Wenn er nicht erwischt werden will, bleibt ihm nichts anderes übrig, als dem Flussufer Richtung Nordwesten zu folgen und sich weiter vom Dorf zu entfernen.
Nach einer Weile werden die Rufe leiser. Doch dafür hört Nano plötzlich ein seltsames Brummen, das ihm bekannt vorkommt, ohne dass er genau weiß, woher.
Neugierig folgt er dem Geräusch, bis er schließlich auf einer kleinen Lichtung unweit des Flussufers einen großen Rahmen aus schwarzem Stein entdeckt, in dessen Mitte ein violettes, waberndes Leuchten zu sehen ist. Ein Netherportal!
Wer mag es geschaffen haben und warum?
Nano überlegt, ob er das Portal durchschreiten soll, um ganz kurz zu gucken, was auf der anderen Seite ist. Doch er schreckt davor zurück. Der Nether ist ziemlich gefährlich und außerdem war es da schrecklich heiß und hat komisch gerochen.
Er will gerade umdrehen und am Flussufer zurück in Richtung Dorf marschieren, als plötzlich ein Zombie-Pigman aus dem Portal tritt. Ist das etwa das Ferkel, das von einem Blitz getroffen wurde und das er zusammen mit Maffi in den Nether gebracht hat?
„Pixel?“, ruft Nano überrascht. „Bist du das?“
„Dau!“, macht der Zombie-Pigman.
Seine Stimme klingt anders als die von Pixel und er sieht auch anders aus. Nano bekommt es mit der Angst und weicht ein paar Schritte zurück. Die Zombie-Pigmen, denen er im Nether begegnet ist, waren meistens nicht sehr nett und sie hatten Schwerter!
Der Zombie-Pigman sieht sich um.
„Dau?“, fragt er.
„Dau?“, erwidert Nano verwirrt.
„Dau!“, bestätigt der Zombie-Pigman.
„Ich verstehe nicht, was du sagst“, erklärt Nano. „Was soll das heißen, ‚Dau‘?“
Das Wesen aus dem Nether zeigt mit einer Klaue auf sich selbst.
„Dau!“, sagt es.
„Du heißt Dau?“, fragt Nano.
Der Zombie-Pigman nickt. „Dau!“
„In bin Nano. Warum bist du aus dem Nether gekommen?“
„Dau!“
„Kannst du denn gar nichts sagen außer deinem Namen?“
„Dau!“
Nano seufzt. Er weiß nicht so recht, was er mit dem Zombie-Pigman anfangen soll. Als Pixel vom Blitz getroffen wurde und sich in ein solches Wesen verwandelte, fanden Nano und Maffi heraus, dass sie ihn in den Nether bringen mussten. Doch wenn dieser Dau dorthin wollte, müsste er ja nur das Portal durchschreiten. Er muss aus irgendeinem Grund hergekommen sein. Aber aus welchem?
Vielleicht ist er ja aus demselben Grund hier wie Nano. Vielleicht gibt es im Nether Zombie-Pigman-Unterricht und er ist hergekommen, um zu schwänzen. Wie auch immer, er scheint harmlos zu sein. Wenigstens ist Nano jetzt nicht mehr allein.
„Dau!“, sagt der Zombie-Pigman.
Er zeigt auf Nano. „Dau?“, macht er und zeigt mit seinem Arm in verschiedene Richtungen, so als suche er etwas.
„Du willst wissen, wo ich herkomme?“, fragt Nano.
„Dau!“
„Ich wohne in dem Dorf am Rand der Schlucht, ganz in der Nähe.“
„Dau!“
Der Zombie-Pigman gibt Nano einen leichten Schubs, als wolle er ihn fortstoßen.
„Du willst, dass ich dich dorthin bringe?“
„Dau!“
„Na gut. Komm mit!“
Nano marschiert am Flussufer entlang nach Südosten. Dau folgt ihm.
