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KAPITEL 3

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»Ich hatte vergessen, dass es heute hier nur so von wollüstigen Frauen wimmelt«, brummte Savior etwas später, als er mit Cutter das Laufhaus betrat.

Cutter grinste. »Sieh es mal von der Seite, wenn eine heiße Schnitte dabei ist, sparst du das Geld für eine Frau für mich.«

Zufrieden sah Savior sich um. Aus der ehemaligen Bruchbude war ein ansehnlicher Ort geworden. Eine Firma hatte die Böden und Wände erneuert. Die Sinners hatten die Räume stilvoll hergerichtet und neue Möbel gekauft, die Bar war mit vernünftigem Alkohol ausgestattet worden.

Außerdem hatte Hailey mit ihrem Konzept ein gutes Händchen bewiesen, genau wie bei den anderen Etablissements. Es hatte sich ausgezahlt, sie als Chefin für diese Läden einzusetzen. Sein Instinkt hatte ihn nicht getäuscht und er war verdammt stolz auf seine Freundin.

Hauptsächlich waren es Frauen ab vierzig, die sich an Abenden wie diesen hier versammelten, um den Männern Geld in die winzigen Slips zu stecken. »Ist Hailey hier?«

»Gut möglich. Seit der Sache mit Thug heute Mittag habe ich sie nicht mehr gesehen.«

Cutter atmete laut aus. »Dom hat mir schon erzählt, was passiert ist. Ich habe sie noch gewarnt, aber wollte sie auf mich hören? Nein. Jetzt hat er sie zum zweiten Mal verarscht und garantiert würde er das auch noch ein drittes und viertes Mal machen. So blöd kann sie gar nicht sein.«

»Du klingst verbittert. Eifersüchtig?«

Cutter warf ihm einen bösen Blick zu. »Ich mache mir nur Sorgen, das ist alles.«

Savior lachte. »Natürlich.«

»Klappe, Boss, lass lieber einen Wodka springen.«

Sie gingen an die Bar, wo Tessa heute Dienst hatte. Die Frau hatte sich als nützlich erwiesen und die Vermittlerin gespielt, als Savior die anderen Bordelle der Raiders aufgesucht hatte. Sie hatte mit den Frauen dort gesprochen und ihnen versichert, dass er kein Vergewaltiger und Schläger war, dass sie ihm glauben konnten und er keine Hintergedanken in Bezug auf die vielen Frauen hatte. Das war ein hartes Stück Arbeit gewesen. Von insgesamt sechs Bordellen würde Savior drei umfunktionieren in Diskothek, Restaurant und Jugendzentrum, zwei wurden von einem Bordell zu einem Laufhaus und das letzte Gebäude stand weiterhin leer. Er hatte zwar schon eine ungefähre Vorstellung, was er damit anfangen wollte, würde das aber noch mit Thug oder jemand anderem vom Rat besprechen.

Mit einem strahlenden Lächeln kam Tessa um die Theke herum, küsste Savior auf die Wange und begrüßte ihn überschwänglich. »Ich hatte heute gar nicht mit dir gerechnet. Was möchtest du trinken?«

»Einen Wodka mit Cola und einen Gin«, antwortete er kurz angebunden und setzte sich auf den Barhocker.

»Die steht auf dich«, kommentierte Cutter feixend.

Savior ignorierte ihn und verschaffte sich einen Überblick. Es waren noch mehr Frauen zum Dienst eingeteilt, doch überwiegend arbeiteten heute die Männer. Die Stripper bedienten die Frauen, bis sie später auf der Bühne erwartet wurden. Bis dahin wollte Savior allerdings wieder weg sein. Er hatte kein Verlangen danach, noch mehr nackte Haut von diesen Männern zu sehen oder sich die Ohren von kreischenden Frauen vollbluten zu lassen.

»Kann ich dir was Gutes tun?«, säuselte Tessa und beugte ihren üppigen Busen einladend über die Theke. »Noch sind die Privaträume frei.«

Er lächelte schmal. »Eventuell später, Täubchen.«

Sie zwinkerte und eilte an das andere Ende der Bar, um eine Bestellung entgegenzunehmen.

