Читать книгу Das Dorf Band 18: Utopia - Karl Olsberg - Страница 4

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2. Die neuen Nachbarn

„Was ist denn los, Jarga?“, fragt Primo alarmiert. „Von wo kommen diese Typen? Wie sehen sie aus?“

Als sich das letzte Mal Unbekannte dem Dorf näherten, handelte es sich um Räuber, die ihn gefangen nahmen und zu ihrem Turm verschleppten. Auf seiner Flucht von dort wurde er von einem Zombie gebissen und hätte sich beinahe in ein Monster verwandelt und sein früheres Leben vollständig vergessen. Noch immer hat er hin und wieder Erinnerungslücken, vor allem, wenn er etwas für Golina erledigen soll.

„Sie kommen aus Richtung Südwesten“, erklärt Jarga. „Und sie sehen eigentlich ganz normal aus. Ein Priester und noch ein paar andere. Einen Golem haben sie auch dabei.“

„Priester?“, ruft Magolus, der in diesem Moment aus seiner Kirche kommt. „Was denn für ein Priester? Doch nicht etwa Wumpus, dieser Hochstapler?“

„Nein, die Leute kommen nicht aus dem Wüstendorf. Ich habe sie noch nie zuvor gesehen.“

„Woher denn dann?“, will Magolus wissen.

„Vielleicht sollten wir sie einfach mal fragen“, schlägt Primo vor.

„’Allo?“, ruft in diesem Moment eine Stimme. „Pardon, wenn isch störe, aber wer ist der Vorstand von diese kleine Dorf?“

Erschrocken dreht sich Primo um. Hinter ihm steht ein Mann im violetten Gewand eines Priesters. Er hat die Nase in den Himmel gereckt, so dass es aussieht, als sähe er von oben auf Primo herab, obwohl er exakt genauso groß ist.

„Isch ... ich meine, ich bin der Oberste Hohepriester von Allen“, sagt Magolus. Er reckt ebenfalls seine Nase nach oben, sogar noch ein Stück höher, so dass er fast hintenüberfällt. „Und was soll das überhaupt heißen, ‚dieses kleine Dorf‘?“

„Aber nein, mon Ami, isch wollte nischt beleidigen euer Kaff. Auch wenn es ist nischt so groß und so chic und elegant wie unseres, es ist vielleischt ja auch ganz nett. Mein Name übrigens ist Boküs.“

Hinter dem fremden Priester stehen eine Frau in Bauerskleidung, ein Schmied und ein Fleischer. Sie blicken alle ein wenig betreten drein. Die roten Augen des Golems sind ausdruckslos.

„Ganz nett?“, empört sich Magolus. „Was soll das denn heißen? Das hier ist das wunderbare, einzigartige Dorf am Rand der Schlucht, das Größte und Schönste weit und breit! Ich bin Magolus, der Oberste Hohepriester von Allen, und wer es wagt, unser Dorf ein Kaff zu nennen, kann gleich wieder nach Hause gehen!“

„Schon gut, schon gut, nun reg disch nischt auf, Magolüs“, erwidert Boküs. „Isch lade disch ’iermit ein, zu besuchen unser wunderbares Dorf. Dann du kannst selbst sehen, wie tres chic und elegant es ist. Schließlisch wir wollen leben mit eusch in gute Nachbarschaft.“

„Ihr wollt unsere Nachbarn sein?“, fragt Magolus. „Wie jetzt? Es gibt doch gar kein Dorf südwestlich von hier.“

„Jetzt es gibt eins“, erklärt Boküs.

Er erzählt, dass sie ursprünglich viele Tagesreisen weit im Westen gelebt haben. Doch vor einiger Zeit plünderten Räuber ihr Dorf und vertrieben sie. So flohen sie Richtung Osten und bauten nicht weit entfernt von hier ein neues Dorf.

„Nicht weit entfernt?“, ruft Magolus empört. „Was fällt euch ein? Wieso habt ihr uns nicht um Erlaubnis gefragt?“

Boküs reckt seine Nase noch ein bisschen höher.

