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Als sie mich finden, bin ich nackt. Fast jedenfalls. Denn das, was von meinem dünnen Sommerkleid am Ende übrig geblieben ist, hängt mir zerrissen nur mehr als Streifen am Leib.

Ich bin bei vollem Bewusstsein. Nein, so kann man das eigentlich nicht sagen. Ich bin bei mir. Das trifft es eher.

Denn ich weiß nicht, was ich hier mache.

Warum ich hier bin.

Warum ich im Wasser liege.

Ich bekomme alles, was um mich herum geschieht, mit. Es ist dunkel. Finstere Nacht. Ich sehe Lichter: blaue, weiße, rote – einige flackern, andere blenden mich, wenn sie zu grell sind und meine Augen treffen. Ich liege auf dem Rücken, auf dem Boden. Im Sand.

Ein Polizist zieht seine Uniformjacke aus und versucht, mich notdürftig zu bedecken, um mich so vor den Blicken der Neugierigen, die sich langsam um mich herum ansammeln, zu schützen. Nach einiger Zeit kommt ein Rettungsassistent, der mich in eine Decke hüllt, um mich etwas zu wärmen. Ich liege halb im Wasser, Wellen brechen sich an meinen Beinen.

Mein Blick ist starr in den Himmel gerichtet, er ist schwarz, ohne Sterne, was ich aber nicht wahrnehme. Ich habe keinerlei Empfindungen. Ich friere auch nicht, obwohl der Wind in starken Böen das Wasser aufpeitscht. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren.

Ich spüre keinerlei Schmerzen, obwohl doch eine rote Flüssigkeit klebrig mein Gesicht herab rinnt und sich rings um mich ansammelt. Das musste Blut sein. Mein Blut. Und wenn schon – es ist mir egal. Genauso wie das hektische Treiben um mich herum.

Einige Satzfetzen dringen zu mir durch: „Wer hat sie gefunden?“ „Weiß man schon, was passiert ist?“ „Unfall?“ , „Ein Selbstmordversuch?“

Sieht ziemlich schlimm aus…“ Ich höre die aufgeregten Stimmen mit gelassener Gleichgültigkeit, es interessiert mich nicht, von wem die da sprechen oder um was es geht. Unentwegt laufen Polizisten und Rettungskräfte hin- und her.

Irgendwann werde ich auf eine Trage gehoben und in einen Rettungswagen befördert. Da liege ich nun, den Blick reglos nach oben an die Decke gerichtet, während die Lichter der Straßenlampen oder der beleuchteten Fenster der Stadt an den Scheiben des Rettungswagens vorbeihuschen, immer im Wechsel von Dunkelheit und Licht, Dunkelheit und Licht. Während der Fahrt zum nächst gelegenen Krankenhaus hält ein junger Mann mir die Hand und versucht, beruhigend auf mich einzureden. Aber ich bin ruhig. Völlig ruhig. Beunruhigend ruhig.

Ich habe keine Angst. Wovor auch? Vorm Sterben? Beinahe hätte ich laut los gelacht: Alle scheinen sich offensichtlich um mich zu bemühen, doch die Situation kommt mir so surreal vor. Ich liege nur da, fast wie eine Puppe, denke ich. Plötzlich spüre ich doch etwas: einen kurzen Einstich. Ich wende mich ab und werde mir meiner Situation langsam klar. Dann falle ich ins Dunkel.

Ich fühle mich schwerelos frei, mein Körper wird von den Wellen getragen und schaukelt in ihren Wogen auf und ab, meine Haare schwimmen wie Seetang im Wasser. Mein Blick gen Himmel gerichtet, sieht keine Sterne. Er ist so schwarz und dunkel, wie meine Empfindungen für mein Leben. Ich bin Eins mit dem Wasser. Ganz leicht, es wirkt gar nicht bedrohlich. Langsam merke ich, wie ich untergehe. Ich kämpfe nicht dagegen an. Ich lasse es einfach geschehen…

Entpuppt

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