Читать книгу Hot kisses and a gun - Bettina Kiraly, Kathrin Fuhrmann - Страница 6

Kapitel 2

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Charlie betrat den Eingangsbereich des Kinos erst, nachdem er sich mit einem schnellen Blick in alle Richtungen versichert hatte, sich allein auf der dunklen Straße zu befinden. Nach dem Bezahlen der Karte nickte er dem Angestellten zu. Er marschierte zum richtigen Saal und nahm in der hintersten Reihe Platz.

Es hatten nicht viele Gäste hergefunden, aber das störte Charlie nicht weiter. Er mochte es, sich in dem abgelegenen Kino Filme anzusehen, die es nicht in die großen Ketten geschafft hatten. Sie erinnerten ihn daran, dass jeder Streifen seine Zuschauer fand.

Auf dem Bildschirm verliebten sich zwei arme, aber herzensgute Menschen, während das Schicksal ihnen immer wieder Steine in den Weg legte. Die Schauspieler waren nicht sonderlich talentiert. Die Low-Budget-Produktion hatte sich professionelle Darsteller nicht leisten können. Die langgezogene Handlung, in denen sich die beiden Helden gegen alle Widerstände zur Wehr setzten, würde das breite Publikum niemals überzeugen. Dennoch war es spannend für Charlie, die beiden zu beobachten. Als die Frau in die Drogenszene abrutschte und der Mann versuchte, ihr zu helfen, wirkte der Schmerz in den Augen der beiden Menschen so überzeugend, dass sich ihm der Hals zuzog.

Gut, das schauspielerische Talent trug vermutlich gar keine Schuld daran. Frustriert beobachtete er, wie sich die Schauspieler hölzern durch die Szene kämpften. Sobald sie den Mund öffneten, verschwand die Magie, die sie mit ihren Mienen erzeugen konnten. Nein, die beiden schafften es nicht durch ihre Begabung, ihn in den Bann zu ziehen. Vielleicht reichten seine Erinnerungen an seine eigene Unfähigkeit, einem geliebten Menschen aus dem Drogensumpf zu helfen, aus, um seine Augen brennen zu lassen. Diese dunklen Tage lagen so weit zurück und lebten doch in ihm fort. Ob es ihm jemals gelänge, diese Zeit völlig hinter sich zu lassen?

Es war an der Zeit, dass er seiner Schwester wieder einmal einen Besuch abstattete. Er musste sich davon überzeugen, dass es ihr gut ging. Das würde den Schmerz in seiner Brust hoffentlich wieder verschwinden lassen.

Ein Besucher des Kinos auf der anderen Saalseite erhob sich und erregte damit Charlies Aufmerksamkeit. Abgelenkt von dem schlechten Drama auf der Leinwand sah Charlie in seine Richtung und bemerkte, dass der Mann ihn mit einem Lächeln beobachtete, während er sich durch die Reihe schob und auf ihn zukam.

Irritiert versuchte Charlie mehr von seinem Gesicht zu erkennen, das halb im Schatten lag. Der attraktive Mann mit den braunen, kurzen Haaren war ihm allerdings völlig fremd. Vielleicht dachte er, einen Bekannten entdeckt zu haben, und würde gleich peinlich berührt umdrehen. Also wandte Charlie den Blick wieder zur Leinwand.

Der Mann kam unbeirrt näher und schob sich sogar neben Charlie. »Hallo, Fremder.«

»Hallo«, gab Charlie knapp zurück.

»Auch allein hier?«

Charlie zuckte nur mit den Schultern. Natürlich wusste er, worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde. Hoffentlich reichte es, wenn er sein Desinteresse deutlich mit einem abweisenden Gesichtsausdruck zeigte.

»Hast du Lust auf ein wenig Gesellschaft und Ablenkung von dem mittelmäßigen Film?«, fragte der Mann mit einem verführerischen Lächeln.

»Danke, aber ich will mir nur den Film ansehen.«

»Ein spannender Streifen, wenn man die schrecklichen Schauspieler ignoriert. Ich bin mir sicher, du kannst den Film auch genießen, während ich mich ein wenig um dich kümmere.«

Die Beharrlichkeit des anderen schmeichelte Charlie. An diesem Abend war ihm nicht nach einem kleinen, unbedeutenden Abenteuer gewesen. Auch wenn er sich längere Zeit nicht amüsiert hatte, konnte er sich nicht auf etwas einlassen, wofür sich die Presse interessieren könnte.