„Um Erlaubnis fragen? Disch? Für wen ’ältst du disch, Magolüs?“

„Ich halte mich für den Obersten Hohepriester von Allen, und wer unsere Nachbarn sind, das bestimme ich!“, poltert Magolus.

Primo sieht sich genötigt, einzugreifen, damit sich die Stimmung nicht noch mehr aufheizt.

„Sicher seid ihr müde von der weiten Reise. Können wir euch vielleicht eine Erfrischung anbieten? Meine Frau Golina hat gerade köstliche Pilzsuppe gekocht!“

„Nun gut, warum nischt?“, erwidert Boküs.

Da es in Primos Haus ein wenig eng ist, tragen sie kurzerhand zwei Tische hinaus auf den Kirchplatz. Golina holt die Suppe und schenkt jedem einen Teller ein. Dann setzt sie sich zusammen mit Magolus, Birta und Primo den vier Gästen gegenüber.

Boküs nimmt einen Schluck von der Suppe und verzieht das Gesicht.

„Na ja“, sagt er.

Primo zuckt innerlich zusammen.

„Na ja?“, fragt Magolus. „Schmeckt dir die Suppe etwa nicht?“

„Das isch ’abe nischt gesagt“, erwidert Boküs. „Isch ’abe gesagt: ‚Na ja‘. Isch ’ätte auch sagen können: ‚So la la‘.“

Golina wirft Primo einen finsteren Blick zu. „Da siehst du’s!“, raunt sie. „Wenn du nicht herumgetrödelt hättest, wäre die Suppe nicht angebrannt!“

„Der Suppe vielleischt fehlt ein wenig die Gewürz“, fährt Boküs fort. „So wie dieses ’ier, das isch mitgebracht abe von weit, weit weg. Probier’ es mal.“ Er holt etwas aus seiner Tasche und streut es über Magolus’ Suppenteller.

„Willst du mich etwa vergiften?“, ruft Magolus empört.

Boküs’ Miene verfinstert sich. „Du beschuldigst misch?“, fragt er.

Auch die anderen Gäste wirken angespannt.

Wieder versucht Primo, die Situation zu entspannen. „Darf ich vielleicht mal dein Gewürz probieren, Boküs?“

„Gern“, erwidert dieser und streut etwas über Primos Teller. Es riecht ungewöhnlich und kitzelt ein bisschen in der Nase.

Tapfer nimmt Primo einen Schluck von der Suppe. Dann reißt er die Augen auf.

„Was ist denn?“, fragt Golina besorgt. „Geht es dir gut, Primo?“

„Das ...“, keucht Primo. „Das ... schmeckt einfach wunderbar! Ich habe noch nie so gute Pilzsuppe gegessen!“

Rasch wirft er einen Blick zu Golina, doch die scheint nicht beleidigt zu sein. Stattdessen nimmt sie ebenfalls einen Schluck von Primos Teller.

Auch Golinas Augen weiten sich.

„Das ist wirklich gut!“, ruft sie aus. „Was ist das für ein seltsames Pulver?“

„Man es nennt Pfeffer“, erklärt Boküs. „Es wäschst nur in eine weit, weit entfernte Land und ist sehr wertvoll.“

„Primo, kannst du nicht mal dort hingehen, wo der Pfeffer wächst, und mir welchen holen?“, fragt Golina.

„Äh, na ja, eigentlich bin ich doch der Dorfbeschützer und kann hier nicht weg, Linchen“, erwidert dieser.

„Du bist der Beschützer von diese Dorf?“, fragt Boküs. „Abt ihr denn keine Golem?“

„Natürlich haben wir einen Golem“, behauptet Magolus, bevor Primo etwas sagen kann.

„Ach ja? Und wo ist er, euer Golem?“

„Er ist ... er ist gerade in Reparatur“, stottert Magolus.

