Читать книгу In die unbegrenzte Weite - Karoline von Günderrode - Страница 22

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ES HAT EIN KUSS MIR LEBEN EINGEHAUCHT

Poetische Fragmente

Piedro

Dunkel ruhet auf den Wassern,

Tiefe Stille weit umher,

Piedro’s Schiff nur theilt die Wellen,

Seine Ruder schlägt das Meer.

Aber Piedro steht am Maste

Und sein Aug’ in trüber Glut,

Sucht den Räuber der Geliebten,

Sucht sie durch des Meeres Fluth.

Endlich naht er ihrem Segel,

Endlich geht die lange Nacht,

Und mit ungedult’ger Eile

Ordnet er der Schiffe Schlacht.

Viele fallen, Viele siegen,

Einer kämpft mit Löwenmuth,

Naht sich Piedron durch die Menge

Kühnlich mit bescheidnem Muth.

Und sie kämpfen, keiner weichet,

Tapferkeit wird wilde Wuth;

Und in zornigen Strömen mischet

Sich der Kämpfer heißes Blut.

Endlich in des Jünglings Busen

Senket Piedro seinen Stahl,

Vor dem unwillkommenen Gaste

Flieht sein süßes – Leben all.

Und er stirbt so hold im Tode,

Daß Piedro niedersinkt,

Und von seinen blassen Lippen

Reuig heiße Küsse trinkt.

Nacht will endlich niedersinken,

Tiefe Stille weit umher;

Piedro’s Schiff nur theilt die Wellen,

Seine Ruder schlägt das Meer.

Piedro aber liegt verwundet

Einsam in des Schiffes Raum;

Seine Seele ist gefangen,

Ganz und gar in einem Traum.

Denn ihm däucht er sey umschlungen

Von des todten Jünglings Arm,

Freundlich will sein Auge brechen,

Doch es schlägt sein Herz noch warm.

Piedro will sich von ihm reißen,

Doch mit sehnsuchtsvollem Blick

Und mit heißen Liebesküssen

Hält der Knabe ihn zurück.

Freudig, daß er sie befreiet,

Tritt die Braut zu Piedro hin,

Will ihn trösten, will versuchen,

Ob die bösen Träume fliehn.

Und sie neigt sich zu ihm nieder,

Ruft des Theuern Namen laut.

Er erwacht und mit Entsetzen

Wendet er sich von der Braut.

Und er mag sie nicht mehr schauen,

Ihre Liebe ist ihm Pein.

Tief versenkt nur im Betrachten

Des Gestorbenen mag er seyn.

Und das süße Mädchen weinet,

Sie verhüllt ihr Angesicht,

Möchte gern vor Schmerzen sterben,

Nur den Theuern lassen nicht.

Piedro siehts, ein tiefes Sehnen

Zieht ihn nach des Grabes Ruh,

Er zerreißt der Wunde Banden

Und geht still den Todten zu.

Dunkel ruhet auf den Wassern,

Tiefe Stille weit umher,

Piedro’s Schiff erreicht die Küste,

Aber er schläft tief im Meer.

Die Pilger

Der erste Pilger

Ich bin erkranket

An Liebespein,

Mögt’ nur genesen,

Wollst du mein seyn.

Dein lieblich Wesen,

Dein Lippenroth,

Hält mich gefangen

Bis an den Tod.

Mein Aug’ ist trübe,

Mein’ Jugend verdorrt,

Doch kenn’ ich noch Heilung,

Wohl weiß ich den Port.

Zu dem will ich wallen

Ob Länder und Meer,

Die Brust ist beklommen,

Das Herz ist mir schwer.

Ich greife zum Stabe,

Ich walle zum Meer;

Es brausen die Winde,

Es tobet das Meer.

Die Vöglein fliegen

So lustig voran,

Sie suchen den Frühling

Und treffen ihn an.

Es hält mich die Liebe,

Ich bliebe so gern,

Doch ziehet mich Sehnsucht

Zum Grabe des Herrn.

Lebt wohl dann ihr Augen

Von freundlichem Schein,

Mein Blick soll zum Himmel

Gerichtet nur seyn.

Mich sehnet, o süße

Geliebte, nach dir!

Doch wähl’ ich das Grab mir,

Des Heilands dafür.

Da kniee ich nieder

Voll bitterem Schmerz;

Da kann ich dich lassen,

Da bricht mir das Herz.

Die Heilung ist bitter,

Der Weg ist wohl weit;

Doch greif’ ich zum Stabe

Und ende mein Leid.

Der zweite Pilger

Ich scheide froh vom Vaterland

Und suche den geliebten Strand,

Wo Jesus Christus wallte;

Wo er in Demuth angethan

Des Erdenlebens schwere Bahn,

Mit stillem Sinne wallte.

Was ist die Herrlichkeit der Welt

Und alles, was dem Sinn gefällt?

Ich will ihm froh entsagen.

Die irrdische Kette fällt von mir,

Und Jesu! nur zu dir! zu dir!

Will ich mein Sehnen tragen.

Die Märterkrone winket mir

Und Seeligkeit wohl für und für,

Wenn ich vollendet habe.

O süße Buße! himmlisch Leid!

In frommer Einfalt Seligkeit,

Ihr wohnt am heiligen Grabe.

Der Kuß im Traume,

aus einem ungedruckten Romane

Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,

Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,

Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten

Daß neue Wonne meine Lippe saugt.

In Träume war solch Leben eingetaucht,

Drum leb’ ich, ewig Träume zu betrachten,

Kann aller andern Freuden Glanz verachten,

Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.

Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,

Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen

Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.

Drum birg dich Aug’ dem Glanze irr’dscher Sonnen!

Hüll’ dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen

Und heilt den Schmerz, wie Lethes1 kühle Fluthen.

1Lethe: in der griechischen Mythologie einer der Flüsse der Unterwelt und Personifikation des Vergessens.

In die unbegrenzte Weite

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