»Tut mir leid«, murmelte er. »Du hast bestimmt kein Problem, jemanden zu finden, der auf dein nettes Angebot eingeht.«

»Ich will aber dich«, schnurrte der Fremde und legte eine Hand auf Charlies Knie. Langsam strich er höher.

Charlie suchte den Blick des Mannes. Wusste der andere, wer er war?

Die Hand rutschte auf die Innenseite von Charlies Schenkel. Der Mann benutzte seine Nägel, um über den Hosenstoff zu streichen und damit einen Schauer in Charlies Nacken zu verursachen. Er hatte dieses Spiel wirklich gut drauf.

Entgegen seiner Absicht, sich nicht auf den anderen einzulassen, reagierte Charlies Schwanz, der sich sofort aufrichtete.

»Du machst es mir schwer, dir zu widerstehen«, gestand Charlie. »Aber ich mach sowas nicht in der Öffentlichkeit.«

»Kann ich in deinem Fall verstehen. Ich würde mir auch Gedanken über Paparazzi machen. Treffen wir uns in der Toilettenanlage? In fünf Minuten?«

Charlie sog scharf die Luft ein, als der Druck der Finger zunahm. Sein neuer Freund hatte ihn also erkannt. Möglicherweise war das der Grund, weshalb er sich mit ihm vergnügen wollte. Zumindest schien es sich um keinen liebestollen Fan zu handeln, der ihn um ein Autogramm anbetteln wollte. Aus einem Impuls heraus wollte Charlie dem Mann eine Chance geben. Wenn er bereit wäre, sich an ein paar Regeln zu halten, würde Charlie vielleicht darauf einsteigen.

»In fünf Minuten. Nur oral. Kein Gequatsche. Keine Verpflichtungen. Keine Bitte um einen Gefallen. Sonst wird das nichts mit uns.«

Der Fremde nickte. Er beugte sich näher, drückte Charlie mit seinen warmen Lippen einen schnellen Kuss auf die Wange und stand dann auf. Bevor er seine Hände von Charlie nahm, streifte er dabei wie unabsichtlich seinen Schritt. Dann verließ er den Kinosaal.

Tief durchatmend lehnte Charlie sich zurück. Wollte er das wirklich durchziehen? Nein, auch wenn es noch so verlockend war. Er würde einfach gehen und den attraktiven Mann vergessen. Er wollte sich auf seine Karriere konzentrieren und keinen Skandal riskieren. Zu lange wartete er jetzt bereits auf die Rückmeldung seines Agenten. Heimlich hoffte er auf eine Rolle in einem Blockbuster, was wieder einmal zum Greifen nah erschien. Die Besorgnis, dass es nicht klappen könnte, setzte ihn gehörig unter Druck. Den könnte er mit einem Ausflug in die Toilettenanlage gut abbauen. Dennoch würde er nicht darauf eingehen.

Der Mann hatte ihn erkannt. Möglicherweise war er bloß scharf darauf, mit einer kleinen Berühmtheit rumzumachen. Unter Umständen ging es ihm allerdings darum, an Informationen zu gelangen, die er irgendeinem Klatschmagazin verkaufen konnte. So etwas war Charlie bereits einmal passiert und hatte für ziemlichen Ärger gesorgt. Das Risiko würde er also nicht eingehen.

Er stand auf und verließ das Kino, bevor dem Kerl klar wurde, dass Charlie nicht kommen würde.

Als Alondra ihm am nächsten Tag die Tür öffnete, wirkte sie über seinen Besuch nicht sonderlich erfreut. »Was machst du hier?«, fragte sie mehr als direkt. Ihre Augen, ebenso braun wie seine, funkelten misstrauisch. »Ich wüsste, wenn wir verabredet wären.«

»Ich bringe dir bloß ein paar Brötchen und dachte, ich nutze diesen wunderschönen Sonntagmorgen für ein Frühstück mit meiner großen Schwester. Willst du hier essen oder darf ich dich einladen?«

»Weder noch. Ich habe eigentlich in einer Stunde etwas vor.«

»Ach, dann reicht das für ein schnelles Frühstück. Ein paar Minuten Verspätung bin ich dir bestimmt wert.« Er schob sich an ihr vorbei in die Wohnung und sah sich dabei möglichst unauffällig um.

