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Verzweifelt hämmerte der junge Mann gegen die Glastür des Cafés. Er ignorierte das abgeschmirgelte Holzschild, auf dem in großen, breiten Lettern stand: »Geschlossen«. Denn im Innern brannte noch Licht, woraus er schlussfolgerte, dass sich dort noch jemand aufhalten musste. Er versuchte sein Glück einfach.

Amalie hastete an die Tür, im Glauben, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Ihre Gesichtsmuskeln verhärteten sich, als sie erkannte, dass sie durch einen Fremden gestört wurde. Da keine Axt in seinem Schädel steckte und weit und breit kein anderer Schaden erkennbar war, ging sie stark davon aus, dass er wohlauf war und sich bestimmt nur einen nächtlichen Kaffee zum Aufwärmen erhoffte. Frechheit!

Genervt drehte sie alle vier Schlösser auf, um die Tür zu öffnen. Erst hierbei nahm sie den Schneesturm zur Kenntnis, denn sie hatte seit einer geschlagenen Stunde im Hinterzimmer gesessen und war gerade erst mit den Abrechnungen fertig geworden. Ihr Körper krampfte bei der Kälte. Sie zog den Kragen ihres dicken roten Rollkragenpullovers bis zur Nase hoch.

»Sagen Sie mal, spinnen Sie? Können Sie denn nicht lesen? Geschlossen! Sind Sie immer so ignorant?«, polterte sie los.

»Es tut mir wirklich leid«, hetzte der Mann. »Wenn Sie mich kurz hineinlassen, werde ich all Ihre Fragen auch sofort beantworten.«

Amalie zog eine Augenbraue hoch. »Genauso sehe ich aus, was?« Er machte nicht den Eindruck, als wolle er ihr etwas anhaben, andererseits sah sie den Leuten ja nicht an der Nase an, ob sie gut oder schlecht waren. Und nicht nur zu dieser Uhrzeit, sondern auch zur Weihnachtszeit war sie stets besonders vorsichtig.

Genau diese Skepsis las er ihrem Blick ab. »Ich heiße Gustav von Gröben«, stellte er sich vor und reichte ihr verträglich die Hand. Und dann lachte er ein wenig arrogant: »Ich besitze genügend eigenes Geld!«

Doch das Einzige, was weiterhin in ihren Ohren nachklang, war sein Name. »Gustav?« Während sie ihre Hand zögernd in seine schob, begutachtete sie ihn spöttisch von oben bis unten.

»Ja, Gustav! Haben Sie etwa irgendetwas daran auszusetzen?« Natürlich war es babyleicht zu erraten, worauf Amalie hinaus wollte.

Das Flehen in seinen Augen hatte sie, nach dem nur kurzen Anflug von Hysterie, zum Nachgeben bewegt. Mit einem Armschwenk bat sie ihn hinein. Und während sie ihn zur Theke führte, um dort auf einem der Barhocker Platz zu nehmen, erklärte sie: »Ich habe eben mit einem Namen wie Finn oder Tim gerechnet. Aber Gustav? Sind Sie nicht etwas zu jung dafür?«

Vor diesem Schrank von einem Mann wirkte sie wie ein kleines Mädchen, obgleich das nicht nur auf seine stattliche Körpergröße zurückzuführen war. Sie selbst maß gerade einmal bescheidene eins zweiundsechzig und war dabei wirklich zart gebaut. Wenn er jetzt also doch vorhatte, sie zu überfallen, wäre sie dem Drama gänzlich ausgeliefert.

»Also, entschuldigen Sie mal bitte! Ich konnte mir den Namen ja bei meiner Geburt nicht aussuchen«, verteidigte er sich.

Amalie registrierte nur allzu spät, wie unsensibel sie sich dem Fremden gegenüber verhielt. Und das auch noch als Cafébetreiberin, die den Umgang mit Menschen eigentlich gewohnt sein musste.

»Entschuldigen Sie, Herr von Gröben. Ich war nur ein bisschen ... perplex.«

Gustav war erleichtert. Er befürchtete nämlich schon, Amalie würde ihn zum Standesamt zerren, um eine Namensänderung vornehmen zu lassen.