Cutter schüttelte amüsiert den Kopf. »Wenn du ihr Angebot nicht annehmen willst, solltest du ihr keine Hoffnungen machen.«

»Vielleicht nehme ich es ja an«, entgegnete Savior trotzig.

»Ich glaube nicht, dass Abby es gut findet, dass du mit den Huren vögelst. Wenn sie zurückkommt, wird sie die Mädels einen Kopf kürzer machen.«

»Sie wird nicht zurückkommen.«

»Mein Bauchgefühl sagt mir was anderes.«

Savior verzog das Gesicht. »Wie auch immer. Ich bin ein freier Mensch und niemandem Rechenschaft schuldig, was ich mit meinem Schwanz anstelle.«

»Du klingst wie Thug. Und das ist kein Kompliment.«

»Ganz unrecht hat er nicht«, verteidigte Savior seinen besten Freund und Vizepräsidenten und konnte selbst nicht glauben, was er als Nächstes sagte: »Wenn er nicht verheiratet ist, braucht er sich nicht dafür rechtfertigen, wen er fickt.«

Cutter nahm einen Schluck von seinem Getränk. »Ich vermisse sie.«

Irritiert sah Savior ihn an.

»Abby«, erklärte er. »Sie war anders, nicht so abgebrüht wie die Club-Matratzen. Sie passte perfekt zu Hailey und Tara, selbst zu Cassy.« Cutter warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sie passte perfekt zu uns

Savior leerte sein Glas in einem großen Zug. »Finde dich damit ab: Sie wird nicht wieder ins Clubhaus kommen.«

Cutter drehte ihm leicht das Gesicht zu, musterte ihn einmal und lächelte traurig. »Sag niemals nie. Wenn du nicht dafür kämpfen willst, ist das okay. Aber das zählt nicht für uns andere.«

Über diese Worte wollte Savior nicht weiter nachdenken, die Bedeutung und was dahinterstecken könnte. Er blickte sich kurz um, winkte Tessa zu sich und stand auf. »Wenn du mich suchst, ich werde jetzt die Privaträume nutzen.«

Cutters Antwort wartete er gar nicht erst ab.


»Mit ihm hatte ich nicht gerechnet«, lautete Haileys Kommentar, als sie das Temple of Sins betraten, und deutete auf eine einsame Gestalt an der Bar.

»Sieh es als ein Zeichen an. Das ist die optimale Gelegenheit, um sich auszusprechen. Ihr seid doch beste Freunde und da Thug tabu ist, steht euch nichts mehr im Weg.«

Hailey schnaubte. »Freunde verhalten sich nicht so arschig, wie er es getan hat.«

»Er macht sich Sorgen um dich, weil er dich gern hat. Sei nicht biestig und gehe einen Schritt auf ihn zu.«

Das Telefon in Abbys Hosentasche vibrierte. Sie zog es heraus, ihr Dad rief an. »Wo kann ich hier kurz in Ruhe telefonieren?«

Hailey deutete auf einen schmalen Gang. »Da sind die Privaträume, wenn die Lampe über der Tür leuchtet, ist das Zimmer besetzt. Falls nicht, kannst du dort kurz hineingehen und dein Telefonat führen.«

Ihr Dad hatte aufgelegt, bevor sie das Gespräch entgegennehmen konnte, deshalb begrüßte Abby als Erstes ihren Freund mit einem Kuss auf die Wange.

»Hey, Cutter-Schatz.« Sie hatte ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen und konnte ernsthaft behaupten, ihn vermisst zu haben. Genau wie die anderen aus dem Club. Wieder überkamen sie Zweifel. Wenn sie vor ein paar Wochen nicht gegangen wäre, könnte sie ihre Freunde immer noch täglich um sich haben. Lautlos seufzte sie, versuchte, die Gedanken zu vertreiben.

»Was machst du hier?« Er klopfte auf den leeren Stuhl neben sich.

»Hailey hat mich genötigt.« Sie deutete auf ihre Freundin, die skeptisch zu ihnen trat. »Anscheinend gibt es heute Abend nackte Männer zu sehen, die sie mir nicht vorenthalten wollte.«

Cutters Augen leuchteten kurz auf. Es war erkennbar, dass er Hailey mochte und sich freute, sie zu sehen. Doch so schnell wie der fröhliche Ausdruck erschienen war, so schnell war er auch wieder verschwunden.