Nach einer Weile ist aus dem Wald Gebell zu hören. Nano erschrickt. Er hatte vorgehabt, den Zombie-Pigman zum Rand des Dorfs zu bringen, sich aber selbst versteckt zu halten. Dann könnte Dau ins Dorf gehen und niemand würde erfahren, dass Nano ihn hergeführt hat. Der Zombie-Pigman kann ihn ja nicht verpetzen. Doch wenn Paul den Zombie-Pigman jetzt wittert, wird Papa ihn erwischen und er bekommt eine Menge Ärger.
„Schnell, komm mit!“, ruft Nano, rennt zum Flussufer und springt hinein.
„Dau?“, fragt der Zombie-Pigman, der am Ufer stehengeblieben ist.
„Komm!“, drängt Nano. „Wir müssen den Fluss durchqueren, dann kann unser Wolf dich nicht mehr riechen!“
Vorsichtig streckt Dau einen Fuß ins Wasser. Er scheint zu erschrecken. Für jemanden, der die Gluthitze des Nether gewöhnt ist, muss der Fluss eiskalt sein. Doch schließlich nimmt er all seinen Mut zusammen und folgt Nano. Als er am anderen Ufer ankommt, bibbert er am ganzen Körper.
„Dau!“, ruft er missmutig.
„Komm, schnell!“ Nano rennt weiter Richtung Südosten.
Sie erreichen die große Wiese westlich des Dorfs.
„Dau?“, ruft der Zombie-Pigman und zeigt auf die Häuser im Osten.
In diesem Moment sieht Nano Birta aus ihrem Haus kommen.
„Runter!“, ruft er, packt Dau am Arm und reißt ihn zu Boden.
„Dau?“, fragt der Zombie-Pigman sichtlich verwirrt.
„Sie darf mich ... ich meine, uns nicht sehen!“, erklärt Nano. „Komm, wir schleichen weiter!“
Auf allen Vieren kriechen sie über die Wiese, bis sie erneut den Fluss erreichen, der im Osten einen weiten Bogen um das Dorf macht und es hier im Süden begrenzt.
„Nano?“, ruft Birta vom Dorf her. „Nano! Bist du das da hinten im Gras?“
Auweia! Was nun?
Nano kommt eine Idee.
„Steh mal auf, Dau!“, flüstert er.
Als der Zombie-Pigman nicht reagiert, stupst Nano ihn an und drückt ihn empor. Dau scheint zu verstehen, denn er erhebt sich vorsichtig. Birta stößt einen Schreckensschrei aus und verschwindet in ihrem Haus. Mit etwas Glück wird sie glauben, einen Nachtwandler gesehen zu haben, obwohl die normalerweise nicht bei Tag hier herumlaufen.
Doch was nun? Hier auf der Wiese können sie nicht bleiben!
Nano springt auf und rennt zum Flussufer. Dau folgt ihm.
„Dau!“, stöhnt der Zombie-Pigman, als Nano erneut das kalte Wasser durchquert, aber er folgt dem Jungen tapfer.
Nano hat vor, Dau zur Brücke östlich des Dorfs zu bringen. Dort kann der Zombie-Pigman dann allein weitergehen. Doch da hört er einen Schrei vom Flussufer. Olum wirft vor Schreck seine Angel weg, als er Nano und Dau entdeckt, und rennt ins Dorf. Kurz darauf erklingt wildes Gebimmel von der Dorfglocke.
„Oh je!“, ruft Nano aus. „Jetzt verpetzt uns Olum bestimmt. Schnell, wir müssen uns verstecken!“
Nano sieht sich um, doch weit und breit ist kein Versteck zu erkennen bis auf eine flache Mulde im Gras mit einem Tümpel darin.
„Komm, schnell!“ Nano packt Dau am Arm und zerrt ihn in die Mulde.
Der Zombie-Pigman ist nicht gerade begeistert davon, sich ausgerechnet in der nassen, kalten Mulde verstecken zu müssen. Doch er tut, was Nano von ihm verlangt.
Eine Weile liegen sie im feuchten Gras, die Füße im Wasser. Dau zittert vor Kälte, Nano vor Aufregung.
„Nano?“, hört er seine Mutter rufen.
„Psst!“, macht Nano zu Dau.
Doch seine Mutter kommt näher. Als sie die beiden entdeckt, stößt sie einen spitzen Schrei aus.