»Ich bin Amalie. - Wie kann ich Ihnen helfen?«

»Ich bin mit dem Auto liegen geblieben.« Die Verzweiflung stand ihm im Gesicht; obwohl Amalies Verhalten das viel größere Übel darstellte für ihn. Eigentlich hatte er mit etwas mehr Gastfreundlichkeit gerechnet. »Um nicht zu sagen, dass ich durch den starken Schneefall leider die Straße nicht mehr erkennen konnte und den Wagen dann versehentlich in einen Graben gelenkt habe.«

»Und nun?« Heute schien sie besonders auf Krawall gebürstet zu sein.

»Was, und nun? Es gibt in diesem Kaff kein Hotel; nicht einmal eine klitzekleine Pension! Ich brauche Hilfe«, stellte er sich innerlich schon darauf ein, dass er auch noch einen Kniefall vor ihr machen musste.

Doch so weit wollte sie es nicht kommen lassen und zerbrach sich dem äußeren Anschein nach den Kopf. Sie knabberte etwas hilflos auf ihrer Unterlippe herum, während ihr Blick wild durch den Raum flog. Sie stellte die eine Hand an die Hüfte und rieb sich mit der anderen die quietschroten Haare am Hinterkopf kraus. Gustav war leicht irritiert, denn er hatte nicht vermutet, dass es einem Menschen so große Schwierigkeiten bereitete, etwas Beherztheit zu zeigen. Er wusste ja nicht, dass das Amalies Art war, nach einer Lösung zu suchen. Doch es war ihm auch nicht zu verdenken, dass er ihr nach allem eher zutraute, ihn viel lieber mit einer Heugabel aus dem Café jagen zu wollen.

»Okay! Was immer mich auch geritten hat: Sie können im Hinterzimmer auf dem Sofa schlafen. Und morgen kümmern wir uns dann um Ihr Auto.«

Mit einem Fingerzeig brachte sie ihn in das kleine Hinterzimmer. Akten und Papiere lagen auf dem Schreibtisch verstreut und pflasterten zusätzlich den Boden. Er wankte auf Zehenspitzen über die freien Stellen des Bodens, bis er sich irgendwie und unbeschadet zu dem Sofa durchgekämpft hatte.

»Ich denke nicht, dass wir heute noch irgendetwas erreichen. Nachher hat der Pannendienst auch noch eine Panne. Das wollen wir ja nicht, oder?«

Gustav war kaum imstande, so schnell zu denken wie Amalie redete und zugleich handelte. Sie suchte ein Kopfkissen und eine Bettdecke aus einer großen Holztruhe heraus. Offenbar hatte sie auch schon so einige Nächte auf diesem Sofa verbracht.

Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, wirkte ein wenig zerknautscht. Er musste ebenso lange auf den Beinen gewesen sein wie sie.

»Sehen Sie hier eigentlich noch durch?«, fragte er, nachdem er sich wieder gesammelt hatte.

»Klar doch! Ich habe meine eigene Ordnung.«

Sie war im Begriff, den Boden freizuräumen, als er sie aufhielt. »Bitte machen Sie sich nicht die ganze Mühe. Ich benötige ausschließlich das Sofa.« Sie starrte ihn nur verwundert an. »Ich habe damit wirklich keine Probleme, auch wenn ich so aussehe.«

Sie nickte kurz. »Meinetwegen! Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich nebenan im Café noch etwas Ordnung schaffe?«

»Selbstverständlich nicht!« Er war außer sich, dass sie jetzt auch noch auf ihn Rücksicht nehmen wollte, obwohl er sie offensichtlich aufgehalten hatte. »Aber brauchen Sie nicht auch etwas Schlaf?«, war er erstaunt.

»Schlafen kann ich, wenn ich tot bin. Morgen haben wir geschlossen. Da habe ich dann noch genug Zeit, um mich auszuruhen.« Sie ging zur Tür zurück, um ihn allein zu lassen. Doch ehe sie sie hinter sich schloss, fragte sie: »Kann ich Ihnen noch etwas Gutes tun?«

Er hatte sich auf dem Sofa niedergelassen und seine Hände unsicher in den Schoß gelegt. Ihm wollte nichts einfallen.

»Etwas zum Trinken?« Sie runzelte die Stirn, als er mit einem Kopfschütteln ablehnte. Vielmehr gab ihr zu denken, dass ihn scheinbar niemand vermisste und er niemanden informieren wollte. Daher wies sie ihn darauf hin: »Ein Telefon?«

Gustav wirkte keineswegs alarmiert. »Nein, danke!«, erwiderte er nur.

Ärger auf den ersten Blick

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