Der kleine Raum, der als Wohn- und Esszimmer mit integrierter Kochzeile fungierte, wirkte sauber und aufgeräumt. Alondra besaß nur wenige Möbel. Er hatte ihr mehrmals angeboten, ihr eine größere Wohnung zu finanzieren oder zumindest mit ein paar Sachen auszuhelfen. Seine sture Schwester wollte allerdings nichts von ihm annehmen, was über eine kleine Zuwendung hinausging. Weil sie es allein schaffen wollte. Als müsste sie sich das Leben unnötig schwer machen.

Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Soll ich mit den Brötchen in die Küche?«

»Wenn es sein muss.« Sie schloss die Eingangstür und folgte ihm dann zur Küchenecke.

»Hast du Butter und Marmelade? Die Bäckerei die Straße runter hatte nichts im Angebot.«

»Im Kühlschrank steht alles, was du brauchst, aber eigentlich habe ich bereits gefrühstückt.«

So wie er. Schließlich war es bereits kurz vor zehn. »Einen Kaffee trinkst du doch trotzdem mit mir?«

Sie nahm ihm die Tüte mit den Brötchen ab und verstaute sie in einer Brotdose. »Haben wir nicht vor gut einem Jahr besprochen, dass diese Überraschungsbesuche meine Pläne durcheinanderbringen? Struktur ist mir wichtig, wie du weißt. Du sollst anrufen, bevor du bei mir auftauchst.«

Damit sie ihre Wohnung für seinen Besuch vorbereitete?

Diesen Verdacht hatte sie nicht verdient. Dennoch meldete sich sofort wieder seine Besorgnis zu Wort.

»Ich wollte dich sehen«, sagte er und bemühte sich um einen harmlosen Tonfall. »Zuerst war es zu früh, um durchzuklingeln, und dann hat es keinen Unterschied mehr gemacht.«

»Warum bist du wirklich hier, Ramón?« Sie stemmte die Hände in die Hüften und kniff die Augen zusammen.

»Muss ich das wirklich aussprechen?«

»Habe ich dir in den letzten Jahren Anlass zu Misstrauen gegeben?«, fragte sie mit nörgelndem Tonfall. »Hattest du in den vergangenen Monaten den Eindruck, deine Sorge wäre angebracht? Denkst du wirklich, du müsstest mich wieder rund um die Uhr kontrollieren?«

Auf so eine Diskussion ließ sich Charlie gar nicht erst ein. »Ich bin für dich verantwortlich. Egal, wie viel Zeit vergangen ist, ich werde mir immer Sorgen um dich machen.«

»Ich habe vor kurzem fünf Jahre Drogenfreiheit feiern dürfen. Du kannst stolz auf mich sein.«

»Das bin ich.« Er trat auf sie zu und zog sie in seine Arme. Vielleicht konnte er auf diese Art ihren Unmut besänftigen. Natürlich war er sich darüber im Klaren, dass sie ihr Leben dem Anschein nach endlich im Griff hatte. Ihr Job machte ihr Spaß. Sie hatte sich einen Freundeskreis aufgebaut, der sie nicht in Schwierigkeiten bringen würde. Regelmäßig besuchte sie Treffen mit anderen Drogenabhängigen, hatte sogar die Patenschaft für einen anderen Süchtigen übernehmen dürfen. Inzwischen war sie für ihr Verantwortungsgefühl und ihre Verlässlichkeit bekannt. Niemand zweifelte daran, dass sie ihre dunkle Vergangenheit hinter sich gelassen hatte.

Niemand außer Charlie.

Natürlich war es ihr gegenüber nicht fair. Sie hätte sein Vertrauen verdient, nachdem sie sich schon so lange gut schlug. Für ihn würde sie allerdings niemals ganz gesund sein. Wenn er die Augen schloss, sah er sie wieder in ihrer schlechtesten Version ihrer selbst vor sich. In seinem Kopf verwandelte sie sich in die zitternde, verängstigte Frau, die für den nächsten Schuss alles aufs Spiel gesetzt hätte. Er hatte damals nicht genug auf sie achtgegeben, aber dieser Fehler würde ihm nicht noch einmal passieren.

Sie versuchte, sich von ihm freizumachen, um die Diskussion fortzusetzen, doch er war nicht in der Lage, sie loszulassen. Er schlang seine Arme noch ein wenig fester um sie.

