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Juni 2014

Die Ansprache des Schuldirektors war so langweilig und nichtssagend wie alle Ansprachen dieser Welt. Greta Wilhelmi schweifte mit ihren Gedanken ab und blickte sich neugierig um. Wie aufgeregt sie alle wirkten. Die Jungen verbargen ihre Anspannung hinter übertrieben lässigem Gehabe, die Mädchen kicherten nervös.

Greta schmunzelte. Sie hatte völlig vergessen, wie jung man war, wenn man Abitur machte. Jung und aufgeregt und ahnungslos. Aber das war vielleicht auch gut so. Wer weiß, ob man noch den Mut fand, sich aufzumachen in sein eigenes Leben, wenn man vorher schon wusste, was auf einen zukam.

Die Zeugnisübergabe begann. Nina würde eine der Letzten sein, Wilhelmi stand nun mal weit hinten in der alphabetischen Reihenfolge. Greta richtete sich auf eine endlos lange und öde Zeremonie ein.

Tobias reckte neben ihr den Hals, als die Jahrgangsbesten geehrt wurden. Greta folgte seinem Blick.

»So sehen also heutzutage die Oberstreber aus«, stellte sie fest, als ein Junge mit modischem Haarschnitt eine Dankesrede hielt. »Bei uns waren das blasse Jüngelchen mit dicker Brille.«

»Pass auf, was du sagst«, entgegnete Tobias. »Ich war auch so ein Streber.«

»So, so.«

Greta war wie immer, wenn sie sich in seiner Nähe befand, ein wenig angespannt. Aber sie war auch froh, dass er es sich nicht nehmen ließ, sein ältestes Kind auf diesem großen Schritt hinaus ins Leben zu begleiten.

Seite an Seite beobachteten sie stolz, wie ihre Tochter ihr Zeugnis in Empfang nahm. Sie hatte einen guten Notendurchschnitt, viel besser als Greta damals. Nina besaß die Zielstrebigkeit ihres Vaters, und Greta war dankbar dafür. Sie hatte sich selten in all den Jahren ernsthafte Sorgen um ihre Tochter machen müssen.

»Sie wird mir fehlen«, bekannte sie, und Tobias fasste ihre Hand, und einen winzigen Augenblick lang wünschte Greta, sie könnte diesen Mann auf die Weise lieben, die er verdiente.

Ihr eigenes Abitur kam ihr in den Sinn. Sie hatte damals so viele Hoffnungen gehegt, so große Träume gehabt. Doch ihr Leben war völlig anders verlaufen, keinen ihrer ursprünglichen Pläne hatte sie umgesetzt. Stattdessen war sie ewig auf der Suche gewesen, verzweifelt bemüht, die Leere in ihrem Inneren zu füllen.

Ohne Erfolg.

Bis heute fühlte Greta Wilhelmi sich verloren und orientierungslos. Und daran war ausgerechnet der Mensch schuld, den sie auf der ganzen Welt am meisten geliebt hatte.

In meinem Herzen nur du

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