»Cutter«, grüßte sie und nickte leicht.

»Hailey«, gab er ebenso reserviert zurück.

Abby hielt ihr Telefon hoch. »Ich werde mal eben hinten telefonieren gehen. Tut nichts, was ich nicht auch machen würde, solange ich weg bin«, lachte sie und hüpfte vom Barhocker.

Cutter wollte sie aufhalten, wurde aber von Hailey gestoppt, die ihre Hand auf seinen Arm gelegt hatte. Hoffentlich sprachen die beiden sich endlich aus. Es war nicht mit anzusehen, wie die zwei sich ignorierten und darunter litten.

Abby huschte an gackernden älteren Damen und einer Handvoll halbnackter junger Männer vorbei, die ihnen schmeichelten. Sie verdrehte die Augen. Einige dieser Ladys würden heute sehr, sehr glücklich nach Hause gehen.

Auf dem schmalen Flur gingen auf der linken Seite mehrere Türen ab und auf der rechten waren, den Schildern nach zu urteilen, die Toilettenräume.

Sie blickte hoch. Die ersten zwei Türen waren belegt. In das dritte Zimmer wollte sie nicht gehen aus Angst, noch die Geräusche aus dem Nachbarzimmer zu hören. Sie entschied sich vorsichtshalber für die fünfte Tür. Sicher war sicher. Sie hatte kein Sexleben mehr und wollte das von anderen Menschen nicht hören.

Abby drückte die Klinke hinunter, hatte mit der anderen Hand schon den Kontakt ihres Dads aus dem Telefonbuch gesucht, als sie in der Bewegung erstarrte.

Da war er: sexy, eindrucksvoll und über eine nackte Frau gebeugt, eine Hand an ihrem Hals und die andere auf ihrer großen Brust.

Savior.

Auf einmal wurde ihre Kehle eng. Dieser Anblick sollte reichen, um ihn endlich in die Wüste zu schicken und offen für Neues zu sein. Würde nur ihr Herz alleine bei diesem Gedanken nicht so verdammt schmerzen. Scheiße!


Savior wollte sich gerade aufregen, warum jemand ihn störte, da sah er noch die unverkennbaren dunklen Haare um eine Ecke verschwinden und kam zur Besinnung.

»Fuck«, brüllte er, ließ von einer verwirrten Tessa ab und rannte Abby hinterher. Zum Glück war noch nichts zwischen ihm und Tessa passiert. Den Anblick hätte er Abby, trotz allem, was geschehen war, lieber erspart.

Er erwischte sie kurz vor dem Notausgang, griff in ihre Locken und zog sie grob zurück, wütend auf sie, weil sie ohne anzuklopfen in das Zimmer geplatzt war und wütend auf sich, weil er sich überhaupt schon wieder auf Tessa eingelassen hatte.

»Aua! Bist du bescheuert?«, schrie Abby und funkelte ihn erzürnt an. Wut war okay, damit konnte er umgehen. Er hatte nicht weniger davon zu bieten.

Anstatt sie loszulassen, verstärkte er den Griff und zog sie bis zur Nasenspitze an sein Gesicht heran. »Was hast du hier zu suchen?«

Abby lächelte süffisant. »Was geht es dich an? Geh lieber zurück zu deiner Hure, nicht, dass sie dir die Zeit noch zusätzlich in Rechnung stellt. Könnte teuer werden. Oder gibt es hier Gratis-Ficks für die Besitzer?«

Savior kniff die Augen zusammen und musterte ihr Gesicht. »Vorsicht, Schneewittchen, ich könnte sonst auf die Idee kommen, du wärst eifersüchtig.«

Spöttisch schnaubte sie laut auf. »Deine Ideen waren noch nie die Besten, Savior.«

»Warum musst du mich immer provozieren?«, knurrte er und griff auch mit der anderen Hand in ihr Haar. Er presste sie an die Wand, genoss ihre Nähe, ihren Duft und ihren weichen Körper, der sich sündhaft an seinen drückte. Mit einem Schlag erwachten alle Gefühle, die er für sie hatte und er schloss ergeben die Augen, weil er sich damit überfordert fühlte.