„Ah, isch verstehe“, sagt Boküs. „Dann kann der Golem, der neulisch dursch unsere Dorf marschiert ist, nischt eurer gewesen sein.“

„Moment mal“, ruft Primo. „Ein Golem ist durch euer Dorf marschiert? Wann war das?“

„Vor ein paar Wochen. Aber es war eine seltsam Golem. Es fast schien, als ob er könne spreschen. Jedenfalls er ’at Geräusche gemacht wie Worte, aber wir ’aben nischt genau verstanden, was er ’at gesagt.“

„Asimov!“, ruft Primo aus. „Wo ist er hingegangen?“

„Er ’at durschquert unsere Dorf und dann ist gegangen weiter nach Westen. Also das war doch eure Golem?“

„Ja“, erwidert Primo, während Magolus gleichzeitig „nein“ sagt.

„Also was nun? Ja oder nein?“

„Das war unserer anderer Golem“, erklärt Magolus. „Der eine ist in Reparatur. Und der andere kann sprechen.“

„Ah, isch verstehe“, erwidert Boküs. „Na, isch kann jedenfalls verstehen, dass der Golem nischt bleiben wollte in eure Dorf.“

„Was willst du damit sagen?“, ruft Magolus zornig.

Bevor Boküs antworten kann, meldet sich die Frau in der Bäuerinnenkleidung zu Wort.

„Boküs, du hast vergessen, unsere Gastgeschenke zu überreichen“, erinnert sie ihren Priester. Im Unterschied zu Boküs spricht sie ohne Akzent.

„Ah ja, rischtig, die Geschenke“, erwidert der Priester. Er holt einen Kuchen, ein Brot und einen Teller mit Braten hervor und stellt sie auf den Tisch. „Dies sind einige Spezialitäten aus unsere Dorf. Isch ’offe, sie schmecken eusch.“

Magolus setzt zu einer Bemerkung an, doch Primo ist schneller. „Das ist sehr nett von euch. Ich würde gerne etwas von allem probieren.“

Er schneidet sich ein Stück von dem Brot und dem Braten ab. Als er beides in den Mund nimmt, stockt er. Noch nie hat er etwas so Köstliches gegessen! Das Fleisch ist zart gebraten und hat ein feines Aroma wie von wilden Kräutern. Auch etwas Pfeffer schmeckt Primo heraus. Sogar das Brot schmeckt ganz anders als das von seinen Schwiegereltern Bendo und Agia: knusprig frisch und gleichzeitig leicht und zart.

„Das ... ist wunderbar!“, bringt er heraus und probiert auch von dem Kuchen. Der schmeckt ebenfalls köstlich – fast so gut wie der Kuchen, den Ruuna einmal gebacken hat. Danach hat Primo alles in seltsamen bunten Farben gesehen. Zum Glück hat der Kuchen der Gäste nicht dieselbe merkwürdige Wirkung – er schmeckt einfach nur herrlich.

Auch die anderen sind begeistert von der Qualität der Gastgeschenke. Nur Magolus guckt mürrisch.

„Na ja“, sagt er.

„Na ja?“, ruft Boküs empört. „Du wagst es, zu sagen ‚na ja‘ zu meine Kuchen?“

„Du hast ja auch ‚na ja‘ zu Golinas Pilzsuppe gesagt“, giftet Magolus zurück. „Also, mir schmeckt die viel besser als dein blöder Kuchen!“

Diesmal ist es Golina, die eingreift, um ein Eskalieren des Streits zu vermeiden.

„Boküs, euer Essen ist wirklich köstlich“, sagt sie. „Kannst du mir vielleicht beibringen, wie man so gut kocht?“

„Aber gern, meine liebe Golina“, erwidert der Priester. „Ihr alle seid ’erzlisch eingeladen in unsere Dorf. Dort isch werde eusch gerne zeigen wie man kocht.“

„Pah!“, macht Magolus.

„Ich glaube, wir müssen dann jetzt mal wieder“, sagt die Frau. „Komm, Boküs.“

„Ja, isch glaube, du hast rescht, Chili“, stimmt der Priester zu.

Die vier Gäste erheben sich und verabschieden sich von den Primo und den anderen. Dann verlassen sie das Dorf Richtung Südwesten.

Das Dorf Band 18: Utopia

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