»Du erdrückst mich, Ramón«, sagte sie gepresst. »Bitte, ich verstehe, weshalb du das Bedürfnis hast, mich vor der Welt zu beschützen, aber du schnürst mir die Luft ab.«

»Tut mir leid. Ich klammere mich gerne an die Vorstellung, dass ich alles unter Kontrolle habe, wenn ich über jeden Aspekt deines Lebens informiert bin.«

Alondra klopfte ihm auf den Rücken. »Nein, im Ernst, Ramón. Du erdrückst mich. Ich kriege keine Luft. Mir wird schon ganz schwindelig.«

Erschrocken ließ er sie los und trat zurück. »Und wieder etwas, das mir leid tut.«

»Du musst aufhören, dich ständig einzumischen. Ich weiß zu schätzen, dass du mir bei jedem Besuch Geld zusteckst, doch dadurch fühle ich mich schlecht. Mein Job ernährt mich, und du kannst unmöglich so viel verdienen. Wenn ich mich nicht irre, ist dein letzter Film vor ein paar Wochen abgedreht worden. Hast du etwas Neues am Start?«

»Ich habe mehrere Eisen im Feuer. Inzwischen gibt es Regisseure, die gezielt nach mir fragen. Ich habe mir einen Ruf erarbeitet.« Auch wenn er nicht sicher war, ob er sich darauf zu viel einbilden durfte. Immerhin würde er es in Hollywood aufgrund seines Outings niemals zu Ruhm bringen. »Tatsächlich werde ich mir aussuchen können, an welchem Projekt ich mich beteiligen will.«

»Das freut mich sehr für dich. Erzähl mir mehr davon.« Sie ging um den Tresen herum und holte zwei Tassen hervor. »Wenn du versprichst, mich nicht mehr zu löchern, bekommst du dafür sogar einen Kaffee von mir.«

Er lachte auf. »Wie könnte ich diese charmante Einladung ablehnen?«

»Wirst du dich jemals ändern?«, fragte sie leise.

»Worauf spielst du an?«

»Wie du dich ausdrückst! Immer so vornehm. Du hattest immer schon diesen Hang zu Theatralik.« Sie machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Ich kann mich noch gut erinnern, wie oft ich dich vor den Nachbarkindern wegen deiner Vorliebe für klassische Musik verteidigen musste. Obwohl du nicht größer als ein Küchentisch warst, hast du mit deinem Faible für Klassik und Jazz alle anderen Kinder verunsichert. Ein Glück, dass du Kontrabass in dieser Band spielen konntest, in der du Gleichgesinnte gefunden hast.«

»Ein Glück, ja.« Er erstickte beinahe an den Worten.

Alondra seufzte leise. »Wie talentiert zu warst! Ich habe dir furchtbar gerne zugehört. Schade, dass du die Musik ganz aufgegeben hast. Nicht, dass ich der Meinung wäre, du würdest nicht auch als Schauspieler hervorragende Leistung bringen. Trotzdem hattest du hinter deinem Kontrabass immer einen verzückten Ausdruck in den Augen, den ich seitdem nicht mehr bei dir gesehen habe.«

Weil sein Musikinstrument für ihn die Unschuld verloren hatte. Seit zehn Jahren konnte er Musik nicht mehr auf die gleiche Art genießen wie zuvor. »Die Schauspielerei ist mein Leben. Ich kann mit Filmen viel mehr Menschen erreichen, als es mir als Musiker möglich wäre.«

»Solange du glücklich bist! Egal, was du mit deinem Leben noch anfangen willst, gleichgültig, welche Träume du noch verwirklichen möchtest, ich bin immer an deiner Seite.«

Er nickte und fühlte sich seltsam beklommen. Tatsächlich hatte sie ihn bei jedem Teil seines Lebens ermutigt. Hoffentlich gab er ihr das gleiche Gefühl von Sicherheit. Sie wusste nicht, wie weit er gehen würde, um sie zu beschützen. Sie ahnte nicht, was er alles bereits getan hatte. Sollte sie es jemals erfahren, würde sich ihr Blick auf ihn für immer ändern. Dann würde sie ihm das nicht so leicht verzeihen, obwohl er nur ihr zuliebe so gehandelt hatte, wie es notwendig gewesen war.