»Lass mich los, Savior.«

»Nein. Erst wenn du mir sagst, was du hier machst. Wo ist dein Freund? Sollte er nicht auf dich aufpassen, besonders dann, wenn du dich an einem derart lasterhaften Ort herumtreibst?« Wäre Abby noch bei Savior, würde er sie niemals alleine an derartige Orte gehen lassen. Er würde sie beschützen und von den aufdringlichen Frauen und Männern fernhalten.

»Du tust mir weh«, sagte sie eindringlich.

Es war, als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über ihn ausgekippt. Sofort ließ er von ihr ab. Ihr weh zu tun war das Letzte, was er wollte. Sowohl physisch als auch psychisch. Obwohl es für beides vermutlich zu spät war.

»Ich wollte nur telefonieren. Hätte ich gewusst, dass du in dem Zimmer bist, wäre ich woanders hingegangen. Macht das nächste Mal die Warnleuchte über der Tür an.«

Savior trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte sich selbst davon abhalten, sie erneut zu berühren. »Und was jetzt? Wirst du wieder ohne ein Wort gehen?«

Abby blickte an seiner Schulter vorbei. Ihre Lippen verzogen sich zu einem boshaften Grinsen. Wer zum Teufel war diese kalte Frau vor ihm?

»Sieht so aus, als wird dein Typ verlangt. Du solltest sie nicht warten lassen, denk an die steigende Rechnung.«

Er sah kurz zurück und entdeckte eine nackte Tessa, die erwartungsvoll an der Tür stand und diese einladend offenhielt. Als er sich wieder zu Abby drehte, war sie verschwunden. Die Tür des Notausgangs fiel leise ins Schloss.

Dort konnte sie ihm wenigstens nicht entkommen, doch als hätte George Waters einen Riecher dafür, wenn Savior seiner Tochter zu nahe kam, erschien auf seinem Smartphone dieser Name. Schlecht gelaunt nahm er das Gespräch entgegen.


Die Begegnung mit Savior hatte Abby innerlich aufgewühlt. Ihr Herz raste wie verrückt. Sein maskuliner Duft kitzelte immer noch in ihrer Nase. Dieser hübsche Bastard wusste genau, welche Reaktion er in ihr hervorrief. Elender Mistkerl!

Abby wählte die Nummer ihres Dads. Besetzt. Sie schloss kurz die Augen und versuchte, ihren rasenden Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Wieso konnte ein einzelner Mann sie nur so aus dem Konzept bringen? Ob er sich jetzt weiter vergnügte? War er öfter bei dieser Frau? Ihr Magen krampfte sich zusammen. Die Antwort wollte sie lieber gar nicht wissen. Es spielte auch keine Rolle. Schließlich waren sie kein Paar mehr oder was auch immer das zwischen ihnen gewesen war.

Um sich abzulenken, wählte sie erneut die Nummer ihres Dads. Diesmal nahm er das Gespräch an.

»Hey, Daddy.« Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand der Gasse.

Die Leitung knisterte leicht. »Krümel, ich habe mir Sorgen gemacht. Warum bist du nicht ans Telefon gegangen?«

Es tat gut seine Stimme zu hören. Sie vermisste ihn und fragte sich, auf welcher halsbrecherischen Mission er jetzt wieder war.

»Ich bin mit Hailey unterwegs und konnte nicht so schnell rangehen.«

»Wo seid ihr denn?«

Sie befeuchtete sich nervös die Lippen. »Ach, nur in einem Club. Wie geht’s dir? Wann kommst du wieder nach Hause?«

Die Verbindung rauschte.

»Mein Empfang geht gleich weg. Pass auf, ich habe etwas herausgefunden.« Ein statisches Rauschen ertönte.

»Daddy?« Sie umklammerte das Telefon.

»Damian … fahr … Savior … gefährlich«, erklangen die abgehackten Worte ihres Dads.

»Ich verstehe dich ganz schlecht, kannst du das noch mal wiederholen?«, bat sie.

Die Leitung piepte.

»Na toll«, maulte sie. Beim nächsten Versuch eines Anrufs sprang sofort die Mailbox an. Was hatten die Worte zu bedeuten? Sie sollte zu Damian fahren, weil Savior gefährlich war? Warum war er gefährlich und wieso nahm ihr Dad an, bei Damian sei es sicher? Woher kam dieser plötzliche Sinneswandel? Noch vor wenigen Tagen hatte er sie zurück zu den Sinners schicken wollen, weil er Damian nicht über den Weg traute.

