Читать книгу Stahllilie und die Liga der Zerbrochenen - Katherina Ushachov - Страница 3

Eli

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Nikosh war also wirklich tot …

Obwohl zwischen seinem Tod während des Bebens und ihrer Evakuierung aus 37-C mehrere Wochen lagen, und zwischen dieser und der Vulkanzeremonie dieses ihm unbekannten Paares noch ein paar, fühlte es sich immer noch gleichzeitig dumpf und unmittelbar schmerzhaft an. Unwirklich.

Vielleicht weil es für Nikosh keine richtige Zeremonie gegeben hatte. Nur hastig ab in den Vulkan mit seinem zerschmetterten Körper. Es war ihm nicht einmal erlaubt gewesen, sich zu verabschieden. Nur seine Frau war in dieser Zeit bei ihm gewesen.

Sachte drückte Eli Sahars Finger, gerade fest genug, um es durch den dicken Handschuh zu spüren.

Im Chromschlitten nach 28-F, in bereits geebneten Kufenspuren und somit fast lautlos, glitten sie an glitzernden Eisnadeln vorbei. Schwiegen. Sein Kopf zu gedankenschwer, um auch nur einen davon auf seine Zunge zu lassen.

»Er fehlt mir.« Ein einziger Satz, ehe sie aus dem Schlitten stiegen.

Sahar nickte. »Ich weiß.«

»Ich dachte, wir könnten … Aber jetzt ist es endgültig.«

»Ja. Das dachte ich auch.« Sie ging voraus, etwas unschlüssig.

Eli konnte es ihr nicht verdenken. Es sah so aus wie bei ihnen und doch gab es winzige Details, die ihn immer wieder herausrissen. Ihm immer wieder zeigten, dass er zwar noch auf Motis war, aber in 28-F. Nur wenige Meter entfernt und doch unendlich weit von seinem Heimatschacht entfernt.

Die Hinweisschilder für öffentliche Toiletten, die ein leicht anderes Piktogramm hatten. Das Surren der Leitungen, das ein bisschen höher klang als gewohnt. Der Anstrich der Laufbänder und die Farbe, mit der die Geländer gestrichen waren.

Alles hier war anders, selbst die Bräuche. Flieder als Trauerfarbe? Ein öffentlicher Leichenschmaus für den ganzen Schacht? Das wäre für ihn undenkbar gewesen. Aber vermutlich musste er es den Einheimischen hoch anrechnen, dass sie ihre Ressourcen teilten und auch die Geflüchteten mit zum Leichenschmaus luden. Denn genau das waren Sahar und er.

Sie teilten das Zimmer mit drei anderen Familien, aber immerhin lebten sie noch – das konnte Eli nicht von allen behaupten. Vielleicht war es für die Leute, die jemanden verloren hatten, ein Trost, im fremden Vulkanschacht aufgenommen zu werden.

Für Eli war es anders.

Er erinnerte sich noch zu gut daran, wie viele sich geweigert hatten, die Evakuierungsbereiche zu betreten. Wie einige lieber von den Flammen der Löwenmähne getroffen zu lebenden Fackeln geworden waren, durch die Gänge gerannt waren und erbärmlich geschrien hatten. Allein beim Gedanken daran hatte er den Gestank von schwelendem Fleisch und schmorendem Plastik in der Nase, ein Geruch, den er nie wieder vergessen würde. Und wie eine der lebenden Fackeln beinahe zwischen Sahar und ihn gesprungen wäre, als sie sich für die Evakuierung anstellten, und nur der beherzte Fußtritt von Denika sie davor bewahrt hatte, zu brennen.

»Du kannst nichts dafür. Wirklich nicht.« Sahar schlüpfte in ihren Freizeitanzug – das einzige Kleidungsstück in den hiesigen Trauerfarben, das sie besaßen. »Es ist Nikoshs Entscheidung gewesen.«

Eli zuckte zusammen, und die Erinnerung an den Gestank verflog – fürs Erste. »Und dennoch …« Was, wenn er ihn zu den Taten getrieben hatte, die ihn seine Heimat und viele andere das Leben gekostet hatten? Was dann? Was, wenn alles Elis Schuld war?

Stahllilie und die Liga der Zerbrochenen

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