Endlich war der Kaffee durchgelaufen. Seine Schwester füllte zwei Tassen und stellte Milch und Zucker vor ihn, was er aber beides ablehnte.

Alondra kam zu ihm und drückte ihn auf einen Hocker vor dem Tresen, bevor sie neben ihm Platz nahm. »Erzählst du mir von deinen heißen Eisen? Kannst du mir etwas zu deinem möglichen neuen Projekt verraten?«

»Mein Agent hat heute Morgen angerufen. Einer der Filme, bei denen ich vorgesprochen habe, wurde genehmigt. Der Produzent will mich noch einmal sehen, bevor wir mit dem Dreh beginnen. Aber ich habe eine feste Zusage.«

»Du wirkst nicht glücklich«, stellte sie fest. »Freust du dich denn nicht auf dieses Projekt?«

»Es wird hohe Wellen schlagen, wenn der Regisseur seinen Willen durchsetzt. Soviel ist sicher. Der Filmdreh wird bestimmt amüsant. Doch es gibt nicht nur gute Neuigkeiten. Für die Rolle in einem anderen Film wurde ich leider nicht angenommen.«

»Es tut mir leid, dass du dich enttäuscht fühlst. Vielleicht ändern die zuständigen Leute ja noch ihre Meinung.« Sie legte ihm eine Hand auf den Unterarm. Ihre Wärme drang durch den Stoff seines Hemdes.

Benommen starrte er auf ihre Hand, versuchte, seine Gefühle zu sortieren. Er war so auf seine Sorge um sie konzentriert gewesen, dass er sich noch keine Zeit genommen hatte, die Information zu verdauen. »Das denke ich nicht. Ich hätte die andere Rolle gerne übernommen. Sie ist nicht sonderlich groß. Ein Serienmörder hätte mich bloß zu einem seiner Opfer gemacht. Vermutlich wäre man unter all dem Blut nicht in der Lage gewesen, mein Gesicht deutlich zu erkennen. Trotzdem habe ich gehofft, dass die Rolle mir die Tür zu großen Produktionen öffnen könnte.«

Er stockte. Damit sollte er seine Schwester nicht belasten. Es galt, Alondra von den Schwierigkeiten seines Lebens fernzuhalten. Er durfte sich ohnehin nicht beschweren. Bei Independent Produktionen war er gefragt. Es gab für ihn genug zu tun. Er verdiente gutes Geld und hatte einige Fans. Regelmäßig konnte er sich auf der Leinwand betrachten. Auch wenn er bislang noch keine Nominierung für einen Preis erhalten hatte, würde das irgendwann der nächste Schritt sein. Alles, was er brauchte, war Geduld.

Geduld, zu der er fähig war, wie er früher schon bewiesen hatte. Geduld, zu der er sich zwingen würde, auch wenn es ihm schwerfiel.

Um seine Schwester zu beruhigen, hob er seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Das andere Projekt wird viel spannender werden. Ich darf eine Hauptrolle übernehmen und werde einen Cowboy spielen. Einen schwulen Cowboy in einer Zeit, in der man als homosexueller Mann nicht zu seiner Liebe stehen durfte. Der Regisseur scheint eine humorvolle Note einfließen lassen zu wollen. Ich hoffe, er macht keine Komödie daraus.«

»Ein schwuler Cowboy?« Alondra beugte sich neugierig näher. »Wenn seine sexuelle Orientierung von Wichtigkeit ist, handelt es sich wohl um einen Liebesfilm.«

»Ja, man wird mich wieder leicht bekleidet und einen anderen Kerl küssend auf der Leinwand bewundern können.« Er versuchte, sich seine mangelnde Begeisterung nicht anmerken zu lassen.

»Wie toll! Einige meiner Freundinnen schwärmen von dir. Du weißt, dass ich dir gegenüber nicht neutral sein kann. Für mich bist du immer großartig.«

»Ist es nicht seltsam, dass ich als schwuler Mann hauptsächlich weibliche Fans habe?«, fragte er. »Sie müssen doch wissen, dass sie mich niemals kriegen würden.«

Seine Schwester lachte. »Überhaupt nicht. Wir Frauen stehen auf gut gebaute Körper. Wenn wir auf der Leinwand gleich zwei attraktive Exemplare bestaunen können, setzt unser Verstand einfach alle Logik außer Kraft.«

Hot kisses and a gun

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