Gott, in was für eine Welt war sie hier nur geraten?

Ein Poltern am Ende der Gasse ließ Abby erschrocken aufsehen, sie konnte jedoch nichts erkennen. Gleichzeitig fühlte sie sich beobachtet und das gefiel ihr gar nicht. Fröstelnd rieb sie sich die Arme und versuchte anschließend, die Hintertür zu öffnen. Vergebens. Sie rüttelte mehrfach am Griff.

»Scheiße.«

Sie wollte nicht durch die dunkle Gasse laufen und zum Vordereingang wieder hineingehen. Sie blickte an der Mauer empor. Nein, klettern zog sie auf keinen Fall in Betracht. Sonderlich sportlich war sie noch nie gewesen. Wieso hatte sie nicht darauf geachtet, die Tür offen zu lassen? Daran war nur Savior schuld. Er und seine aufdringliche Dominanz, die sie völlig aus dem Konzept brachte.

»Habe ich doch richtig gehört«, ertönte auf einmal eine weibliche Stimme hinter ihr.

An der Tür stand ausgerechnet die Frau, mit der Savior sich vergnügte. Sie war groß, schlank und hatte schöne honigblonde Haare. Sie schien älter zu sein, an ihren Augen und den Mundwinkeln zeichneten sich leichte Falten ab. Sie war anders als Gina, viel natürlicher und dadurch hübscher. Gefährlicher. Abby hasste sie jetzt schon bis aufs Blut.

Sie huschte durch den offenen Spalt.

»Er hat mir bei unseren Treffen nie erzählt, dass es eine Frau in seinem Leben gibt.« Die klebrig süße Stimme der Frau klang wie Gift in ihren Ohren – und veranlasste sie leider auch dazu, stehen zu bleiben.

Abby brachte ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle und drehte sich um. »Soweit ich weiß, hat er auch keine.«

Die Hure musterte sie von oben bis unten. Zum Glück hatte Abby sich für eine enge Hose und eine Bluse entschieden, die ihrer Figur schmeichelten. So kam sie sich weniger bauernhaft vor.

»Ich bin Tessa.« Die Frau kam einen Schritt auf Abby zu. »Es wird doch keine Probleme zwischen uns geben?«

Abby hob den Kopf, weil Tessa größer war. »Keine Ahnung was du meinst.«

»Musst du nicht arbeiten?« Hailey trat auf den Gang und unterbrach den Blickkontakt der beiden Frauen.

Ein harter Glanz erschien in den Augen der Älteren, ehe sie sich ein falsches Lächeln auf die Lippen zauberte. »Natürlich, Hailey. Ich gehe gleich wieder an die Arbeit, sobald ich mich etwas frisch gemacht habe.« Sie zwinkerte Abby verschmitzt zu, als würden sie ein Geheimnis teilen, und verschwand in ihrem Raum.

»Alles in Ordnung mit dir?«, wollte Hailey wissen.

»Sicher, alles bestens«, murmelte Abby und grinste schwach.

»Super, dann los jetzt, die Männer ziehen sich gleich aus.«


Savior saß an der Bar und hatte nur Augen für Abby, die mit Hailey seitlich der Bühne saß und die Männerstripshow verfolgte. Ihr wieder nahe zu sein, war ein komisches Gefühl. Zum einen, weil er sie nicht berühren durfte, obwohl alles in ihm sich nach ihr verzehrte und zum anderen, weil er sich jetzt nicht mehr einreden konnte, nichts mehr für sie zu empfinden. Es würde alles noch viel schlimmer werden, wenn sie erst mal wieder im Clubhaus war. Wenn er nur wüsste, wie er sie zurückholen konnte. Freiwillig würde sie kaum einen Schritt in den Club setzen. George allerdings war es wichtig, seine Tochter in Sicherheit zu wissen, solange er nicht da war.

Die halbnackten Kerle verließen die Bühne und tanzten um die grölenden Frauen herum. Einer wagte es, sich Abby zu nähern. Es war ihr sichtlich unangenehm, soweit er aus dieser Entfernung erkennen konnte. Der Mann nahm ihre Hand, fuhr damit über seinen eingeölten Körper und stoppte knapp unterhalb des Bauchnabels. Sie lächelte gezwungen.

