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Die Menschen in der jüngeren Altsteinzeit.

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Der klassische Neandertaler lebte in Europa seit etwa 130.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung, also während der gesamten letzten Eiszeit. Vor 30.000 bis 28.000 Jahren verschwand er. Der moderne Mensch kam vor etwa 40.000 Jahren nach Europa, lebte hier also mindestens 10.000 Jahre lang neben oder zusammen mit dem Neandertaler. Die Wissenschaft geht davon aus, dass er von Afrika kommend über Kleinasien nach Europa einwanderte. Ob er auch den Weg über Gibraltar genommen hat, der Meeresspiegel lag während der letzten Eiszeit um 100 bis 150 m tiefer als heute und damit war diese Meerenge wesentlich schmaler, ist eher unwahrscheinlich.

Mit dem Eintreffen des modernen Menschen begann eine neue Periode der menschlichen Geschichte in Europa: die jüngere Altsteinzeit.

Das hat weniger mit seinem Eintreffen zu tun, als vielmehr mit dem plötzlichen Auftauchen vollkommen neuartiger Funde aus dieser Zeit: Nicht nur die Höhlenmalereien, die vor allem in Südfrankreich und Spanien entdeckt wurden, verdeutlichen dies. Es wurde Schmuck gefunden, figürliche Darstellungen von Tieren, Frauengestalten und erste Musikinstrumente (Flöten) aus Knochen oder Elfenbein. Von diesen Flöten wurden bisher sechs in Höhlen auf der Schwäbischen Alb entdeckt.

In der jüngeren Altsteinzeit fand geradezu eine kreative Explosion statt, die Wissenschaftler oft als „human revolution“ bezeichnen.

Anhand der gefundenen Werkzeuge ist festzustellen, dass die Menschen damals begannen, das Feuersteinmaterial gekonnter und präziser zu bearbeiten und damit auch bessere und effektivere Geräte und Jagdwaffen herzustellen.

Auch aus anderen Materialien, wie Knochen und Geweihen von erlegten Tieren, wurde eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen hergestellt. Beispielsweise konnten sie sich mit einer Ahle (aus Feuerstein oder Knochen) und einer Nadel (aus einem zugeschnittenen spitzen Knochenstück mit einer Öse für den Faden aus Tiersehen) aus den gegerbten Fellen erlegter Tiere warme Kleidung nähen. Solche Pelzkleidung benötigten sie bei dem damals in Europa herrschenden Klima dringend.

Die Menschen entwickelten in dieser Zeit eine Fülle von Werkzeugen und Geräten, die ihnen das Überleben in ihrer sehr feindlichen Umwelt erleichterten. Und das gilt, neueren Forschungen zufolge, für beide damals in Europa auftretenden Menschengruppen, sowohl für den modernen Menschen als auch für den Neandertaler.

Die bedeutendsten und für ihr Überleben wichtigsten Geräte waren natürlich ihre Jagdwaffen, mit denen sie in der Lage waren, selbst große Tiere, wie das Mammut, das Wollnashorn, den Wisent, den Riesenhirsch, das Wildpferd und viele andere Tiere zu erlegen. Denn von ihrem Erfolg bei der Jagd hing ihr Überleben ab. So entwickelten sie neben sehr viel schlankeren und schärferen Lanzenspitzen aus Feuerstein auch die Speerschleuder, den Bumerang und Pfeil und Bogen.

Ferner begannen sie bereits mit einer Technik, die später in der mittleren Steinzeit noch weiterentwickelt wurde: dem Einsetzen von sogenannten Mikrolithen (scharfe Feuersteinsplitter). Diese wurden unterhalb der Spitzen ihrer Lanzen an den Schäften angebracht und rissen beim Zustoßen mit dieser Waffe dem gejagten Tier große und sehr stark blutende Wunden. Obendrein wurde die Lagerung von Nahrung besser entwickelt, wie Funde von Behältern und anderen Gegenständen zum Speichern von Lebensmitteln belegen.

Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte.

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