Savior öffnete die Hand und ballte sie wieder zusammen. Niemals hätte er erwartet, dass es ihn stören würde, wenn sie einen Mann anfasste. Wenn sie sich nur halb so elend fühlte wie er gerade, konnte er ihre Wut wegen Tessa nachvollziehen.

»Jede andere Frau würde sich die Finger danach lecken von Ian angemacht zu werden.« Tessas Stimme erklang dicht neben seinem Ohr. Ihr Atem kitzelte unangenehm und Savior ging auf Abstand.

»Sie ist nicht wie andere Frauen.«

Sie schnaufte. »Offensichtlich. Dabei weiß er wirklich sein Talent zu nutzen und einzusetzen. Ist sie lesbisch?«

Savior riss den Kopf herum und starrte Tessa an. »Wie kommst du darauf?«

Mit dem Zeigefinger strich sie über seine Wange. »Sie meinte, sie wäre nicht deine Frau und an Ian hat sie keine Freude. Irgendwas muss mit ihr nicht stimmen.«

Er hielt Tessas Hand fest und zog sie von seinem Gesicht weg. »Nicht jede Frau hat Spaß an dieser Art der Unterhaltung.«

Sie lächelte ihn wissend an. »Hast du ein Glück, dass ich nicht verklemmt bin und jede Art der Unterhaltung liebe«, raunte sie und leckte sich verheißungsvoll über die Lippen.

Er ersparte sich eine Antwort und drehte sich wieder zu Abby, die auf ihrem Telefon herumtippte.

Cutter klopfte ihm auf die Schulter. »Ich hau ab. Wie kommst du nach Hause?«

Savior war zu Fuß zu Abbys Haus gegangen, da er mit seinem Auto kein Aufsehen erregen wollte. »Ich frage mal Hailey, die nimmt mich bestimmt mit.«

»Alles klar, Boss.« Cutter beugte sich dichter zu ihm. »Schmachte Abby nicht so offensichtlich an, das ist peinlich und sorgt ein bisschen fürs Fremdschämen.«

Savior schlug halbherzig nach ihm, was Cutter zum Lachen brachte. Sofort drehten sich einige der Frauen nach ihm um und machten ihm schöne Augen. Cutter flirtete ungeniert zurück, zog es jedoch vor, keine von ihnen mitzunehmen. Laut eigener Aussage ließ er nur ausgewählte Damen an sein bestes Stück heran.

Savior drehte sich erneut zu Tessa. Eine Frage brannte ihm seit Wochen auf der Zunge. »Warum war unter den Raiders Bordellen dieses hier das beste?«

Ihre Züge verfinsterten sich. »Wie kommst du darauf?«

»Ich kenne ihre Bücher und habe alles bis ins letzte Detail geprüft. Der größte Umsatz fand hier statt.« Er beugte sich leicht über die Theke. »Im Übrigen hasse ich es, mich wiederholen zu müssen. Ich frage, du antwortest. Kapiert?«

Sie nickte schnell. »Sid hat damals beschlossen, dass in diesem einen Laden alles möglich sein soll. Also entwickelte Crude ein Konzept dafür: Sex mit Minderjährigen, Entjungferungen, BDSM sowie diverse andere Fetische wie Windelspiele und Gruppensex.« Sie presste die Lippen zusammen. »Außerdem war nicht alles einvernehmlich, was viele Männer anmachte, sodass sie immer wieder hierherkamen.«

Savior wusste, dass Sid kranke Vorstellungen vom Sex gehabt hatte, Crude schien das Ganze noch zu toppen. Schade, dass er ihn nicht umgebracht hatte. Wer wusste schon, wo er jetzt seine Fantasien auslebte. Er musste ihn und die anderen unbedingt finden. Aber wie?

»Demnach hast du hier bereits gearbeitet, bevor Francine die Raiders übernommen hat?«

Tessa nickte erneut. »Die war beinahe genauso schlimm wie Crude. Einige der Vergewaltigungen wurden aufgezeichnet und die Filme anschließend auf dem Schwarzmarkt verkauft. Dabei ging es richtig hart zur Sache. Folter und Fesselspiele bei ungewollter vaginaler und analer Entjungferung. Wenn eins der Mädchen nicht parierte, wurde sie mit ihrer Familie erpresst, unter Drogen gesetzt oder in die Mangel genommen.«

»Du kennst dich gut aus. Wie passt du in das Bild? Hast du freiwillig an diesen Gruppenaktivitäten teilgenommen?«

»Wenn ich nicht von Crude zurechtgewiesen werden wollte, hatte ich keine andere Wahl. Er war ein abartiger Sadist, der erst in Fahrt kam, wenn das Mädchen blutete und vor Schmerzen schrie. Ich bin froh, dass er weg ist.«

Das konnte Savior nachvollziehen. Ob es das war, was Teddy an den Raiders fasziniert hatte? Dass es keine Regeln gab und jeder tun konnte, worauf er gerade Lust hatte? War das der Grund für seinen Verrat gewesen? Gab es jemanden in Saviors Reihen, dem er zutraute, ebenfalls für diesen Lebensstil anfällig zu sein?


Abbys Ohren taten weh. Die Frauen kreischten ohne Ende, pfiffen und johlten, als die Männer sich auszogen und die Bühne verließen, um dem Publikum einzuheizen. Sie hatte kein Verlangen danach, noch länger zu bleiben. Außerdem wollte sie kein weiteres Mal einen von diesen mit Öl eingeschmierten Typen anfassen. Natürlich sah sie sich gerne hübsche Männer an, aber das hier war zu viel des Guten. Anscheinend lag ihre Schamgrenze momentan ziemlich weit oben.

Hailey war kurz in ihr Büro gegangen, um etwas Dringendes zu erledigen. Sie wollte nicht lange wegbleiben. Trotzdem fühlte es sich an wie Stunden, die sie hier alleine saß und versuchte, den Strippern auszuweichen.

Immer wieder schweifte Abbys Blick zu Savior, der an der Bar saß. Sie glaubte nicht, dass er gefährlich war. Er hatte sie beschützt. Warum sollte er sie jetzt verletzen wollen? Außer natürlich, er nahm es ihr übel, weil sie einfach abgehauen war. Wiederum hielt sie ihn nicht für den nachtragenden Typ Mensch. Sie war sich ziemlich sicher, die Nachricht ihres Dads falsch verstanden zu haben.

War Savior ihr Anlaufpunkt, wenn sie etwas über ihre Mutter herausfinden wollte? Die beiden hatten eine Vergangenheit, über die Abby nicht näher nachdenken wollte, aber vielleicht musste sie sich dem stellen, um mehr über Francine zu erfahren?

Wenn Savior nicht gefährlich war, sondern Damian, was waren seine Beweggründe? Sie kannten sich erst seit wenigen Monaten. Hatten nur in den letzten Wochen vermehrt miteinander zu tun gehabt. Warum sollte er eine Aversion gegen sie haben? Das ergab in ihren Augen noch weniger Sinn. Welchen wichtigen Punkt übersah sie?

Abby ging an die Bar und bestellte bei dieser Tessa eine Cola. Nur widerwillig nahm diese ihre Bestellung an und knallte kurz darauf das Glas auf den Tresen, sodass ein wenig von dem Inhalt auf die polierte Oberfläche schwappte. Beinahe hätte Abby gebrüllt: Stell dich nicht so an, du lutschst für gewöhnlich ungewaschene Schwänze!

Sie hielt sich jedoch mit aller Kraft zurück. Auf Ärger mit der Frau, und dadurch unweigerlich auch mit Savior, konnte sie verzichten. Ihr Tag war ohnehin schon beschissen genug gewesen.

Jede ihrer Zellen schrie danach, sich zu Savior zu drehen, sich neben ihn zu stellen, sich ihm zu Füßen zu werfen. Sein Blick verbrannte sie und es kostete sie all ihre Mühe, ihn nicht zu erwidern. Es fiel ihr mit jeder Sekunde schwerer. Ihn heute hier zu sehen, rief all die gemeinsamen Momente in Erinnerung. Der Grund, warum sie ihn verlassen hatte, geriet in seiner Nähe immer mehr in Vergessenheit. Das war nicht gut.

Sinner City

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